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34. Urteil vom 31. Mai 1967 i.S. Nationalunternehmen Ceskoslovenské Textilni Zavody gegen Baj-Macario und Kreisamt Oberengadin. | |
Regeste |
Arrestkaution (Art. 273 Abs. 1 SchKG). Art. 17 der Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht (IÜ). Art. 4 BV. |
Begriff des Schadens, für den der Arrestgläubiger bei ungerechtfertigtem Arrest haftet. Die Annahme, dass dazu auch die dem Arrestschuldner im Arrestprosequierungsprozess erwachsenden Kosten gehören, ist nicht willkürlich (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
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Durch Verfügung vom 23. Januar 1967 verpflichtete das Kreisamt Oberengadin den Beschwerdeführer, die hinterlegten Fr. 3'000.-- bis zur Aufhebung des Arrestes als Sicherheitsleistung beim Kreisamt zu belassen. Zur Begründung führte es aus: Seit dem Erlass des Arrestbefehls sei nun fast ein Jahr vergangen.
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B.- Gegen diese Verfügung des Kreisamts Oberengadin führt der Arrestgläubiger staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, sie aufzuheben. Er macht eine Verletzung des Art. 4 BV sowie des Art. 17 der Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht (IÜ) geltend.
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C.- Das Kreisamt Oberengadin hat unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid auf Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdegegner G. Baj-Macario beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Art. 17 IÜ ist keine zivil- oder strafrechtliche Staatsvertragsbestimmung (Art. 84 lit. c OG), sondern prozessrechtlicher Natur. Da die behauptete Verletzung des Art. 17 IÜ auch nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde geltend gemacht ![]() | 7 |
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4. Das Kreisamt erklärt im angefochtenen Entscheid, Ausführungen über die internationalen Verträge erübrigten sich, da sich die Arrestkaution nur auf die Bestimmung des SchKG stütze. Mit dieser in der Beschwerde als "schlechthin unverständlich" bezeichneten Bemerkung will das Kreisamt offenbar sagen, dass Art. 17 IÜ auf Sicherheitsleistungen gemäss Art. 273 Abs. 1 SchKG nicht anwendbar sei. Dem wird in der Beschwerde lediglich entgegengehalten, auch die Bestimmungen des SchKG unterständen den staatsvertraglichen Beschränkungen. Die in diesem Zusammenhang angerufenen Urteile des Bundesgerichts betreffen jedoch nicht die hier streitige Frage, ob eine Arrestkaution unter Art. 17 IÜ falle, sondern befassen sich mit der Zulässigkeit von Arresten im Hinblick auf den Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich vom 15. Juni 1869 (BGE 49 I 550 und BGE 63 I 240) und mit der Zulässigkeit der Pfändung und Arrestierung von rollendem Eisenbahnmaterial im Hinblick auf das Internationale Abkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 23. Oktober 1924 (BGE 63 ![]() | 9 |
Diese Bestimmung verbietet, Angehörigen eines Vertragsstaates mit Wohnsitz in einem solchen Staate Prozesskautionen aufzuerlegen "wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder deswegen, weil sie keinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland haben". Art. 273 Abs. 1 SchKG sieht die Arrestkaution nicht wegen ausländischer Staatsangehörigkeit, Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Arrestgläubigers vor, sondern ohne Rücksicht hierauf zur Sicherstellung des Schadens aus einem ungerechtfertigten Arrest, für den der Gläubiger dem Arrestschuldner nach dieser Bestimmung haftet. Trifft aber Art. 273 Abs. 1 SchKG Inländer und Ausländer ohne Rücksicht auf den Wohnsitz und Aufenthalt in gleicher Weise, so verstösst er nicht gegen Art. 17 IÜ, der lediglich verhindern will, dass der Angehörige ![]() | 10 |
Falls der Beschwerdeführer mit der Bemerkung, es wäre unzulässig, einem Ausländer, dessen Heimatland der IÜ beigetreten ist, eine höhere Kaution aufzuerlegen als einem Schweizer, geltend machen will, dass einem Schweizer eine kleinere Kaution auferlegt worden wäre und insofern Art. 17 IÜ verletzt sei, so wäre auf diese Rüge nicht einzutreten, da sie der nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG erforderlichen Begründung ermangelt.
