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49. Urteil vom 31. Mai 1963 i.S. Bucher und Mitbeteiligte gegen Eidg. Volkswirtschaftsdepartement. | |
Regeste |
Milchstatut: Aufhebung einer Milchsammelstelle. |
2. Zusammenlegung von Milchsammelstellen (Errichtung einer Zentrale); Voraussetzungen. | |
Sachverhalt | |
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Einer der fünf Milchhändler, Anton Bucher, widersetzte sich der Durchführung dieses Vorhabens. Er wollte weiterhin die Milch für sein Geschäft in Haslen-Egnach direkt bei seinen bisherigen Lieferanten beziehen. Von diesen weigerten sich dreizehn ihrerseits, die Milch in die neue ![]() | 2 |
Bucher und die dreizehn Milchproduzenten erhoben hiegegen Beschwerde beim eidg. Volkswirtschaftsdepartement. Dieses trat auf die Beschwerde Buchers nicht ein; diejenige der Produzenten wies es ab (Entscheid vom 14. Mai 1962). Es führte aus, die fünf Milchhändler hätten die Funktion der Sammelstellen nicht selbständig ausgeübt, sondern im Auftrag des Milchproduzentenverbandes Romanshorn auf Grund der jährlich erneuerten Milchkaufverträge. Diese Funktion sei nicht durch den angefochtenen Entscheid der Abteilung für Landwirtschaft aufgehoben worden, sondern dadurch, dass der Milchkaufvertrag nicht erneuert worden sei. Daher bestehe für die Milchproduzenten tatsächlich keine Möglichkeit mehr, ihre Milch an die früheren Sammelstellen abzuliefern. Der Entscheid der Abteilung für Landwirtschaft entspreche der gesetzlichen Ordnung und sei sachlich richtig.
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B.- Bucher und die dreizehn Milchproduzenten haben gegen den Entscheid des Departements gleichzeitig Verwaltungsbeschwerde beim Bundesrat (entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im Entscheid) und Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben.
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Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen sie, der Entscheid des Departements sei aufzuheben und demzufolge die Verfügung der Abteilung für Landwirtschaft nichtig zu erklären, eventuell aufzuheben; demgemäss seien zwei weitere Milchproduzenten zu verpflichten, ihre Milch weiterhin dem Beschwerdeführer Bucher abzuliefern; eventuell sei die Angelegenheit zu neuer Entscheidung im ![]() | 5 |
Eine solche zwangsweise Umteilung sei nach der gesetzlichen Ordnung nicht zulässig. Ein Milchproduzent könne einer anderen Sammelstelle nur dann zugeteilt werden, wenn er es selber wünsche (Art. 5 Abs. 4 MB).
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Die Milchzentrale Hub, die der Milchproduzentenverband Romanshorn am Standort einer alten Sammelstelle eröffnet habe, sei keine neue Sammelstelle. Läge eine solche doch vor, so wäre sie nicht ordnungsgemäss errichtet worden. Die erforderliche Bewilligung fehle; der regionale Milchproduzentenverband habe der Errichtung nicht zugestimmt, und Bucher, der zu den "beteiligten Verwerterkreisen" gehöre, sei nicht angehört worden (Art. 8 MB).
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Die Abteilung für Landwirtschaft sei nicht berechtigt gewesen, die Sammelstelle Buchers aufzuheben. Nach Art. 50 Abs. 2 MB dürfe eine bestehende Sammelstelle ohne Zustimmung des Kantons, welche hier fehle, nicht aufgehoben werden.
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Die von der Verwaltung vorgesehene Neuordnung der Milchversorgung Romanshorn sei auch den Verhältnissen völlig unangemessen. Der für die Milchzentrale gewählte Standort sei exzentrisch. Er sei insbesondere für die Beschwerdeführer ungünstig. Der Anschluss an die Zentrale Hub wäre für sie mit unzumutbaren neuen Belastungen ![]() | 9 |
Würde die Aufhebung der Milchsammelstelle Buchers als zulässig befunden, so müsste er dafür entschädigt werden.
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C.- Im Meinungsaustausch mit dem Bundesrat hat das Bundesgericht sich als zur Beurteilung des Falles zuständig erklärt. Der Bundesrat hat sich dieser Auffassung angeschlossen.
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D.- Das eidg. Volkswirtschaftsdepartement beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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E.- Der Instruktionsrichter hat dem Departement anheimgestellt, nachträglich die Zustimmung des Kantons zu der angefochtenen Anordnung nachzusuchen, für den Fall, dass diese Zustimmung als notwendig erachtet würde (Art. 50 Abs. 2 MB). Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat die erbetene Zustimmung erklärt.
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Die Beschwerdeführer bestreiten, dass dieser nachträgliche Beschluss vom Bundesgericht berücksichtigt werden könne, und ferner, dass der Regierungsrat dafür zuständig gewesen sei. Sie machen geltend, zuständig wäre nach Art. 8 Abs. 2 MB der thurgauische Milchproduzentenverband. Mindestens wäre seine Zustimmung ebenfalls erforderlich. Der Regierungsrat setze sie zu Unrecht als gegeben voraus. Er habe gegen Art. 4 BV verstossen, indem er nicht alle massgeblichen Gesichtspunkte geprüft und den Beschwerdeführern das rechtliche Gehör verweigert habe.
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Das Departement erachtet diese Ausführungen der Beschwerdeführer als unbegründet.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Nach Art. 26 Abs. 1 LandwG kann die Bundesversammlung zur Sicherung einer geordneten Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten und zur Förderung ![]() | 16 |
Vor dem Inkrafttreten dieser Ordnung, insbesondere unter der Herrschaft des dringlichen Bundesbeschlusses vom 28. März 1934 über die Fortsetzung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten und der Verordnung des Bundesrates über Milchproduktion und Milchversorgung vom 30. April 1937 (BS 9 S. 177 und 190), war die Sammlung der Milch in weitem Umfange auf Grund des Privatrechts von den örtlichen Produzentenverbänden organisiert, welche in der Regel regionalen Verbänden - Sektionen des Zentralverbandes schweizerischer Milchproduzenten - angeschlossen waren. Der örtliche Verband schloss, wenn er nicht selbst den Verkauf und die Verarbeitung der Milch anhandnahm, einen Milchkaufvertrag mit einem Milchhändler oder Käser ab, welcher über die erforderlichen Räumlichkeiten verfügte. Es war Sache des Zentralverbandes, die Verwendung der Milch entsprechend dem allgemeinen Interesse durch Anweisungen an die regionalen und örtlichen Verbände näher zu ordnen. Um alle Milchproduzenten der gleichen Regelung zu unterstellen, ermächtigte indessen das öffentliche Recht des Bundes (Art. 6 des zit. BB und Art. 9 der zit. Verordnung) die Bundesverwaltung, Produzenten zum Anschluss an bestehende Milchverwertungsgenossenschaften und zu deren Belieferung sowie einzelstehende Milchgenossenschaften zum Beitritt zu einer Sektion des Zentralverbandes zu verpflichten. Gestützt auf die erwähnte Verordnung untersagte das eidg. Volkswirtschaftsdepartement ![]() | 17 |
Der Milchbeschluss kennt das System des Anschlusszwangs nicht mehr. Dagegen bestimmt er, dass die Milchproduzenten ihre Verkehrsmilch in die angestammte oder nächstgelegene Milchsammel- oder Milchverwertungsstelle (Sammelstelle) abzuliefern und die Sammelstellen sämtliche in ihrem Einzugsgebiet produzierte Verkehrsmilch, die den Qualitätsvorschriften entspricht, abzunehmen haben (Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs 1). Diese Verpflichtungen beruhen auf öffentlichem Recht.
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Der Begriff der Sammelstelle umfasst zwei Elemente, einerseits ein Lokal an einem bestimmten Standort, wo die Milch der Produzenten des Einzugsgebietes abgeliefert wird, und anderseits eine Unternehmung, deren Inhaber die Milch kauft und dann verkauft oder verarbeitet. Die Bestimmungen des Milchbeschlusses beziehen sich bald auf das eine, bald auf das andere Element.
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Indem das öffentliche Recht alle Milchproduzenten zur Ablieferung ihrer Verkehrsmilch an eine bestimmte Sammelstelle und die Sammelstellen zur Abnahme der Milch verpflichtet, verleiht es einem Milchkäufer, der an einem bestimmten Ort ein Geschäftslokal hält, die Funktion der Sammelstelle. Soweit der Milchbeschluss nichts anderes vorsieht, unterliegen indessen die Ablieferung und die Übernahme der Milch den Bestimmungen des Privatrechts (Art. 6 Abs. 6 MB). Dasselbe gilt für den Verkauf und die Verarbeitung der Milch.
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Mithin ist der Milchkäufer, der eine Sammelstelle hält, zwar ein privater Unternehmer, doch versieht er dadurch, dass er gemäss der ihm vom öffentlichen Recht auferlegten Verpflichtung die Milch seines Einzugsgebietes abnimmt, einen öffentlichen Dienst. Sofern das Gesetz es zulässt, kann einen solchen Dienst ein Privater versehen. Er bedarf dazu einer Verleihung (Konzession), die ihm vom Gesetz ![]() | 21 |
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Neue Sammelstellen konnten schon nach dem früheren Recht (zit. Verordnung vom 30. September 1949) nur ausnahmsweise errichtet werden. Auch der Milchbeschluss schränkt die Schaffung neuer Stellen ein. Er lässt sie nur zu, wenn dafür ein Bedürfnis besteht und die rationelle Erfassung und Verwertung der Verkehrsmilch dadurch nicht beeinträchtigt werden (Art. 8 Abs. 1). Der regionale Milchproduzentenverband ist ermächtigt, auf Gesuch hin die Errichtung einer neuen Sammelstelle im Einvernehmen mit den beteiligten Verwerterkreisen zu bewilligen (Art. 8 Abs. 2). Entspricht er dem Gesuch nicht, so entscheidet die Abteilung für Landwirtschaft (Art. 9).
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Die neue Sammelstelle, welche ein Gesuchsteller errichten will, kann zu den bereits bestehenden hinzutreten. In Betracht kommt aber auch, dass sie mittels Fusion zweier oder mehrerer bestehender Stellen, welche damit eingehen sollen, geschaffen werden soll. Die Fusion wird in der Botschaft des Bundesrates vom 13. Februar 1953 zum Entwurf des Milchbeschlusses (BBl 1953 I S. 432) als mitunter wünschbar erklärt. Indessen enthält der Milchbeschluss keine ausdrückliche Bestimmung darüber. Die ![]() | 24 |
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Trifft dies zu, so hat der von der Vorinstanz bestätigte Entscheid, der anordnet, dass die bisherigen Lieferanten Buchers und der anderen Milchhändler ihre Milch der neuen Milchzentrale Hub abzugeben haben, offensichtlich unmittelbar zur Folge, dass Sammelstellen im Sinne des Milchbeschlusses aufgehoben, durch eine neue solche Stelle ersetzt werden (Fusion).
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Nach Art. 107 lit. b LandwG und Art. 38 MB ist gegen Entscheide des eidg. Volkswirtschaftsdepartementes, die den Entzug einer in Anwendung jenes Gesetzes erteilten Bewilligung bestätigen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. Der Begriff der Bewilligung im Sinne dieser Bestimmungen umfasst auch die Konzession für den Betrieb einer Milchsammelstelle. Art. 8 Abs. 2 MB, welcher die Errichtung neuer Sammelstellen betrifft, verwendet denn auch den Ausdruck "bewilligt". Wenn Anton Bucher, wie die Beschwerde geltend macht, selbständiger Inhaber einer Sammelstelle im Sinne des Milchbeschlusses war, so ist ihm durch den angefochtenen Entscheid eine Bewilligung (Konzession) entzogen worden. Dieser Entscheid unterliegt daher der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Es ist klar, dass Anton Bucher nach Art. 103 OG zur Beschwerde legitimiert ist, soweit der Entscheid des Departements die Sammelstelle aufhebt, die dieser Beschwerdeführer nach den Ausführungen der Beschwerdeschrift bisher als selbständiger Inhaber (Konzessionär) betrieben haben soll und weiter betreiben will.
