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2. Auszug aus dem Urteil vom 9. März 1966 i.S. Scheller AG gegen Kanton Zürich und Obergericht des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Grundbuchgebühren. Rechtsungleiche Behandlung. Art. 4 BV. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Das Zürcher Notariatsgesetz (NotG) vom 28. Juli 1907 setzt in § 18 für die Eintragung von Eigentumsänderungen und Grundversicherungen ins Grundbuch eine progressive, von 1 auf 2,5‰ der Verkehrs- bzw. Schuldsumme ansteigende Gebühr (sog. "Normaltaxe") fest und bestimmt in § 23, im übrigen seien die Gebühren durch eine Verordnung des Kantonsrats festzusetzen, wobei sie dem Zeitaufwand und der Bedeutung des Geschäfts anzupassen seien. Die vom Kantonsrat am 12. April 1920 erlassene Verordnung betreffend die Notariats- und Grundbuchgebühren (GebV) bestimmt in § 2, die Grundbuchgebühr betrage:
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"10. Für die Eintragung einer Dienstbarkeit: die Normaltaxe, berechnet nach der ausbedungenen Gegenleistung, wenn diese in einer bestimmten Summe ausgedrückt ist, im Minimum Fr. 5.-; in Ermangelung einer solchen Fr. 5.- bis Fr. 100.--.
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bei Miete und Pacht: die Normaltaxe von der Summe der während der Zeitdauer des Bestandes der Vormerkung zu bezahlenden Mietoder Pachtzinse, in der Meinung, dass die Gesamtsumme den Verkehrswert der Liegenschaft nicht übersteigen darf; in Ermangelung einer Angabe des Zinses: vom Werte der Miet- oder Pachtobjekte; in jedem Falle im Minimum Fr. 10.-;
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bei Vorkaufsrecht, Kaufsrecht, Rückkaufsrecht, Vereinbarung über das Nachrücken von Grundpfandgläubigern, Rückfall bei Schenkungen, Anteil der Miterben am Gewinn: Fr. 3.- bis Fr. 50.-."
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Mit Vertrag vom 18. Juni 1963 vermietete Chr. Jenni der Firma Scheller AG ein Grundstück in Dietikon zum Betrieb einer Tankstelle gegen einenjährlichen Mietzins von Fr. 7.920.--. Der Vertrag ist frühestens auf 31. März 1990 kündbar und wurde gemäss Art. 260 OR/959 ZGB im Grundbuch vorgemerkt.
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Für die Eintragung dieser Vormerkung berechnete das Grundbuchamt Schlieren eine Gebühr von Fr. 500.10 gemäss § 2 Ziff. 11 GebV auf Grund des für die feste Vertragsdauer von 27 Jahren zusammen Fr. 213'840.-- betragenden Mietzinses.
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Hiegegen rekurrierte die Firma Scheller AG an das Bezirksgericht Zürich als untere kantonale Aufsichtsbehörde über die Notariatskanzleien mit dem Antrag, die Vormerkungsgebühr von Fr. 500.10 sei auf höchstens Fr. 100.--, eventuell nach pflichtgemässem Ermessen herabzusetzen.
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Während das Bezirksgericht die Gebühr als unzulässig betrachtete und den Rekurs grundsätzlich guthiess, hat das hierauf von der Finanzdirektion angerufene Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde die Gebührenberechnung des Grundbuchamts bestätigt.
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Hiegegen führt die Firma Scheller AG staatsrechtliche Beschwerde. Sie macht geltend, dass § 2 Ziff. 11 Abs. 1 GebV weder in Art. 954 ZGB noch in § 23 NotG eine gesetzliche Grundlage habe und dass die dort festgesetzte Gebühr für die Vormerkung der Miete, verglichen mit andern Grundbuchgebühren, gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit verstosse.
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Das Bundesgericht betrachtet diese letztere Rüge als begründet aus folgenden
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Erwägungen: | |
Das Bundesgericht hat in BGE 82 I 284 Erw. 3 für die (freilich erheblich höheren) Tessiner Grundbuchgebühren entschieden, dass es mit Art. 4 BV unvereinbar sei, für die Eintragung eines ![]() | 13 |
§ 2 Ziff. 11 GebV enthält die Grundbuchgebühren für die Vormerkung allervormerkbaren persönlichen Rechte(mit Ausnahme der in Art. 850 Abs. 3 revoR vorgesehenen Vormerkung). Während jedoch die Gebühr für die Vormerkung der übrigen persönlichen Rechte höchstens Fr. 50.- beträgt, ist für die Vormerkung ![]() ![]() | 14 |
Dass die in § 2 Ziff. 11 GebV vorgeschriebene Gebühr für die Vormerkung der Miete und Pacht übersetzt ist, zeigt auch der Vergleich mit der Gebühr für die Eintragung einer Dienstbarkeit. Diese Gebühr ist zwar gemäss § 2 Ziff. 10 GebV auf der ausbedungenen Gegenleistung nach dem gleichen Satz zu berechnen, der nach § 18 NotG für die Eintragung der Eigentumsänderungen und nach § 2 Ziff. 11 GebV für die Vormerkung der Miete gilt und dort auf dem Kaufpreis bzw. auf der Gesamtsumme der Mietzinse zu berechnen ist. Indes erscheint die Gleichbehandlung von Eigentumsübertragung und Dienstbarkeitsbestellung gerechtfertigt, weil die Dienstbarkeit wie das Eigentum ein dingliches, in der Regel zeitlich unbefristetes Recht ist. Sodann wird die Gegenleistung für die Einräumung einer Dienstbarkeit nur in seltenen Fällen so hoch sein, dass sie die mangels Bezifferung der Gegenleistung geltende Höchstgebühr von Fr. 100. - übersteigt, und kaum je Beträge erreichen, die zu Gebühren von mehreren Hundert oder gar Tausend Franken führen, wie sie nach der geltenden Ordnung im Falle der Vormerkung einer langjährigen Miete die Regel sind.
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