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36. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Juni 1965 i.S. Steiger und Gass gegen Eidg. Amt für das Handelsregister. | |
Regeste |
Firma; Bewilligung einer nationalen oder territorialen Bezeichnung (Art. 944 OR, Art. 45/46 HRegV). |
2. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts hinsichtlich der Frage, ob besondere Umstände die Bewilligung einer nationalen oder territorialen Bezeichnung rechtfertigen (Erw. 3). Die werbende Wirkung einer Bezeichnung ist kein Rechtfertigungsgrund (Erw. 3 a). Nichtbewilligung einer Bezeichung, die zu Täuschungen Anlass geben könnte (Erw. 3 b). Verletzung der Rechtsgleichheit? (Erw. 3 c). Anspruch auf Bewilligung einer bisher verwendeten Bezeichnung? (Erw. 3 d). |
3. Verletzung der Firmenwahrheit (Art. 944 Abs. 1 OR) durch Nennung nur eines von mehreren Geschäftszweigen in der Firma? (Erw. 3 e). | |
Sachverhalt | |
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Nachdem die General Motors Suisse SA im Januar 1965 beim Eidgenössischen Amt für das Handelsregister wegen dieser Geschäftsbezeichnung vorstellig geworden war, forderte das Handelsregisteramt des Kantons Zürich Steiger auf, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen. Steiger entschloss sich daher, zusammen mit seiner Ehefrau und mit Rechtsanwalt Dr. Gass eine Aktiengesellschaft zu gründen. Der Statutenentwurf vom 11. Februar 1965 sieht für sie die Firma American Automobile Service und ein Grundkapital von Fr. 50'000.-- vor. Art. 2 des Entwurfes lautet:
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"Zweck der Gesellschaft ist zur Hauptsache der Handel mit neuen und gebrauchten Automobilen, sowie die Durchführung von Servicearbeiten an Automobilen, insbesondere amerikanischer Herkunft. Die Gesellschaft kann ferner Autobestandteile und -Zubehör vertreiben, Autoreparaturarbeiten aller Art durchführen sowie Liegenschaften erwerben, verwalten und veräussern und Zweigbetriebe eröffnen."
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Nachdem die Zürcher Handelskammer und der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins die Meinung geäussert hatten, es liege kein besonderer Umstand vor, der die Bewilligung zur Führung dieser Firma rechtfertige, wies das Amt das Gesuch am 26. Februar 1965 ab. Am 8. März 1965 schrieb es Dr. Gass, es könne seinem Begehren vom 4. März um Wiedererwägung nicht entsprechen, da er keine neuen Tatsachen geltend mache. Es führte zusätzliche Gründe für die Nichtbewilligung der vorgesehenen Firma an.
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C.- Am 25. März 1965 haben Steiger und Dr. Gass beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, die Verfügung vom 26. Februar 1965 aufzuheben und ihnen zu bewilligen, "in einer neuzugründenden Aktiengesellschaft die Firma AMERICAN AUTOMOBILE SERVICE (Aktiengesellschaft) zu führen."
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Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Soll Art. 45 HRegV seinen Zweck erfüllen, so ist nicht nur der voll ausgeschriebene Namen eines Staates, sondern auch jeder andere Hinweis auf einen bestimmten Staat unter den Begriff der nationalen Bezeichnung zu ziehen. Als solche Bezeichnungen haben besonders auch Wörter zu gelten, die bloss Bestandteil eines Staatsnamens sind, vorausgesetzt, dass sie die Gedanken des Lesers oder Hörers auf den betreffenden Staat lenken. So verhält es sich z.B. mit den Wörtern "schweizerisch" und "Schweiz", obschon der verfassungsmässige Name "Schweizerische Eidgenossenschaft" lautet. Daher ist auch "American" eine nationale Bezeichnung. Das Hauptwort America, von dem dieses Eigenschaftswort sich ableitet, ist Bestandteil des Namens der Vereinigten Staaten von Amerika und dient häufig als abgekürzte Bezeichnung dieses Staates.
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Dass "America" auch Name eines Erdteils, also eine territoriale Bezeichnung ist (vgl. BGE 86 I 247 f.), steht der Anwendung von Art. 45 HRegV nicht im Wege. Diese Bestimmung setzt nicht voraus, dass das in Frage stehendeWort ausschliesslich eine nationale Bezeichnung ist. Ein Firmenbestandteil ist immer bewilligungspflichtig, wenn er als Anspielung auf einen bestimmten Staat verstanden werden kann, ![]() | 12 |
Beim Entscheid darüber, ob die Bewilligung zu erteilen sei, ist sowohl der nationalen als auch der territorialen Bedeutung des doppelsinnigen Wortes Rechnung zu tragen.
