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67. Auszug aus dem Urteil vom 18. Oktober 1968 i.S. X. AG gegen Eidg. Bankenkommission. | |
Regeste |
Art. 3 Bankengesetz. | |
Sachverhalt | |
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B.- Die Eidg. Bankenkommission entschied am 17. Juni 1968, die Bescheinigung gemäss Art. 3 Abs. 3 des Bankengesetzes und Art. 8 der Vollziehungsverordnung vom 30. August 1961 werde der X. AG "so lange nicht ausgestellt, als sie eine Besetzung des Direktorenpostens vorsieht, bei der die Sicherheit der Gläubiger gefährdet erscheint".
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Zur Begründung wurde ausgeführt, der gegenwärtige Geschäftsführer der Gesellschaft sei früher Direktor einer Bank gewesen und habe sich bei dieser Tätigkeit als charakterlich unzuverlässig und fachlich unfähig erwiesen. Die moralische und fachliche Qualität der Leiter einer Bank sei aber für die Sicherheit der Gläubiger von entscheidender Bedeutung. Wenn dem Direktor einer bestehenden Bank die erforderlichen Eigenschaften fehlten, liege ein Missstand vor, gegen den die Aufsichtsbehörde einzuschreiten habe (Art. 23 Abs. 3 lit. 1 Bankengesetz). Die Aufsichtsbehörde müsse jedoch auch dann eingreifen können, wenn eine im Entstehen begriffene Bank von Anfang an mit einem derartigen Missstand behaftet sei. Es wäre absurd anzunehmen, dass sie in einem solchen Fall die Eröffnung der Bank zulassen müsste, nur weil Art. 3 des Bankengesetzes lediglich eine formelle Prüfung der Organisation vorsehe.
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C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die X. AG, der Entscheid der Bankenkommission sei aufzuheben und diese anzuweisen, ihr die Bescheinigung gemäss Art. 3 Abs. 3 des Bankengesetzes und Art. 8 der Vollziehungsverordnung zu erteilen.
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Es wird geltend gemacht, die Voraussetzungen für die Ausstellung der Bescheinigung seien in Art. 3 Abs. 1 und 2 des Bankengesetzes umschrieben. Sie seien hier erfüllt. Die Bescheinigung dürfe nicht aus Gründen verweigert werden, die in der ![]() | 5 |
D.- Die Bankenkommission schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Nach dem Wortlaut des Art. 3 des Bankengesetzes hat die Bankenkommission sich bei der Untersuchung, die sie gemäss Abs. 3 vorzunehmen hat, auf die Überprüfung der inneren Organisation der Bank, welche eröffnet werden soll, im allgemeinen ![]() | 10 |
Wohl bemerkte der Bundesrat in der Botschaft vom 2. Februar 1934 zum Entwurf des Bankengesetzes, die Bankenkommission werde "sich vorgängig über den Grad der moralischen Zuverlässigkeit der Gründer erkundigen" (BBl 1934 I S. 184). Diese Auffassung fand aber weder im vorgelegten Entwurf noch im Gesetz Ausdruck, und auch die Botschaft führte nicht weiter aus, welche Folgen eintreten sollten, falls die Bankenkommission zum Schluss käme, die Gründer seien moralisch nicht zuverlässig. Bei der Beratung des Gesetzes im Parlament wurde unwidersprochen erklärt, dass die Befugnis der Bankenkommission, die Anerkennung der Organisation einer Bank vom Ergebnis einer Prüfung der moralischen und fachlichen Qualitäten der Gründer und der künftigen Leiter abhängig zu machen, im Entwurf des Bundesrates nicht vorgesehen sei und dass eine abweichende Ordnung sich auch nicht rechtfertige (Protokoll der Tagung der ständerätlichen Kommission vom 13.-16. Februar 1934, S. 43 f.; StenBull 1934 StR S. 218/9, NR S. 641). Es entging den eidgenössischen Räten nicht, dass in der Vergangenheit gerade durch das unverantwortliche Verhalten gewisser Bankdirektoren grosse Schäden entstanden waren; doch wollte man weiteren solchen Vorkommnissen durch die Vorschrift vorbeugen, dass ein genauer und sachgemässer Organisationsplan aufzustellen sei.
