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51. Urteil vom 30. Oktober 1963 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Schaffhausen. | |
Regeste |
Art. 4 BV; rechtliches Gehör in Verwaltungssachen. | |
Sachverhalt | |
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Die vom Regierungsrat am 5. November 1935 erlassene Vollziehungsverordnung (VV) zum Wirtschaftsgesetz bestimmt in
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"§ 10. Dem Patentbewerber sind die eingegangenen Einsprachen ihrem ganzen Inhalte nach, unter Weglassung der Unterschrift, zur Kenntnis zu bringen.
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Dieser hat das Recht, sich innerhalb von 10 Tagen hiezu vernehmen zu lassen."
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B.- Die Beschwerdeführerin Fräulein X. bestand am 6. März 1963 die kantonale Wirteprüfung und stellte hierauf beim Gemeinderat Neuhausen das Gesuch um Erteilung des Patentes zur Führung einer alkoholfreien Wirtschaft im Hause Zollstrasse 86 in Neuhausen. Auf die Ausschreibung dieses Gesuchs hin wurden zwei Einsprachen eingereicht, die der Gemeinderat am 30. Mai 1963 mit dem Gesuch an die kantonale Polizeidirektion weiterleitete.
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In der Folge erhielt der Anwalt der Beschwerdeführerin vom Polizeisekretär davon Kenntnis, dass Bedenken gegen die Patenterteilung bestünden, konnte jedoch nicht erfahren, aus welchen Gründen. Mit Eingabe vom 29. Juni 1963 ersuchte er deshalb den Regierungsrat, ihm vor dem Entscheid über das Patentgesuch Einsicht in die Akten zu gewähren oder ihn auf andere geeignete Weise von den gegen die Patenterteilung sprechenden Umständen in Kenntnis zu setzen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.
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Mit Entscheid vom 3. Juli 1963 wies der Regierungsrat das Gesuch um Erteilung des Patentes ab. Die Gründe hiefür sind in den Erwägungen eingehend dargelegt. Zum Gesuch der Beschwerdeführerin, vor dem Entscheid zu allfälligen gegen die Patenterteilung sprechenden Umständen ![]() | 7 |
C.- Gegen den Entscheid des Regierungsrates führt Fräulein X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV. Sie wirft dem Regierungsrat Verletzung des rechtsstaatlichen Prinzips des rechtlichen Gehörs und insbesondere der strikten Vorschrift in § 10 der VV zum WG vor, weil er ihr weder Kenntnis von den beiden gegen ihr Patentgesuch erhobenen Einsprachen noch Gelegenheit, sich dazu vernehmen zu lassen, gegeben habe. Ferner macht sie geltend und führt näher aus, dass und weshalb die Abweisung des Patentgesuches willkürlich sei.
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D.- Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen beantragt die Abweisung der Beschwerde. Er bestreitet eine Gehörsverweigerung inbezug auf die Einsprachen aus folgenden Gründen: Die eine Einsprache bilde überhaupt keinen Ablehnungsgrund, da damit gewerbepolitische Gründe geltend gemacht würden. Die andere Einsprache aber könne nicht als solche bezeichnet werden, da sie anonym erfolgt sei und den Charakter einer Anzeige gehabt habe, die die Behörden zu näheren Untersuchungen veranlasst habe. Es sei nicht erforderlich, dass die Behörde, welche Erhebungen über einen Patentbewerber zu machen habe, diesem eventuelle Hindernisgründe eröffne.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Nachdem die Beschwerdeführerin erfahren hatte, dass Bedenken gegen die Erteilung des von ihr verlangten Wirtschaftspatentes bestünden, ersuchte sie den Regierungsrat um Einsicht in die Akten oder doch um Bekanntgabe der gegen die Patenterteilung sprechenden Umstände, worin sinngemäss das Begehren um Mitteilung allfällig eingegangener Einsprachen enthalten war. Dass dem in erster Linie gestellten Begehren um allgemeine Akteneinsicht nicht entsprochen wurde, wird in der staatsrechtlichen ![]() | 10 |
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§ 10 V-V bestimmt eindeutig und vorbehaltlos, dass die eingegangenen Einsprachen ihrem ganzen Inhalte nach dem Patentbewerber zur Kenntnis zu bringen sind (Abs. 1) und dass dieser das Recht hat, sich innerhalb von 10 Tagen dazu vernehmen zu lassen (Abs. 2). Dass es sich dabei nicht um eine blosse Ordnungsvorschrift handelt, ergibt sich unmissverständlich daraus, dass Abs. 2 ausdrücklich von einem Recht des Patentbewerbers auf Vernehmlassung zu den Einsprachen spricht. Die in der Beschwerdeantwort vertretene Auffassung des Regierungsrates, § 10 VV sei ![]() | 12 |
Sofern der Regierungsrat mit der im angefochtenen Entscheid enthaltenen Bemerkung, dass der Tatbestand einwandfrei erwiesen sei, sagen wollte, eine Vernehmlassung der Beschwerdeführerin zu den beiden Einsprachen könnte an seinem Entscheid nichts ändern, so käme hierauf nichts an. In einigen nicht veröffentlichten Urteilen hat das Bundesgericht zwar erklärt, dass nur der unmittelbar aus Art. 4 BV folgende Anspruch auf rechtliches Gehör formeller Natur sei, während die Verletzung kantonaler Verfahrensvorschriften über das rechtliche Gehör nur dann die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zur Folge haben könne, wenn dem Beschwerdeführer ein Nachteil aus dem Verfahrensmangel erwachsen sei (nicht veröffentlichtes Urteil vom 21. Juni 1950 i.S. Grands Moulins de Cossonay SA und dort angeführte frühere Urteile). Ob diese Unterscheidung, die in andern, auch neuern Urteilen nicht gemacht wurde (BGE 82 I 71 Erw. 2, ![]() | 13 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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