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a) Das Gewerbe Steigers, das auf die zu gründende Aktiengesellschaft übergehen soll, hängt mit den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Erdteil Amerika nur insofern zusammen, als Steiger mit Motorwagen amerikanischer Herkunft Handel treibt und vorwiegend solche instandstellt und betriebsbereit hält. Das ist keine Besonderheit seines Gewerbes. Auch viele andere Händler und Gewerbetreibende in der Schweiz befassen sich ausschliesslich oder vorwiegend mit Amerikanerwagen. Das Wort "American" weist zudem nicht eindeutig auf die Herkunft der Fahrzeuge hin, und der statutarische Zweck der Gesellschaft schliesst den Verkauf und die Bedienung von Motorwagen andern Ursprungs nicht aus. Unter diesen Umständen haben die Beschwerdeführer kein schützenswertes Interesse daran, in der Firma ihres Unternehmens das erwähnte Wort zu verwenden. Es wirkt in diesem Zusammenhang lediglich reklamehaft, ohne Klarheit zu schaffen. Reklamehaftes Auftreten soll durch das Verbot der Verwendung nationaler und territorialer Bezeichnungen gerade verhütet werden (BGE 86 I 248; vgl. auchBGE 79 I 176, BGE 87 I 309), so dass die werbende Wirkung einer solchen Bezeichnung nicht Rechtfertigungsgrund für eine Ausnahmebewilligung sein kann. Bei dieser Sachlage kann dem Amt für das Handelsregister nicht vorgeworfen werden, die Verweigerung der nachgesuchten Bewilligung falle aus dem Rahmen des ihm zustehenden Ermessens.
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b) Geradezu gegen die Zulässigkeit einer Ausnahmebewilligung spricht der Umstand, dass das Wort "American" im Zusammenhang, in dem es verwendet werden soll, zu Täuschungen Anlass geben könnte (Art. 944 Abs. 1 OR). Da es nicht notwendigerweise auf "Automobile" zu beziehen ist, sondern eher als Eigenschaftswort zu "Service" wirkt, kann beim Leser oder Hörer der unrichtige Eindruck entstehen, die Gesellschaft sei von der amerikanischen Automobilindustrie beherrscht oder betreibe einen von dieser Industrie organisierten Unterhalts- und Reparaturdienst für Motorwagen. Ob die Beschwerdeführer, wie sie behaupten, amerikanische Automobilexporteure in die Gründergruppe einbeziehen könnten, ist unerheblich. Das Amt für das Handelsregister hat seinen Entscheid mit Recht auf Grund der vorliegenden Tatsachen, nicht auf Grund blosser Möglichkeiten gefällt.
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c) Die Beschwerdeführer glauben, die Nichterteilung der nachgesuchten Bewilligung verstosse gegen das Gebot der Rechtsgleichheit, weil das Amt für das Handelsregister der Agence Américaine Zürich AG und der "The American Express Company, Incorporated Hartford & New York, Filiale Luzern" die Verwendung des Wortes "américaine" bezw. "American" gestattet hat.
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Das Bundesgericht hat indes nicht zu entscheiden, ob den genannten Gesellschaften die Bewilligung zu Recht erteilt wurde. Sollte das zugetroffen haben, so vermöchten die Beschwerdeführer daraus nichts zu ihren Gunsten abzuleiten (BGE 86 I 249). Jeder Fall ist nach den ihm eigenen Umständen zu würdigen; Art. 45 HRegV bestimmt ja, dass die Bewilligung nur erteilt werden darf, wenn sie durch besondere Umstände gerechtfertigt ist. Sollten dagegen die erwähnten Gesellschaften die Bewilligung zu Unrecht erhalten haben, so gäbe das den Beschwerdeführern nicht Anspruch darauf, dass auch in ihrem Falle ein gesetzwidriger Entscheid gefällt werde (BGE 79 I 177, ![]() | 19 |
d) Dem Umstande, dass Steiger sein Geschäft während längerer Zeit unangefochten unter der Bezeichnung American Automobile Service führte, legen die Beschwerdeführer mit Recht kein Gewicht mehr bei. Steiger verwendete diese Bezeichnung ohne die vorgeschriebene Bewilligung und somit rechtswidrig. Ein solcher Missbrauch verschafft nicht Anspruch auf nachträgliche Genehmigung.
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e) Das Amt für das Handelsregister hält die von den Beschwerdeführern beanspruchte Firma auch deshalb für irreführend, weil sie nur vom "Service" spreche, das Unternehmen aber mit Motorwagen vorwiegend Handel treibe. Hierauf verweist es besonders in seiner Vernehmlassung.
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Diese Überlegung hält nicht ohne weiteres stand. Aktiengesellschaften können ihre Firma unter Wahrung der allgemeinen Grundsätze frei wählen (Art. 950 Abs. 1 OR). Sie sind nicht verpflichtet, die Natur ihrer geschäftlichen Tätigkeit in der Firma anzugeben. Widmen sie sich mehreren Geschäftszweigen, so sind sie auch nicht grundsätzlich gehalten, alle in der Firma zu erwähnen. Die Nennung nur eines Zweiges begründet nicht notwendigerweise eine Täuschungsgefahr. Es kommt z.B. häufig vor, dass Inhaber einer Werkstatt zur Instandstellung von Motorwagen auch mit solchen Handel treiben. Es ginge zu weit, von ihnen zu verlangen, dass sie in der Firma entweder beide oder dann keinen ihrer Geschäftszweige bekanntgeben. Das Gebot der Firmenwahrheit kann erst verletzt sein, wenn eine ganz nebensächliche Tätigkeit unter Verschweigung des Hauptzweckes hervorgehoben wird. Um den Beschwerdeführern in dieser Hinsicht einen Vorwurf machen zu können, müsste das Bundesgericht wissen, in welchem ungefähren Verhältnis der Geschäftsumsatz Steigers aus dem Unterhalts- und Reparaturdienst zum Geschäftsumsatz aus dem Handel steht. Aus den Akten ist das nicht zu ersehen.
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Die Frage, ob der Hinweis auf den "Service" unter Verschweigung des Handels täuschend wirke, kann aber offen ![]() | 23 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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