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34. Urteil vom 8. Juli 1964 i.S. X. A.-G. gegen Zürich, Kanton und Verwaltungsregicht. | |
Regeste |
Kantonales Steuerrecht. Wirtschaftliche Betrachtungsweise, Willkür. |
Anwendung dieser Grundsätze auf eine Immobiliengesellschaft (Erw. 3). |
Rechtsungleiche Behandlung? (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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"Juristische Personen, deren Gründung oder Bestand lediglich der Steuerumgehung oder Steuerverschiebung dient, haben keinen Anspruch auf steuerrechtliche Anerkennung; ihre Einkünfte und Vermögenswerte können demjenigen Steuerpflichtigen zugerechnet werden, welchem sie tatsächlich zustehen."
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B.- Die X. A.-G. wurde im Dezember 1955 mit einem Grundkapital von Fr. 60'000. - gegründet, hat ihren Sitz in Zürich, bezweckt den Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Liegenschaften und kaufte wenige Tage nach der Gründung zum Preis von Fr. 2'250,000. - ein mit einer Hypothek von Fr. 1'800,000. - zugunsten einer Bank belastetes Wohn- und Geschäftshaus in Zürich. Zur Bezahlung des in bar zu entrichtenden Teils des Kaufpreises erhielt sie bei der Gründung von ihrem (Allein- oder Haupt-)Aktionär, als welchen sie im Rekursverfahren einen in Italien wohnhaften Y. bezeichnete, ein Darlehen von Fr. 390'000. -, so dass sich folgende Eröffnungsbilanz ergab:
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Liegenschaften Fr. 2'250,000.-- Aktienkapital Fr. 60'000.--
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Hypotheken " 1'800,000.--
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Darlehen " 390'000.--
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Fr. 2'250,000.-- Fr. 2'250,000.--
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Ein weiteres Darlehen von Fr. 50'000. - gewährte ihr der gleiche Aktionär nach der Gründung, um ihr die Bezahlung der zusammen Fr. 55'268.-- betragenden Gründungs- und Liegenschaftserwerbskosten zu ermöglichen. In den Jahren 1956/57 wurden dem Aktionär Fr. 21'200. - bzw. Fr. 19'150. - als Darlehenszinsen zu 5% gutgeschrieben und Fr. 51'000.-- bzw. Fr. 70'000. - ausbezahlt, so dass das Darlehen Ende 1956 mit Fr. 410'200.-- und Ende 1957 mit Fr. 361'350.-- zu Buch stand. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung erzielte die X. A.-G. im ersten Geschäftsjahr einen Gewinn von Fr. 3582.--, während sich für 1957 ein Verlust von Fr. 1247.-- ergab.
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Bei den Veranlagungen für die Jahre 1955 bis 1958 ![]() | 9 |
Einen Rekurs hiegegen hiess die Rekurskommission I in dem Sinne teilweise gut, dass sie nur einen Teil des Aktionärdarlehens als Eigenkapital und nur die für diesen Betrag entrichteten Darlehenszinsen als Dividenden behandelte.
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Gegen diesen Entscheid erhoben sowohl die X. A.-G. als auch der Steuerkommissär Beschwerde.
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Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde der X. A.-G. ab, hiess dagegen diejenige des Steuerkommissärs gut und stellte die ursprüngliche Veranlagung wieder her. Die Begründung dieses Entscheids, die teilweise auf Erwägungen eines in der gleichen Sache ergangenen Zwischenentscheids des Verwaltungsgerichts vom 22. November 1962 (ZBl 64 S. 478) verweist, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Da das StG bei der Besteuerung der A.-G. an das einbezahlte Grundkapital anknüpfe (§ 47 lit. a), dürfe ein Aktionärdarlehen grundsätzlich nicht zum Grundkapital gerechnet werden. Wenn jedoch gemäss § 44 StG eine A.-G., deren Gründung und Bestand lediglich der Steuerumgehung oder -verschiebung diene, keinen Anspruch auf steuerrechtliche Anerkennung habe, so müsse dies auch für die finanzielle Struktur gelten; im Grösseren sei das Geringere eingeschlossen. Haben die Aktionäre bei der Selbstfinanzierung ihrer A.-G. das Grundkapital nur zum Zwecke der Steuerumgehung oder -verschiebung klein gehalten und ihre weiteren Mittel als Aktionärdarlehen investiert, so brauche dieses Vorgehen steuerlich nicht anerkannt zu werden. Vorliegend seien die Voraussetzungen der Steuerumgehung erfüllt. Ohne das Darlehen ![]() | 12 |
C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt die X. A.-G. den Antrag, der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 20. Februar 1964 sei zu kassieren. Sie macht geltend, die Behandlung des Aktionärdarlehens als steuerbares Kapital sei willkürlich und verletze Art. 4 BV. Die nähere Begründung dieser Rüge ist, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.
