BGE 90 I 302 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
46. Auszug aus dem Urteil vom 30. Oktober 1964 i.S. Trösch gegen Rekurskommission des Kantons Bern. | |
Regeste |
Militärpflichtersatz. |
2. Ein Anspruch auf eine zeitlich begrenzte Ersatzbefreiung besteht, sofern die Rückfallgefahr, deretwegen der Militärpflichtige dienstuntauglich erklärt worden ist, durch den Militärdienst verursacht worden ist. Die Rückfallgefahr, die eine vorübergehende Dienstuntauglichkeit bewirkt, besteht - kraft gesetzlicher Vermutung - zum mindesten während der. in der IBW genannten minimalen Karenzfrist. |
3. Ist der Kanton oder der Bund allenfalls im Sinne von Art. 156 Abs. 2 OG zur Kostentragung herbeizuziehen? | |
Aus den Erwägungen: | |
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Prof. Dr. med. G. Riva führt in seinem zweiten, vom Bundesgericht eingeholten Gutachten aus, der Beschwerdeführer sei in der Zeit von Ende Juli 1959 bis Ende August 1964 Träger einer aktiven, zuerst behandlungs- und dann überwachungsbedürftigen Lungentuberkulose gewesen. Die Behandlungs- und Überwachungsbedürftigkeit, die seine Dienstuntauglichkeit bewirkt habe, sei "in erheblichem Ausmass durch den geleisteten Dienst bedingt" gewesen.
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Die vom Experten genannten fünf Jahre (1959-1964) umfassen einmal die Dauer der dienstlich bedingten akuten Erkrankung bis und mit der Nachkur vom Sommer 1961, mit deren Abschluss der dienstliche Schub behoben war. Für diese drei Jahre der Behandlungsbedürftigkeit ist der Beschwerdeführer bereits von jeder Ersatzpflicht befreit.
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Eine Ersatzbefreiung ist nach den Darlegungen des Experten, der eine Verursachung der Rückfallgefahr durch den Militärdienst bis 1964 bejaht, auch für die Zeit der sogenannten Überwachungsbedürftigkeit, die Jahre 1961/62, 1962/63 und 1963/64 gerechtfertigt. Einer derartigen Befreiung hat im übrigen die eidgenössische Steuerverwaltung in ihrer Vernehmlassung zugestimmt.
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Der Experte und die eidgenössische Steuerverwaltung übersehen, dass die Karenzfrist, für die ein Wehrmann, der eine primo-sekundäre oder eine sekundär-tertiäre Lungentuberkulose durchgemacht hat, dienstuntauglich erklärt werden muss, nach Z. 250/16 lit. a und b IBW mindestens fünf oder sechs bis acht Jahre beträgt. Darin liegt eine gesetzliche Vermutung, die besagt, die Rückfallgefahr, die eine vorübergehende Dienstuntauglichkeit bewirkt, bestehe während der in der IBW genannten Mindestdauer. Eine Überprüfung der Dienstuntauglichkeit des Beschwerdeführers vor dem Ablauf der minimalen Karenzfrist von fünf Jahren hat unter diesen Umständen keinen Sinn.
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Von 1962 an beruht die Dienstuntauglichkeit des Beschwerdeführers ausschliesslich auf der Rückfallgefahr, und diese ist nach dem Gutachten in erheblichem Ausmass durch den geleisteten Dienst bedingt. Damit ist die Untauglichkeit des Beschwerdeführers eine Folge des Militärdienstes im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. b MStG. Der Umstand, dass sie wegen der gesetzlichen Vermutung der IBW länger dauert, als das Gutachten Riva beim Beschwerdeführer eine Überwachungsbedürftigkeit angenommen hat, vermag hieran nichts zu ändern. Denn ohne den dienstlichen Schub wäre es auch nach dem Gutachten überhaupt nicht zu einer Rückfallgefahr und zu einer Dienstuntauglichkeit gekommen. Der Beschwerdeführer hat deshalb Anspruch auf Ersatzbefreiung für die ganze Dauer seiner durch U.C. am 31. August 1961 verfügten Dienstuntauglichkeit, das heisst bis und mit dem Jahre 1966. In diesem Sinne ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen.
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a) Unter der Herrschaft des MStG vom 28. Juni 1878 ist bei der Kostenregelung der Kanton mit den Kosten belastet worden, wenn der Ersatzpflichtige mit seinen Anträgen durchgedrungen ist. Diese Regelung war nach der damaligen Ordnung gerechtfertigt, weil die Hälfte des Ertrages des Militärpflichtersatzes den mit dem Bezug betrauten Kantonen verblieb und diese somit das Bundesgericht in einer Sache beanspruchten, die ihr eigenes Vermögensinteresse betraf (vgl. Art. 156 Abs. 2 OG). Durch den Erlass des neuen MStG hat sich die Situation grundlegend geändert: Die Kantone dürfen nach Art. 45 MStG nur noch die ihnen verfassungsmässig zustehende Bezugsprovision für sich behalten, während der ganze Rohertrag dem Bund zufliesst. Die Bezugsprovision beträgt gemäss Art. 6 der Übergangsbestimmungen zur BV seit dem 1. Januar 1961 20% des Rohertrages (AS 1958, S. 365). Nach der neuen Ordnung kann der Kanton, der die Abgabe für den Bund erhebt und lediglich eine Bezugsprovision erhält, nicht mehr als Partei betrachtet werden, die in eigenem Vermögensinteresse handelt und deswegen Verfahrenskosten zu tragen hat.
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b) Der Ausdruck Bezugsprovision ist als Entschädigung für alle Kosten und Obliegenheiten, die den Kantonen in Verbindung mit dem Militärpflichtersatz erwachsen, zu verstehen. Dazu gehören die Kosten des Veranlagungs- und kantonalen Beschwerdeverfahrens. Nicht zu den Obliegenheiten des Kantons gehört aber das Verfahren vor Bundesgericht.
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c) Unterlegen und in seinen Vermögensinteressen beschwert ist im vorliegenden Fall der von der eidgenössischen Steuerverwaltung vertretene Bund. Er hat die Kosten des Gutachtens, welches den gutgeheissenen Eventualantrag - die Ersatzbefreiung des Beschwerdeführers bis 1966 - betrifft, zu tragen. Die übrigen Gerichtskosten sind angesichts des Nichteintretens auf den Hauptantrag je zur Hälfte vom Beschwerdeführer und vom Bund zu tragen. Da die Beschwerde nur teilweise geschützt wird, ist dem Beschwerdeführer zu Lasten des Bundes eine herabgesetzte Parteientschädigung zuzusprechen, die mit Fr. 200.-- angemessen erscheint.
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d) Die den Bund treffenden Kosten sind der eidgenössischen Steuerverwaltung aufzuerlegen. Ihr Antrag, die Kosten seien durch die Kasse des Bundesgerichtes zu übernehmen, käme im Ergebnis auf dasselbe hinaus. Die Belastung der eidgenössischen Steuerverwaltung ist aber vorzuziehen: Auf diese Weise werden die bundesgerichtlichen Kosten zu den Auslagen des Bundes für den Militärpflichtersatz gerechnet, genau gleich wie die Bezugsprovision mit der die Kantone unter anderem für das kantonale Beschwerdeverfahren entschädigt werden.
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