BGE 87 I 342 | |||
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56. Auszug aus dem Urteil vom 4. Oktober 1961 i.S. Erben X. gegen Solothurn, Kanton und Regierungsrat. | |
Regeste |
Kantonale Handänderungssteuer; Willkür, rechtsungleiche Behandlung. | |
Sachverhalt | |
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A.- Das solothurn. Gesetz betreffend den Bezug von Handänderungsgebühren beim Eigentumsübergang an Liegenschaften vom 23. Februar 1919 (HGG) bestimmt in § 1 Abs. 1:
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"Wenn Grundstücke auf einen neuen Eigentumer übergehen, so ist vom wahren Wert des veräusserten Grundstücks eine Handänderungsgebühr zu bezahlen. .."
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Am 27. Dezember 1926 erliess der Regierungsrat eine Weisung, die sich eingehend mit den Handänderungsgebühren bei Gesamthandsverhältnissen befasst (Gesetzessammlung Bd. 70 S. 351). Darin wird u.a. bestimmt, dass der Mitgliederwechsel in einer Gesamthand inbezug auf die Gesamthandsliegenschaften einen gebührenpflichtigen Eigentumswechsel zur Folge habe (Ziff. III) und ein Gesamthänder, der bei der Auflösung der Gesamthand eine Liegenschaft derselben zu Alleineigentum übernehme, insoweit gebührenpflichtig sei, als er Anteile von Mitgenossen erwerbe (Ziff. IV). Ferner bestimmt Ziff. II:
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"Beim Gesamteigentum ist die Handänderungsgebühr nach Kopfteilen zu berechnen, d.h. Gesamteigentümer gelten zu gleichen Teilen eigentumsberechtigt, auch wenn das dem Gesamteigentum zugrunde liegende innere Gesamthandverhältnis eine andere Anteilsberechtigung am Gemeinschaftsgut vorsieht."
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B.- Im Jahre 1920 schlossen sich die Geschwister A., B. und C. X. zur Kollektivgesellschaft X. & Cie zusammen. Diese Gesellschaft, welche Erwerb, Verwaltung und Verkauf von Liegenschaften bezweckte und an der die drei Teilhaber zu je einem Drittel beteiligt waren, übernahm die Liegenschaften, welche die Geschwister X. von ihrem kurz vorher verstorbenen Vater geerbt hatten.
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Am 18. April 1959 starb B. X. Einzige Erben waren seine beiden Geschwister. Das am 3. Dezember 1959 abgeschlossene Inventar mit Teilung ergab ein reines Nachlassvermögen von Fr. 1'236,317.90, darunter als Aktivum den auf Fr. 626'003.-- geschätzten Anteil an der Kollektivgesellschaft X. & Cie. Durch den Teilungsvertrag trat C. X. seinen Erbteil an seinen Bruder A. X. ab, womit dieser am Vermögen der Kollektivgesellschaft zu 2/3 anteilsberechtigt wurde. Bei diesem Erbgang erhob der Kanton Solothurn eine Erbschaftssteuer von 6% des genannten Reinvermögens = Fr. 74'179.20.
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Durch Vertrag vom 23. Dezember 1959 trat C. X. auch seinen 1/3-Anteil an der Kollektivgesellsc haft an seinen Bruder A. X. ab, wodurch das ganze Gesellschaftsvermögen auf diesen überging und die Gesellschaft aufgelöst wurde. Die Amtsschreiberei schätzte den Verkehrswert der Liegenschaften der Kollektivgesellschaft auf Fr. 2'007,950.--, nahm gemäss der regierungsrätlichen Weisung von 1926 an, dass die Handänderungsgebühr von 2,2% auf der Hälfte dieses Betrages zu erheben sei, und auferlegte demgemäss A. X. eine Gebühr von Fr. 22'087.45.
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Hiegegen rekurrierte A. X. an den Regierungsrat. Dieser wies den Rekurs mit Entscheid vom 10. Februar 1961 ab, indem er ausführte: Vor der am 23. Dezember 1959 erfolgten Abtretung des Anteils an der Gesellschaft habe diese nur noch aus zwei Teilhabern bestanden. Nach der Weisung von 1926 und der seitherigen Praxis sei die Handänderungsgebühr im Falle des Übergangs von Gesamthandsanteilen nicht nach Massgabe der Kapitalbeteiligung (hier: 2: 1), sondern nach Kopfteilen (hier: 1: 1) zu berechnen. Diese Regelung beruhe auf der Erwägung, dass sich das interne Anteilsverhältnis nicht ohne grosse Schwierigkeiten feststellen lasse und die Annahme der Gleichberechtigung der Gesamteigentümer für die Abgabeerhebung dem Wesen des Gesamteigentums und der Verkehrssteuer am besten entspreche. Würde man auf die effektiven Beteiligungen oder auf Parteiabreden abstellen, so würde man unlauteren Machenschaften Tür und Tor öffnen, da die Beteiligten die Quotenverhältnisse jederzeit durch Vereinbarung so gestalten könnten, dass die Handänderungsgebühr vermindert würde.
