BGE 86 I 101 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
18. Urteil vom 25. Mai 1960 i.S. Baugenossenschaft Talberg gegen Regierungsrat des Kantons Schaffhausen. | |
Regeste |
Art. 88 OG. | |
1. Die Baugenossenschaft Talberg beabsichtigt, auf dem im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehenden, zum Bundeseisenbahnvermögen gehörenden Grundstück GB Nr. 408 in Neuhausen ein Mehrfamilienhaus mit Garagegebäude zu erstellen. Die Deutsche Bundesbahn hat der Baugenossenschaft für den Fall der Erteilung der von dieser nachgesuchten Baubewilligung mündlich den Verkauf des Grundstücks zugesagt; die Baugenossenschaft hat ihrerseits der Bundesbahn mündlich versprochen, einen Teil der Wohnungen des Neubaus an Beamte, Angestellte und Arbeiter der Bahn zu vermieten. | |
Der Gemeinderat von Neuhausen erteilte die Baubewilligung unter dem Vorbehalt, dass die kantonale Feuerpolizei den Garagetrakt genehmige. Die genannte Amtsstelle beanstandete das Bauvorhaben nicht, wohl aber die kantonale Strasseninspektion, die mit Rücksicht auf den künftigen Ausbau des Strassennetzes Vorstellungen gegen das Projekt erhob. Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen hielt die Einwendungen der Strasseninspektion für begründet; er wies das Baugesuch am 7. März 1960 ab.
| 1 |
2 | |
3 | |
Der Regierungsrat hat im angefochtenen Entscheid das Baugesuch der Beschwerdeführerin abgewiesen. Die Abweisung eines Baugesuchs greift in die Baufreiheit und damit in die Befugnisse dessen ein, dem grundsätzlich ein Recht auf Überbauung des betreffenden Grundstücks zukommt: des Eigentümers, des Inhabers eines Baurechts (Art. 799 ZGB) sowie mittelbar auch dessen, der auf Grund eines Vertrags einen obligatorischen Anspruch auf Übertragung des Eigentums oder auf Einräumung eines Baurechts hat, oder der ein Kaufsrecht besitzt und sich durch dessen Ausübung das Eigentum am Grundstück verschaffen kann (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil vom 21. Januar 1953 i.S. Baugenossenschaft Landheim, Erw. 2). Die Beschwerdeführerin ist weder Eigentümerin des Baulands, worauf sich das abgewiesene Baugesuch bezieht, noch steht ihr daran ein Baurecht oder ein Kaufsrecht zu. Ebenso wenig hat sie einen obligatorischen Anspruch auf Übertragung des Eigentums oder auf Einräumung eines Baurechts am Grundstück: Sie hat mit dessen Eigentümerin keinen Kauf- oder Baurechtsvertrag abgeschlossen; die mündliche Zusage des Verkaufs der Liegenschaft im Falle der Erteilung der Baubewilligung ist mangels öffentlicher Beurrkundung ungültig (Art. 216 OR), so dass die Beschwerdeführerin daraus keine Rechte ableiten kann.
| 4 |
Wohl mag einem Baulustigen daran gelegen sein, schon vor dem Abschluss eines Kauf-, Kaufsrechts- oder Baurechtsvertrags über ein Grundstück verbindlich feststellen zu lassen, ob er auf dem Land ein bestimmtes Bauvorhaben ausführen könne, um sich im gegenteiligen Fall die Kosten und Umtriebe der öffentlichen Beurkundung (und allenfalls der Eintragung) eines solchen Vertrags zu ersparen. Dass dieses Interesse, das zweifellos auch für die Beschwerdeführerin wegleitend war, mehr als lediglich tatsächlicher Art sei, hat sie nicht dargetan. Die Verletzung bloss tatsächlicher Interessen berechtigt indes nicht zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde (BGE 83 I 245 Erw. 1 mit Verweisungen).
| 5 |
Nach dem Gesagten fehlt der Beschwerdeführerin die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Es ist deshalb nicht darauf einzutreten. Zu welchem Leerlauf es führen könnte, wenn in Abweichung von den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen auf derartige Beschwerden eingetreten würde, zeigt der vorliegende Fall eindrücklich. Da die Deutsche Bundesbahn als Eigentümerin der in Frage stehenden Liegenschaft mangels eines gültigen Kauf-, Kaufsrechts- oder Baurechtsvertrags gegenüber der Beschwerdeführerin nicht gebunden ist, kann sie das Grundstück jederzeit einem Dritten verkaufen. Sie hat sich denn auch bereit erklärt, mit dem Kanton Schaffhausen in Verkaufsunterhandlungen zu treten. Würde die Liegenschaft dem Kanton oder einem sonstigen Dritten veräussert, so hätte der Entscheid über die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde für die Beschwerdeführerin keinerlei Bedeutung.
| 6 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |