BGE 94 I 435 | |||
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59. Urteil vom 2. Oktober 1968 i.S. Pensionskasse Maggi gegen Kanton Thurgau. | |
Regeste |
Steuerliche Behandlung des versicherungstechnischen Deckungskapitals beim verhältnismässigen Schulden- und Schuldzinsenabzugs. |
Der verhältnismässige Schuldzinsenabzug ist bei solchen Pensionskassen ebenfalls nach dem mittleren Hypothekarzinsfuss zu berechnen. | |
Sachverhalt | |
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"Die Kasse verfolgt keine Erwerbsabsichten; sie bezweckt für den Fall des Alters und des Todes die Ausrichtung von Leistungen entsprechend den Bestimmungen eines Reglementes, das einen integrierenden Bestandteil dieser Statuten bildet, an
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a) das Personal (Angestellte und Arbeiter) der Maggi AG und der mit ihr alliierten Gesellschaften, dessen Aufnahme in die Kasse vom Vorstand beschlossen worden ist;
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b) die Hmterlassenen dieses Personals: Witwen, Waisen, Abhängige."
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Die Einnahmen der Kasse setzen sich zusammen aus Arbeitgeberbeiträgen, den Beiträgen der Mitglieder und dem zum Zwecke des Einkaufes von Mitgliedern einbezahlten Kapital (Art. 4 der Statuten). Die Kasse ermittelt ihr Deckungskapital nach den Richtlinien, die von der Vereinigung schweizerischer Versicherungsmathematiker aufgestellt werden.
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Im Jahre 1967 liess die Kasse in Kreuzlingen (Kt. Thurgau) einen Wohnblock erstellen, der seit dem 1. Oktober 1964 vermietet ist. Die thurgauischen Steuerbehörden veranlagten sie in der Folge für die Jahre 1964 bis 1966. Dabei anerkannten sie für die Berechnung des steuerbaren Reinvermögens den 15-fachen Betrag der laufenden Jahresrenten als Schuld. Hingegen lehnten die Steuerbehörden es ab, das Deckungskapital für die blossen Anwartschaften der noch prämienbezahlenden Kassenmitglieder als Schuld zu behandeln. Sie berücksichtigten für die Berechnung des steuerbaren Ertrages einen Schuldzins in der Höhe von 5% des 15-fachen Betrages sämtlicher Jahresrenten.
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B.- Einspracheweise verlangte die Kasse, dass das ganze versicherungstechnische Deckungskapital als Schuld anerkannt und auch ein entsprechender Passivzins berücksichtigt werde. Im Einspracheentscheid hielt die thurgauische Steuerverwaltung an ihrem Standpunkt fest. Dieser wurde auf Beschwerde der Kasse hin auch von der kantonalen Steuerrekurskommission geschützt.
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C.-Die Pensionskasse Maggi führt staatsrechtliche Beschwerde. Sie macht geltend, die angefochtene Besteuerung verletze den Art. 46 Abs. 2, den Art. 4 BV sowie den Grundsatz der Gewaltentrennung. Die einzelnen Rügen und ihre Begründungen sind, soweit notwendig, aus den nachfolgenden Erwägungen ersichtlich.
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D.- Steuerrekurskommission und Regierungsrat des Kantons Thurgau beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. a) Die Befugnis der thurgauischen Behörden, die Besteuerung an die Tatsache des Liegenschaftsbesitzes im Kanton anzuknüpfen, wird in der Beschwerde nicht angefochten. Unbestritten ist sodann, dass der Kanton Thurgau das Nettovermögen und -einkommen besteuert und sein Anteil an den Gesamtaktiven und -passiven der Beschwerdeführerin für 1964/65 3,79%, für 1966 3'667% beträgt. Die Auffassungen der Parteien gehen einzig darüber auseinander, in welchem Umfange das versicherungstechnische Deckungskapital für die laufenden Renten und die Anwartschaften der noch nicht rentenberechtigten Kassenmitglieder als Schuld zu behandeln sei. Als Deckungskapital wird nach Lehre und Rechtsprechung derjenige Teil der bezahlten Prämien bezeichnet, dessen der Versicherer bedarf, um damit zusammen mit den zukünftigen Prämien und den Zinsen die ihm gemäss Versicherungsvertrag obliegenden Leistungen zu erbringen (BGE 93 I 242 Erw. 3 mit Hinweisen).