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Die Aufhebung einer Sammelstelle berührt auch unmittelbar die Rechtsstellung der beteiligten Milchproduzenten, da sie verpflichtet sind, ihre Milch in die Sammelstelle zu liefern, der sie zugeteilt sind. Die dreizehn rekurrierenden Produzenten sind daher nach Art. 103 OG zur Beschwerde gegen einen Entscheid, der eine von Bucher gehaltene Sammelstelle aufhebt, gleich wie dieser legitimiert.
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Nach der Rechtsprechung unterliegt ein Entscheid des Departements, durch den ein Produzent verpflichtet wird, die bisher einer Sammelstelle gelieferte Milch einer anderen bestehenden Stelle abzugeben, nicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, sondern der Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat (Urteil des Bundesgerichts vom 2. März 1956 und Entscheid des Bundesrates vom 21. Dezember 1956 i.S. Raboud). Hier handelt es sich indessen nicht um den gleichen Fall, sondern - nach der Darstellung der Beschwerdeführer - um die Aufhebung einer vordem bewilligten Sammelstelle und deren Ersetzung durch eine neue. Zwar wenden sich auch die dreizehn Produzenten, die neben Bucher Beschwerde führen, gegen eine Umteilung von einer Sammelstelle in eine andere; aber diese Umteilung ist nach Auffassung der Beschwerdeführer lediglich die Folge der Aufhebung der bisher von Bucher betriebenen Sammelstelle. Diese Stelle aufrecht zu erhalten, ist das Ziel nicht nur Buchers, sondern auch der dreizehn Produzenten. Mit der Entscheidung darüber, ob der mit der Beschwerde beanstandete Entzug einer Bewilligung ![]() | 31 |
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Die Auffassung der Verwaltung trifft jedoch nur für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Milchbeschlusses zu. Seither besteht eine neue Ordnung: Jeder Milchproduzent einer bestimmten Gegend ist ohne Rücksicht darauf, ob er einem Produzentenverband angeschlossen ist oder nicht, kraft öffentlichen Rechts verpflichtet, seine Verkehrsmilch einer Sammelstelle abzuliefern (Art. 5 Abs. 1 MB). Diese Verpflichtung beruht also nicht auf dem Privatrecht. Die Einsammlung der Milch bei den Produzenten wird nach Art. 5 MB von der "für das betreffende Heimwesen angestammten oder nächstgelegenen Sammelstelle" besorgt. Die Bezeichnung der Sammelstelle ist mithin durch das ![]() | 33 |
Der Milchproduzentenverband Romanshorn verfügte bisher über keines der beiden Elemente, welche Kennzeichen einer Sammelstelle im Sinne des Milchbeschlusses sind. Weder besass er ein eigenes Sammellokal, noch war er Inhaber einer Unternehmung des Milchhandels; er vertrat lediglich die ihm angeschlossenen Produzenten beim Milchverkauf. Dagegen ist Bucher seit langem sowohl Eigentümer eines Sammellokals als auch selbständiger Inhaber des darin betriebenen Milchgeschäftes. Träger der in Frage stehenden Konzession kann daher nur er sein, nicht der Verband.
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5. Nach Art. 50 MB werden Sammelstellen (und Quartiereinteilungen), die beim Inkrafttreten des Milchbeschlusses bereits bestanden haben und "behördlich verfügt" worden sind, anerkannt und den Vorschriften dieses Beschlusses unterstellt. Es steht nicht fest, dass die Sammelstelle Buchers "behördlich verfügt" worden ist. Das ist jedoch nicht entscheidend. Es mag sein, dass nach Art. 50 MB die bereits bestehenden Quartiereinteilungen nur dann anerkannt sind, wenn sie von der Behörde verfügt ![]() | 35 |
Es ist nicht bestritten, dass das Milchgeschäft in Haslen seit vielen Jahren, auch schon lange vor dem Inkrafttreten des Milchbeschlusses, die Milch direkt von Produzenten der Gegend erhielt. Dieses Zentrum war daher für diese Produzenten die "angestammte" Sammelstelle. Es ist ohne weiteres eine Sammelstelle im Sinne des Milchbeschlusses geworden. Bucher, der das Geschäft schon vor dem Inkrafttreten des Beschlusses übernommen hatte, ist mithin kraft Gesetzes Träger der Konzession für diese Sammelstelle.
