BGE 94 I 501 | |||
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70. Urteil vom 27. September 1968 i.S. Lohner gegen Eidg. Alkoholverwaltung. | |
Regeste |
Alkoholgesetz: Konzessionen für die gewerbsmässige Herstellung von Spezialitätenbranntwein dürfen nur erneuert werden, wenn die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes es rechtfertigen. | |
Sachverhalt | |
A.- Der Beschwerdeführer Marcel Lohner, geb. 1909, wohnt in Binningen, wo er ein Architekturbureau betreibt. Er hatte dort Land erworben, von dem ihm nach der Überbauung eines grösseren Teils noch ein Rest mit einigen Obstbäumen geblieben ist. Seit 1958 besitzt er ein Grundstück von 30 a mit 5 Kirschbäumen in Ettingen (BL) und seit 1961 ein Areal von 160 a mit 10 Kirschbäumen in Seewen (SO). Am 18. September 1946 erteilte ihm die Eidg. Alkoholverwaltung eine Brennereikonzession gemäss Art. 4 Abs. 3 lit. a des Bundesgesetzes über die gebrannten Wasser vom 21. Juni 1932 (des Alkoholgesetzes, AlkG), welche ihn berechtigte, mit einem 47 Liter fassenden Brennhafen gewerbsmässig Spezialitätenbranntwein, insbesondere Kirsch, herzustellen. Die Dauer der Konzession wurde in den Jahren 1948, 1953, 1958 und 1963 je um 5 Jahre verlängert, letztmals bis zum 30. Juni 1968.
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B.- Anfang 1968 ersuchte der Beschwerdeführer die Alkoholverwaltung, die Konzession für weitere 5 Jahre zu erneuern. Die Verwaltung lehnte das Gesuch mit Verfügung vom 29. Februar 1968 ab. Sie führte aus, die Konzession könnte nur verlängert werden, wenn dies den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Landes entspräche (Art. 5 AlkG). Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, da der Beschwerdeführer seine Rohstoffe unter zumutbaren Bedingungen von einer konzessionierten Lohnbrennerei in Binningen oder in der Umgebung brennen lassen könne.
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C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Marcel Lohner, diese Verfügung sei aufzuheben und die Alkoholverwaltung anzuweisen, seinem Gesuch um Erneuerung der Konzession zu entsprechen.
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Es wird geltend gemacht, seit der erstmaligen Erteilung der Konzession hätten sich die Verhältnisse nicht wesentlich verändert; insbesondere hätte der Beschwerdeführer schon damals und seither stets die Möglichkeit gehabt, seine Rohstoffe einem Lohnbrenner zu übergeben. Es sei willkürlich, nun plötzlich die Erneuerung der Konzession zu verweigern. Von einer systematischen Änderung der Praxis der Alkoholverwaltung sei dem Beschwerdeführer nichts bekannt; er werde einer Ausnahmebehandlung unterworfen, was gegen die Rechtsgleichheit verstosse.
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Er besorge den Obstbau und das Brennen als "Hobby", und zwar in mustergültiger Weise. Diese Tätigkeit liege durchaus im Interesse des Landes. Sie führe zu keinerlei unerwünschten Nebenerscheinungen. Die bescheidene Produktion des Beschwerdeführers werde privat verwendet; einen Teil verschenke er, und nur ganz selten verkaufe er einem Liebhaber eine Flasche. Er mache mit seinem Eigenbrand keinem beruflichen Brenner Konkurrenz, noch fördere er damit die Trunksucht.
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Wohl könnte er sich an eine Lohnbrennerei wenden, doch wäre dies mit erheblichen Umtrieben verbunden, und vor allem hätte er keine Gewähr dafür, dort einen Kirsch der besonderen Qualität zu erhalten, die er in seiner eigenen Brennerei erziele; müsste er doch damit rechnen, dass in der Lohnbrennerei seine Rohstoffe zusammen mit den möglicherweise wesentlich schlechteren eines Fremden gebrannt würden. Dürfte er nicht mehr selbst brennen, so würde er seine Liebhaberei ganz aufgeben. Man solle ihm doch die Konzession angesichts seines Alters noch für zwei Perioden lassen. Sein Sohn werde die Liebhaberei kaum fortsetzen wollen.
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D.- Die Alkoholverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Sie führt aus, nach der Vollziehungsverordnung vom 6. April 1962 zum Alkoholgesetz und zum Bundesgesetz über die Konzessionierung der Hausbrennerei (VV) könne als Hausbrenner nur noch anerkannt werden, wer Landwirt ist und einen Landwirtschaftsbetrieb selbst bewirtschaftet (BGE 93 I 497 ff.). Diese verschärften Anforderungen hätten bewirkt, dass zahlreiche bisherige Hausbrenner zu den sog. kleingewerblichen Branntweinproduzenten umgeteilt worden seien. Nach bisheriger Praxis habe man ihnen in der Regel eine Gewerbekonzession erteilt, so dass die Zahl der gewerblichen Brenner von 1290 im Jahre 1962 auf 1497 im Jahre 1966 gestiegen sei. Bei gleichbleibender Praxis würden rund 4000 weitere bisherige Hausbrenner eine gewerbliche Konzession erhalten. Eine solche Entwicklung stände aber im Widerspruch zu Art. 32 bis BV und Art. 5 AlkG; denn sie bärge die Gefahr in sich, dass die Branntweinerzeugung erheblich vermehrt würde, weil der gewerbliche Brenner nicht nur Eigengewächs, sondern auch zugekaufte Rohstoffe brennen dürfe. Deshalb habe die Praxis geändert werden müssen. Heute werde den neu zu den kleingewerblichen Produzenten eingeteilten Brennhafenbesitzern grundsätzlich keine gewerbliche Konzession erteilt; Ausnahmen würden gemacht, wenn eine Lohnbrennerei nicht zur Verfügung stehe; eine gewisse Toleranz werde auch gegenüber Betagten geübt. Bis jetzt sei 356 Brennhafenbesitzern, die früher als Hausbrenner gegolten hatten, die Erteilung einer Gewerbekonzession verweigert worden.
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Da alle Inhaber von Brennapparaten gleich behandelt werden müssten, werde die neue Praxis auch auf Kleinproduzenten angewandt, denen früher bereits Gewerbekonzessionen erteilt worden waren. Diese Konzessionen würden nicht mehr erneuert, wenn ein Bedürfnis im Sinne des Art. 5 Abs. 1 AlkG fehle. Auf Grund der geänderten Praxis sei bis jetzt in 137 Fällen die Erneuerung abgelehnt worden.
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Die Brennerei des Beschwerdeführers diene nicht den Bedürfnissen des Landes, sondern ausschliesslich seinem persönlichen Interesse an einem eigenen "Häfelibrand". Es dürfe ihm zugemutet werden, sein Brenngut einem Lohnbrenner zu übergeben. Dabei könne er verlangen, dass der Lohnbrenner die Rohstoffe bei ihm abhole und sie gesondert für ihn brenne.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Da die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde sich gegen eine Verfügung richtet, mit welcher die Alkoholverwaltung die Erneuerung der gewerblichen Brennereikonzession des Beschwerdeführers verweigert hat, ist sie nach Art. 6 Abs. 4 AlkG zulässig. Es ist darauf einzutreten.
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Die gewerblichen Konzessionen werden nach Art. 5 Abs. 4 AlkG auf höchstens zehn Jahre erteilt und können gemäss Art. 6 erneuert werden. Ihre Dauer wird nach Art. 6 VV von Fall zu Fall festgesetzt und soll in der Regel mindestens drei Jahre betragen. Nach der Praxis der Alkoholverwaltung wird sie in den meisten Fällen auf fünfJahre beschränkt. Die Erneuerung einer Konzession ist an die gleichen Voraussetzungen wie die erstmalige Erteilung geknüpft (Art. 7 Abs. 2 VV). Insbesondere hat die Verwaltung bei der Beurteilung eines Gesuches um Erneuerung einer Konzession nachzuprüfen, ob ein Bedürfnis im Sinne des Art. 5 Abs. 1 AlkG besteht (Art. 2 Abs. 2 VV).
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Hinsichtlich der Bedürfnisfrage ist der Verwaltung naturgemäss ein weites Feld der Würdigung eingeräumt. In seiner Botschaft vom 1. Juni 1931 zum Alkoholgesetz vertrat der Bundesrat sogar die Auffassung, dass die Beurteilung dieser Frage ausschliesslich in das Ermessen der Verwaltung falle und das Bundesgericht sich nur mit den besonderen Konzessionsvoraussetzungen, die im einzelnen Fall ausserdem erfüllt sein müssen, zu befassen habe (BBl 1931 I S. 711). Dieser Meinung kann indessen nicht zugestimmt werden. Wenn die Verwaltung ein Gesuch um Erteilung oder Erneuerung einer Konzession wegen Fehlens eines Bedürfnisses ablehnt, muss das Bundesgericht bei der Beurteilung der dagegen geführten Beschwerde prüfen können, ob der Verwaltung in rechtlicher oder tatsächlicher Beziehung ein Fehler unterlaufen ist (Urteil Zehnder, Erw. 3), der Entscheid auf einer Verletzung von Bundesrecht oder auf einer unrichtigen Feststellung des Sachverhaltes beruht (Art. 104 und 105 OG).
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Nach Art. 12 AlkG ist das Brennrecht der konzessionierten gewerblichen Spezialitätenbrennereien weder nach der Menge der Erzeugnisse, noch nach der Herkunft der Rohstoffe beschränkt. Der Beschwerdeführer hätte demnach auf Grund der Konzession, die ihm im Jahre 1946 erteilt und seither wiederholt verlängert worden ist, nicht nur sein Eigengewächs, sondern auch zugekaufte Rohstoffe in beliebigen Mengen selbst brennen und verkaufen dürfen. Tatsächlich hat er jedoch stets nur sein Eigengewächs gebrannt und es auch nicht gewerblich verwendet. Daher ist hier nicht zu prüfen, ob die Alkoholverwaltung die Erneuerung einer gewerblichen Konzession unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 AlkG auch dann verweigern dürfte, wenn der Konzessionär im Vertrauen auf das ihm verliehene Recht bereits einen eigentlichen Gewerbebetrieb aufgebaut hat.
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Würde dem Gesuch des Beschwerdeführers entsprochen, so stände es ihm aber frei, fortan die Spezialitätenbrennerei nicht mehr nur als Gegenstand einer persönlichen Liebhaberei, sondern gewerbsmässig zu betreiben. Wird dagegen seine Konzession nicht erneuert, so ist er darauf angewiesen, sich an einen Lohnbrenner zu wenden, wobei er diesem nur sein Eigengewächs und nicht auch zugekaufte Rohstoffe zum Brennen übergeben kann (Art. 19 AlkG). Diese Lösung steht im Einklang mit den Grundsätzen des Art. 32 bis BV und der Alkoholgesetzgebung, wonach die Herstellung von Trinkbranntwein und die Zahl der Brennapparate nach Möglichkeit vermindert werden soll; insbesondere entspricht sie dem Art. 5 Abs. 1 AlkG. Sie ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn dem Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen zugemutet werden darf, die Dienste eines Lohnbrenners in Anspruch zu nehmen.
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4. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass in Binningen, wo er wohnt, und in der Umgebung konzessionierte Lohnbrennereien bestehen. Dagegen macht er geltend, man könne ihm nicht zumuten, sein Eigengewächs von einer dieser Unternehmungen brennen zu lassen, weil ihm dadurch erhebliche Umtriebe entständen und er vor allem keine Gewähr hätte, von der Lohnbrennerei einen Branntwein in der von ihm gewünschten Qualität zu erhalten. Diese Einwendungen sind jedoch nicht stichhaltig. Die Lohnbrenner sind verpflichtet, Brennaufträge aus dem ihnen zugewiesenen Gebiet innert nützlicher Frist auszuführen (Art. 34 Abs. 2 VV). Sie stehen unter der Kontrolle der Alkoholverwaltung (Art. 7 AlkG). Diese überwacht insbesondere die Brennlöhne (Art. 33 Abs. 3 VV). Sie ist sodann bei ihrer Erklärung zu behaften, wonach der Beschwerdeführer verlangen kann, dass der Lohnbrenner das Brenngut bei ihm abholt und es nicht mit demjenigen anderer Produzenten vermischt, sondern gesondert brennt. Aus den hochwertigen Rohstoffen, die der Beschwerdeführer nach seiner Darstellung produziert, wird auch der Lohnbrenner einen Trinkbranntwein von guter Qualität herstellen, jedenfalls dann, wenn er sie gesondert verarbeitet. Der Beschwerdeführer kann ferner verlangen, dass sein Brennapparat vom Bund angekauft wird (Art. 25 f. AlkG). Unter diesen Umständen darf ihm zugemutet werden, sein Eigengewächs von einem Lohnbrenner brennen zu lassen. Damit wird ihm keineswegs verunmöglicht, weiterhin den Obstbau in vorbildlicher Weise zu betreiben und aus seinem Brenngut einen guten Branntwein zu gewinnen. Der angefochtene Entscheid verletzt keine schutzwürdigen Interessen des Beschwerdeführers.
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6. Zu Unrecht nimmt der Beschwerdeführer an, es fehle an einem öffentlichen Interesse dafür, ihm das Brennen seines Eigengewächses zu verbieten, da es sich um geringe Mengen handle und er mit seinem Eigenbrand weder den beruflichen Brennern Konkurrenz mache noch die Trunksucht fördere. In derselben Lage wie er befinden sich noch viele andere Kleinproduzenten. Alle diese Produzenten müssen gleich behandelt werden. Würde ihnen die Konzession für die gewerbsmässige Herstellung von Spezialitätenbranntwein erteilt oder belassen, so müsste aber damit gerechnet werden, dass manche von ihnen das ihnen verliehene Recht, nicht nur Eigengewächs, sondern auch zugekaufte Rohstoffe in beliebiger Menge zu brennen, ausnützen würden, mit der Folge, dass der Verbrauch von Trinkbranntwein im ganzen Lande erheblich ansteigen würde. Zur Bekämpfung derartiger Auswirkungen muss die Zahl der Brennhäfen reduziert werden, ohne dass im einzelnen Fall geprüft werden kann, ob die weitere Verwendung des Brennapparates zu einer Vermehrung des Trinkbranntweinverbrauchs führen würde. Das Gesetz muss einheitlich angewandt werden. Im vorliegenden Fall besteht kein Grund, welcher dazu zwingen würde, die Konzession nochmals zu erneuern.
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Die Alkoholverwaltung räumt freilich ein, dass sie seit der Änderung ihrer Praxis einigen "betagten" Konzessionären die Konzession erneuert habe, obwohl die Voraussetzungen dafür eigentlich nicht gegeben wären. Aus einer derartigen Begünstigung gewisser Mitbürger kann jedoch der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Da er im Jahre 1909 geboren ist, lässt sich die Auffassung vertreten, dass er noch nicht "betagt" ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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