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41. Auszug aus dem Urteil vom 3. Mai 1961 i.S. Stucki gegen Regierungsrat des Kantons Bern. | |
Regeste |
Staatsrechtliche Beschwerde. Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses an der Beschwerdeführung; Ausnahmen (Erw. 2). |
Fremdenpolizeirecht, Willkür. Gesuch eines Arbeitsgebers um Erteilung der Bewilligung zur Anstellung ausländischer Arbeitskräfte. Für die Beurteilung dieses Gesuchs massgebende Gesichtspunkte Erw. 6). | |
Sachverhalt | |
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A.- Der Beschwerdeführer Karl Stucki betreibt ein Baumalereigeschäft in Bern. Im Frühjahr 1959 beschäftigte er 5 einheimische Arbeiter und erhielt von den zuständigen kantonalen Behörden die Bewilligung, während der Bausaison, d.h. bis zum 31. Oktober 1959, drei ausländische Arbeiter einzustellen. Ein Begehren um Zuteilung weiterer Fremdarbeiter wurde vom Städtischen Arbeitsamt Bern abgelehnt. Darauf stellte Stucki am 21. Mai 1959 bei der Städtischen Fremdenpolizei Bern das Gesuch, es sei ihm die Bewilligung von 15 fremdenpolizeilich nicht zu beanstandenden ausländischen gelernten Malern zuzusichern.
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Zur Begründung machte er geltend, dass die Festlegung von Kontingenten durch die aus Vertretern des Arbeitgeber- und des Arbeitnehmerverbandes zusammengesetzten paritätischen Kommission ungesetzlich sei; massgebend für die Bewilligung zur Einstellung von Fremdarbeitern sei ausschliesslich, ob der Unternehmer Aufträge habe, zu deren Erledigung keine einheimischen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, was hier zutreffe.
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Die Städtische Fremdenpolizei leitete das Gesuch an die Kantonale Fremdenpolizei weiter. Diese wies es durch Verfügung vom 10. Juli 1959 ab, indem sie ausführte: Das für das Gemeindegebiet von Bern eingeführte Kontingentierungssystem vermöchte die Abweisung des Gesuchs nicht zu rechtfertigen; eine solche Kontingentierung sei weder von den zuständigen Bundesbehörden vorgeschrieben noch im übrigen Kantonsteil üblich. Nun habe aber die Einvernahme ehemaliger Arbeiter der Firma Stucki durch das Städtische Arbeitsamt ergeben, dass in diesem Geschäft das Verhältnis zwischen dem Inhaber und den Arbeitern unerfreulich sei und es Stucki deshalb nicht gelinge, einheimische Arbeitskräfte für längere Zeit zu gewinnen. Es könne nicht Sache der Behörden sein, den Weiterbestand dieses unerfreulichen Verhältnisses durch ![]() | 4 |
Gegen diese Verfügung der Kantonalen Fremdenpolizei rekurrierte Stucki an den Regierungsrat, wobei er sein vor der Vorinstanz gestelltes Begehren erneuerte. Zur Begründung beanstandete er die in der Stadt Bern gehandhabte Kontingentierungspraxis und machte geltend, der Vorwurf, in seinem Betrieb herrschten unerfreuliche Verhältnisse, sei haltlos und ein blosser Vorwand.
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Der Regierungsrat beauftragte am 13. Oktober 1959 Dr. Th. Weber, einen Beamten des BIGA, mit der Untersuchung des Arbeitsklimas und der Arbeitsverhältnisse in der Firma Stucki. Dr. Weber führte ein umfangreiches Beweisverfahren durch und erstattete am 8. März 1960 einen ausführlichen Bericht, in welchem er zum Schluss kam, dass die vom Städtischen Arbeitsamt gegen Stucki erhobenen Vorwürfe in jeder Hinsicht unbegründet seien.
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Da inzwischen das Jahr 1959, für welches Stucki die Bewilligung zur Einstellung von 15 Fremdarbeitern verlangt hatte, abgelaufen war, hatte er bereits mit Eingabe vom 19. Februar 1960 ersucht, seinen Rekurs in dem Sinne gutzuheissen, dass
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festgestellt wird:
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a) dass das Gesuch vom 21.5.1959 begründet war und dem Rekurrenten pro 1959 ein Anspruch auf die Zusicherung der Bewilligung von 15 fremdenpolizeilich nicht zu beanstandenden Fremdmalern zustand,
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b) dass das vom Arbeitsamt der Stadt Bern eingeführte Kontingentssystem sowie die Delegierung der Entscheidkompetenz an die Verbände (= sog. paritätische Kommission) ungesetzlich sind,
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c) dass die innerbetrieblichen Verhältnisse des Rekurrenten den arbeitsmarktlichen Erfordernissen im Hinblick auf die Bewilligung von Fremdarbeitern in jeder Hinsicht genügen.
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Durch Entscheid vom 5. Juli 1960 hat der Regierungsrat des Kantons Bern den Rekurs abgewiesen und die Verfügung der Kantonalen Fremdenpolizei vom 10. Juli 1959 bestätigt. In der Begründung dieses Entscheids, auf die in den nachstehenden Erwägungen im einzelnen einzutreten ist, wird aus Art. 16 ANAG abgeleitet, dass die Zulassung ![]() | 12 |
B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt Karl Stucki, der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Bern vom 5. Juli 1960 sei aufzuheben. Als Beschwerdegrund wird Verletzung des Art. 4 BV durch Willkür, formelle Rechtsverweigerung und rechtsungleiche Behandlung geltend gemacht.
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C.- Der Regierungsrat des Kantons Bern beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Dar Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Der angefochtene Entscheid betrifft die Bewilligung zur Einstellung ausländischer Arbeitskräfte im Jahre 1959. Nachdem dieses Jahr verstrichen ist, hat der Beschwerdeführer - von der Kostenauflage und der Verweigerung einer Parteientschädigung für das kantonale ![]() | 16 |
3. Der Beschwerdeführer rügt zunächst als formelle Rechtsverweigerung, dass der Regierungsrat nicht über ![]() | 17 |
Das ursprüngliche Rekursbegehren des Beschwerdeführers stimmte mit dem am 21. Mai 1959 bei der kantonalen Fremdenpolizei gestellten und von dieser am 10. Juli 1959 abgewiesenen Gesuch überein und ging auf Zusicherung der Bewilligung zum Stellenantritt von 15 Fremdmalern für das Jahr 1959. Nachdem dieses Jahr jedoch verstrichen war, bevor über den Rekurs entschieden wurde, wandelte der Beschwerdeführer sein ursprüngliches Rekursbegehren mit Eingaben vom 19. Februar 1960 in ein Feststellungsbegehren um. Dabei verlangte er aber nicht nur die Feststellung, dass sein Gesuch vom 21. Mai 1959 begründet gewesen sei und er Anspruch auf die erwähnte Zusicherung gehabt habe (lit. a), sondern überdies die Feststellungen, dass das vom Arbeitsamt der Stadt Bern eingeführte Kontingentsystem gesetzwidrig sei (lit. b) und die innerbetrieblichen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Bewilligung von Fremdarbeitern in jeder Hinsicht genügen (lit. c). Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wird beanstandet, dass der Regierungsrat über diese beiden letzteren Feststellungsbegehren nicht im Dispositiv seines Beschlusses klar entschieden, sondern zu ihnen lediglich in den Motiven und in wenig bestimmter Form Stellung genommen habe.