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Die Aufhebung einer Sammelstelle ist nach dem Milchbeschluss zulässig (Urteil vom 29. Juni 1956 i.S. Fumasoli und Ferrari, nicht publiziert). Das ergibt sich aus Art. 50 Abs. 2 MB, wonach bereits bestehende, behördlich verfügte Sammelstellen mit Zustimmung des Kantons aufgehoben werden können. Ferner aus Art. 8, wonach ausnahmsweise neue Sammelstellen errichtet werden können; denn die Schaffung neuer Stellen kann unter Umständen dazu führen, dass alte Stellen alle ihre Milchlieferanten verlieren und daher eingehen. Die Zulässigkeit der Aufhebung von Sammelstellen ergibt sich auch aus dem System des Milchbeschlusses: Da die Sammelstelle einen ![]() | 38 |
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8. Nach dem Wortlaut des Art. 50 Abs. 2 MB ist die Zustimmung des Kantons für die Aufhebung solcher Sammelstellen notwendig, die beim Inkrafttreten des Milchbeschlusses bereits bestanden haben und "behördlich ![]() | 40 |
Der Regierungsrat des Kantons Thurgau bemerkt, die Beschwerdeführer hätten nicht dargetan, dass die Sammeltätigkeit Buchers jemals behördlich bewilligt worden sei. Indessen nennen weder der Regierungsrat noch die Bundesverwaltung Fälle, in denen seinerzeit im Kanton Thurgau oder in einem anderen Kanton Sammelstellen "behördlich verfügt" worden wären, noch führen sie Bestimmungen an, welche eine solche Verfügung vorgesehen hätten. Immerhin hat das Bundesgericht im zit. Urteil Fumasoli und Ferrari angenommen, dass eine amtliche Bewilligung nicht ausdrücklich habe erteilt werden müssen und ihr Bestehen sich insbesondere daraus ergeben könne, dass der Milchkäufer der kantonalen Behörde periodisch über die Milchlieferungen der Produzenten an ihn Bericht erstattete. Gleich könnte es dann gehalten werden, wenn eine Sammelstelle beauftragt worden wäre, öffentliche Abgaben zu erheben.
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Jedenfalls ist nicht völlig abgeklärt, ob die Sammelstelle Buchers "behördlich verfügt" worden ist und daher nach Art. 50 Abs. 2 MB nur mit Zustimmung des Kantons aufgehoben werden durfte. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben, da die Zustimmung des Kantons - für den Fall, dass sie erforderlich sein sollte - nachgesucht und erklärt worden ist Sie ist allerdings erst während des Verfahrens vor dem Bundesgericht erteilt worden. Das Gericht kann jedoch bei der Beurteilung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch neue Tatsachen berücksichtigen, selbst solche, die erst seit der Fällung des angefochtenen Entscheids eingetreten sind (BGE 55 I 173; Urteil vom 13. Juli 1962 in Sachen I.B.Z.-Finanz AG, nicht publiziert).
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9. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass nicht der Regierungsrat, sondern der kantonale Milchproduzentenverband ![]() | 43 |
Art. 50 Abs. 2 MB verlangt die Zustimmung "des Kantons". Sie ist von dem Organ des Kantons auszusprechen, das nach der kantonalen Ordnung dafür zuständig ist. Der Regierungsrat erklärt, dass nach dem kantonalen Recht einzig seine Zuständigkeit in Frage kommt. Ein triftiger Grund, etwas anderes anzunehmen, wird nicht genannt und ist auch nicht ersichtlich. Der thurgauische Milchproduzentenverband ist kein Organ des Kantons Der Regierungsrat hatte nicht einen - der Rechtskraft fähigen - Entscheid zu fällen, sondern lediglich zu erklären, ob er namens des Kantons zustimme oder nicht. In bezug auf das zur Bildung seiner Meinung einzuschlagende Verfahren war er weitgehend frei. Er war nicht verpflichtet, irgend jemand - insbesondere die Beschwerdeführer - anzuhören. Der Entscheid war Sache der Bundesbehörden, und es war daher auch an ihnen, die Angelegenheit allseitig abzuklären. Die formellen Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die Zustimmungserklärung des Regierungsrates sind durchweg unbegründet.
