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47. Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. Dezember 1964 i.S. Gisler gegen Truttmann und Regierungsrat des Kantons Uri. | |
Regeste |
Grundstückkauf. Ausübung eines Vorkaufsrechtes. Legitimation des Käufers zur Beschwerde gegen die bevorstehende Eintragung des Dritten. |
2. Zweck einer solchen Beschwerde; was für Begehren sind zuläszig? (Erw. 2). |
3. Erlöschen des Vorkaufsrechtes nach Art. 14 Abs. 2 EGG: Die Frist von drei Monaten wird nur durch eine vollständige Anmeldung des Kaufvertrages in Lauf gesetzt. (Erw. 3 a). |
4. Weder die Grundbuchbeschwerde noch die damit verbundene staatsrechtliche Beschwerde lässt sich auf materiellrechtliche Gründe stützen, die das Grundbuchamt mit Recht der gerichtlichen Beurteilung vorbehielt. (Erw. 3 b und 4). | |
Sachverhalt | |
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B. - Die Anmeldung dieses Kaufvertrages wurde am 27. August 1963 im Tagebuch des Grundbuchamtes Uri eingetragen. Der Grundbuchverwalter betrachtete sie als unvollständig, wies sie aber nicht ab, sondern verlangte bloss deren Ergänzung durch Beibringung der erforderlichen Pfandentlassungen und des im Vertrag erwähnten Plans. Dieser wurde erst am 25. Januar 1964 eingereicht, zugleich das in Art. 13 Abs. 1 EGG vorgesehene Verzeichnis der vorkaufsberechtigten Verwandten.
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C. - Am 27. Januar 1964 teilte der Grundbuchverwalter den Verkauf gemäss Art. 13 Abs. 3 EGG den Vorkaufsberechtigten, nämlich der Ehefrau und den sieben unmündigen Kindern des Verkäufers, mit. Hierauf machte die Ehefrau am 17. Februar 1964 das Vorkaufsrecht geltend. Das tat am 24. Februar auch die Vormundschaftsbehörde von Seelisberg im Namen der unmündigen Kinder, jedoch mit Verzicht zu Gunsten der Mutter. Das Grundbuchamt benachrichtigte hievon die Vertragsparteien und setzte dem Verkäufer zugleich Frist zur Bestreitung des Vorkaufsrechtes seiner Ehefrau. Truttmann erklärte sich jedoch mit der Ausübung dieses Rechtes schriftlich einverstanden.
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D. - In Nr. 11 des Amtsblattes des Kantons Uri vom 12. März 1964, S. 192 ff., veröffentlichte das Grundbuchamt ![]() | 4 |
E. - Die hierauf vom Käufer Gisler rechtzeitig erhobene Einsprache wies das Grundbuchamt am 23. März 1964 ab. Gegen diese Verfügung führte Gisler beim Regierungsrat des Kantons Uri Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, ihn als Eigentümer der Kaufparzelle einzutragen. Er machte geltend, Frau Truttmann habe dem Verkaufe zugestimmt und dadurch auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet. Ein solches Recht habe überhaupt nicht bestanden, denn die verkaufte Parzelle stelle keinen wesentlichen Teil des Heimwesens des Verkäufers dar. Ferner sei die Verwirkungsfrist des Art. 14 Abs. 2 EGG 3 Monate nach der am 27. August 1963 erfolgten Anmeldung des Kaufvertrages, also vor Abgabe der Ausübungserklärung, abgelaufen. Endlich habe die Ehefrau des Verkäufers nicht ohne Beistand handeln können.
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Der Regierungsrat des Kantons Uri hat die Beschwerde am 8. Juni 1964 abgewiesen.
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F. - Mit vorliegender Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Gisler, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben. Ferner sei das Grundbuchamt anzuweisen, Frau Truttmann als Eigentümerin der streitigen Parzelle zu löschen und ihn selber als Eigentümer einzutragen. Eventuell sei er zu ermächtigen, diese Löschung und Eintragung beim Grundbuchamte zu verlangen. Subeventuell sei die Angelegenheit zu neuer Beurteilung an den Regierungsrat zurückzuweisen.
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G. - Der Regierungsrat des Kantons Uri beantragt Abweisung der Beschwerde. In gleichem Sinne nehmen die Eheleute Truttmann Stellung. Das Eidgenössische ![]() | 8 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Nach Ansicht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes ist Gisler freilich als Käufer nicht legitimiert, eine spezielle Rechtsbeschwerde (Art. 103 der Grundbuchverordnung) oder auch eine allgemeine Aufsichtsbeschwerde (nach Art. 104 daselbst) zu erheben. Nur wenn der Käufer eine gerichtliche Zusprechung des Eigentums an ihn selbst erwirkt und gestützt darauf die Eintragung als Eigentümer verlangt hätte, könnte er nach Ansicht des Departementes - gegen eine Abweisung seiner eigenen Anmeldung - Beschwerde führen. Diese Betrachtungsweise erscheint indessen als zu eng. Eine Beschwerde nach Art. 103 GBV kam hier allerdings nicht in Frage, und die vorliegende Beschwerde war auch nicht in diesem Sinne ![]() | 10 |
2. Die Beschwerdebegehren sind insoweit zu beanstanden, als sie etwas anderes als die Verhinderung der ![]() | 11 |
3. Die Beschwerdebegründung geht im wesentlichen dahin, der Grundbuchverwalter hätte erkennen müssen, dass der Frau Truttmann aus den verschiedenen geltend gemachten Gründen kein Vorkaufsrecht zustehe, das ihr gestatten würde, in den von Hans Truttmann mit ihm abgeschlossenen Kaufvertrag einzutreten. Daher dürfe sie nicht als Erwerberin an seiner - des Käufers - Stelle im Grundbuch eingetragen werden. Nun entscheidet aber über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Vorkaufsrechtes im Streitfalle der Richter, nicht der Grundbuchverwalter (JOST, Handkommentar zum EGG, Ziff. 6 zu Art. 13, S. 77; BGE 87 I 478, Erw. 4). Der Grundbuchverwalter ist nur berechtigt und verpflichtet, bei jedem Verkauf zu prüfen, ob ein gesetzliches Vorkaufsrecht nach EGG in Frage komme und, wenn er dies bejaht, das Mitteilungs- ![]() | 12 |
a) Nach Art. 14 Abs. 2 EGG erlischt das Vorkaufsrecht in jedem Falle mit Ablauf von drei Monaten seit der Anmeldung des Kaufvertrages beim Grundbuchamt. Der Beschwerdeführer hält dafür, diese Frist sei mit der Anmeldung des Kaufvertrages am 27. August 1963 und mit der am gleichen Tag erfolgten Tagebucheinschreibung in Gang gekommen und somit am 27. November 1963 abgelaufen. Dem ist nicht beizustimmen. Die angeführte Gesetzesnorm hat nach ihrem Sinn und Zweck eine vollständige Anmeldung des Kaufvertrages im Auge, begleitet von den gesetzlichen Ausweisen nach Art. 965/66 ZGB, so dass die Eintragung unter Vorbehalt des Ergebnisses des Vorverfahrens -nach Art. 13 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 1 EGG erfolgen könnte. Hier fehlte es einstweilen an der bestimmten Angabe des Kaufgegenstandes, dessen genaue Lage und Grösse sich erst aus einem noch beizubringenden Grundbuchplan ergeben musste. Die Anmeldung hätte daher eigentlich abgewiesen werden sollen. Wenn der Grundbuchverwalter sie dennoch entgegennahm, um den laut dem Kaufvertrag "in den nächsten Tagen" aufzunehmenden Plan abzuwarten, so bedeutete dies nicht, er betrachte die Anmeldung als gültig. Vielmehr wurde der Entscheid über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Anmeldung verschoben, und indem der Grundbuchverwalter die erforderlichen Ergänzungen verlangte, brachte er eben zum Ausdruck, dass die Anmeldung noch mangelhaft war. Hätte er sich ausdrücklich geweigert, die Eintragung im Hauptbuche vorzunehmen, so wäre geradezu eine - wenn auch unförmliche - Abweisung der Anmeldung vorgelegen (BGE 85 I 167). Aber auch in der Aufforderung, die Anmeldung in bezug auf den Rechtsgrund zu ergänzen - ein in der Grundbuchpraxis ![]() | 13 |
Im vorliegenden Falle wurde übrigens auch die Liste der nach EGG vorkaufsberechtigten Personen erst am 25. Januar 1964 eingereicht statt bereits mit der Anmeldung des Kaufvertrages, wie es üblich und zweckmässig ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Ausbleiben dieser Liste an und für sich den Lauf der Frist des Art. 14 Abs. 2 EGG hätte hindern können. Jedenfalls wäre hier die Einleitung des Mitteilungsverfahrens nach Art. 13 Abs. 3 EGG auch bei früherer Einreichung der Liste unmöglich gewesen, solange die Kaufparzelle nach Lage und Grösse nicht in dem den Kaufvertrag wesentlich ergänzenden Plane festgelegt war.
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b) Die übrigen Gründe, die der Beschwerdeführer der Berücksichtigung des von Frau Truttmann ausgeübten Vorkaufsrechtes entgegenhält, sind samt und sonders materiellrechtlicher Art und daher weder vom Grundbuchamte selbst noch von den Aufsichtsbehörden im Beschwerdeverfahren zu überprüfen. Der Grundbuchverwalter hat nicht darüber zu entscheiden, ob ein Waldgrundstück für den Betrieb des landwirtschaftlichen Gewerbes (namentlich bei Bergheimwesen) erforderlich sei und ob die verkaufte Parzelle einen wesentlichen Teil dieses Betriebes ausmache, geschweige denn darüber, ob das Vorkaufsrecht missbräuchlich ausgeübt werde oder auf die Ausübung verzichtet worden sei. Eine Frage für sich ist, ob der Grundbuchverwalter dann, wenn ein bei summarischer Prüfung sich mit Sicherheit ergebender Sachverhalt das Vorkaufsrecht oder die Gültigkeit seiner Ausübung ohne jeden Zweifel ausschliesst, dieses Recht oder allenfalls die Ausübungserklärung nicht zu berücksichtigen habe. Mit einem solchen Falle hat man es hier jedoch nicht zu tun. Ein Vorkaufsrecht, wie es hier ausgeübt wurde, kam nach Art. 6 EGG in Frage, und es wurde formell richtig ausgeübt.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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