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b) Wie das frühere, enthält auch das geltende thurgauische Steuergesetz keine Vorschrift, die sich mit der Behandlung des Deckungskapitals befasst. Die bisherige Praxis liess dieses zum Abzug als Schuld zu. Auf den 1. Januar 1965 änderten indessen die thurgauischen Steuerbehörden ihre Auffassung. Nunmehr wurde entweder der 15-fache Betrag der jeweiligen Summe der Jahresrenten, oder aber die Hälfte des ganzen versicherungstechnischen Deckungskapitals berücksichtigt. Von diesen beiden Berechnungsmethoden wird jeweils die für den Steuerpflichtigen günstigere gewählt.
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Die Beschwerdeführerin hält dafür, die neue Praxis verletze das Doppelbesteuerungsverbot. Demgegenüber berufen sich die Steuerbehörden des Kantons Thurgau darauf, das Bundesgericht habe zwar das Deckungskapital von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen, nicht aber dasjenige für die Anwartschaften der Mitglieder genossenschaftlicher Pensionskassen zum Abzug als Schuld zugelassen. Bei einer Lebensversicherung trete eben der Versicherungsfall bestimmt ein; ungewiss sei nur der Zeitpunkt des Eintrittes. Bei genossenschaftlich organisierten Pensionskassen dagegen seien die Rechte und Verpflichtungen von noch völlig ungewissen Bedingungen abhängig.
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3. Freilich hat das Bundesgericht in BGE 54 I 400 (Doppelbesteuerungsbeschwerde der La Suisse-Versicherungsgesellschaft gegen den Kanton Luzern) jene beiden Fälle so unterschieden. Es wollte aber damit nur dartun, dass sein Entscheid demjenigen vom 14. Juni 1924 i.S. Pensionskasse des aarg. Revisionsverbandes gegen das Obergericht des Kantons Aargau nicht widerspreche. Dort war u.a. festgestellt worden, die Auffassung lasse sich "wohl" vertreten, dass man es im Falle des Deckungskapitals einer Pensionskasse "nicht sowohl mit einer Schuld der Kasse, sondern mit einer Art zweckgebundenen Vermögens derselben zu tun habe, das zwar den Mitgliedern verfangen ist, aber doch zum Vermögen der Genossenschaft als solcher gehört". Die bundesgerichtliche Prüfung war auf Willkür beschränkt, und ein Widerspruch zu BGE 54 I 400 - wo mit freier Kognition entschieden wurde - bestand schon aus diesem Grunde nicht. Ebenfalls unter dem beschränkten Gesichtswinkel des Art. 4 BV hat das Gericht in seinem Urteil vom 4. April 1935 i.S. Stiftung Altersfürsorge für die Angestellten der Bally-Schuhfabriken AG und Mitbeteiligte entschieden. Immerhin warf es bereits bei jener Gelegenheit die Frage auf, ob nicht die in BGE 54 I 395 ff. für die steuerliche Behandlung des Deckungskapitals privater Versicherungsgesellschaften aufgestellten Grundsätze auch für das Deckungskapital von Pensionskassen anzuwenden seien. Die Frage wurde dann verneint, weil der gegenteilige Standpunkt, der dem damals angefochtenen Entscheid zugrunde lag, nicht als geradezu willkürlich bezeichnet werden konnte.
