![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
![]() | ![]() |
78. Auszug aus dem Urteil vom 8. Juni 1966 i.S. Ackermann gegen Luzern, Kanton und Regierungsrat. | |
Regeste |
Befugnis einer Kantonsregierung, kantonale gesetzgeberische Erlasse auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen: |
2. Eine solche Befugnis lässt sich auch nicht aus einem allgemeinen Grundsatz des schweizerischen Staatsrechtes ableiten (Erw. b). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Der Regierungsrat ist auf den Rekurs nicht eingetreten (Entscheid vom 11. November 1965). Diesen Entscheid ficht Dr. Ackermann mit staatsrechtlicher Beschwerde an. Das Bundesgericht weist sie ab.
| 2 |
![]() | |
3 | |
4 | |
a) Der Beschwerdeführer will diese Pflicht des Regierungsrates aus § 53 Abs. 6 KV herleiten, wonach der Grosse Rat den Regierungsrat und das Obergericht sowie deren Mitglieder wegen Verletzung der Verfassung und der Gesetze zur Verantwortung ziehen kann. Daraus folgt eine gewisse Unterordnung von Regierungsrat und Obergericht unter den Grossen Rat, keineswegs aber umgekehrt eine Befugnis dieser Behörden, ihrerseits den Grossen Rat zu überwachen. Ebensowenig ergibt sich eine solche Befugnis des Regierungsrates aus § 66 Abs. 1 des Organisationsgesetzes vom 8. März 1899, wonach er letztinstanzlich alle Verwaltungsstreitigkeiten beurteilt. Denn dieser Generalklausel folgt in Absatz 2 eine umfangreiche Aufzählung, die u.a. in lit. e auch "Steuern" und "Abgaben" erwähnt, gleichviel, ob diese Streitsachen "die Pflicht oder das Mass der Besteuerung oder Belastung" betreffen. Diese Vorschrift ist zwar durch das in den §§ 123 ff. StG geordnete Rekursverfahren vor einer besonderen Rekurskommission (§ 69 StG) im wesentlichen überholt worden, doch ist nach § 31 des Schatzungsgesetzes immer noch der Regierungsrat "Rekursschatzungsbehörde". Als solche ist er angerufen worden. Dass er in dieser Eigenschaft befugt sei, die Erlasse des Grossen Rates auf ihre Übereinstimmung mit der Kantonsverfassung zu überprüfen, folgt weder aus dem Organisationsgesetz noch aus dem Schatzungsgesetz. Dass sich diese Befugnis aus anderen Erlassen des kantonalen Rechts ergebe, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht.
| 5 |
b) Zu untersuchen ist weiter, ob die Befugnis des Regierungsrates, das Dekret des Grossen Rates auf seine Verfassungsmässigkeit zu überprüfen, aus einem allgemeinen Grundsatz des Rechtsstaates folge.
| 6 |
Auf eidgenössischer Ebene gilt: Was das Volk ausdrücklich oder stillschweigend auf Grund des fakultativen Referendums beschlossen hat, ist mangels ausdrücklicher Bestimmung von keiner Behörde zu überprüfen (vgl. Art. 113 Abs. 3 BV). Im Urteil der staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichtes ![]() | 7 |
Richtig ist allerdings, dass die kantonalen Gerichte und Verwaltungsbehörden kantonale Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit dem Bundesrecht zu prüfen haben (vgl. BGE 82 I 219, Urteil der staatsrechtlichen Kammer vom 7. Juli 1965 i.S. Hofmann gegen Regierungsrat des Kantons Zug, Erw. 1). Dies ergibt sich jedoch aus der Natur des Bundesstaates und dem Vorrang des Bundesrechtes vor dem kantonalen (vgl. BRIDEL, Précis de droit constitutionnel et public suisse, II/21).
| 8 |
Richtig ist auch, dass einzelne Gerichte verschiedener Kantone die Befugnis für sich in Anspruch nehmen, die kantonalen Gesetze akzessorisch aufihre Übereinstimmung mit der Kantonsverfassung zu prüfen. Dies trifft beispielsweise für die Cour de justice civile des Kantons Genf (vgl.BGE 34 I 343; BIERT N., Die Prüfung der Verfassungsmässigkeit der Gesetze durch den Richter, S. 60/1), für die Steuerrekurskommission des Kantons Solothurn (vgl. BGE 90 I 239) und - mit Vorbehalten - für das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (vgl. ZBl 1965 S. 335 und 1966 S. 176) zu. Dieselbe Ansicht vertreten GYGI und STUCKI für die Gerichte des Kantons Bern (Handkommentar zum bernischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, 1962, N. 6 zu Art. 16/II) und IMBODEN für die des Kantons Basel-Land (Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 2. Aufl. 1964, S.
| 9 |
10 | |
11 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |