BGE 88 I 325 | |||
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49. Urteil vom 21. Dezember 1962 i.S. Brodbeck und Mitbetelligte gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. | |
Regeste |
Einspruch gegen Liegenschaftskäufe. |
2. Verkauf zahlreicher Parzellen, der zur Folge hat, dass ein landwirtschaftliches Gewerbe die Existenzfähigkeit verliert (Erw. 2). |
3. Wichtige Gründe für die Aufhebung des Gewerbes? (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
A.- Adolf Brodbeck ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens in Wintersingen im Halte von rund 727 a, das aus zahlreichen Parzellen besteht. Er hatte es vorübergehend selbst bewirtschaftet. Im Jahre 1947 gab er den Betrieb auf und wurde Fabrikarbeiter. Das Wohnhaus mit etwas Umschwung behielt er für sich und seine Familie. Das übrige Land verpachtete er an verschiedene Landwirte; auch das Ökonomiegebäude wurde in Pacht gegeben. Im März 1962 liess er verschiedene Landparzellen öffentlich versteigern. Es wurden zugeschlagen:
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29,36 a an Ernst Hersberger, Bücherrevisor,
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Seltisberg, zu Fr. 6'200.--
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97,43 a an Paul Spiess, Betriebsleiter, Thürnen, zu Fr. 8'700.--
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35,37 a an Dr. med. Hans Reber, Privatdozent,
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Basel, zu Fr. 7'600.--
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25,79 a an Albert Mühry, Landwirt, Winter-
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96,05 a an Max Thommen, Landwirt, Winter-
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singen, zu Fr. 10'000.--
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19,50 a an Walter Klipfel, Fabrikant,
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Rheinfelden, zu Fr. 2'600.--
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231,70 a an Ernst Biedermann, Mechaniker,
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Lupsingen, zu Fr. 19'600.--
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535,20 a zu Fr. 63'700.--
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B.- Gegen diese Verkäufe erhob die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Basel-Landschaft gestützt auf Art. 19 des BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG) Einspruch. A. Brodbeck und die Ersteigerer (mit Ausnahme E. Biedermanns) fochten die Einsprachen durch Beschwerde beim Regierungsrat an.
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Dieser bestätigte die Einsprachen mit Entscheid vom 14. August 1962. Er nahm an, durch die Verkäufe verliere ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit; wichtige Gründe, welche die Aufhebung des Gewerbes rechtfertigen würden, beständen nicht (Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG). Ausserdem liege seitens der Ersteigerer E. Hersberger, P. Spiess, H. Reber und E. Biedermann offensichtliche Spekulation (lit. a daselbst) und seitens der übrigen Ersteigerer Güteraufkauf (im Sinne der lit. b ebenda) vor.
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C.- Gegen diesen Entscheid erheben A. Brodbeck, E. Hersberger und P. Spiess in einer gemeinsamen und H. Reber in einer besonderen Eingabe Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragen, er sei aufzuheben, und die Einsprachen der kantonalen Landwirtschaftsdirektion seien unbegründet zu erklären.
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D.- Der Regierungsrat beantragt Abweisung, das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement Gutheissung der Beschwerden.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Die Besitzung A. Brodbecks, welche rund 7,27 ha Land und Gebäulichkeiten (Wohnhaus und Ökonomiegebäude) umfasst, ist geeignet, einer Bauernfamilie als Lebenszentrum und Grundlage für den Betrieb eines landwirtschaftlichen Gewerbes zu dienen. Tatsächlich hat der Eigentümer auf ihr früher selbst ein solches Gewerbe betrieben. Zwar hat er dann das meiste Land und das Ökonomiegebäude verpachtet und nur das Wohnhaus mit etwas Umschwung für sich und seine Familie behalten. Aber die Besitzung könnte auch jetzt noch, wie früher, als Ganzes durch eine an Ort und Stelle wohnende Bauernfamilie landwirtschaftlich genutzt werden. Unter diesen Umständen ist sie als landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Art. 19 EGG zu betrachten (vgl. BGE 81 I 110).
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Der Regierungsrat stellt im Entscheid fest, dass eine Bauernfamilie durch Bewirtschaftung des Heimwesens A. Brodbecks mit 7 1/4 ha Fläche noch eine auskömmliche Existenz zu finden vermöchte. Diese Feststellung der mit den Verhältnissen in der Landwirtschaft der Gegend vertrauten kantonalen Behörde ist nicht widerlegt und kann dem Urteil zugrunde gelegt werden. Anderseits liegt auf der Hand, dass nach Abtrennung der auf dem Wege der Versteigerung verkauften Fläche von 5,35 ha die Einkünfte aus der Bewirtschaftung des Heimwesens für sich allein eine Bauernfamilie nicht mehr zu ernähren vermöchten, sondern der Ergänzung durch anderweitige Einnahmen bedürften. Allerdings erklärt nun A. Brodbeck, er verzichte auf den Verkauf an E. Biedermann, da dieser offenbar das Interesse daran verloren habe. Danach würden vom Heimwesen 2,31 ha weniger, also noch etwas mehr als 3 ha abgetrennt. Indessen ist seine Bewirtschaftung ohnehin, selbst wenn es im heutigen Umfang erhalten bleibt, deshalb erschwert, weil die zahlreichen Parzellen, aus denen es besteht, weit auseinander und meist an Steilhängen liegen. Sie würde unter den gegebenen Umständen auch dann, wenn noch etwas mehr als 4 ha übrig blieben, einer Bauernfamilie keine auskömmliche Existenz mehr ermöglichen, was nicht bestritten ist. Es würde also einem landwirtschaftlichen Gewerbe in der Form, in der es bisher hat betrieben werden können, durch Abtrennung von 5,35 oder auch nur von 3,04 ha die Existenzgrundlage entzogen.
