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14. Auszug aus dem Urteil vom 30. April 1969 i.S. Bissig gegen Einwohnergemeinde der Stadt Grenchen und Regierungsrat des Kantons Solothurn. | |
Regeste |
Staatsrechtliche Beschwerde. Der Entscheid, durch den die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts verweigert wird, ist ein Endentscheid im Sinne des Art. 87 OG (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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Am 23. Februar 1968 hatte Bissig inzwischen den Gerichtspräsidenten von Solothurn-Lebern um vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts auf der Parzelle Nr. 5266 für den Betrag von Fr. 2670.70 ersucht. Der Gerichtspräsident wies das Begehren am 20. März 1968 ab. Hiegegen rekurrierte Bissig an das Obergericht des Kantons Solothurn, wurde aber mit Urteil vom 8. Mai 1968 abgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Ein Bauhandwerkerpfandrecht setze voraus, dass eine Pfandverwertung zulässig sei, wofür das BG vom 4. Dezember 1947 über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden usw. (SchGG) massgebend sei. Nach Art. 9 SchGG könnten die Vermögenswerte eines Gemeinwesens, die unmittelbar der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe dienen, weder gepfändet noch verwertet werden. Die Errichtung eines Bauhandwerkerpfandrechts sei daher mangels Exekutionsmöglichkeit ausgeschlossen, falls es sich beim Grundstück Nr. 5266 bzw. beim Kindergarten um einen Vermögenswert im Sinne von Art. 9 SchGG handle. Zum gleichen Ergebnis führe der gestützt auf Art. 796 Abs. 2 ZGB erlassene § 280 solothurn. EG/ZGB, wonach Grundstücke, die einer Gemeinde zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe unmittelbar zu dienen bestimmt sind, nicht verpfändet werden dürfen. Der Beschwerdeführer wende zu Unrecht ein, der Kindergarten sei zur Zeit der Geltendmachung seines Anspruchs auf Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts noch nicht bezogen gewesen. Zwar könne ![]() | 2 |
B.- Gegen dieses Urteil hat Hans Bissig beim Bundesgericht gleichzeitig eine Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 lit. a OG und eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV eingereicht.
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Mit der Nichtigkeitsbeschwerde wird geltend gemacht, das Obergericht habe zu Unrecht § 280 EG/ZGB, der gestützt auf den nur für die vertragliche Pfandbestellung geltenden Art. 796 Abs. 2 ZGB erlassen worden sei, angewendet statt der für die gesetzliche Pfandbestellung geltenden Art. 837 ff. ZGB.
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Zur Begründung der staatsrechtlichen Beschwerde wird dem Obergericht u.a. vorgeworfen, es habe die Art. 9 und 11 SchGG willkürlich ausgelegt und angewendet.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid, durch den ein Begehren um vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts (Art. 961 ZGB, 22 Abs. 4 GBV) abgewiesen worden ist. Gegen einen solchen Entscheid ist die Berufung an das Bundesgericht nicht zulässig (BGE 71 II 250 mit Verweisungen); sie fällt hier auch wegen des nur Fr. 2670.70 betragenden Streitwertes ausser Betracht (Art. 46 OG). Dagegen ist die Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 OG zulässig und vom Beschwerdeführer auch ergriffen worden. Soweit dieses Rechtsmittel (über das die Entscheidung in Anwendung von Art. 74 in Verbindung mit Art. 57 Abs. 5 OG bis zur Erledigung der staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt wurde) zulässig ist, ist die staatsrechtliche Beschwerde ausgeschlossen (Art. 84 Abs. 2 OG). Dagegen ist die staatsrechtliche Beschwerde unter dem Gesichtspunkt des Art. 87 OG zulässig, denn der Entscheid, durch den die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts verweigert wird, ist - im Gegensatz zur Bewilligung (BGE 93 I 62 Erw. 2 und 3) - ein letztinstanzlicher ![]() | 7 |
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a) Das SchGG regelt unter Ziff. III die Pfändbarkeit und Verpfändbarkeit des Vermögens der Gemeinden. Dabei unterscheidet es im Anschluss an die Rechtslehre (FLEINER, Institutionen, 8. Aufl. S. 352/3; RUCK, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. S. 139/40; HAAB N. 3-7 zu Art. 664 ZGB) und die Rechtsprechung (vgl. BGE 89 I 43) zwischen dem Finanz- und dem Verwaltungsvermögen. Das Verwaltungsvermögen umfasst die Vermögenswerte, die unmittelbar der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben des Gemeinwesens dienen (Art. 9 Abs. 1), also neben den von der Rechtslehre als Verwaltungsvermögen bezeichneten Sachen auch die Sachen im Gemeingebrauch (vgl. Botschaft zum SchGG, BBl 1939 II 11/12), während zum Finanzvermögen die Vermögenswerte gehören, die nicht Verwaltungsvermögen sind (Art. 7 Abs. 2). Die zum Verwaltungsvermögen zu rechnenden Vermögenswerte können nach Art. 9 Abs. 1 auch mit Zustimmung der Gemeinde weder gepfändet noch verwertet werden. Im Anschluss hieran bestimmt Art. 10 Abs. 1, dass die unpfändbaren Vermögenswerte nicht gültig verpfändet werden können, solange sie öffentlichen Zwecken dienen. Damit ist die Behauptung des Beschwerdeführers widerlegt, dass das SchGG nur die Exekutionsmöglichkeit regeln wolle. Zu prüfen bleibt, ob sich der Ausschluss der Verpfändung, wie der Beschwerdeführer glaubt, nur auf die vertragliche Pfandbestellung beziehe oder aber, wie das Obergericht annimmt, auch auf das Bauhandwerkerpfandrecht.
