BGE 91 I 435 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
68. Auszug aus dem Urteil vom 1. Oktober 1965 i.S. Uhrenfabrik Tschudin & Waldmann AG gegen Eidg. Steuerverwaltung. | |
Regeste |
Warenumsatzsteuer: Inlandlieferungen zwecks Ausfuhr können von der Abgabe nicht befreit werden, wenn die Ausfuhr unter Umgehung der Zollkontrolle vorgenommen wird. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Die Beschwerdeführerin, welche Roskopfuhren herstellt, ist im Register der warenumsatzsteuerpflichtigen Grossisten eingetragen. Sie lieferte an Nichtgrossisten, namentlich an Ausländer, in der Schweiz Uhren, welche von den Abnehmern ins Ausland geschmuggelt wurden. Für solche Lieferungen fordert die eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) von ihr Warenumsatzsteuern nach. Gegen den die Forderung bestätigenden Einspracheentscheid der Verwaltung richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
5. Die Beschwerdeführerin hat die in Frage stehenden Uhren im Inland geliefert, was sie nicht bestreitet. Diese Umsätze unterliegen nach Art. 13 Abs. 1 lit. a WUStB der Warenumsatzsteuer, es wäre denn, dass die Voraussetzungen erfüllt wären, unter denen die Verfügung Nr. 8 c des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 17. Juni 1954 (AS 1954 S. 649) Inlandlieferungen zwecks unmittelbarer Ausfuhr durch den Abnehmer von der Steuerpflicht ausnimmt. Art. 1 Abs. 1 lit. a der Verfügung verlangt, dass der liefernde Grossist die unmittelbare Ausfuhr nachweist. Art. 2 bestimmt in Satz 1, dass der Nachweis mit dem von der Versandstation abgestempelten Doppel des Frachtbriefes nach dem Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr, mit dem Postempfangsschein oder mit der zollamtlich abgestempelten Kopie der Deklaration für die Ausfuhr zu erbringen ist, und in Satz 2, dass die EStV in besonderen Fällen andere Beweismittel zulassen oder zusätzlich verlangen kann.
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Die Beschwerdeführerin ist nicht in der Lage, den Nachweis der unmittelbaren Ausfuhr mittels der in Art. 2 Satz 1 der Verfügung genannten Dokumente zu leisten. Sie macht jedoch geltend, sie befinde sich in einem "besonderen Fall" im Sinne des zweiten Satzes dieses Artikels und müsse daher zum Beweis mit anderen Mitteln zugelassen werden; denn sie sei wie alle schweizerischen Hersteller billiger Uhren ("montres anonymes") wegen der ausländischen Konkurrenz und der Höhe der Zölle vieler Länder gezwungen, ihre Produkte unter Umgehung der Zollkontrolle auszuführen, und könne deshalb jene Dokumente nicht beibringen.
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Die EStV nimmt dagegen, wie sie im Merkblatt Nr. 38 klargestellt hat, einen "besonderen Fall" nur dann an, "wenn aus einem nicht voraussehbaren Grunde der Nachweis mit einem der in der Verfügung genannten Dokumente nicht möglich ist, obwohl der Grossist, bzw. sein Abnehmer, alles Erforderliche vorgekehrt hat, um ein solches Dokument zu erwirken", z.B. dann, wenn aus den Belegen des Grossisten hervorgeht, dass er die Ausfuhrdeklaration erhalten hatte, sie ihm aber nachträglich abhanden gekommen ist. Demgemäss lässt sie im Falle der Ausfuhr unter Umgehung der Zollkontrolle, in welchem jene Dokumente von vornherein fehlen, andere Beweismittel nicht zu und schliesst damit die Steuerbefreiung aus.
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Dieser Auslegung ist zuzustimmen. Würde die EStV die illegale Ausfuhr billiger ("anonymer") Uhren als "besonderen Fall" gelten lassen, so würde sie diesen Missbrauch gewissermassen anerkennen und fördern. Eine solche Haltung wäre nicht nur geeignet, die Beziehungen der Schweiz zu den Nachbarstaaten zu belasten, sondern stände auch in Widerspruch zu der schweizerischen Rechtsordnung. Sie wäre nicht vereinbar mit dem Zollgesetz, welches grundsätzlich jede Warenausfuhr der Zollmeldepflicht unterwirft (Art. 6) und Widerhandlungen gegen diese Vorschrift unter Strafe stellt (Art. 104 f.). Ferner liefe sie dem Uhrenstatut zuwider. Sie würde der Umgehung der Bewilligungspflicht, welcher nach Art. 7 des Uhrenstatuts und den Vorschriften der Vollziehungsverordnung II die Ausfuhr von Uhren unterliegt und deren Einhaltung die Zollorgane zu überwachen haben, und auch der Umgehung der in Art. 2-6 des Uhrenstatuts und in der Vollziehungsverordnung I vorgesehenen technischen Kontrolle, die mehr und mehr in den Zollämtern vorgenommen wird, Vorschub leisten.
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Würde die illegale Ausfuhr "anonymer" Uhren als "besonderer Fall" behandelt, so wären noch weitere Unzukömmlichkeiten zu gewärtigen. Es müsste damit gerechnet werden, dass Hersteller von Markenuhren wie auch Exporteure von Produkten anderer Branchen sich ebenfalls auf Art. 2 Satz 2 der Verfügung Nr. 8 c berufen würden, so dass es schwierig würde, den Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift abzugrenzen. Die Anwendung der Bestimmung auch auf Fälle illegaler Ausfuhr lässt sich umsoweniger begründen, als die im vorhergehenden ersten Satz genannten Dokumente ohnehin zu dem geforderten Nachweis weit besser geeignet sind als andere Beweismittel wie Geschäftsbücher, Korrespondenzen oder Zeugenaussagen (vgl. Urteil vom 10. Dezember 1948, ASA Bd. 17 S. 284 f.). Würde die illegale Ausfuhr billiger Uhren als "besonderer Fall" anerkannt, so müsste die EStV viel häufiger als sonst den Beweiswert solcher anderer Beweismittel einlässlich prüfen. Die grosse Mehrarbeit, die sie dann zu bewältigen hätte, wäre sachlich nicht gerechtfertigt.
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Wenn die EStV die heimliche Ausfuhr "anonymer" Uhren nicht als "besonderen Fall" gelten lässt, verhindert sie übrigens diese Machenschaft nicht, sondern belastet sie nur mit der Warenumsatzsteuer. Diese Abgabe ist wesentlich niedriger als der vom ausländischen Staat erhobene Zoll, der durch den Schmuggel umgangen werden soll.
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