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Auch in einem solchen Fall muss jedoch angenommen werden, dass im Sinne von Art. 19 Abs 1 lit. c EGG durch den Verkauf - hier die gleichzeitige Versteigerung verschiedener Parzellen - ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verliert. Denn dieses Gesetz bezweckt unter anderem gerade die Erhaltung möglichst vieler Bauernbetriebe, welche einer Familie eine auskömmliche Existenz bieten (Art. 1 und 19 Abs. 1 lit. b; vgl. BGE 83 I 230 Erw. 1). Die gegenteilige Auslegung von Art. 19 Abs. 1 lit. c würde dazu führen, dass diese Bestimmung solange nicht angewendet werden könnte, als noch ein landwirtschaftliches Kleingewerbe, das im Nebenberuf betrieben werden kann, erhalten bleibt. Das ist nicht der Sinn des Gesetzes.
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a) Die Beschwerdeführer machen geltend, die Besitzung A. Brodbecks sei derart zersplittert, dass sie nicht rationell bewirtschaftet werden könne; eine Güterzusammenlegung, welche den Zustand verbessern würde, stehe aber nicht in Aussicht.
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Es ist nicht bestritten, dass der Hof stark parzelliert ist und dass dieser Umstand eine rationelle Bewirtschaftung erschwert. Wie der Regierungsrat feststellt, befinden sich aber zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe des Kantons in der gleichen Lage, ohne deswegen geradezu unrentabel zu sein. Auch im vorliegenden Fall sind, wie sich namentlich aus einem Bericht der kantonalen Bauernhilfskasse ergibt, die bestehenden Verhältnisse nicht derart, dass ein rationeller Betrieb der Landwirtschaft überhaupt ausgeschlossen wäre. Dazu kommt, dass eine Güterzusammenlegung im Bereich des Möglichen liegt. Die Tatsache, dass die Besitzung A. Brodbecks zersplittert ist, kann unter diesen Umständen nicht als wichtiger Grund im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG anerkannt werden.
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b) Sodann machen die Beschwerdeführer geltend, A. Brodbeck habe den Hof aus Erbschaft teuer übernommen und alsbald den Landwirtschaftsbetrieb wegen finanzieller Schwierigkeiten aufgeben müssen; er habe mit solchen Schwierigkeiten noch immer zu kämpfen; er sei darauf angewiesen, einige Grundstücke zu verkaufen, um den Rest, vor allem das Wohnhaus, halten zu können.
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Darin, dass der Eigentümer des Heimwesens den Landwirtschaftsbetrieb aufgegeben hat, kann jedoch ein wichtiger Grund, der die Auflösung des Gewerbes (in der bisherigen Form) rechtfertigen würde, nicht erblickt werden. Das EGG will die bestehenden landwirtschaftlichen Heimwesen dem Bauernstand erhalten. Es lässt nicht zu, dass ein landwirtschaftliches Gewerbe deshalb eingeht, weil der derzeitige Eigentümer den Betrieb nicht weiterführen kann oder will.
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Wenn A. Brodbeck finanzielle Schwierigkeiten hat, so ist auch das kein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes. Ist er auf einen Landverkauf angewiesen, so kann er das Heimwesen als Ganzes an jemanden veräussern, der dafür Gewähr bietet, dass es der Landwirtschaft erhalten bleibt. Der Regierungsrat hält für möglich, "dass der Betrieb z.B. im Hinblick auf eine Felderregulierung von einem selbstbewirtschaftenden Landwirt erworben werden könnte". Es ist nicht dargetan, dass diese Möglichkeit nicht besteht.
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Ebensowenig kann berücksichtigt werden, dass A. Brodbeck, wenn er das ganze Heimwesen veräusserte, sein Wohnhaus samt Umschwung, auf dem er nach seinen Angaben etwas Obst und Gemüse zieht, verlieren würde. Art. 19 EGG bezweckt die Erhaltung landwirtschaftlicher Heimwesen, nicht ländlicher Wohnungen. In einem landwirtschaftlichen Heimwesen sind Land und Gebäulichkeiten (Wohn- und Ökonomiegebäude) zu einer Einheit verbunden, und als solche, mit Einschluss des Wohnhauses, steht es unter dem Schutz des Gesetzes. Das zum Hof gehörende Wohnhaus soll, das ist der Sinn der gesetzlichen Ordnung, dem das Land bewirtschaftenden Bauern als Wohnung dienen. Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG will gerade auch verhindern, dass der Eigentümer eines Heimwesens nur das Land ohne das Haus verkauft, weil dadurch das Heimwesen aufgelöst würde. Das Bedürfnis A. Brodbecks, sein Wohnhaus zu behalten, ist daher kein wichtiger Grund im Sinne dieser Bestimmung.
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c) Andere Tatsachen, welche als wichtige Gründe in Betracht kommen könnten, werden nicht genannt und sind auch nicht ersichtlich. Die von den Beschwerdeführern beanstandeten Einsprachen sind daher nach Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG begründet.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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