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Die dem Wortlaut des Art. 3 des Bankengesetzes nächstliegende Auslegung, dass die Bankenkommission sich auf eine formelle Prüfung der in den Gesellschaftsverträgen, Statuten und Reglementen vorgesehenen Organisation zu beschränken hat, wird also durch den Werdegang der Bestimmung bestätigt. Diese ist auch im Schrifttum stets im gleichen Sinne verstanden ![]() | 12 |
Der angefochtene Entscheid lässt sich demnach nicht auf Art. 3 des Bankengesetzes stützen.
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Dieser Auffassung kann jedoch nicht zugestimmt werden. Sie ist nicht vereinbar damit, dass der Gesetzgeber in Art. 3 des Bankengesetzes die Überprüfungsbefugnis der Bankenkommission bewusst im oben dargelegten Sinne beschränkt hat. Die Regel von Art. 23 Abs. 3 lit. 1, die sich nach ihrem Wortlaut und ihrer Stellung im Gesetz nur auf Banken, die bereits tätig geworden sind, bezieht, darf nicht entgegen dem ausdrücklich geäusserten Willen des Gesetzgebers auf die Vorgänge bei der Gründung ausgedehnt werden. Anders wäre es allenfalls, wenn die Bankenkommission befugt wäre, einem sich bei der Ausübung des Bankgeschäfts zeigenden Missstand von sich aus unverzüglich abzuhelfen; dann hätte es tatsächlich wenig Sinn, eine von vornherein mit Missständen behaftete Unternehmung vorerst einmal zuzulassen, wenn doch nachher sofort gegen sie eingeschritten werden müsste. Allein diese weitgehende Befugnis gibt das Gesetz der Bankenkommission nicht. Es bestimmt in Art. 21 Abs. 3, dass die Revisionsstelle, welche bei einer Revision Missstände festgestellt hat, der Bank eine angemessene ![]() | 15 |
Es mag ferner dahingestellt bleiben, ob die Ernennung eines fachlich oder charakterlich ungeeigneten Bankleiters an sich schon als Missstand im Sinne des Gesetzes betrachtet werden kann, wie die Bankenkommission annimmt, oder ob unter Missständen nicht lediglich bestimmte Vorkommnisse oder organisatorisches Ungenügen, die im Laufe des Bankbetriebes auftreten, zu verstehen sind. Auch wenn der Bankenkommission in dieser Beziehung beizupflichten wäre, stände ihr doch kein Mittel zur Verfügung, um unmittelbar die Entfernung des ungeeigneten Bankleiters zu erreichen oder gar die Schliessung der Bank zu erzwingen. Die Kommission müsste der Bank zuerst Frist zur Behebung des Missstandes ansetzen oder administrative oder gerichtliche Schritte gegen sie einleiten. Als Sanktion für die Nichtbefolgung der Weisung, den Missstand zu beheben, käme einzig die Bestrafung nach Art. 46 Abs. 1 lit. m oder allenfalls die Ausfällung einer Ordnungsbusse nach Art. 51 des Bankengesetzes in Frage.
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Kann also die Bankenkommission nicht unverzüglich nach der Gründung einen ihr als ungeeignet erscheinenden Bankleiter aus eigener Kompetenz entfernen lassen, sondern hat sie dafür ein bestimmtes Verfahren einzuschlagen, so ist es nicht sinnwidrig und gegen Art. 23 des Bankengesetzes verstossend, einen solchen Leiter vorerst zuzulassen, selbst wenn die Bankenkommission der Ansicht ist, dass sie seine Geschäftsführung alsbald werde beanstanden müssen, weil sie die Interessen der ![]() | 17 |
Gewiss ist es verständlich, dass die Bankenkommission ungeeignete Persönlichkeiten von Anfang an von leitenden Tätigkeiten im Bankgewerbe fernhalten will, doch stellt ihr das geltende Recht hiefür das Verfahren, in dem über die Anerkennung der Organisation einer Bank zu entscheiden ist, nicht zur Verfügung. Solange das Gesetz nicht geändert ist, muss die Bankenkommission sich mit den ihr zur Zeit zu Gebote stehenden Behelfen begnügen und z.B. durch Anordnung ausserordentlicher Revisionen (Art. 23 Abs. 3 lit. i Bankengesetz) Missstände rechtzeitig zu erfassen versuchen.
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