BGE 92 I 303 | |||
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53. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Oktober 1966 i.S. Gründer der Schweizerischen Wohnbaugenossenschaft gegen Eidg. Amt für Handelsregister. | |
Regeste |
Nationale Bezeichnung im Namen einer Genossenschaft, Art. 45 HRegV. |
Unzulässig die Bezeichnung "schweizerische" für eine erst in Gründung begriffene Wohnbaugenossenschaft ohne offiziellen oder offiziösen Charakter (Erw. 2-4). | |
Sachverhalt | |
A.- Nationalrat Dr. L. Schürmann will mit 18 weiteren Gründern aus 13 Kantonen, hauptsächlich Nationalräten, Regierungsräten und Rechtsanwälten, eine Genossenschaft errichten. Gemäss Statutenentwurfsoll sie "Schweizerische Wohnbaugenossenschaft" heissen, ihren Sitz in Olten haben, Zweigniederlassungen errichten können (Art. 1) und im ganzen Gebiet der Schweiz tätig werden (Art. 4). Sie bezweckt, ihren Mitgliedern gesunde, zweckmässige und billige Wohnungen zu verschaffen (Art. 2), und zwar durch Landerwerbung im Eigentum oder Baurecht, Erstellung von Wohnungen, Vermietung von Wohnungen, Verkauf von Gebäuden und Förderung des Bausparens (Art. 3). Der Vertreter der Gründer behauptet - was aus dem Statutenentwurf nicht hervorgeht -, sie wolle durch Zusammenfassung von sozialen Wohnbauvorhaben und Grossüberbauungen einen Beitrag zur Durchführung des Bundesgesetzes vom 19. März 1965 über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaues leisten.
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Dr. Schürmann ersuchte namens der Gründer das eidgen. Amt für das Handelsregister am 4. April 1966, die nationale Bezeichnung in der Firma der Genossenschaft zu bewilligen.
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Das Amt holte gestützt auf Art. 45 Abs. 2 HRegV die Meinungsäusserungen der Solothurnischen Handelskammer, des Schweizerischen Baumeister-Verbandes und des Vororts des schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins ein, die sich gegen das Gesuch aussprachen, worauf das Amt es mit Verfügung vom 20. Juli 1966 abwies.
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B.- Die 19 Gründer führen gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das eidgen. Amt für das Handelsregister sei anzuweisen, der zu gründenden Genossenschaft die Firma "Schweizerische Wohnbaugenossenschaft" zu bewilligen.
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Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Diese Regelung will nicht nur der Gefahr von Täuschungen vorbeugen (Art. 944 Abs. 1 OR), sondern auch verhindern, dass eine nationale Bezeichnung bloss um der Reklame willen in die Firma aufgenommen werde, sei es, um das Ansehen des Geschäftsinhabers zu heben, sei es, um diesem bei der Verfolgung seines Zweckes sonstwie vor Mitbewerbern einen Vorzug zu verschaffen. Besondere Umstände im Sinne des Art. 45 Abs. 1 HRegV liegen nur vor, wenn schützenswerte andere Interessen die Führung der nationalen Bezeichnung rechtfertigen. Das trifft z.B. zu, wenn der Geschäftsinhaber eine die gesamte Schweiz betreffende offizielle oder offiziöse Tätigkeit entfaltet oder eine wirtschaftliche Stellung errungen hat, die ihn zum tatsächlichen Vertreter gesamtschweizerischer Interessen stempelt (BGE 82 I 44 Erw. 2, BGE 89 I 221 ff.). Ein berechtigtes Interesse an der Führung der nationalen Bezeichnung kann ferner bestehen, wenn sie nach Wortlaut und Sinn - z.B. durch das in Klammern gesetzte Wort "Schweiz" oder durch die Wendung "Verkauf Schweiz" - lediglich erläutert, dass der Inhaber der Firma nur den das Gebiet der Schweiz betreffenden Teil der geschäftlichen Tätigkeit einer Muttergesellschaft fördern will (BGE 86 I 249; BGE 92 I 294 und 299).
