![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
28. Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 1969 i.S. Studer und Thommen & Co. gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. | |
Regeste |
Einspruch gegen Liegenschaftsverkauf: Fall einer Kollektivgesellschaft, welche ein landwirtschaftliches Heimwesen kauft, nachdem ein Gesellschafter, der sie beherrscht, bereits ein anderes solches Heimwesen für sich erworben hat. |
2. Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG: |
- Darunter kann auch ein von einer juristischen Person oder Kollektivgesellschaft abgeschlossener Zukauf fallen (Erw. 4). |
- Als wichtige Gründe, welche den Kaufvertrag rechtfertigen, kommen auch die persönlichen Verhältnisse des Verkäufers in Betracht (Erw. 5 und 6). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Im Jahre 1954 verkaufte Max Studer das Kurhaus mit wenig Umschwung. Sein Gesuch um Bewilligung des Verkaufs der landwirtschaftlichen Grundstücke vor Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist (Art. 218 OR) wurde in der Hauptsache abgewiesen; nur eine Reblandparzelle konnte er veräussern. Die in seinem Besitz gebliebenen landwirtschaftlichen Grundstücke liess er weiterhin durch Pächter bewirtschaften.
| 2 |
Nachdem er aus Gesundheitsgründen vorzeitig pensioniert worden und die Sperrfrist abgelaufen war, bemühte er sich um den Verkauf seines restlichen Grundbesitzes in Maisprach. Im Jahre 1963 veräusserte er einige Parzellen an die Gemeinde Maisprach für öffentliche Zwecke. Den übrigen Besitz, umfassend rund 13 ha und das Wohn- und Ökonomiegebäude Nr. 89, verkaufte er am 30. März 1968 zum Preise von Fr. 250 000.-- an die Kollektivgesellschaft Thommen & Co. in Kaiseraugst, welche Handel mit Baumaschinen und Baumaterial treibt, Krane und Hubstapler vermietet und Automobile "paketiert".
| 3 |
![]() | 4 |
B.- Die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Basel-Landschaft erhob gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. a und b BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) Einspruch gegen den Kaufvertrag vom 30. März 1968, weil sie annahm, es liege ein Güteraufkauf vor. Auf Beschwerde der Vertragsparteien hin bestätigte der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft den Einspruch mit Entscheid vom 27. August 1968. Er führte aus, zwar trete die Kollektivgesellschaft Thommen & Co. als Käuferin auf, doch werde sie lediglich vorgeschoben; Käufer sei in Wirklichkeit Gustav Thommen, der die Gesellschaft beherrsche; da er bereits Eigentümer eines Hofes in Dürrenroth sei, habe man es mit Güteraufkauf zu tun. Selbst wenn wichtige Gründe auf Seiten des Verkäufers Max Studer einen Verkauf seines Grundbesitzes unter Umständen zu rechtfertigen vermöchten, dürfe dieser doch nicht an einen Güteraufkäufer veräussert werden.
| 5 |
C.- Max Studer und die Firma Thommen & Co. erheben in getrennten Eingaben Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben und der Einspruch für unbegründet zu erklären.
| 6 |
a) Max Studer macht geltend, seine Besitzung sei nicht ein landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Art. 19 EGG. Würde anders entschieden, so wäre es unbillig, ihm den nach langen vergeblichen Bemühungen endlich möglich gewordenen Verkauf zu verwehren, der ihm einen geruhsamen Lebensabend ermögliche, wie er ihn sich angesichts seiner angegriffenen Gesundheit sehnlichst wünsche. Er habe infolge eines schweren Unfalls und aus anderen Gründen Schulden und besitze ausser den Liegenschaften in Maisprach keinerlei Vermögen.
| 7 |
b) Die Firma Thommen & Co. bestreitet ebenfalls, dass die Besitzung Max Studers ein landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Gesetzes darstelle.
| 8 |
Sodann führte sie aus, auf jeden Fall liege kein Güteraufkauf im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG vor. Gustav Thommen habe sie keineswegs als Käuferin vorgeschoben. Sie habe hinreichende ![]() | 9 |
Würde angenommen, dass Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG grundsätzlich anwendbar sei, so würden wichtige Gründe im Sinne dieser Bestimmung den angefochtenen Kauf rechtfertigen. Die Käuferin sei willens, das gekaufte Anwesen für den Betrieb der Landwirtschaft instandzustellen und zu meliorieren, wozu ein Bauer wegen der Höhe der Kosten nicht imstande wäre. Der Kauf stehe im Einklang mit der Zielsetzung des EGG.
| 10 |
D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, die Beschwerden seien abzuweisen, weil der Einspruch nach Art. 19 Abs. 1 lit. a und b EGG begründet sei.
| 11 |
E.- Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement beantragt Gutheissung der Beschwerden.
