BGE 93 I 125 | |||
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16. Urteil vom 3. Februar 1967 i.S. Hotelierverein Biel und Konsorten gegen Volkswirtschaftsdirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art. 88 OG: Legitimation von Berufsverbänden zur staatsrechtlichen Beschwerde; Voraussetzungen. | |
Sachverhalt | |
A.- Verschiedene Interessenten bewarben sich seit Jahren um die Erteilung eines Gastwirtschaftspatentes mit Alkoholausschank in der Nähe des Bahnhofes Biel. Die Gesuche wurden von der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern abgewiesen. Ein erneutes Gesuch des Club-Hôtels, das inzwischen das Restaurant "Traube" an der Aarbergstrasse erworben hatte, hiess die Volkswirtschaftsdirektion am 14. Dezember 1965 gut und legte gleichzeitig die Gastwirtschaft "Traube" auf den 1. Januar 1966 still. Hiegegen beschwerten sich die Einwohnergemeinde Biel, die früheren Gesuchsteller K. Horisberger, Inhaber des alkoholfreien Tea-Rooms "Mariana", und H. Maurer, Inhaber des alkoholfreien Restaurants "La Chartreuse" sowie der Hotelier- und Wirteverein von Biel und Umgebung beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses lehnte das Eintreten auf die Beschwerden mit Entscheid vom 16. September/10. November 1966 ab. Es führte aus, dass nach Art. 16 des bernischen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege zur Beschwerde nur legitimiert sei, wer an der Anfechtung des Verwaltungsentscheides ein schutzwürdiges eigenes Interesse dartue. Diese Voraussetzung sei dann erfüllt, wenn das Interesse unmittelbar oder mittelbar Rechtsschutzobjekt des der Verfügung zugrunde liegenden Gesetzes sei, nicht auch, wenn das zugrunde liegende Interesse seinem Sinn und Zweck nach nur die Interessen der Allgemeinheit schützen wolle. Das bernische Gesetz über das Gastwirtschaftsgewerbe und den Handel mit geistigen Getränken vom 8. Mai 1938 (GWG) schränke die Ausübung des Gastwirtschaftsgewerbes nur aus polizeilichen Gründen ein. Rechtsschutzobjekt bilde nicht der Konkurrenzschutz, sondern die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit, weshalb die Legitimation zur Anfechtung einer Patenterteilung durch eine Drittperson (von hier nicht zutreffenden Ausnahmefällen abgesehen) grundsätzlich entfalle. Die Mitglieder des Hotelier- und des Wirtevereins von Biel und Umgebung seien durch die Patentgewährung an das Club-Hotel auch nicht in einem "kollektiven Interesse" beeinträchtigt worden, das nach bundesgerichtlicher Praxis unter Umständen zur Bejahung ihrer Legitimation führen könnte. Denn der Hinweis auf die Sorge um die Erhaltung eines gesunden Wirtestandes sei ein Motiv, das nach dem bernischen Recht nicht Rechtsschutzobjekt bilde.
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B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde vom 9. Dezember 1966 beantragen der Hotelierverein von Biel und Umgebung und der Wirteverein von Biel und Umgebung, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zu materieller Beurteilung zurückzuweisen. Der Entscheid sei willkürlich, d.h. in seinem Ergebnis stossend. Er missachte den tragenden Gedanken des bernischen Gastwirtschaftsgesetzes und setze sich über geltende Rechtssätze und die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts hinweg.
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C.- Die Beschwerde ist nicht zur Vernehmlassung zugestellt worden.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Mit der staatsrechtlichen Beschwerde soll also, wie schon im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, das Interesse der Vereinsmitglieder gewahrt werden.
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Der Wirteverein von Biel und Umgebung bezweckt nach den Beschwerdevorbringen u.a. die Wahrung der Standesinteressen sowie die Bekämpfung unreeller Konkurrenz. Über den Zweck des Hoteliervereins äussert sich die Beschwerde nicht. Wenn die Legitimation des Wirtevereins gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob auch der Hotelierverein zur Beschwerde befugt ist.
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Vereine mit wirtschaftlichen und solche mit nichtwirtschaftlichen Zwecken sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes nicht nur befugt, staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, wenn durch eine kantonale Verfügung in ihre eigene Rechtssphäre eingegriffen wird. Sofern sie nach den Statuten die Interessen ihrer Mitglieder zu wahren haben und der Entscheid in deren rechtlich geschützte Interessen eingreift, sind sie auch befugt, dagegen in eigenem Namen Beschwerde zu erheben (BGE 76 I 312, BGE 81 I 120, BGE 88 I 175 mit Verweisungen, BGE 92 I 29). Doch wurde die Legitimation davon abhängig gemacht, dass die Vereinigung die Interessen aller oder doch der Mehrheit der Mitglieder, nicht bloss diejenigen eines einzigen oder einzelner weniger Mitglieder vertritt (BIRCHMEIER, Organisation der Bundesrechtspflege zu Art. 88 S. 360 f.).
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Wenn anzunehmen ist, der Wirteverein wahre, indem er sich zur Aufgabe gemacht hat, für die Beobachtung der Standesinteressen zu sorgen, in diesem Beschwerdeverfahren, in welchem er die Erteilung des Patentes an einen Dritten anficht, die Interessen der Mitglieder, so ist doch zweifelhaft, ob er damit nicht bloss die Interessen einzelner weniger Mitglieder wahrt, die sich bisher ohne Erfolg um das Patent für eine neue Wirtschaft im Bahnhofgebiet beworben haben. Das ist offensichtlich nicht die Mehrheit der Mitglieder, so dass die Legitimation aus diesem Grunde als zweifelhaft erscheint. Doch erübrigt sich die Abklärung auch dieser Frage. Denn die Beschwerde erweist sich bei materieller Prüfung als nicht begründet.