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In BGE 76 I 218 /9 hatte das Bundesgericht Bestimmungen des Wehrsteuerbeschlusses auszulegen. Es stand ihm somit - gleich wie im vorliegenden Fall - die freie Prüfung zu. Das Gericht gelangte dabei zum Schluss, dass auch das Deckungskapital für eine lebenslängliche Rente steuerlich als Schuld zu behandeln sei. Es komme nicht darauf an, dass im Gegensatz zur Lebensversicherung mit zum vornherein bestimmter Leistung bei der Rentenversicherung sowohl die Leistung als auch deren Zeitpunkt ungewiss seien. Eine solche Unbestimmtheit wirke sich nämlich nur im einzelnen Fall, nicht aber inbezug auf die Gesamtheit der Policen aus. Hier trete an die Stelle der Ungewissheit vielmehr die auf Grund von Lebenserwartungstabellen rechnerisch erfassbare Wahrscheinlichkeit. An dieser Erwägung, die BGE 76 I 218 /9 übrigens nicht etwa ausdrücklich nur auf den Wehrsteuerbeschluss beschränkte, muss festgehalten werden. Für die Gesamtverpflichtung des Versicherers ist es in der Tat belanglos, ob im Einzelfall die Leistung und deren Zeitpunkt, oder nur dieser ungewiss sind. Die Gewissheit kann stets durch die Wahrscheinlichkeit ersetzt werden, sofern sich nur das Gesetz der grossen Zahl anwenden lässt. Die technische Reserve für die Deckung fälliger und künftiger Verpflichtungen des Versicherers kann somit bei der Rentenversicherung ebenso genau ermittelt werden wie bei der Lebensversicherung mit im Einzelfall bestimmter Leistungspflicht. Gleich dem Deckungskapital dieser Versicherungsart (vgl. BGE 93 I 242 Erw. 3 mit Hinweisen) ist auch dasjenige bei der Rentenversicherung demnach wirtschaftlich und steuerlich als Schuld zu betrachten.
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An dieser Betrachtungsweise ändert nichts, dass wegen der Ungewissheit von Leistung und Zeitpunkt im Fall der Rentenversicherung beim einzelnen Versicherten die Anwartschaft nicht besteuert werden kann. Einmal unterliegen die ausbezahlten Renten regelmässig der Einkommenssteuer am Wohnsitz des Rentenempfängers. Abgesehen davon wird nach dem Gesagten bei der vorgenannten Gleichbehandlung ohnehin nicht auf den Einzelfall abgestellt, sondern auf die Gesamtheit der Policen.
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a) Die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau behauptet selber nicht, das im Falle der Beschwerdeführerin als Schuld zugelassene Deckungskapital (d.h. der 15-fache Betrag der ausbezahlten Jahresrenten) entspreche den nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen errechneten Reserven, die nötig sind, um die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche gegen die Kasse zu decken. Anderseits hat aber auch die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen, dass gerade der in ihrer Steuererklärung angegebene Betrag richtig ist. Zwar ist das ganze Deckungskapital zum Abzug zuzulassen, jedoch nur dasjenige, das den gegenwärtigen oder aufgeschobenen Rechtsansprüchen der Kassenmitglieder entspricht. Die Steuerrekurskommission wird in diesem Sinne die Berechnungen der Beschwerdeführerin nachprüfen müssen.
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b) Nach ständiger Rechtsprechung stellt das Deckungskapital eine verzinsliche Schuld dar (BGE 93 I 243 Erw. 3 mit Hinweisen). Die darauf berechneten Zinsen sind mithin vom Roheinkommen abzuziehen. Einen solchen Abzug hat die Rekurskommission zugelassen. Sie wird indes auch diese Position neu zu prüfen haben. Einerseits bewirkt die neue Festsetzung des Deckungskapitals im Sinne der vorstehenden Ausführungen als solche schon eine Änderung des entsprechenden Schuldzinsenbetrages. Beim Zinssatz - der im vorliegenden Verfahren mit 5% an sich nicht bestritten ist - wird anderseits zu berücksichtigen sein, dass das Bundesgericht im Urteil vom 13. Juni 1967 i.S. Vita (BGE 93 I 245) auf den mittleren Hypothekarzinsfuss abstellte. Zwar ging es dort nicht um die steuerliche Behandlung des Deckungskapitals für das Rentengeschäft einer genossenschaftlichen Pensionskasse. Da dieses aber unter den genannten Voraussetzungen nach den selben Grundsätzen zu ermitteln ist, wie dasjenige für Ansprüche aus Lebensversicherungen mit bestimmter Leistungspflicht, muss auch der gleiche Satz für die Berechnung der Schuldzinsen gelten.
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Unter diesen Umständen erübrigt es sich zu prüfen, ob die auf 1. Januar 1965 eingeleitete neue Veranlagungspraxis noch andere Verfassungsgrundsätze verletze.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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