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Nach Art. 44 Abs. 2 können Bewilligungen gemäss Art. 5 Abs. 2 und 3 und Art. 7 Abs. 2 und 3 (Ermächtigung ![]() | 45 |
b) In der Tat ist die Grundlage, welche die Aufhebung einer Sammelstelle in einem Falle wie dem vorliegenden rechtfertigt, in Art. 8 und 9 MB zu suchen.
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Nach Art. 8 Abs. 1 ist die Errichtung neuer Sammelstellen nur zulässig, wenn dafür ein Bedürfnis besteht und die rationelle Erfassung und Verwertung der Verkehrsmilch dadurch nicht beeinträchtigt werden. Die Bestimmung soll in erster Linie eine nicht gerechtfertigte Zunahme der Zahl der Sammelstellen verhindern (vgl. Art. 26 Abs. 1 lit. d LandwG: "Verhinderung einer übersetzten Zahl von Milchgeschäften"). Sie ermöglicht aber auch, eine neue Sammelstelle durch Zusammenlegung zweier oder mehrerer bestehender Stellen zu schaffen, wenn die rationelle Erfassung und Verwertung der Verkehrsmilch durch die bisherige Zersplitterung der Sammelstellen beeinträchtigt war und durch die Fusion besser gewährleistet wird. Zweifellos lässt sich eine solche Verbesserung unter Umständen durch eine Fusion von Sammelstellen erreichen. Dadurch können die Kosten der Milchsammlung gesenkt und kann die Verwertung der überschüssigen Milch rationalisiert werden.
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Die Ersetzung von Sammelstellen durch eine neue kann nach Art. 8 Abs. 2 MB vom regionalen Milchproduzentenverband, im Einvernehmen mit den beteiligten Verwerterkreisen ![]() | 48 |
Unter diesem Gesichtspunkt kann im vorliegenden Fall die - vom Regierungsrat geteilte - Auffassung der Abteilung für Landwirtschaft und des eidg. Volkswirtschaftsdepartements, dass unter den gegebenen Verhältnissen die Schaffung einer Milchzentrale im Hub anstelle der bisherigen Sammelstellen des Gebietes (darunter derjenigen Buchers in Haslen) einem Bedürfnis entspricht und die rationelle Erfassung und Verwertung der Verkehrsmilch besser als der alte Zustand gewährleistet, nicht beanstandet werden. Die Beschwerdeführer bringen nichts vor, was eine andere Entscheidung rechtfertigen würde. Sie wenden ![]() | 49 |
Wohl bestimmt Art. 21 Abs. 2 MB, dass die Bewilligung zum gewerbsmässigen Verkauf von Konsummilch bei Wechsel des Inhabers des Verkaufsgeschäftes nur verweigert werden kann, wenn die beteiligten Organisationen dem bisherigen Geschäftsinhaber eine angemessene Abfindung für den wirtschaftlichen Wert der Milchkundschaft leisten. Aber diese Vorschrift kann auf den Fall der Aufhebung einer Sammelstelle nicht analog angewendet werden, da sie einen ganz anderen Sachverhalt betrifft (Urteil vom 29. Juni 1956 i.S. Fumasoli und Ferrari, Erw. 6). Die Entschädigung, die sie vorsieht, soll die Übertragung eines Geschäftes verhindern, die zwischen seinem bisherigen Inhaber und dem Übernehmer frei vereinbart worden ist. Dagegen wird die Aufhebung einer Sammelstelle kraft öffentlichen Rechts, im Interesse der Allgemeinheit, angeordnet, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen, wie hier, erfüllt sind. Sie kann nach dem Gesetz nicht durch Bezahlung einer Entschädigung abgewendet werden. Der Beschwerdeführer Bucher hat kein wohlerworbenes Recht des ![]() | 50 |
Der von ihm eventuell erhobene Anspruch auf Entschädigung ist daher unbegründet.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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