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LEEMANN (N. 21 zu Art. 837 und N. 13 zu Art. 796 ZGB) nimmt freilich an, dem Pfandbestellungsanspruch nach Art. 837 ZGB unterlägen auch die öffentlichen Sachen ungeachtet allfälliger Verpfändungsverbote oder -beschränkungen des kantonalen Rechts. Die Berufung des Beschwerdeführers auf diese vor mehr als 40 Jahren geäusserte und nicht näher begründete Auffassung hilft ihm schon deshalb nicht, weil diese sich auf das Verhältnis des Art. 837 ZGB zu kantonalen Verpfändungsverboten und -beschränkungen bezieht und sich die Rechtslage seither geändert hat. Der Bundesgesetzgeber hat im SchGG von 1947 zwingende bundesrechtliche Vorschriften über die Verpfändbarkeit namentlich des Vermögens der Gemeinden erlassen, und aus diesen bundesrechtlichen Vorschriften, die den von den Kantonen aufgrund von Art. 796 Abs. 2 ZGB erlassenen Vorschriften vorgehen, lässt sich, wie dargelegt wurde, jedenfalls ohne Willkür ableiten, dass Verwaltungsvermögen der Gemeinden nicht verpfändet werden und auch nicht Gegenstand von Pfandbestellungansprüchen im Sinne des Art. 837 ZGB sein kann.
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Diese Auslegung des SchGG hat zur Folge, dass Handwerker, die - namentlich als Unterakkordanten - Material und Arbeit oder Arbeit allein zu Bauten geliefert haben, die zum Verwaltungsvermögen einer Gemeinde gehören, den Schutz nicht geniessen, den Art. 837 Ziff. 3 ZGB den Handwerkern, die an privaten Bauten arbeiten, verleiht. Diese Ungleichheit ist ![]() | 12 |
b) Dass ein Kindergarten unmittelbar der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe der Gemeinde dient und daher gemäss Art. 9 SchGG zum Verwaltungsvermögen der Gemeinde gehört, bestreitet der Beschwerdeführer mit Recht nicht. Dagegen macht er für den Fall, dass das SchGG anwendbar sein sollte und in der im angefochtenen Entscheid vertretenen Weise ausgelegt werden darf, geltend, dass das Kindergartengebäude, an dem er zwei Eingangstüren montiert hat, im Zeitpunkt der Geltendmachung seines Anspruchs auf Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts und vor allem auch zur Zeit der Arbeit noch nicht bezogen gewesen sei, also damals nicht zum Verwaltungs-, sondern noch zum Finanzvermögen der Gemeinde gehört habe und deshalb pfändbar und verpfändbar gewesen sei.
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Damit eine Sache, die ein Gemeinwesen von einem Privaten erwirbt oder die bereits Eigentum des Gemeinwesens war, aber zum Finanzvermögen gehörte, zum Bestandteil des Verwaltungsvermögens (oder zur Sache im Gemeingebrauch) wird, bedarf es eines besondern Verwaltungsaktes der zuständigen Behörde, die als Widmung bezeichnet wird (FLEINER a.a.O. S. 353/4; RUCK, a.a.O. S. 141; IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung 3. Aufl. zu Nr. 421). Auf diese Widmung nimmt Art. 11 SchGG Bezug, der die Verpfändbarkeit bei der Überführung ins Verwaltungsvermögen regelt. Das Obergericht hat angenommen, dass die Widmung bereits mit dem Beschluss zur Errichtung des Kindergartens und nicht erst mit dessen Indienstnahme erfolgt sei. Der Beschwerdeführer erblickt hierin eine willkürliche Verletzung des Art. 11 SchGG. Die Frage, durch welchen Akt ein Schulgebäude ins Verwaltungsvermögen übergeführt wird, kann dahingestellt bleiben. Wie im angefochtenen Entscheid ausgeführt und in der staatsrechtlichen Beschwerde nicht bestritten wird, steht auf dem Grundstück Nr. 5266, auf dem das Kindergartengebäude erstellt wurde, seit mehr als ![]() | 14 |
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