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D.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Regierungsrat des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Wie schon im kantonalen Verfahren, macht die Beschwerdeführerin auch vor Bundesgericht geltend, dass die klare Vorschrift von § 47 lit. a StG, wonach bei der A.-G. das einbezahlte Grundkapital und die als Ertrag versteuerten Reserven als steuerbares Kapital gelten, es schlechterdings ausschliesse, zu diesem Kapital auch ein ihr von ihrem Allein- oder Hauptaktionär gewährtes Darlehen ![]() | 15 |
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die von den Beteiligten gewählte Gestaltung der zivilrechtlichen Verhältnisse für die Besteuerung nicht ohne weiteres massgebend. Vielmehr darf unter gewissen Voraussetzungen auf den wirtschaftlichen Sachverhalt abgestellt werden. Aus dem Gesichtspunkt der Verletzung des Art. 4 BV (Willkür) ist nur erforderlich, dass triftige, sachliche Gründe für die sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise bestehen (BGE 79 I 19und BGE 85 I 279 /80 je mit Verweisungen auf frühere Urteile), während dort, wo dem Bundesgericht freie Prüfung zustand, d.h. bei Doppelbesteuerungskonflikten und Streitigkeiten über bundesrechtliche Abgaben, die wirtschaftliche Betrachtungsweise beschränkt wurde auf Fälle, in denen die Gestaltung der zivilrechtlichen Verhältnisse ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich war und lediglich der Steuerumgehung diente (BGE 80 I 34 mit Verweisungen, BGE 83 I 343). Das Zürcher Verwaltungsgericht betrachtet die Behandlung eines Aktionärdarlehens als steuerbares Kapital im Sinne von § 47 lit. a StG dann als zulässig, wenn der Tatbestand der Steuerumgehung erfüllt ist. Dass in diesem Falle ein triftiger sachlicher Grund dafür vorliegt, auf den wirtschaftlichen Sachverhalt statt auf die zivilrechtliche Form abzustellen, kann nach dem Gesagten nicht zweifelhaft sein, betrachtet doch das Bundesgericht dort, wo ihm freie Prüfung zusteht, in Übereinstimmung mit der Rechtslehre (BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts S. 22, GEERING, Von Treu und Glauben im Steuerrecht, Festschrift für Blumenstein S. 138, KÄNZIG N. 6 ff. zu Art. 2 WStB) den Tatbestand der Steuerumgehung regelmässig als hinreichenden Grund, nicht auf die zivilrechtlichen Verhältnisse, sondern ![]() | 16 |
§ 44 StG bestimmt, dass juristische Personen, deren Gründung oder Bestand lediglich der Steuerumgehung dienen, keinen Anspruch auf steuerrechtliche Anerkennung haben und dass ihre Einkünfte und Vermögenswerte demjenigen Steuerpflichtigen zugerechnet werden können, welchem sie tatsächlich zustehen. Dass das StG nur für diesen häufigsten und wichtigsten Fall von Steuerumgehung bei juristischen Personen eine ausdrückliche Regelung enthält, bedeutet nicht ohne weiteres, dass es den Steuerbehörden in andern Fällen von Steuerumgehung verwehrt wäre, der zivilrechtlichen Form die Anerkennung zu versagen. Jedenfalls aber folgt dies nicht zwingend aus § 44 StG noch daraus, dass die §§ 47 lit. a und 45 keinen Vorbehalt zugunsten der wirtschaftlichen Betrachtungsweise machen. Vielmehr lässt sich mit guten Gründen der vom Verwaltungsgericht eingenommene Standpunkt vertreten, wenn § 44 StG es gestatte, über die Existenz der zivilrechtlich selbständigen juristischen Person im Falle der Steuerumgehung gänzlich hinwegzugehen und ihre Einkünfte und Vermögenswerte beim sie beherrschenden Aktionär zu erfassen, so müsse es (als minus in maiore) auch zulässig sein, bei grundsätzlicher Anerkennung der juristischen Person die Beziehungen zwischen ihr und dem beherrschenden Aktionär unter dem Gesichtspunkt der Steuerumgehung zu überprüfen und im Falle einer solchen statt auf die zivilrechtliche Gestaltung dieser Beziehungen auf den wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen. Zu diesen Beziehungen gehört aber auch die Finanzierung der A.-G. durch den sie beherrschenden Aktionär. Da es diesem, ![]() | 17 |
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a) Das Verwaltungsgericht nimmt in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der ![]() | 19 |
"a) die AG die statutarische Aufgabe ohne das Darlehen nicht hätte aufnehmen konnen,
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b) die entsprechende Mittel verkehrsüblich von einem fernstehenden Dritten nicht erhältlich gewesen wären,
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c) das Darlehen dem Risiko des Geschäftserfolges ausgesetzt worden sei, und
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d) sich das ungewöhnliche Vorgehen lediglich daraus erkläre, dass der Aktionär am Reinertrag der Gesellschaft zum Zwecke der Steuerersparnis in der Form des Passivzinses statt der Dividende beteiligt sein wollte."
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Auch diese Voraussetzung werden in der Beschwerde nicht als willkürlich angefochten. Nicht beanstandet wird ferner, dass das Verwaltungsgericht angenommen hat, drei der genannten vier Voraussetzungen, nämlich diejenigen nach lit. a, c und d seien vorliegend erfüllt. Als willkürlich bezeichnet die Beschwerde den angefochtenen Entscheid einzig in Bezug auf lit. b, d.h. insoweit, als er annimmt, es wäre der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen, den ihr vom Aktionär geliehenen Betrag ganz oder zum Teil von einem ihr fernstehenden Dritten erhältlich zu machen. Nur diese Frage bedarf somit der Prüfung.
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b) Da die Beschwerdeführerin bei dem wenige Tage nach ihrer Gründung erfolgten, in den Statuten vorgesehenen Erwerb der Liegenschaft X. in Zürich den die übernommene Hypothek übersteigenden, Fr. 450'000. - betragenden Teil des Kaufpreises in bar zu erlegen hatte, ihr einbezahltes Aktienkapital aber nur Fr. 60'000. - betrug, benötigte sie unmittelbar nach der Gründung einen ![]() ![]() | 25 |
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Davon abgesehen würde darin, dass in den in Frage stehenden Veranlagungsjahren gegen die eine oder andere Immobiliengesellschaft nicht in gleicher Weise wie gegen die Beschwerdeführerin vorgegangen worden sein sollte, keine rechtsungleiche Behandlung liegen, da nicht behauptet wird, dass das Verwaltungsgericht, gegen dessen Entscheid sich die staatsrechtliche Beschwerde richtet, in ![]() | 27 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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