| 12 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
13 | |
14 | |
3. Nach Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG kann Einspruch erhoben werden, wenn der Käufer das Heimwesen oder die Liegenschaft "offensichtlich zum Zwecke der Spekulation oder des Güteraufkaufs" erwirbt. Merkmal des Güteraufkaufs (accaparement, accaparramento) im Sinne dieser Bestimmung ist die Absicht des Käufers, über seinen Bedarf hinaus möglichst viele landwirtschaftliche Güter (Heimwesen oder zu einem solchen gehörende Liegenschaften) zusammenzukaufen (BGE 83 I 315 /6; BGE 92 I 322, 419). Ein solches Zusammenraffen widerspricht dem ![]() | 15 |
Als Käufer der Besitzung Max Studers in Maisprach tritt die Kollektivgesellschaft Thommen & Co. auf. Es wird nicht behauptet, dass sie für sich Güteraufkauf betreibe; dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Nicht die Gesellschaft, sondern ein Gesellschafter, Seniorchef Gustav Thommen, ist bereits Eigentümer eines Bauernhofes in Dürrenroth. Dieses Anwesen, auf dem er das Wochenende verbringt und das er einem Bauern verpachtet hat, gehört zu seinem Privatvermögen. Die Vorinstanz nimmt jedoch an, in Wirklichkeit sei er und nicht die Gesellschaft Käufer der Besitzung in Maisprach, weil er am Gesellschaftsvermögen mit 70% beteiligt sei; dank dieser dominierenden Stellung in der Gesellschaft würde er praktisch über zwei landwirtschaftliche Heimwesen verfügen, falls der Einspruch verworfen würde; es sei "sicher", dass er das Gut in Maisprach für sich zum Zwecke des Güteraufkaufs erwerben wolle und die von ihm beherrschte Kollektivgesellschaft als Käuferin lediglich vorgeschoben habe.
| 16 |
Allerdings kann unter Umständen ein offensichtlicher Güteraufkauf auch dann vorliegen, wenn jemand über eine oder mehrere von ihm beherrschte juristische Personen oder Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit (Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften) landwirtschaftliche Liegenschaften ![]() | 17 |
4. Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG lässt den Einspruch zu, "wenn der Käufer bereits Eigentümer so vieler landwirtschaftlicher Liegenschaften ist, dass sie ihm und seiner Familie eine auskömmliche Existenz bieten, es sei denn, der Kauf diene dazu, Nachkommen die Gründung eines selbständigen landwirtschaftlichen ![]() | 18 |
Wäre mit Sicherheit anzunehmen, dass die Firma Thommen & Co. das Heimwesen in Maisprach nicht "in volkswirtschaftlich vertretbarer Weise für die Erfüllung ihrer rechtmässigen Zwecke benötigt", so läge es nahe, in dem umstrittenen Kauf ein in Wirklichkeit den persönlichen Interessen des Gesellschafters Gustav Thommen dienendes, für ihn abgeschlossenes Geschäft und demzufolge - da dieser Gesellschafter bereits Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens mittlerer Grösse (lo,8 ha) ist - einen Zukauf im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG zu erblicken. Wie es sich damit verhält, braucht indessen nicht näher untersucht zu werden, wenn der Kauf sich auf jeden Fall durch einen wichtigen Grund im Sinne der gleichen Bestimmung rechtfertigen lässt. Da er nicht dazu dient, "Nachkommen die Gründung eines selbständigen landwirtschaftlichen ![]() | 19 |
20 | |
Auch Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG, wonach Einspruch erhoben werden kann, "wenn durch den Verkauf ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verliert", schliesst den Einspruch aus, falls sich das Geschäft durch "andere wichtige Gründe" (ausser den dort ausdrücklich genannten) rechtfertigen lässt. Das Bundesgericht hat schon wiederholt entschieden, dass als "andere wichtige Gründe" im Sinne dieser Bestimmung nicht nur Umstände in Betracht fallen, die sich aus den Eigenschaften der in Frage stehenden Grundstücke ergeben, sondern auch die persönlichen Verhältnisse der Vertragsparteien, insbesondere die des Verkäufers, der in erster Linie beschwert wird, wenn der Einspruch durchdringt. Nach dieser Rechtsprechung sind im einzelnen Fall das öffentliche Interesse an der Erhaltung des landwirtschaftlichen Gewerbes und die geltend gemachten privaten Interessen am Zustandekommen des Kaufgeschäftes gegeneinander abzuwägen (BGE 92 I 313; BGE 94 I 179).
| 21 |
Einen ähnlichen Sinn haben die Worte "andere wichtige Gründe" in Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG. Auch hier muss unter Umständen auf die Interessen beider Vertragsparteien, namentlich diejenigen des Verkäufers, Rücksicht genommen werden. Daran ändert es nichts, dass in Art. 19 Abs. 1 lit. b von der Rechtfertigung des "Kaufs" die Rede ist, während lit. c von der Rechtfertigung der durch den "Verkauf" bewirkten "Aufhebung des landwirtschaftlichen Gewerbes" spricht. Beide Bestimmungen betreffen den Einspruch gegen zweiseitige Rechtsgeschäfte ("Kaufverträge", vgl. Ingress des Art. 19 Abs. 1). Hält der Verkäufer einem auf Art. 19 Abs. 1 lit. b gestützten Einspruch seine persönlichen Interessen am Zustandekommen des Geschäftes entgegen, so ist dieser Einwand zu prüfen; es ist zu untersuchen, ob nach den gegebenen Umständen die privaten Interessen - wenn und soweit sie bestehen - oder das öffentliche Interesse daran, dass der Zukauf nicht zustande kommt, mehr Gewicht haben.
| 22 |
23 | |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| 24 |
25 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |