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36. Urteil vom 8. Juli 1964 i.S. S. gegen Kanton Solothurn und Rekurskommission des Kantons Solothurn. | |
Regeste |
1. Das Bundesgericht weicht nur dann nicht ohne Not von der Auslegung einer kantonalen Verfassungsbestimmung durch ein kantonales Organ ab, wenn die Bestimmung nicht selber ein Grundrecht gewährleistet, und wenn die Auslegung vom kantonalen Parlament (oder vom Volk) ausgegangen ist (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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"Kurzfristig erzielte Grundstückgewinne können einer Zuschlagssteuer unterworfen werden, für welche das Reineinkommensprinzip nach Abs. 2 nicht gilt."
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Am selben Tage nahmen die Stimmberechtigten das neue Gesetz über die direkte Staats- und Gemeindesteuer (StG) an. § 30 lit. e des Gesetzes bestimmt, dass zum ![]() | 3 |
Nach § 25 Abs. 1 der Vollziehungsverordnung (VV) vom 19. April 1961 zum StG gilt bei der Veräusserung von unentgeltlich erworbenen Vermögenswerten der vom Erblasser, Schenker oder deren Rechtsvorgängern bezahlte oder der ihnen angerechnete Übernahmepreis als Anlagewert. Gemäss § 26 VV unterbrechen Handänderungen, die nach § 36 StG keine Kapitalgewinnsteuerpflicht auslösen, die für die Gewinnermässigung massgebende Besitzesdauer nicht.
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B.- Aus dem Nachlass des 1952 verstorbenen Emil S. übernahm die überlebende Ehefrau gemeinsam mit den 1945 und 1948 geborenen Kindern ein landwirtschaftliches Anwesen in der Gemeinde H. 1961 verkauften sie den Hauptteil des Hofes und 1962 noch einige andere zum Anwesen gehörende Grundstücke. Da die Kinder minderjährig sind, werden ihre Einkünfte (ausser dem Erwerbseinkommen) und ihr Vermögen steuerlich der Mutter als Inhaberin der elterlichen Gewalt zugerechnet (§ 25 StG). Die Steuerkommission schätzte den von der Witwe S. für das Steuerjahr 1962 zu versteuernden Kapitalgewinn auf Einsprache hin auf Fr. 162'000.-- ein. Auf Grund ![]() | 5 |
Witwe S. zog diese Verfügung an die kantonale Rekurskommission weiter. Sie machte geltend, es verstosse gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung und den Anspruch der Steuerpflichtigen auf Anwendung der vom Volk angenommenen Gesetze, wenn die Steuerjustizbehörden diese auf ihre Übereinstimmung mit der kantonalen Verfassung hin überprüften. Sollte die Steuerkommission aber dazu befugt sein, so habe sie zu Unrecht angenommen, § 37 Abs. 1 StG und § 26 VV verletzten Art. 62 Abs. 2 KV. Bei richtiger Gesetzesanwendung berechne sich der steuerbare Kapitalgewinn lediglich auf Fr. 73'500.--.
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Die kantonale Rekurskommission hat den Rekurs am 23. März 1963 abgewiesen. Sie hat dazu ausgeführt, sie sei befugt und verpflichtet, die Verfassungsmässigkeit der kantonalen Erlasse zu überprüfen und einem verfassungswidrigen Erlass die Anwendung zu versagen. Nach der Regelung des StG habe der Steuerpflichtige nicht nur den während der Dauer seines Besitzes entstandenen Wertzuwachs der veräusserten Gegenstände als Einkommen zu versteuern, sondern auch den Mehrwert, der während der Dauer des Besitzes des Erblassers angewachsen sei. Diese Lösung halte vor Art. 62 Abs. 2 KV nicht stand. Bei einer Gegenüberstellung von Abs. 2 und 3 dieses Artikels ergebe sich durch Umkehrschluss, dass Kapitalgewinne auf Privatvermögen, soweit nicht die in Abs. 3 genannte Zuschlagssteuer in Frage stehe, nur als Bestandteil des Reineinkommens besteuert werden dürften. Aus Abs. 2 Satz 3 folge, dass Erbschaften und Schenkungen ![]() | 7 |
C.- Witwe S. führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, der Entscheid der kantonalen Rekurskommission sei aufzuheben. Sie macht eine Missachtung des in Art. 4 KV gewährleisteten Grundsatzes der Gewaltentrennung, eine unhaltbare Auslegung von Art. 62 Abs. 2 und 3 KV sowie eine Verletzung des Art. 4 BV geltend.
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D.- Der Regierungsrat schliesst auf Gutheissung der Beschwerde; die kantonale Rekurskommission empfiehlt dagegen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Gemäss § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 StG besteht der steuerbare Kapitalgewinn bei der Veräusserung ![]() ![]() | 10 |
Zu Unrecht beantragt die Rekurskommission, auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten, als diese Art. 62 Abs. 3 KV als verletzt bezeichnet. Zwar ist die Beschwerdeführerin nicht auf Grund dieses (die Zuschlagssteuer betreffenden) Verfassungssatzes zu Steuern herangezogen worden. Die Rekurskommission hat sich indes im angefochtenen Entscheid bei der Auslegung des für die Besteuerung der Beschwerdeführerin massgebenden Art. 62 Abs. 2 KV eines Umkehrschlusses aus Abs. 3 bedient. Der Beschwerdeführerin steht es zu, sich mit dieser Beweisführung auseinanderzusetzen und dabei auch die Auslegung des Abs. 3 durch die kantonale Instanz zu beanstanden.
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3. Das Bundesgericht ist in der Prüfung der Auslegung und Anwendung des kantonalen Verfassungsrechts grundsätzlich frei. Soweit kantonale Verfassungssätze dem Bürger ein Grundrecht gewährleisten, hält das Bundesgericht an dieser freien Prüfung fest (JdT 1962 I 273; BONNARD, Problèmes relatifs au recours de droit public, ZSR 81 II S. 491 Ziff. 148). In der Prüfung der Auslegung und Anwendung der übrigen kantonalen Verfassungsbestimmungen, insbesondere derjenigen organisatorischer ![]() | 13 |
Im vorliegenden Fall stehen sich die Auslegung des Art. 62 Abs. 2 KV durch die kantonale Rekurskommission und durch den Kantonsrat gegenüber. Der Stellungnahme der erstgenannten Behörde kommt nach dem Gesagten kein erhöhtes Gewicht zu. Anderes gilt an sich für die Auslegung durch den Kantonsrat, sofern Art. 62 Abs. 2 KV, was dahingestellt bleiben kann, kein Grundrecht gewährleistet, sondern lediglich eine Anweisung an den Gesetzgeber enthält. Unter den hier gegebenen besonderen Verhältnissen stellt sich die Frage allerdings anders. Das Bundesgericht hat in Erw. 2 offen gelassen, ob die Rekurskommission über die Übereinstimmung der Gesetze mit der Kantonsverfassung zu befinden habe, weil die fraglichen Bestimmungen des Steuergesetzes jedenfalls nicht verfassungswidrig seien. Es hat damit den Entscheid der Rekurskommission in materieller Hinsicht überprüft, ohne sich über dessen formelle Voraussetzungen auszusprechen. Sollte der Rekurskommission aber die Verfassungsgerichtsbarkeit, ![]() | 14 |
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"Bestimmungen über Besteuerung sind Sache der Gesetzgebung und unterliegen nach § 20 der Genehmigung des Volkes.
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Eine direkte Steuer kann nur auf das reine Vermögen (nach Abzug aller Schulden) und auf das reine Einkommen verlegt werden."
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In der Staatsverfassung vom 23. Oktober 1887 lauteten die entsprechenden Abs. 1 und 2 des Art. 62:
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"Bestimmungen über direkte Besteuerung und indirekte Abgaben sind Sache der Gesetzgebung.
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Eine direkte Steuer kann nur auf das reine Vermögen (nach Abzug aller Schulden) und auf das reine Einkommen verlegt werden."
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Dazu trat ergänzend folgender Abs. 3:
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"Alle Steuerpflichtigen sollen im Verhältnis ihrer Hilfsmittel an die Ausgaben des Staates beitragen. Zu diesem Behufe ist die Steuer vom Vermögen und vom Einkommen nach dem Grundsatze einer mässigen Progression zu erheben."