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Nach dessen Art. 16 steht die Legitimation demjenigen zu, der an der Anfechtung des Verwaltungsentscheides ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat. Wenn das Verwaltungsgericht feststellt, der Hotelier- und der Wirteverein könnten nicht in einem "kollektiven Interesse" beeinträchtigt sein, nimmt es offenbar an, dass es auch zur Legitimation ausreichend sein könnte, wenn das in Frage stehende Motiv nach dem bernischen GWG Rechtsschutzobjekt bilden würde.
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An der Anfechtung eines Verwaltungsentscheides hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse, wer durch ihn in einem ihm selbst zustehenden Recht verletzt wird. Hieran fehlt es, wenn die Beschwerde sich dagegen richtet, dass einem Dritten eine polizeiliche Bewilligung erteilt oder verweigert wird. Insbesondere verletzt die Erteilung einer derartigen Bewilligung an einen Dritten nicht Rechte eines andern Gesuchstellers auf eine gleichartige Bewilligung. Dass behauptet wird, die Bewilligung stelle eine rechtswidrige Begünstigung des Dritten dar, ändert nichts. Rechte Anderer wären nur verletzt, wenn die angewendete Vorschrift öffentlichrechtlicher Natur nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den einzelnen Bürger schützen würde. Bei Wirtschaftsbewilligungen wird dies regelmässig nur angenommen, wenn der kantonale Gesetzgeber von der in Art. 31ter Abs. 1 BV ihm erteilten Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, die Führung von Betrieben des Wirtschaftsgewerbes davon abhängig zu machen, dass das Gewerbe nicht durch übermässige Konkurrenz in seiner Existenz bedroht werde. Der Kanton Bern hat von dieser Ermächtigung bisher keinen Gebrauch gemacht; aus den Vorschriften des kantonalen Gesetzes folgt, wie die Volkswirtschaftsdirektion ohne Willkür annehmen durfte, nicht, dass dem Dritten ein Beschwerderecht gegen Entscheide eingeräumt werden sollte, mit denen einem Bewerber eine Wirtschaftsbewilligung erteilt wird.
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Die Beschwerdeführer halten dafür, dass auch dann, wenn anzunehmen sei, dass das anwendbare Wirtschaftsgesetz den Konkurrenzschutz nicht kennt, noch nicht feststehe, dass die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit das einzige Rechtsschutzobjekt des Gesetzes darstelle. Es bleibe noch die Möglichkeit, dass andere Interessen wenigstens mittelbar Rechtsschutzobjekt des Gesetzes seien. Sie berufen sich hierfür auf verschiedene Vorschriften der Abschnitte 2-4 des Gesetzes. Das Verwaltungsgericht durfte jedoch wiederum, ohne in Willkür zu verfallen, annehmen, dem Privaten stünde auf Beachtung des Gesetzes kein subjektives Recht zu, die Vorschriften würden sich lediglich tatsächlich zu seinen Gunsten auswirken. Schliesslich haben sich die Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren nicht auf die in der Beschwerde genannten Bestimmungen des Gesetzes, sondern in der Hauptsache auf Art. 2 Abs. 3 GWG berufen, der den Handel mit Wirtschaftsbewilligungen untersagt. Auch darin wird dem Dritten kein Beschwerderecht gegen bezügliche Verfügungen eingeräumt. Die Wahrung der Vorschrift liegt sogar ausgesprochen im öffentlichen Interesse. Es sollen damit Wirtschaftsbetriebe ausgeschaltet werden können, welche wegen Hinfalles der objektiven oder subjektiven Voraussetzungen nicht mehr bewilligt werden könnten. An der Handhabung von Art.2 sind die übrigen Betriebsinhaber noch weniger interessiert als daran, dass kein neuer Betrieb eröffnet wird. Denn die Zahl der vorhandenen Wirtschaften wird damit nicht erhöht.
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Übrigens läge ganz offensichtlich kein Verstoss gegen Art. 2 Abs. 3 GWG vor, wenn jemandem eine nachgesuchte Bewilligung für den Fall in Aussicht gestellt und erteilt wird, dass er für die Schliessung eines bereits vorhandenen Gewerbebetriebes besorgt sei. Handel mit Patenten wäre vielmehr deren Kauf oder Tausch, der direkte Übergang einer Bewilligung eines Inhabers auf einen Dritten, insbesondere aus Gründen in der Person des bisherigen Inhabers oder der Führung der Wirtschaft.
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Dass auch ein "kollektives Interesse" der beiden Verbände verneint wurde, verletzt Art. 4 BV nicht. Die Kantone sind nicht verpflichtet, bezüglich der Frage der Legitimation den Verband dem betroffenen Mitgleid desselben gleichzustellen. Sie bestimmen allein, inwieweit sie dem Verband die Legitimation zur Anfechtung polizeilicher Bewilligungen einräumen wollen, wenn die Verfügung sich an einen Dritten richtet. Es ist nicht willkürlich, anzunehmen, wenn durch eine Bewilligung Verbandsmitglieder nicht in ihnen zustehenden subjektiven Rechten verletzt werden, weil das Gesetz ihnen keinen Konkurrenzschutz gewährt, könne auch der Verband dieser Mitglieder keine weitergehenden Rechte für sich in Anspruch nehmen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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