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11. Urteil vom 30. Januar 1963 i.S. Goebel gegen Diethrich und Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh. | |
Regeste |
Gerichtsstandsklausel. |
- verstösst nicht gegen die Art. 58 und 59 BV (Erw. 1). |
- ist in casu mit dem Wortlaut und Sinn der Klausel vereinbar und nicht willkürlich (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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Goebel zahlte die 15'000. - DM, nicht dagegen die vereinbarte Rente. In den Jahren 1956/58 verkaufte er seine Liegenschaften in Frankfurt für 610'000.-- DM und zog dann nach Teufen (Kt. Appenzell A.Rh.), wo er seit anfangs 1959 wohnt.
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B.- Am 8. Februar 1961 reichte Louise Diethrich beim Bezirksgericht Mittelland Klage ein gegen Goebel mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr rückwirkend seit 1. Januar 1953 eine lebenslängliche Leibrente von monatlich 300.-- DM zu bezahlen, und es sei der Beklagte zu verpflichten, ihr die seit 1. Januar 1953 bis zur Urteilsfällung verfallenen Rentenbetreffnisse zum Tageskurse zu bezahlen.
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Der Beklagte beantragte unter Berufung auf die im Vergleich von 1951 enthaltene Gerichtsstandsklausel, auf die Klage sei wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht einzutreten; eventuell beantragte er Abweisung der Klage. Das Bezirksgericht Mittelland betrachtete die Einrede der Unzuständigkeit als begründet. Das Obergericht des ![]() | 4 |
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D.- Das Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh. und die Beschwerdegegnerin Louise Diethrich beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Art. 59 BV schützt den Schuldner unter gewissen Voraussetzungen davor, an einem andern Orte als an seinem schweizerischen Wohnsitz belangt zu werden. Diese Garantie kann vorliegend nicht verletzt sein, da der Beschwerdeführer ja seinen Wohnsitz unbestrittenermassen in Teufen hat und dort vor Gericht gezogen wird. Aus Art. 59 BV kann der Schuldner nicht ableiten, dass er gegebenenfalls nicht an seinem Wohnsitz, sondern an einem andern Orte in der Schweiz oder gar im Ausland belangt werden müsse.
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Art. 58 BV schützt zunächst gegen die Unterstellung unter Ausnahmegerichte und ist sodann verletzt, wenn ein ordentliches Gericht in Missachtung einer Verfassungs- oder Gesetzesvorschrift seine Zuständigkeit bejaht oder verneint (BGE 48 I 148Erw. 1, BGE 83 I 85 Erw. 3). Es ist klar, dass von einer solchen Verletzung vorliegend nicht die Rede sein kann, denn der Beschwerdeführer wird für eine persönliche Ansprache an seinem Wohnsitz belangt, ![]() | 9 |
Fraglich ist einzig, ob die Parteien mit der im Vergleich von 1951 enthaltenen Gerichtsstandsklausel den verfassungs- und gesetzmässigen Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten wegbedungen und für die vorliegende Streitigkeit die Gerichte von Frankfurt a.M. als ausschliesslich zuständig erklärt haben. Das Obergericht hat die Frage verneint. Diese Auslegung der Gerichtsstandsklausel kann vom Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel des Art. 4 BV, d.h. daraufhin überprüft werden, ob sie mit dem Wortlaut und Sinn der Klausel unvereinbar, geradezu willkürlich sei.
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Die letzte Bestimmung des Vergleichs von 1951 hat den üblichen Inhalt der einem Vertrag beigefügten Gerichtsstandsklausel (vgl. z.B. BGE 87 I 74 und 131). Sie enthält nach ihrem Wortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, dass damit im Falle von Streitigkeiten der ordentliche Gerichtsstand des jeweiligen Wohnsitzes des Beklagten ausgeschlossen werden sollte. Es liegen auch keine dem Vergleichsabschluss vorausgegangenen schriftlichen Äusserungen der Parteien oder ihrer damaligen Anwälte vor, ![]() | 12 |
Im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses lag der vereinbarte Gerichtsstand vor allem deshalb im Interesse des Beschwerdeführers, weil er damals in Frankfurt a.M. wohnte. Daneben rechtfertigte sich dieser Gerichtsstand aus sachlichen Gründen, da für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin auf Grund des Vergleichs eine Rente zu bezahlen verpflichtet sei, der Ertrag einiger in Frankfurt befindlicher Liegenschaften massgebend ist. Unter diesen Umständen kann es sehr wohl sein, dass die Parteien den im Vergleich vereinbarten Gerichtsstand Frankfurt a.M. als ausschliesslich verstanden haben. Indessen ist dies nicht die einzig mögliche Betrachtungsweise. Die genannten Umstände, die den vereinbarten Gerichtsstand zu rechtfertigen vermögen, sprechen nicht zwingend dafür, dass ihm die Parteien ausschliesslichen Charakter beilegen wollten, und noch weniger, dass sie dies selbst für den Fall wollten, dass der Beschwerdeführer in der Folge seinen Wohnsitz von Frankfurt an einen andern Ort verlegen und seine dortigen Liegenschaften veräussern sollte. Die Annahme des Obergerichts, dass die Parteien für diesen nun eingetretenen Fall den Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten für auf Grund des Vergleichs zu erhebende Forderungsklagen gegen ihn nicht ausschliessen wollten, lässt sich mit guten Gründen vertreten und hält jedenfalls dem Vorwurfe der Willkür stand; denn es liegt nach den genannten Umständen nahe und ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Gerichtsstand Frankfurt allein oder doch hauptsächlich im Hinblick auf den damaligen Wohnsitz des Beschwerdeführers in dieser Stadt vereinbart wurde.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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