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Um die verfassungsrechtliche Grundlage des neuen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer klarzustellen, wurde Art. 62 KV durch Volksbeschluss vom 3. Juli 1938 revidiert. Die bisherigen Abs. 2 und 3 wurden in den Sätzen 1 und 2 des neuen Abs. 2 zusammengefasst ![]() | 23 |
"Alle Steuerpflichtigen sollen im Verhältnis ihrer Mittel an die Ausgaben des Staates beitragen. Bei der Besteuerung des Einkommens und des Vermögens ist auf das reine Einkommen und das reine Vermögen abzustellen, und es sind die Grundsätze einer angemessenen Progression anzuwenden. Diese Grundsätze gelten sinngemäss auch für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen."
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Bei der im Jahre 1954 eingeleiteten Revision des Steuergesetzes, die unter anderem eine schärfere Erfassung der Kapitalgewinne durch Schliessung der Lücken in der bisherigen Besteuerung und Einführung einer Zuschlagssteuer auf kurzfristig erzielten Grundstücksgewinnen zum Ziele hatte, wurde der Frage der Verfassungsmässigkeit dieser Steuer besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die kantonsrätliche Kommission holte von Dr. Reitter, Sekretär des kantonalen Finanz-Departementes, der Kantonsrat von alt Bundesrichter Dr. Blocher ein Gutachten über diese Frage ein. Beide Gutachter gelangten zum Ergebnis, soweit Art. 62 Abs. 2 KV von Einkommen spreche, habe er auf Kapitalgewinne keinen Bezug; er stehe schon aus diesem Grunde der Einführung der vorgesehenen Zuschlagssteuer nicht entgegen.
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Der Kantonsrat schloss sich dieser Auffassung an. Wenn er gleichwohl eine Revision des Art. 62 KV in die Wege leitete, so lediglich, um einen (allenfalls vorhandenen) "Rest von Zweifeln über die verfassungsmässige Zulässigkeit (der Zuschlagssteuer) durch eine unzweideutige Klarstellung aus der Welt zu schaffen" (Protokoll S. 561). Die Botschaft des Regierungsrates zur Volksabstimmung vom 29. Januar 1961 geht damit zu weit, wenn sie davon spricht, der Kantonsrat habe die "Notwendigkeit" einer Verfassungsrevision im Hinblick auf die Einführung der Zuschlagssteuer bejaht; wie sich aus dem Protokoll der kantonsrätlichen Kommission (S. 515/16) sowie den Ausführungen des Berichterstatters des Regierungsrates und des Kommissionspräsidenten (Protokoll S. 553 ff., insbesondere ![]() | 26 |
"Kurzfristig erzielte Grundstückgewinne können einer Zuschlagssteuer unterworfen werden, für welche das Reineinkommensprinzip nach Abs. 2 nicht gilt."
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Das Volk hat diese Verfassungsänderung am 29. Januar 1961 zusammen mit der Steuergesetzesvorlage angenommen.
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Der Art. 62 KV zerfällt dergestalt in einzelne Teile, die verschiedenen Zeiten entstammen, je auf eine bestimmte Fragestellung zugeschnitten sind und begrifflich nicht von einheitlichen Vorstellungen ausgehen. Diesem von der Rekurskommission vernachlässigten Umstand ist bei der Auslegung Rechnung zu tragen. Es verbietet sich daher, aus einzelnen Teilen der Norm ohne Rücksicht auf die verschiedene Entstehungszeit Rückschlüsse auf andere zu ziehen.
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b) Art. 62 Abs. 1 KV erklärt, dass "Bestimmungen über direkte Besteuerung und indirekt Abgaben" Sache der Gesetzgebung sind. Dieser Verfassungssatz stellt lediglich formelle, nicht aber materielle Schranken der Besteuerung auf; er erlaubt die Einführung jeder Steuerart, falls dafür der Weg der Gesetzgebung beschritten wird.
