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46. Auszug aus dem Urteil vom 4. Oktober 1961 i.S. Ziegler gegen Regierungsrat des Kantons Uri. | |
Regeste |
Handels- und Gewerbefreiheit, Reklame. | |
Sachverhalt | |
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Am 24. März 1958 erliess der Regierungsrat des Kantons Uri gestützt auf das Wirtschaftsgesetz vom 5. Mai 1918 ![]() | 2 |
4. Das Anwerben von Gästen auf der Strasse, auf öffentlichen Plätzen, an Haltestellen der Eisenbahn, Dampfschiffe und Postautos usw. ist verboten. Gestattet ist nur für die Dauer der Bewilligung die Anschrift "Privatzimmer zu vermieten".
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Der Beschwerdeführer Ernst Ziegler ist Eigentümer eines Wohnhauses in Altdorf und vermietet seit einigen Jahren Zimmer an Passanten und Feriengäste. Am 22. Februar 1961 erhielt er die Bewilligung zur Beherbergung fremder Personen für eine Anzahl Betten in der Sommersaison. Ein Teil der Fremdenzimmer ist mit fliessendem kaltem und warmem Wasser versehen. Im März 1961 stellte der Beschwerdeführer auf dem ihm gehörenden Vorplatz zwischen dem Haus und der Strasse eine 30 cm hohe und 64 cm breite Tafel auf mit der Anschrift:
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ZIMMER
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Fliess. Wasser warm u. kalt
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Nachdem die Polizei den Beschwerdeführer erfolglos ersucht hatte, diese Anschrift durch den vorgeschriebenen Text "Privatzimmer zu vermieten" zu ersetzen, erliess die kantonale Polizeidirektion einen Amtsbefehl, durch den der Beschwerdeführer unter Androhung von Strafen nach Art. 292 StGB aufgefordert wurde, die beanstandete Anschrift innert 8 Tagen zu entfernen.
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Einen hiegegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat mit Entscheid vom 5. Juni 1961 ab, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Wer gewerbsmässig Gäste beherberge, habe sich bei der Ausübung des Gewerbes und bei seinen ![]() | 8 |
C.- Gegen diesen Enscheid hat Ernst Ziegler staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 31 und 4 BV erhoben.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut im Sinne folgender
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Erwägungen: | |
2. Die gewerbsmässige Vermietung von Zimmern an Fremde, mit der sich der Beschwerdeführer auf Grund einer ihm erteilten staatlichen Bewilligung befasst, ist wie ![]() | 11 |
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a) Aus diesem Gesichtspunkt dürfen den Vermietern von Privatzimmern solche Aufschriften auf Reklametafeln verboten werden, welche die Kundschaft irreführen könnten. Als Zimmer mit fliessendem kaltem und warmem Wasser gelten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur solche, bei denen sich der Wasseranschluss im Zimmer selber oder in einem dazu gehörigen Toilettenraum befindet. Wenn dies nur bei einem Teil der angebotenen Zimmer zutrifft, verlangen Treu und Glauben, dass es in der Aufschrift zum Ausdruck gebracht wird. Dagegen dürfen ungenaue und irreführende Aufschriften auf Reklametafeln nicht dadurch verhindert werden, dass alle Hinweise auf den gebotenen Komfort, selbst wenn sie wahr und eindeutig sind, verboten werden. Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit sind gewerbepolizeiliche Eingriffe unzulässig, wenn ihr Zweck durch eine weniger weit gehende Massnahme erreicht werden kann (BGE 86 I 274 Erw. 1 mit Verweisungen). Irreführende Reklame kann aber zweifellos auch mit repressiven oder präventiven Mitteln wirksam verhindert werden. Der Einwand des Regierungsrates, dass Angaben über die Ausstattung von Zimmern mit fliessendem kaltem und warmem Wasser "behördlich unkontrollierbar" seien, ist unhaltbar. Da die Privatzimmervermieter sich darüber auszuweisen ![]() | 14 |
b) Ob der Regierungsrat im Grunde nur diesen Hinweis beanstandet oder dem Beschwerdeführer auch die Verwendung des Ausdrucks "Zimmer" ohne den Zusatz "Privat" verbieten will, geht aus der Beschwerdeantwort, wo es heisst, über die Zulässigkeit der da und dort anzutreffenden einfachen Anschrift "Zimmer" könne hier nicht diskutiert werden, nicht klar hervor. Der Regierungsrat kann diese Frage bei seinem neuen Entscheid nochmals prüfen. Dabei fällt folgendes in Betracht. Das WG kennt neben der Bewilligung zur gewerbsmässigen Beherbergung von Fremden in Privatzimmern 11 Kategorien von Wirtschaftspatenten mit verschiedenen Befugnissen. Die Behörden können verlangen, dass jeder Patentinhaber für die an oder vor dem Haus angebrachten Tafeln und Schilder die seinem Patent entsprechende Bezeichnung wähle, damit die Art des Betriebs für jedermann ersichtlich ist und Verwechslungen ausgeschlossen sind (vgl. Art. 30 und 5 lit. c WG). Sofern die Anschrift "Zimmer mit fliessendem kaltem und warmem Wasser" im Kanton Uri als Hinweis auf den Betrieb eines Logierhauses oder einer Fremdenpension im Sinne von Art. 5 lit. c und 1 WG zu verstehen und üblich sein sollte, wie der Regierungsrat andeutet, steht nichts entgegen, den Privatzimmervermietern die Verwendung der Bezeichnung "Privatzimmer" (mit fliessendem kaltem und warmem Wasser) vorzuschreiben.
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d) Das in Ziff. IV/4 der "Bekanntmachung" vom 24. März 1958 enthaltene Verbot des Anwerbens von Gästen auf der Strasse, auf öffentlichen Plätzen usw. wird vom Beschwerdeführer mit Recht nicht angefochten. Es erscheint als gerechtfertigt, weil das öffentliche Grundeigentum nicht für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit und die Reklame für diese zur Verfügung gestellt zu werden braucht (BGE 80 I 144 mit Zitaten), weil ein solches Anwerben die öffentliche Ordnung und Ruhe stören könnte und weil es überdies der behördlichen Kontrolle weitgehend entzogen wäre und zu Missbräuchen führen könnte.
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