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C.- Gegen diesen Rekursentscheid haben die Erben des inzwischen verstorbenen A. X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV erhoben.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden
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Erwägungen: | |
Beim Gesamteigentum steht dem einzelnen Gesamteigentümer kein ideeller Bruchteil an den einzelnen gemeinschaftlichen Sachen zu, sondern es "geht das Recht eines jeden auf die ganze Sache" (Art. 652 ZGB); soweit von einem Anteil des Gesamthänders gesprochen werden kann, ist damit die Gesamtheit der vermögensrechtlichen Ansprüche des Gesamthänders am Gemeinschaftsvermögen gemeint (HAAB N. 21 zu Art. 652/54 ZGB, MEIER-HAYOZ N. 1 b zu Art. 652 und N. 9 zu Art. 653 ZGB). Die Annahme von Bruchteilen an einzelnen Sachen auch beim Gesamteigentum ist jedoch nicht zu umgehen, wenn man die Änderungen im Bestand der Gesamthänder (wie Ein- und Austritt in die Gemeinschaft sowie die Abtretung von Anteilen) abgaberechtlich als Handänderungen behandelt (vgl. WIELAND N. 2, LEEMANN N. 6 und MEIER-HAYOZ N. 63-68 zu Art. 652 ZGB;BGE 51 I 433ff.). Auch der Regierungsrat ist denn auch in ständiger Praxis bei der Berechnung der Handänderungsgebühr in derartigen Fällen von Anteilen an der Sache ausgegangen und hat eine gebührenpflichtige Handänderung nur insoweit angenommen, als solche Anteile übergehen. Dabei hat er jedoch die Gesamteigentümer stets als zu gleichen Teilen eigentumsberechtigt behandelt. Die Beschwerdeführer sind demgegenüber der Auffassung, dass auf die tatsächliche Anteilsberechtigung nach dem innern Gesamthandsverhältnis (Erbquoten bei der Erbengemeinschaft, Quoten nach Gesellschaftsvertrag bei der Kollektivgesellschaft usw.) abzustellen sei und die Betrachtungsweise des Regierungsrates vor Art. 4 BV nicht standhalte; da vorliegend A. X. an der Kollektivgesellschaft bereits zu 2/3 anteilsberechtigt gewesen sei, als er am 23. Dezember 1959 den 1/3-Anteil des C. X. erworben habe, gehe es nicht an, dabei die Handänderungsgebühr auf der Hälfte des Verkehrswertes der Liegenschaften der Gesellschaft zu erheben.
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Diese Besteuerung ist in der Tat unhaltbar. Nach § 1 HGG ist die Handänderungsgebühr "vom wahren Werte" des veräusserten Grundstücks zu bezahlen. Dem widerspricht es offensichtlich, wenn bei der Abtretung eines Anteils am Vermögen einer Kollektivgesellschaft die Gebühr nicht auf Grund der wirklichen Beteiligungsquote des Gesellschafters, sondern auf einem Kopfteil berechnet wird. Diese Berechnungsweise stellt überdies eine rechtsungleiche Behandlung dar. Wenn der Fiskus beim Gesamteigentum abweichend vom Zivilrecht Anteile an den einzelnen gemeinschaftlichen Sachen annimmt, das Gesamteigentum also wie Miteigentum behandelt, darf er nicht von fiktiven Kopfquoten ausgehen, sondern muss jedenfalls grundsätzlich auf die wirklichen Anteile am Gemeinschaftsvermögen abstellen, ansonst die Gesamteigentümer schlechter behandelt werden als die Miteigentümer, bei denen die Abgabe auf dem wahren Wert ihres Anteils berechnet wird.