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Art. 62 Abs. 2-5, Art. 63 und Art. 64 KV führen eine Reihe materieller Steuergrundsätze auf. An der Spitze dieser Aufzählung erscheint in Art. 62 Abs. 2 Satz 1 KV die Forderung, dass "alle Steuerpflichtigen... im Verhältnis ihrer Mittel an die Ausgaben des Staates beitragen" sollen. Es handelt sich dabei um ein Gebot, das sich in ähnlicher Form auch in andern Kantonsverfassungen findet und das letztlich auf den Gleichheitssatz des Art. 4 BV zurückzuführen ist, wonach Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches aber nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln ist (BGE 86 I 279 Erw. 3a, ![]() | 31 |
Art. 62 Abs. 2 Satz 1 KV schreibt hierbei dem Gesetzgeber lediglich die allgemeine Richtung vor, ohne genaue Anweisungen darüber zu geben, wie die gestellte Aufgabe im einzelnen zu lösen ist (vgl.BGE 48 I 83Erw. 4). Insbesondere folgt aus diesem Verfassungssatz nicht, dass der Gesetzgeber nur (unmittelbar auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen abgestimmte) Subjektsteuern, nicht dagegen (an objektive Sachverhalte anknüpfende) Objektsteuern einführen dürfe (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, a.a.O.). Laut Art. 62 Abs. 1 KV sind Bestimmungen über "direkte Besteuerung" und "indirekte Abgaben" Sache der Gesetzgebung. Welches Merkmal auch dieser Unterscheidung zugrunde gelegt wurde, so sind unter "indirekten Abgaben" stets solche zu verstehen, die auf einen objektiven Tatbestand ausgerichtet sind: Es handelt sich (neben den Gebühren und Beiträgen) um Objektsteuern. Sieht Art. 62 KV dergestalt in Abs. 1 die Schaffung solcher Steuern vor, so kann es nicht der Sinn von Abs. 2 Satz 1 sein, diese Möglichkeit wieder aufzuheben oder von einer besonderen verfassungsmässigen Ermächtigung abhängig zu machen.
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c) Welche Steuern zu erheben sind und in welchem Verhältnis die verschiedenen Steuerarten an die Deckung des staatlichen Finanzbedarfs beitragen sollen, ist mithin grundsätzlich dem Gesetzgeber anheimgestellt, dessen Ermessen ein weiter Spielraum verbleibt (BGE 48 I 84).
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Festzuhalten ist dabei, dass Art. 62 Abs. 2 Satz 2 KV, der in anderer Form, aber mit gleichem Inhalt, schon in der KV von 1875 enthalten war, den Begriff des Einkommens enger fasst als das auf neuzeitlichen Anschauungen beruhende Steuergesetz. Wie der von der kantonsrätlichen Kommission beigezogene Gutachter Dr. Reitter aufgezeigt hat, herrschte bei Erlass der betreffenden Verfassungsbestimmung die Quellentheorie in der Umschreibung des Einkommens vor. Danach wurde das Vorhandensein einer dauernden Quelle des Güterzuflusses als Begriffsmerkmal des Einkommens aufgefasst (vgl. BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 2. Aufl., S. 110). Einmalige Einkünfte galten deshalb nicht als Einkommen und unterlagen folglich nicht der Einkommenssteuer. Das traf namentlich auch auf Kapitalgewinne auf dem Privatvermögen zu. Soweit sie steuerlich erfasst wurden (was erst später zutraf), war der genannte Verfassungssatz darauf nicht anwendbar: ![]() | 35 |
Die Revisionen des Art. 62 KV rührten nicht an diesen Sachverhalt. Im Jahre 1938 wurde Abs. 2 durch den neuen Satz 3 ergänzt, der "diese Grundsätze" (d.h. die in den Sätzen 1 und 2 umschriebenen Prinzipien) als auf die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen "sinngemäss" anwendbar erklärt. Diese Ergänzung hätte sich erübrigt, wenn einmalige Einkünfte, wie Erbschaften und Schenkungen (aber auch private Kapitalgewinne) es sind, Einkommen im Sinne der Verfassung darstellen würden. Entgegen der Auffassung der Rekurskommission liess auch die Aufnahme des neuen Abs. 3 im Jahre 1961 den Einkommensbegriff des Art. 62 Abs. 2 KV unberührt. Nach dem in lit. a Gesagten ging es bei dieser Verfassungsrevision nicht um eine Änderung des bestehenden Rechts, sondern um eine Klarstellung desselben: Abs. 3 hält in diesem Sinne fest, dass die gleichzeitig eingeführte Zuschlagssteuer nicht dem Prinzip der Reineinkommensbesteuerung untersteht. Wie dargelegt, wurde damit lediglich ausgesprochen, was nach Art. 62 Abs. 2 KV für die Besteuerung privater Kapitalgewinne ohnehin rechtens war und ist. Wenn die Klarstellung, die mit der Aufnahme des neuen Abs. 3 angestrebt wurde, nur auf die vorgesehene Zuschlagssteuer Bezug nimmt und die bereits eingeführte ordentliche Kapitalgewinnbesteuerung unerwähnt lässt, so geschah das aus Zweckmässigkeitsüberlegungen und nicht, um rechtliche Unterscheidungen zu treffen. Während der Kantonsrat mit einer Anfechtung der neuen Zuschlagssteuer rechnete, zog er eine Diskussion um die ordentliche Kapitalgewinnsteuerung nicht in Betracht. Er erachtete es daher nur im ersten Falle als angezeigt, der Erhebung des Vorwurfs der Verfassungswidrigkeit durch eine klarere Fassung des Wortlauts von Art. 62 KV vorzubeugen.
