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7. Auszug aus dem Urteil vom 24. Januar 1968 i.S. Schweizerische Volksbank gegen Uri und Luzern. | |
Regeste |
Interkantonale Vermögenssteuerausscheidung bei Bankunternehmen. | |
Sachverhalt | |
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Die Agentur Altdorf nimmt mehr Geld entgegen, als sie selber verwenden kann. Sie gibt den Überschuss an die Niederlassung Luzern ab. Dort wird er verwaltet und verwendet. Die Bilanz der Agentur Altdorf per 1. Januar 1965 enthält unter den Aktiven ein in der genannten Weise entstandenes Guthaben gegenüber der Niederlassung Luzern; in deren Bilanz vom gleichen Zeitpunkt ist eine entsprechende Schuld gegenüber der Agentur Altdorf aufgeführt. Die Geschäftsstelle Luzern vergütet der Agentur Altdorf für das ihr überlassene Geld einen Zins, der zum mittleren Satz zwischen demjenigen für ausgeliehene ![]() | 2 |
B.- Die SVB hat in ihrer Steuererklärung für die Jahre 1966 und 1967 das auf die beiden Betriebsstätten Altdorf und Luzern entfallende steuerbare Kapital nach bisheriger bundesgerichtlicher Praxis (BGE 64 I 253 ff.) ausgeschieden. Danach sollte der Kanton Uri 1/4, der Kanton Luzern 3/4 der Gelder besteuern, die in Altdorf entgegengenommen und in Luzern verwendet wurden. Nach dieser Berechnung unterlägen 0'373% der Gesamtaktiven der SVB oder Fr. 892'000.-- der urnerischen Kapitalsteuer.
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Die Steuerkommission des Kantons Uri fand sich mit dieser Verteilung nicht ab. Sie zählte das ganze Guthaben, das die Agentur Altdorf bei der Niederlassung Luzern hatte, zu den massgeblichen Aktiven für die Urner Quote. So kam sie auf einen Anteil von 0'488% der Gesamtaktiven oder ein steuerbares Kapital von Fr. 1'167'000.--. Diese Veranlagung ist in der Einschätzungsverfügung vom 30. Juni 1966 für die Steuerperiode 1966/67 enthalten. Die SVB erhob gegen sie Einsprache, welche die kantonale Steuerkommission Uri am 5. Mai 1967 abwies. In diesem Entscheid wurde auch die zu verteilende Kapitalsumme gemäss Einschätzung des Kantons Bern erhöht. Die Quote von 0'488 ergab jetzt einen in Uri steuerbaren Kapitalanteil von Fr. 1'380'000.--.
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C.- Die SVB führt staatsrechtliche Beschwerde gegen die Kantone Uri und Luzern wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV. Sie beantragt festzustellen, dass in der Bemessung ihres im Kanton Uri steuerbaren Kapitalanteils von Fr. 1'380'000.-- eine unzulässige Doppelbesteuerung liege. Die Beschwerdeführerin verlangt Herabsetzung auf Fr. 1'055'000.--. Eventuell habe das Bundesgericht zwischen den Kantonen Uri und Luzern eine neue, von der bisherigen Praxis (BGE 64 I 253 ff.) abweichende Vermögensausscheidung vorzunehmen.
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D.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Luzern richtet. Eventuell sei die Kapitalquote für sämtliche Niederlassungen der Beschwerdeführerin neu festzusetzen.
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E.- Der Regierungsrat des Kantons Uri stellt ebenfalls den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Er räumt ein, dass der Einspracheentscheid im Widerspruch stehe zu BGE 64 I 253 ff. Eine Abkehr von der bisherigen Praxis begründet er im wesentlichen ![]() | 7 |
Klargelegt werden müsse zudem die Feststellung des erwähnten Gutachtens, wonach das Ausleihgeschäft die Tendenz habe, sich von den unter- in die übergeordneten Geschäftsstellen zu verlagern. Aus ihr folge nicht, dass im Rayon der untergeordneten Stelle weniger Kapital benötigt werde, sondern nur, dass das Ausleihgeschäft räumlich, zeitlich und sachlich leichter von oben gesteuert werden könne als das Geldaufnahmegeschäft. So könne die Zentrale die ertragsgünstigsten Grossgeschäfte an sich ziehen. Nur selten werde ein Anlagekunde von der Hauptfiliale an die Agentur verwiesen, oft aber müsse die Agentur Grosskunden an den grössern Sitz abtreten. Die steuerliche Erfassung der Guthaben gegenüber eigenen Stellen bei der geldgebenden, statt bei der anlegenden Geschäftsstelle folge daher einem objektiveren, viel weniger leicht beeinflussbaren Kriterium.