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Was der Regierungsrat für seinen Standpunkt und gegen denjenigen der Beschwerdeführer vorbringt, hält einer näheren Überprüfung nicht stand und vermag die Schlechterbehandlung der Gesamteigentümer im Verhältnis zu andern Abgabepflichtigen nicht zu rechtfertigen. Die Berechnung der Handänderungsgebühr nach Kopfteilen ist zweifellos einfacher als auf Grund der wirklichen Anteilsberechtigung. Indessen müssen, wie die Beschwerdeführer ausführen und der Regierungsrat nicht bestreitet, auch die Steuerbehörden, welche die Einschätzung zur Einkommens- und Vermögenssteuer vornehmen, dabei jedes Jahr die Anteilsberechtigungen bei Erbengemeinschaften sowie Kollektiv- und Kommanditgesellschaften feststellen, sodass nicht einzusehen ist, weshalb diese Feststellung nicht auch bei der Berechnung der Handänderungssteuer möglich sein sollte. Die Berechnung derselben nach Kopfteilen mag dann ausnahmsweise zulässig sein, wenn die Feststellung der wirklichen Anteilsberechtigung wegen des Verhaltens der Steuerpflichtigen oder aus andern Gründen unmöglich oder sehr schwierig ist. Davon ist jedoch im vorliegenden Falle nicht die Rede, da die drei Geschwister X. an der Kollektivgesellschaft während Jahrzehnten zu gleichen Teilen, also zu je 1/3 beteiligt waren, A. X. durch den Erwerb des Anteils des verstorbenen B. X. zu 2/3 anteilsberechtigt wurde und hierauf den 1/3-Anteil des C. X. vertraglich erworben hat. Angesichts dieser klaren und eindeutigen Verhältnisse verfängt auch der Einwand nicht, dass das Abstellen auf die wirklichen Beteiligungen zu Missbräuchen und Steuerumgehungen führen könnte. Solche Missbräuche mögen vorkommen und bei der Berechnung nach Kopfteilen ausgeschlossen sein. Das vermag jedoch ein Abweichen von der gesetzlichen Berechnungsart nicht zu rechtfertigen in einem Falle, wo, wie hier, von irgendwelchen Machenschaften der Beteiligten offensichtlich nicht die Rede sein kann. Richtig mag auch sein, dass die Berechnung der Handänderungsgebühr nach Kopfteilen für den Fiskus nicht nur vorteilhaft, sondern unter Umständen auch nachteilig ist. Damit kann sich der Fiskus abfinden, weil die Vor- und Nachteile, auf lange Sicht betrachtet, sich ungefähr die Waage halten dürften. Beim einzelnen Steuerpflichtigen findet jedoch kein solcher Ausgleich statt, weshalb er sich die gesetzwidrige und rechtsungleiche Besteuerung nicht gefallen zu lassen braucht. Dass die Berechnung nach Kopfteilen zu stossenden Ergebnissen führen kann, zeigt gerade der vorliegende Fall, wo bei fast gleichzeitigem Übergang je eines 1/3-Anteils zunächst durch Erbgang und Teilung und dann durch Abtretungsvertrag zuerst die Erbschaftssteuer auf einem 1/3-Anteil und dann die Handänderungsgebühr auf einem 1/2-Anteil erhoben worden ist. Unbegründet ist auch der Einwand des Regierungsrates, das Abstellen auf die Kapitalbeteiligung bei der Kollektivgesellschaft werde der Stellung des Gesellschafters nicht gerecht, weil dabei ausser acht gelassen werde, dass jeder Gesellschafter mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafte (Art. 568 OR). Es ist nicht einzusehen, welcher Zusammenhang zwischen den Haftungsverhältnissen und dem Umfang der Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen Aktiven besteht und inwiefern die Haftungsverhältnisse für die Berechnung der Handänderungsgebühr beim Wechsel im Bestand der Gesellschafter von Bedeutung sein sollen. Schliesslich ist auch der Hinweis des Regierungsrates auf die bei REINHARDT Die solothurn. Liegenschaften-Handänderungssteuer N. 26 erwähnte Ordnung in andern Kantonen unbehelflich. Das basel-städt. HGG vom 11. Dezember 1882 schreibt für Änderungen im Bestand einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft die Berechnung der Handänderungssteuer nach Kopfteilen ausdrücklich vor (§ 9), während das soloth. HGG keine derartige Bestimmung enthält, sondern vielmehr die Berechnung nach dem "wahren Werte" anordnet. Das neue st. gall. StG vom 17. April 1944 aber stellt die Vermutung der gleichen Anteilsberechtigung aller Gesamthänder nur für den Fall auf, dass nichts anderes nachgewiesen ist (Art. 137). Im Kanton Zürich endlich hat das Obergericht seine frühere Praxis in einem eingehend begründeten Entscheid geändert und festgestellt, dass für die Änderungen im Gesellschafterbestand einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft überhaupt keine Handänderungsgebühr geschuldet sei (ZBGR 1955 S. 140/60), während für die Handänderungssteuer sich auf Grund des StG vom 8. Juli 1951 noch keine Praxis gebildet zu haben scheint.
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