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2. Die Wohnbaugenossenschaft, welche die Beschwerdeführer gründen wollen, wird weder eine offizielle noch eine offiziöse Tätigkeit entfalten. Dass der Zweck, den sie sich setzt, möglicherweise im Sinne des Bundesgesetzes vom 19. März 1965 über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaues (AS 1966 S. 433 ff.) von der Eidgenossenschaft und den Kantonen unterstützt wird, also allenfalls im öffentlichen Interesse liegt, ändert nichts, ebensowenig der Umstand, dass di e Gründer vorwiegend Nationalräte und Regierungsräte sind. Unerheblich ist auch, dass die Tätigkeit der Organe angeblich ehrenamtlich erfolgen soll. Diese Behauptung der Beschwerdeführer kann übrigens nur die Generalversammlung betreffen, denn für die beiden andern in den Statuten vorgesehenen Organe, d.h. die Verwaltung und die Kontrollstelle (Art. 21), erwähnen die Statuten ausdrücklich die Feststellung von Entschädigungen (Art. 24 lit. c). Dass die Genossenschaft selber keinen Gewinn erstrebt (Art. 2 Abs. 2), ändert an ihrer rein privaten Tätigkeit ebenfalls nichts. Die Beschwerdeführer stellen sich denn auch nicht auf den Standpunkt, die Tätigkeit der Genossenschaft sei als offizielle oder offiziöse zu würdigen.
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Das Bundesgericht hat jedoch nicht zu entscheiden, ob den genannten Gesellschaften und Genossenschaften die Bewilligung zu Recht erteilt wurde. Sollte das zugetroffen haben, so vermöchten die Beschwerdeführer daraus nichts zu ihren Gunsten abzuleiten, da jeder Fall nach den ihm eigenen Umständen zu würdigen ist (BGE 86 I 249, BGE 91 I 217). Sollten dagegen die erwähnten Gesellschaften und Genossenschaften die Bewilligung zu Unrecht erhalten haben, so gäbe das den Beschwerdeführern nicht Anspruch darauf, dass auch in ihrem Falle ein gesetzwidriger Entscheid gefällt werde (BGE 91 I 217 und dort erwähnte Entscheide). Es kann einer Behörde nicht verwehrt sein, eine Bewilligungspraxis aufzugeben, deren Unrichtigkeit sie erkannt hat oder deren Verschärfung sie wegen veränderter Verhältnisse oder zunehmender Missbräuche für zweckmässig hält (BGE 86 I 250, BGE 91 I 218). Dazu kommt, dass das Bundesgericht ohnehin an die Praxis des eidgen. Amtes für das Handelsregister nicht gebunden ist. Es hat selbständig den Sinn des Gesetzes und der Handelsregisterverordnung zu ermitteln und im einzelnen Fall zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid sich mit diesen Erlassen verträgt.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts genügen indessen dieser Wille und das entsprechende Propagandabedürfnis nicht, mögen die Gesellschafter oder Genossenschafter noch so sehr Gewähr dafür bieten, dass sie wirklich versuchen werden, ihren Willen durchzusetzen. Nur Gesellschaften und Genossenschaften, deren Tätigkeit ein Ausmass, das sie zu Vertretern gesamtschweizerischer Interessen stempelt, schon tatsächlich erreicht hat und noch immer aufweist, haben Anspruch auf den Gebrauch bezw. die Weiterführung einer nationalen Bezeichnung (BGE 82 I 40 ff.). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle nicht erfüllt, da die Genossenschaft erst in Gründung begriffen ist und überhaupt noch keine Tätigkeit entfaltet hat. Was ihr die Beschwerdeführer zuschreiben, sind blosse Vorhaben. Die Behauptung, es seien Gesuche für den Bau von 600 Wohnungen in Vorbereitung, lässt übrigens eine Vertretung gesamtschweizerischer Interessen nicht voraussehen, sollen doch diese Gesuche nur die Kantone Bern, Luzern, Zug und Solothurn betreffen. Die Bewilligung der nationalen Bezeichnung würde sich bis auf weiteres lediglich reklamehaft auswirken. Das geben die Beschwerdeführer im Grunde genommen zu, indem sie geltend machen, die beträchtlichen Kapitalien, die sie für die geplanten Überbauungen benötigten, könnten nur im grösseren Rahmen einer schweizerischen Organisation beschafft werden, weshalb sie in der Firma ausdrücken müssten, dass die Genossenschaft in diesem Rahmen tätig sei. Ihre Zusicherung, sie würden die nationale Bezeichnung nicht missbrauchen und seien bereit, die Mitgliedschaft in der Genossenschaft statutarisch vom Schweizerbürgerrecht abhängig zu machen, ändert hieran nichts.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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