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a) Der Arrestschuldner begründete sein Sicherheitsleistungsgesuch vom 21. April 1966 mit dem Schaden, der ihm aus dem ungerechtfertigten Arrest erwachse. Er sprach dabei von Schaden schlechthin, ohne ihn auf die Kosten und Umtriebe des zu erwartenden Arrestprosequierungsprozesses zu beschränken. Da auch der angefochtene Entscheid sich über die Natur des in Frage stehenden Schadens nicht äussert, ist unerfindlich, wieso der Beschwerdeführer behaupten kann, das Kreisamt gehe "in aktenwidriger Weise" davon aus, der Arrestschuldner habe (auch) einen unmittelbaren Schaden geltend und glaubhaft gemacht. Abgesehen davon ist es gar nicht erforderlich, dass der Arrestschuldner Schadenersatzansprüche geltend macht und begründet, da die Sicherheitsleistung, wie jedenfalls ohne Willkür angenommen werden kann, von Amtes wegen anzuordnen ![]() | 13 |
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts haftet der Arrestgläubiger nur für den unmittelbaren Vermögensschaden, der auf die Behinderung in der Verfügung über die Arrestobjekte zurückzuführen ist (BGE 34 II 283, BGE 48 II 236), und die Rechtslehre hat sich dieser Auffassung angeschlossen (JAEGER und JAEGER-DAENIKER N. 2 zu Art. 273 SchKG, FRITZSCHE, SchK II S. 227/8, FAVRE, SchK [deutsche Ausgabe] S. 332/3). Ferner hat das Bundesgericht in BGE 48 III 236 /7 die Ansicht geäussert, dass die Kosten des Arrestaufhebungs- und des Arrestprosequierungsprozesses nicht zum unmittelbaren Schaden zu rechnen seien. Das zürch. Obergericht hat jedoch in ZR 27 Nr. 34 S. 60 gegenteilig entschieden. Seine Auffassung, die auch von JUD (Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Arrestrecht des SchKG, Zürch. Diss. 1940 S. 73/4) geteilt wird, stützt sich auf beachtliche Gründe und kann zum mindesten nicht als offensichtlich unrichtig, geradezu unhaltbar bezeichnet werden, zumal da Art. 273 Abs. 1 SchKG vom Schaden schlechthin spricht und nicht zwischen unmittelbarem und mittelbarem Schaden unterscheidet. Soweit die im vorliegenden Falle angefochtene Arrestkaution zur Deckung der dem Arrestschuldner im Arrestprosequierungsprozess erwachsenden Kosten bestimmt ist, hält sie daher vor Art. 4 BV stand, obwohl sie auf einer Auslegung von Art. 273 Abs. 1 SchKG beruht, die von der in einem BGE vertretenen abweicht (vgl. BGE 86 I 269 mit Verweisungen). Davon abgesehen ist sie auch deshalb nicht willkürlich, weil sich sehr wohl die Auffassung vertreten lässt, die Verfügungsbeschränkung über ein Wohnhaus samt Mobiliar und weiteren darin befindlichen Vermögenswerten könne einen die Auferlegung einer Arrestkaution rechtfertigenden unmittelbaren Schaden verursachen, wenn die Rechtsverhältnisse zwischen Arrestgläubiger und Arrestschuldner wie hier nicht klar sind und daher über die Begründetheit der Arrestforderung, wie der Beschwerdeführer selber ausführt, in einem ordentlichen Prozessverfahren zu entscheiden ist, das längere Zeit dauern kann.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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