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Das Bundesgericht hat von jeher angenommen, dass eine kantonale Behörde eine formelle Rechstverweigerung begehe und Art. 4 BV verletze, wenn sie ein bei ihr gestelltes Gesuch nicht an die Hand nehme und behandle (FLEINER-GIACOMETTI, Schweiz. Bundesstaatsrecht S. 418 unten und die dort in Anm. 44 zitierten Urteile BGE 3 S. 429, 4 S. 194, 15 S. 28, 23 S. 979, 31 I 383, 38 I 16). Indessen sind nach dieser Rechtsprechung die Behörden zur Behandlung der ihr unterbreiteten Gesuche nur verpflichtet, wenn und soweit sie dafür zuständig sind, und diese Zuständigkeit ist vom Beschwerdeführer, der einer Behörde Rechtsverweigerung vorwirft, darzutun.
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(4./5. - Ausführungen darüber, dass der Regierungsrat weder die innerbetrieblichen Verhältnisse beim Beschwerdeführer berücksichtigt noch dessen Gesuch wegen Überschreitung eines Kontingents abgewiesen hat und die diesbezüglichen Rügen unbegründet sind.)
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Nach Art. 16 Abs. 1 und 2 ANAG haben die Bewilligungsbehörden bei ihren Entscheidungen die "geistigen und wirtschaftlichen Interessen sowie den Grad der Überfremdung des Landes zu berücksichtigen" und in den Fällen, wo der Ausländer eine Stelle antreten will, in der Regel das Gutachten des zuständigen Arbeitsnachweises einzuholen. In Ausführung dieser Vorschrift bestimmt Art. 7 ANAV, dass die "Prüfung der Lage des Arbeitsmarktes und der wirtschaftlichen Interessen des Landes im Zusammenhang mit dem Stellenantritt von Ausländern Aufgabe der Arbeitsmarktbehörden" ist (Abs. 2) und die kantonale Fremdenpolizei (die nach Art. 15 in Verbindung mit 18 Abs. 2 ANAG über Aufenthaltsbewilligungen für Saisonarbeiter und -angestellte entscheidet) sich "an das Gutachten des Arbeitsamtes und seine Anträge zu halten" hat (Abs. 4). In Betracht fällt ferner Art. 4 ANAG, wonach die Behörden im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt, Niederlassung ![]() | 23 |
a) Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass es ausschliesslich auf seinen konkreten Bedarf an Fremdarbeitern ankomme und es willkürlich sei, wenn der Regierungsrat daneben den "Allgemeinbedarf in Bern" in Betracht ziehe. Da die erwähnten Vorschriften offensichtlich den Schutz des einheimischen Arbeitsmarktes bezwecken und deshalb die Berücksichtigung der "wirtschaftlichen Interessen des Landes" und der "Lage des Arbeitsmarktes" vorschreiben, so ist es keineswegs abwegig, wenn die Behörden nicht einfach auf den vom Gesuchsteller geltend gemachten Bedarf abstellen, sondern die Lage des betreffenden Gewerbes im ganzen Gemeindegebiet und darüber hinaus berücksichtigen. Um zu erreichen, dass die einheimischen Arbeitskräfte möglichst das ganze Jahr über beschäftigt sind und dass auch die Fremdarbeiter nicht schon nach kurzer Zeit wieder entlassen werden, darf bei der Zulassung von Fremdarbeitern eine gewisse Zurückhaltung geübt werden. Insbesondere können nicht einzelne Geschäftsinhaber verlangen, dass ihnen durch Zuteilung einer grossen Zahl von Fremdarbeitern die Möglichkeit verschafft werde, Arbeiten in kürzerer Frist als die Konkurrenten auszuführen und damit Aufträge an sich zu ziehen. Aus dem Gesichtspunkt der Rechtsgleicheit müsste sämtlichen Firmen die Einstellung von mehr Fremdarbeitern bewilligt werden, was bald dazu führen würde, dass die einheimischen Arbeitskräfte nicht mehr das ganze Jahr über und die ausländischen nicht mehr während der ganzen Bausaison beschäftigt werden könnten. Im Hinblick ![]() | 24 |
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