VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGE 87 I 259  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
44. Auszug aus dem Urteil vom 12. Juli 1961 i.S. Glatt gegen Blanc und Konsorten und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft.
 
 
Regeste
 
Öffentliche Versteigerung eines Jagdreviers. Willkür.  
 
Sachverhalt
 
BGE 87 I, 259 (259)Am 6. Februar 1960 wurde das Jagdrevier der Gemeinde Diegten für eine neue Periode öffentlich versteigert. Dabei kam es zu einem Wettstreit zwischen Henri Blanc als Vertreter der bisherigen Pächter und Dr. Glatt, der für sich und seinen Bruder auftrat. Das Revier wurde den Brüdern Glatt für einen Pachtzins von Fr. 9100.-- jährlich zugeschlagen.
1
Gegen diesen Zuschlag erhoben die bisherigen Pächter Beschwerde beim Regierungsrat, u.a. mit der Begründung, der Gantmeister habe geduldet, dass Dr. Glatt seine Angebote nicht durch Zuruf, sondern durch Handaufheben machte, was unzulässig sei.
2
Der Regierungsrat hiess die Beschwerde gut, hob den Zuschlag auf und wies den Gemeinderat an, eine neue Versteigerung durchzuführen. Eine hiegegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft abgewiesen, inbezug auf jenen Einwand mit folgender Begründung: Dr. Glatt habe seine Angebote lediglich durch Handerheben gemacht, was mindestens anfänglich nur durch den Gantmeister habe gedeutet werden können. Eine solche Abmachung zwischen dem Gantmeister BGE 87 I, 259 (260)und einem einzelnen Bieter sei mit einer einwandfreien Durchführung einer öffentlichen Versteigerung nicht vereinbar. Damit deren Gang von allen Anwesenden verfolgt werden könne, seien die Angebote mündlich, laut und vernehmlich abzugeben. Die unbeschränkte Zahl der Teilnehmer lasse ein anderes als ein einfaches, klares und für alle geltendes Verfahren nicht zu. Wäre mangels präziser Vorschriften das blosse Handaufheben zulässig, so müssten auch andere Formen des Bietens zugelassen werden, womit die geordnete Durchführung der Steigerung ernsthaft in Frage gestellt und einzelne Teilnehmer gegenüber andern ohne Grund bevorteilt wären. Der Zuschlag an jemanden, der nicht mündlich eine Summe geboten habe, stelle daher einen erheblichen Verfahrensmangel dar, weshalb der Regierungsrat das Steigerungsverfahren mit Recht als ungültig erklärt habe.
3
Die Brüder Glatt haben diesen Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV angefochten. Das Bundesgericht weist ab.
4
 
Aus den Erwägungen:
 
Das kantonale Einführungsgesetz vom 26. Februar 1959 zum BG über Jagd und Vogelschutz (EV/JVG) schreibt für die Verpachtung der Jagdreviere den Weg der öffentlichen Versteigerung vor (§ 3) und bestimmt, dass an dieser sich jede zur Ausübung der Jagd berechtigte Person als Pächter bewerben kann (§ 5) Abs. 1). Wie eine solche Versteigerung im einzelnen durchzuführen ist und in welcher Form die Angebote zu machen sind, ist unbestrittenermassen weder im EG/JVG noch in den allenfalls anwendbaren §§ 118-124 EG/ZGB geregelt. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die unbeschränkte Zahl der Teilnehmer nur ein einfaches, klares und für alle geltendes Verfahren zulasse und die Angebote mündlich, laut und vernehmlich abzugeben seien, verstösst daher jedenfalls nicht gegen eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift. Sie wäre daher aus dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV nur zu beanstanden, wenn sie mit dem Wesen einer öffentlichen BGE 87 I, 259 (261)Versteigerung unvereinbar wäre oder sich sonst mit sachlichen Gründen nicht vertreten liesse. Das ist aber nicht der Fall.
5
Zunächst ist klar, dass es dem Wesen einer öffentlichen Versteigerung entspricht, dass alle Interessenten sich mit gleichen Rechten und unter gleichen Bedingungen daran beteiligen können. Das schliesst es aber, wie sehr wohl angenommen werden kann, aus, dass einem einzelnen Teilnehmer gestattet wird, seine Angebote durch blosses Handaufheben zu machen, während die übrigen mündlich zu bieten haben. Sofern blosses Handaufheben zulässig sein soll, muss es allen Teilnehmern gestattet und dies vor Beginn der Versteigerung bekannt gegeben werden, was hier nicht geschehen ist. Die Beschwerdeführer wenden zu Unrecht ein, es müsse genügen, wenn die Angebote von der Gantbeamtung richtig verstanden und durch Ausruf bekannt gemacht werden. An einer öffentlichen Versteigerung hat jeder Teilnehmer das Recht, die verschiedenen Angebote selber wahrzunehmen und deren Urheber zu kennen.
6
Damit steht im Einklang die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass (mangels einer gegenteiligen, für alle geltenden und bekannt gemachten Anordnung) die Angebote mündlich, laut und deutlich abzugeben seien, damit der Gang des Verfahrens von allen Anwesenden verfolgt werden könne. Der Standpunkt des Regierungsrates und des Verwaltungsgerichts, dass nur mündliche Angebote gültig seien und der Zuschlag an jemanden, der nicht mündlich eine Summe angeboten habe, einen erheblichen Verfahrensmangel darstelle, mag streng sein, lässt sich aber mit sachlichen Gründen vertreten und kann jedenfalls nicht als willkürlich bezeichnet werden. Die streitige Versteigerung durfte daher schon deshalb aufgehoben werden, weil Dr. Glatt unbestrittenermassen seine Angebote nur durch Handzeichen abgegeben hat.
7
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).