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20. Urteil vom 3. Mai 1961 i.S. von Tobel gegen Künzle und Bezirksgericht St. Gallen. | |
Regeste |
Wohnsitzgerichtsstand. | |
Sachverhalt | |
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B.- Frau Dr. Fanny von Tobler-Isler erhebt mit Eingabe vom 23. Februar 1961 staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die Einschreibung der Widerklage vom 25. November 1960 sowie die Fristansetzung des Bezirksgerichtspräsidenten von St. Gallen vom 13. Februar 1961 wegen Verletzung von Art. 59 BV als unzulässig zu erklären und aufzuheben. Zur Begründung wird ausgeführt: Da die Hauptklage beim Bezirksgericht noch nicht anhängig sei, hätte die Wiederklage nicht eingeschrieben werden dürfen.
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C.- Der Beschwerdegegner beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Der Nichteintretensantrag wird damit begründet, dass bei Einreichung der Beschwerde mehr als 30 Tage seit der Einschreibung des Prozesses verstrichen gewesen seien. Wenn aber die Prozesseinschreibung rechtsgültig sei, müsse dies auch für die Ausführungshandlungen (Zustellung der Klage, Fristansetzung usw.) gelten, weil diese keinen selbständigen rechtlichen Charakter hätten und nicht Gegenstand besonderer Anfechtung sein könnten.
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Das Bezirksgericht St. Gallen hat die Behandlung der Widerklage bis zur Erledigung der staatsrechtlichen Beschwerde eingestellt und in den Erwägungen u.a. ausgeführt: Es sei fragwürdig, ob auf die staatsrechtliche Beschwerde eingetreten werden könne, nachdem sie nicht binnen 30 Tagen seit der Einschreibung der Widerklage erhoben wurde, es sich überdies beim Streitgegenstand um eine Feststellung, nicht um eine persönliche Ansprache gegenüber der Widerbeklagten handle, sodass Art. 59 BV nicht anwendbar sein dürfte.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen die Einschreibung der Widerklage und die Fristansetzung ![]() | 6 |
Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 59 BV kann gegen jede gerichtliche Verfügung erhoben werden, mit welcher der Richter richterliche Tätigkeit ausübt (BGE 66 I 232,BGE 68 I 151). Sie kann, wenn sie sich gegen die Zulässigkeit einer Widerklage richtet, also noch nach Beurteilung der Widerklage, im Anschluss an das Sachurteil darüber erhoben werden, wenn mit dem Urteil gleichzeitig über die bestrittene Zuständigkeit entschieden wird, allfällig noch gegen die Vollstreckung (BGE 69 I 85). Sie kann aber auch angeschlossen werden an die Einschreibung des Prozesses oder an die Aufforderung des Gerichtes, auf die Widerklage zu antworten. Ist sie gegen die Einschreibung der Widerklage, mit der die Rechtshängigkeit begründet wird, verspätet, wird sie aber rechtzeitig an die Aufforderung zur Einreichung der Antwort angeschlossen, so hat die Gutheissung der Beschwerde implicite zur Folge, dass auch die Prozesseinschreibung aufgehoben wird.
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Da die vorliegende Beschwerde innert der der Beschwerdeführerin angesetzten Frist zur Einreichung der Widerklageantwort erhoben worden ist, ist sie rechtzeitig, d.h. kann auf Grund derselben darüber entschieden werden, ob die Aufforderung zur Beantwortung Art. 59 BV verletzt.
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Nach ihrer äusseren Form ist die Widerklage allerdings eine Feststellungsklage. Es soll festgestellt werden, dass die von der Widerbeklagten gegen den Widerkläger durch Betreibung geltend gemachte persönliche Forderung von Fr. 50'000.-- nicht zu Recht bestehe. Es handelt sich also um eine Feststellungsklage über das Bestehen oder Nichtbestehen einer persönliche Ansprache. Derartige - positive oder negative - Feststellungsklagen sind nach der Rechtsprechung (BGE 25 I 425,BGE 32 I 74, nicht publiziertes Urteil ![]() | 10 |
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Nach st. gallischem Prozessrecht (Art. 205 Ziff. 3 ZPO) kann die Widerklage allerdings schon vor dem Vermittler angehoben werden. Da die Rechtshängigkeit von Klage und Widerklage aber erst mit der Einschreibung des Rechtsstreites beim Richter eintritt (Art. 213 ZPO; LUTZ dazu Note 4), kann nach kantonalem Recht die Widerklage schon vor Eintritt der Rechtshängigkeit angehoben, eingeleitet werden (Art. 96 Abs. 4 ZPO). Das vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass im interkantonalen Verhältnis die Hauptklage rechtshängig sein muss, damit der Gerichtsstand der Widerklage begründet ist. Im innerkantonalen Verhältnis bedarf es für die Widerklage der Konnexität nicht (LUTZ zu Art. 96 Note 2). Ob sie gegeben ist, kann definitiv erst festgestellt werden, wenn die Klage begründet worden ist, was mit der Anhängigmachung des Rechtsstreites geschieht (Art. 275 ZPO). Im innerkantonalen Verhältnis ist auch nicht erforderlich, ![]() | 12 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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