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d) Zusammengefasst ergibt sich, dass die ordentliche Kapitalgewinnbesteuerung so wenig wie die Zuschlagssteuer dem in Art. 62 Abs. 2 Satz 2 KV aufgestellten ![]() | 37 |
Wird ein unentgeltlich erworbener Gegenstand weiter veräussert, so stellt sich das Problem, ob nur die während der Zugehörigkeit der Sache zum Vermögen des Steuerpflichtigen eingetretene Wertsteigerung zu besteuern sei oder auch der während der Besitzesdauer des Rechtsvorgängers angewachsene Mehrwert. Im ersten Falle entgehen namhafte Werte der Besteuerung. Es fragt sich, wie die mit dieser Lösung verbundene Diskontinuität der Erfassung des Wertzuwachses mit dem steuerpolitischen Ziel der Kapitalgewinnsteuer, der Abschöpfung des nicht durch den Bereicherten selbst geschaffenen Mehrwerts. (GUHL, Die Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der Schweiz, S. 17), und mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Steuer vereinbar sei. Es kann daher gerade im Blick auf Art. 62 Abs. 2 Satz 1 KV als tunlich erscheinen, nach einer andern Regelung zu suchen. Die sich diesfalls anbietende zweite Lösung bringt es mit sich, dass die Kapitalgewinnsteuer als Objektsteuer ausgebildet werden muss. Nach dem unter lit. b Gesagten schliesst Art. 62 Abs. 2 KV an sich (es sei denn für das periodische Einkommen und das Vermögen) die Erhebung von Objektsteuern nicht aus. Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass sich eine aufwendige Objektsteuer nicht ohne weiteres in das System der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einfügen lässt. Was die Erfassung des während der Besitzesdauer des Rechtsvorgängers angewachsenen Mehrwerts anbelangt, liegen indes besondere Verhältnisse vor. Der betreffende Mehrwert kommt dem Steuerpflichtigen unentgeltlich zu; der Wertzuwachs bildet bei der Realisierung, welche die Besteuerung auslöst (§ 35 StG), einen Bestandteil des Vermögens des Steuerpflichtigen. Es erscheint darum vom Standpunkte der wirtschaftlichen ![]() | 38 |
Es lässt sich somit entgegen der Meinung der Rekurskommission nicht sagen, der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung der Kapitalgewinnbesteuerung den verfassungsmässigen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aus den Augen verloren und die Grenzen des ihm auf diesem Gebiete zustehenden Ermessens überschritten. Die Beispiele, welche die Rekurskommission in der Vernehmlassung erwähnt, sind nicht geeignet, diesen Schluss zu widerlegen. Härten der Besteuerung lassen sich kaum je ganz vermeiden. Weil die angeführten Unzukömmlichkeiten sich nur in seltenen Anwendungsfällen einstellen werden, es hier aber um die Verfassungsmässigkeit der Ordnung als Ganzes geht, fallen sie für das Urteil ausser Betracht.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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