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F.- In einem zweiten Schriftenwechsel haben alle Beteiligten an ihren Anträgen festgehalten.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Kein Streit herrscht darüber, dass der Kanton Uri denjenigen ![]() | 11 |
Diese Rechtsprechung ist in BGE 64 I 253 ff. geändert worden. Damals erkannte das Bundesgericht, die Entwicklung habe die für den früheren Entscheid "ausschlaggebende Annahme" nicht bestätigt. Es wurde ganz allgemein eine "bei den schweizerischen Grossbanken eingetretene Konzentration der Anlagetätigkeit in den Hauptsitzen" registriert und festgestellt, dass "die Mehrheit der Grossbankfilialen durchwegs sehr grosse Guthaben beim Hauptsitz unterhalten". Entsprechend den Ergebnissen des damals eingeholten Gutachtens erklärte das Bundesgericht, die hauptsächliche Tätigkeit einer Bank bestehe in der Anlage der ihr zur Verfügung stehenden Mittel, "weshalb die Aktiven einer interkantonalen Bankunternehmung in erster Linie als mit dem Betrieb örtlich verbunden erscheinen, der sie verwaltet und in dem sie'arbeiten'". Daneben sei aber zu beachten, dass auch die Beschaffung des Geldes - die eine besondere an das Publikum sich richtende Werbetätigkeit und Organisation voraussetze - eine wesentliche Funktion des Bankgewerbes darstelle. Eine Vermögensausscheidung, die ausschliesslich auf die Anlagetätigkeit und ![]() | 12 |
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a) Zunächst wird für die gewünschte exklusive Besteuerung überhaupt nichts vorgebracht, es sei denn der Satz, "dass die steuerliche Erfassung der dem Guthaben'Eigene Stellen'entsprechenden Aktiven bei der geldgebenden statt bei der anlegenden Stelle einem objektiveren, viel weniger leicht beeinflussbaren Kriterium folgt". Warum jedoch das Kriterium der Geldentgegennahme objektiver sei als dasjenige der Geldanlage, wird nicht ausgeführt. Die Behauptung, jenes sei weniger leicht beeinflussbar, geht daran vorbei, dass die Schwerpunkte der steuerlichen Belastung richtigerweise den Schwerpunkten der wirtschaftlichen Sachverhalte entsprechen sollten. Wie aber ausser jedem Zweifel steht und vom Regierungsrat des Kantons Uri nicht ausdrücklich bestritten wird, ist neben der Geldentgegennahme die Geldanlage zumindest auch wichtig, bestimmt sie doch Erfolg oder Misserfolg der Geschäftstätigkeit sowie deren Ausmass in entscheidender Weise mit.
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b) Es bleibt zu prüfen, ob den beiden Kriterien ein anderes Gewicht beizulegen sei als bisher, etwa in dem Sinne, dass beide als für den Geschäftserfolg gleichwertig anerkannt würden.
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Auch dafür fehlt es aber an überzeugenden Gründen. Der Hinweis des Urner Regierungsrates auf Gleichzeitigkeit und gegenseitige Bedingtheit beider Funktionen mag zutreffen, entscheidet jedoch nichts. Nicht nur in quantitativer, sondern auch ![]() | 16 |
Die Kreditgeschäfte werden in aller Regel von den Bankleitungen einzeln und einlässlich geprüft. Demgegenüber vollzieht sich die Entgegennahme von Kundengeldern ohne Mitwirkung der leitenden Organe. Diese stellen dafür lediglich allgemeine Weisungen (über die Zinssätze und dgl.) auf.
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Unter allen diesen Gesichtspunkten erscheint die Tätigkeit der Geldanlage gegenüber der Entgegennahme von Geldern als der bei weitem wichtigere und schwierigere Teil des Bankfaches. An der bisherigen, seit BGE 64 I 253 ff. geübten Praxis ist demnach festzuhalten.
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c) Der Regierungsrat des Kantons Uri tut nicht dar, dass das, was bei den Banken allgemein gilt, für die Beschwerdeführerin und ihre Tätigkeit im Kanton Uri nicht zutreffe. Die Behauptung der Steuerkommission, dass die Beschwerdeführerin ihre Gelder planmässig ausserhalb des Kantons anlege, obwohl der Kreditbedarf dort nicht kleiner sei als anderswo, hat der Regierungsrat mit Recht nicht übernommen. Denn sie ist - ob richtig oder falsch - für den Entscheid unerheblich. Die Frage, wo die Gelder der Bank anzulegen seien, ist nur eine unter andern, die bei der Kreditgewährung zu beachten sind. Besteht keine oder nur eine geringe Nachfrage nach Krediten, kann die Beschwerdeführerin auch keine solchen gewähren. Der Regierungsrat aber behauptet selber nicht, die Beschwerdeführerin pflege Kredite zu verweigern, die bei ihr aus dem Kanton Uri angefordert werden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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