BGE 86 I 229 | |||
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32. Urteil vom 23. September 1960 i.S. G. gegen Rekurskommission des Kantons Bern. | |
Regeste |
Wehrsteuer: Unterliegen Vergütungen, die der Eigentümer einer Baulandparzelle von einer Unternehmung für den ihr überlassenen Abbau der dortigen Kies- und Sandschicht erhält, der Steuer für Einkommen aus unbeweglichem Vermögen? | |
Sachverhalt | |
A.- G. ist Eigentümer eines rund 3 ha messenden Grundstücks. Mit Vertrag vom 27. April 1954 räumte er einer Unternehmung eine Dienstbarkeit ein, wonach sie berechtigt ist, das Kies- und Sandvorkommen auszubeuten, das sich dort unter der Humusschicht befindet. Die Unternehmung hat das abgebaute Gebiet fortlaufend auf ihre Kosten wieder aufzufüllen und mit einer Humusdecke zu versehen. Als "Entschädigung" hat sie dem Eigentümer alljährlich Zahlungen zu leisten, die nach dem abgebauten Raum bemessen werden (Fr. 1.20 je m3). Das Ausbeutungsrecht begann am 1. Mai 1954; es dauert unbestimmte Zeit. Der Vertrag ist erstmals auf Ende 1974 kündbar. In den Jahren 1955 und 1956 beutete die Unternehmung eine Fläche von 90 a aus.
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Bei der Veranlagung des G. für die Wehrsteuer der 9. Periode wurden die Vergütungen, die er von der Unternehmung für die Berechnungsjahre 1955 und 1956 erhalten hatte, als Einkommen aus unbeweglichem Vermögen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB erfasst. Die kantonale Rekurskommission stellte für die beiden Jahre unter diesem Titel einen "Rohertrag" von Fr. 75'241.-- in Rechnung. Hievon zog sie Fr. 9000.-- (Fr. 1.- je m2 abgebauter Fläche) ab in Erwägung, dass der Wert des Grundstücks sich infolge der Kies- und Sandgewinnung während der Berechnungsperiode in diesem Umfange vermindert habe. Unter Berücksichtigung des so ermittelten "Reinertrages" des Grundstücks setzte sie das steuerbare Einkommen auf Fr. 42'000.-- fest.
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B.- Gegen diesen Entscheid erhebt G. Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das steuerbare Einkommen sei auf Fr. 9000.-- herabzusetzen.
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Er macht geltend, die Beträge, die er von der Unternehmung bezieht, fielen nicht in die Berechnung der Wehrsteuer für Einkommen. Es handle sich nicht um einen Ertrag unbeweglichen Vermögens im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB, sondern um eine Gegenleistung für die Veräusserung eines Teils der Substanz des Grundstücks. Ein dabei erzielter Gewinn könnte nur als Kapital- oder Grundstückgewinn gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d oder allenfalls als Wertvermehrung nach lit. f daselbst erfasst werden, jedoch bloss dann, wenn er im Betrieb eines zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmens entstanden wäre. Diese Voraussetzung treffe beim Beschwerdeführer nicht zu. - Wollte man, der Betrachtungsweise der Rekurskommission folgend, der Wertverminderung Rechnung tragen, so könnte man, entgegen der Auffassung dieser Behörde, nicht lediglich einen Anteil am Erwerbspreis abziehen. Vielmehr müssten Fr. 15.- bis Fr. 20.- je m2 für effektiven Wertverlust und ferner ein Anteil an den Unkosten (Vertrags-, Grundbuch-, Geometerkosten usw.) in Rechnung gestellt werden.
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C.- Die kantonale Rekurskommission und die eidg. Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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D.- Im Instruktionsverfahren vor Bundesgericht ist ein Architekt als Sachverständiger beigezogen worden. Eine Delegation des Gerichts hat mit ihm in Anwesenheit des Beschwerdeführers und der Behördevertreter einen Augenschein vorgenommen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Die Rekurskommission betrachtet die Vergütungen, die der Beschwerdeführer auf Grund des Dienstbarkeitsvertrages vom 27. April 1954 erhalten hat, als (rohen) Ertrag unbeweglichen Vermögens im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB. Dagegen erblickt der Beschwerdeführer darin eine Entschädigung für die Veräusserung eines Teils der Substanz seines Grundstückes. Wäre ihm zuzustimmen, so hätten die Vergütungen den Charakter eines Kaufpreises. Es könnte dann nicht von einem Ertrag einer Quelle im Sinne des Art. 21 WStB gesprochen werden. Der bei der Teilveräusserung allenfalls erzielte Gewinn wäre als Kapitalgewinn gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB zu charakterisieren und könnte beim nicht buchführungspflichtigen Beschwerdeführer nicht als Einkommen erfasst werden.
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Unter Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB fällt "jedes Einkommen aus unbeweglichem Vermögen, gleichgültig, ob es durch Vermietung oder Verpachtung oder durch Eigengebrauch erzielt wird". Die Bestimmung erfasst einerseits den Ertrag, den der Eigentümer dadurch aus dem Grundstück zieht, dass er es unmittelbar für sich selbst gebraucht oder nutzt, und anderseits das Entgelt, das ihm ein anderer für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung zu entrichten hat, sei es kraft Miete oder Pacht, sei es eines ähnlichen Verhältnisses (Nutzniessung usw., vgl. Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB, betreffend Einkommen aus beweglichem Vermögen). Es ist anerkannt, dass Gegenstand einer Pacht oder eines sonstigen Nutzungsverhältnisses auch die Gewinnung von Bodenbestandteilen (Mineralien) in einem Bergwerk, einem Steinbruch, einer Kiesgrube usw. sein kann (Art. 771 ZGB; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 3, 5 und 9 zu Art. 275 OR). Dementsprechend lässt sich der Standpunkt vertreten, dass die Ausbeutung von Bodenschätzen dem Eigentümer, der sie selbst vornimmt oder einem anderen gegen Entgelt gestattet, ein Einkommen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB einträgt (vgl. den im Archiv für schweiz. Abgaberecht, Bd. 14 S. 479, wiedergegebenen Entscheid der Rekurskommission des Kantons Luzern vom 3. Mai 1946, betreffend Torfgewinnung). Das deutsche Einkommensteuergesetz vom 21. Dezember 1954, das die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ebenfalls erfasst (§ 2 Abs. 3 Ziff. 6), erwähnt denn auch als Beispiel solchen Einkommens ausdrücklich die Einkünfte aus der Verpachtung eines Mineralgewinnungsrechtes (§ 21 Abs. 1 Ziff. 1). Da indessen die Ausbeutung von Bodenbestandteilen notwendigerweise die Substanz des Grundstücks angreift, ist zweifelhaft, ob angenommen werden kann, dass sie dem Eigentümer Quellenerträgnisse im Sinne des Art. 21 WStB verschafft. Am ehesten liesse sich diese Annahme noch in Fällen rechtfertigen, wo sozusagen unerschöpfliche Bodenschätze abgebaut werden. Sie ist aber zum mindesten dann fragwürdig, wenn das Mineralvorkommen durch die Ausbeutung in kurzer Zeit erschöpft wird. Wo der Eigentümer einem anderen gestattet, ein solches Vorkommen (z.B. ein Kies- und Sandlager) binnen kurzem vollständig abzubauen, wird unter Umständen eher ein Kauf als eine Pacht (oder ein ihr ähnliches Verhältnis) vorliegen (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 9 zu Art. 275 OR). Auf jeden Fall können Vergütungen, die der Eigentümer von dem zur Mineralgewinnung Berechtigten erhält, insoweit nicht als Quellenerträgnisse im Sinne des Art. 21 WStB betrachtet werden, als sie eine Wertverminderung ausgleichen sollen, die das Grundstück infolge der Ausbeutung über den Verlust des Wertes der abgebauten Substanz hinaus erfährt.
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3. Der offenbar im Jahre 1955 begonnene Abbau des Kies- und Sandvorkommens im Grundstück des Beschwerdeführers ist bisher rasch fortgeschritten. Von der rund 300 a messenden Fläche der Parzelle waren Ende 1956 bereits 90 a und am 1. Juni 1960 260 a ausgebeutet. Bei gleichbleibendem Fortschreiten dürfte der Abbau des Kieses und Sandes im Jahre 1961 oder 1962 und die Wiederauffüllung der Grube einige Jahre später beendet sein, wie der Experte feststellt. Ob unter solchen Umständen von einem Ertragseinkommen im Sinne des Wehrsteuerbeschlusses die Rede sein könnte, ist ungewiss. Die Frage kann jedoch im vorliegenden Fall offen gelassen werden.
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Das ausgebeutete Grundstück liegt in einer Gegend, die seit einigen Jahren mehr und mehr überbaut wird. Es ist ausgesprochenes Bauland. Sein Wert als Bauland wird aber nach den Feststellungen des Experten durch den Abbau des Kies- und Sandlagers erheblich vermindert, weil eine Überbauung der wieder aufgefüllten Grube eine kostspielige zusätzliche Fundation (Pfählung) voraussetzt. Der Experte beziffert den Wertverlust, der aus diesem Grunde während der Berechnungsperiode 1955/56 eingetreten ist, auf Fr. 165'000.--. Diese Schätzung erscheint als zuverlässig und wird von den Parteien auch nicht beanstandet; sie darf der Beurteilung zugrunde gelegt werden.
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Wie angenommen werden muss, sind die Zahlungen, welche dem Beschwerdeführer nach dem Dienstbarkeitsvertrage zu leisten sind, mit als Ausgleich für die Wertverminderung gedacht, die das Grundstück als Bauland infolge der vorübergehenden Ausbeutung erleidet. Die Vergütungen von insgesamt Fr. 75'241.--, die der Beschwerdeführer für die Jahre 1955 und 1956 vom Vertragspartner bezogen hat, sind daher als (teilweiser) Ersatz für den Wertverlust von Fr. 165'000.-- zu betrachten, den der Experte für diese Jahre berechnet. Sie können somit nach dem in Erwägung 2 hiervor Ausgeführten nicht, auch nicht zu einem Teil, als (reiner) Vermögensertrag im Sinne des Wehrsteuerbeschlusses in die Berechnung der Wehrsteuer vom Einkommen einbezogen werden. Die Beschwerde erweist sich im vollen Umfange als begründet.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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