BGE 95 I 258 - Wehrpflichtersatz | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
37. Auszug aus dem Urteil vom 23. Mai 1969 i.S. Hübscher gegen Kantonale Rekurskommission Luzern | |
Regeste |
Militärpflichtersatz; Art. 11 Abs. 2 lit. b MPG |
Rückzahlung einer zu Unrecht bezogenen Abgabe; Verzugszinspflicht (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
A.- Der hilfsdienstpflichtige Rudolf Hübscher, geboren 1944, hielt sich im Jahre 1966 während mehr als sechs Monaten ununterbrochen im Ausland auf. Am 21. Juli 1967 ersuchte er beim Kreiskommando Luzern um einen weiteren Auslandurlaub, um sich nach Manila begeben zu können. Dieser wurde ihm jedoch erst gewährt, nachdem er die Ersatzabgabe für 1966 entrichtet hatte, welche gleichentags in einer unter Vorbehalt erlassenen Veranlagungsverfügung auf Fr. 75.- festgesetzt worden war. Dabei ging die Veranlagungsbehörde von einem Einkommen von Fr. 3500.-- aus. Sie nahm an, dieser Betrag sei Hübscher zur Bestreitung seines Lebensunterhalts von seinem Vater zugewendet worden. Am 9. November 1967 wurde eine gleichlautende bereinigte Veranlagungsverfügung getroffen, gegen welche Hübscher erfolglos Einsprache erhob. In seiner Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 4. Januar 1968 machte Hübscher, der inzwischen nach den Philippinen abgereist war, vor der kantonalen Rekurskommission geltend, er habe im Jahre 1966 keine taxpflichtigen Zuwendungen erhalten, weshalb er lediglich die Personaltaxe von Fr. 15.- zu entrichten habe. Im Jahre 1965 habe er von seinem Sparheft einen grösseren Geldbetrag zurückgezogen, den er zur Hauptsache im Ersatzjahr 1966 für seinen Lebensunterhalt verwendet habe. Die übrigen beanspruchten Mittel seien ihm von seinem Vater darlehensweise zur Verfügung gestellt worden.
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Die kantonale Rekurskommission hiess die Beschwerde am 20. Dezember 1968 teilweise gut. Sie berücksichtigte die Tatsache, dass Hübscher am 18. Oktober 1965 von seinem Sparheft der Aargauischen Kantonalbank Fr. 2400.-- abgehoben hatte. Ausgehend von jährlichen Unterhaltskosten im Betrag von Fr. 3500.-- nahm sie an, dass der Rekurrent bis Ende 1965 mindestens Fr. 600.-- des erwähnten Rückzugs verwendet haben müsse, so dass auf das Ersatzjahr 1966 noch Fr. 1800.-- entfallen würden. Weil jedoch am 6. September 1966 wiederum Fr. 482.-- einbezahlt worden seien, könnten bloss Fr. 1200.-- berücksichtigt werden, so dass sein Reineinkommen Fr. 2300.-- betrage. Dieses bestehe aus Zuwendungen im Sinne von Art. 11 Abs. 2 lit. b MPG. Gestützt darauf setzte die Rekurskommission die Ersatzabgabe für 1966 auf Fr. 46.20 fest und wies die zuständige Behörde an, Hübscher den zuviel bezahlten Betrag von Fr. 28.80 ohne Zins zurückzuerstatten.
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B.- Hübscher führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er bestreitet nach wie vor, taxpflichtige Zuwendungen erhalten zu haben, und beantragt, es sei ihm die zuviel bezahlte Summe von Fr. 60.- zurückzuerstatten. Mit Eingabe vom 14. April 1969 verlangt er ausserdem die Verzinsung dieses Betrages zu 12% ab 21. Juli 1967.
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D.- Die eidgenössische Steuerverwaltung ist der Ansicht, dass der zurückzuzahlende Betrag von Fr. 28.80 zu 3% verzinst werden müsse. Sie beantragt deshalb, die Beschwerde sei teilweise gutzuheissen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Dem Ersatzpflichtigen gewährte Darlehen fallen nicht unter das reine Einkommen im Sinne von Art. 11 MPG und unterliegen demnach der Ersatzabgabe nicht (unveröffentl. Urteil i.S. Rufer vom 28. Juni 1968, Erw. 2 lit. b; Wegleitung Nr. 627-2 der Eidg. Steuerverwaltung vom 18. Dezember 1967, Ziff. 1.2). Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass Eltern ihrem Sohne ein Darlehen gewähren und es ihm dadurch ermöglichen, seine Berufsausbildung zu vervollkommenen; zu diesem Zweck abgeschlossene Darlehensverträge sind indessen nicht üblich, weshalb an den Beweis ihres Bestehens strenge Anforderungen gestellt werden müssen (vgl. den erwähnten unveröffentlichten Entscheid i.S. Rufer vom 28. Juni 1968, Erw. 2 lit. b). Hübscher hat den geforderten Nachweis nicht erbracht. Noch in seiner Ersatzabgabe-Erklärung vom 8. Mai 1967 gab er an, die Lebenshaltungs- und Studienkosten im Jahre 1966 aus eigenen Ersparnissen bestritten zu haben. Erst als es ihm nicht gelungen war, die hierfür geforderten Beweismittel beizubringen, machte er geltend, er habe zur Deckung seines Aufwandes ein Darlehen erhalten. Die der Veranlagungsbehörde vorgelegte Kopie des Darlehensvertrags ist jedoch nicht geeignet, diese Behauptung zu beweisen. Das Dokument wurde erst nachträglich, d.h. im Verlaufe des Veranlagungsverfahrens ausgefertigt, so dass ihm in Anbetracht der früher in der Ersatzabgabe-Erklärung gemachten Angaben keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden kann. Ähnliches gilt für die beiden vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopien von Belastungsanzeigen der Schweizerischen Bankgesellschaft vom 2. Mai und 15. Juli 1968 über angebliche Amortisationszahlungen von je Fr. 600.--, welche offensichtlich nach entsprechenden Anweisungen Hübschers ausgestellt worden sind. Gegen die Annahme eines Darlehens spricht weiter, dass der Vater des Beschwerdeführers in seiner Steuererklärung für die Jahre 1967/68 kein solches deklariert hat. Hübscher versucht zwar, dieses gewichtige Indiz mit dem Einwand zu entkräften, sein Vater hätte allfällig gemachte Zuwendungen mit Sicherheit von seinem Einkommen abgesetzt, weil sich daraus eine erhebliche Verminderung seines steuerbaren Einkommens ergeben hätte. Allein auch dies ist nicht schlüssig. Zunächst ist festzuhalten, dass Vater Hübscher die Zuwendungen an seinen Sohn nur im Rahmen des Sozialabzugs für die Berufsausbildung eines Kindes unter 25 Jahren gemäss Art. 25 Ziff. 3 luz. StG hätte geltend machen können und damit lediglich eine nicht wesentlich ins Gewicht fallende Steuererleichterung erwirkt hätte. Dass der Beschwerdeführer die Zuwendungen, falls solche tatsächlich gemacht worden wären, seinerseits in der Ersatzabgabe-Erklärung deklariert hätte, um seinem Vater zu der erwähnten geringfügigen steuerlichen Besserstellung zu verhelfen, erscheint in Anbetracht der gesamten Umstände wenig wahrscheinlich und vermag das Vorliegen eines Darlehensvertrags nicht nachzuweisen. Die Beschwerde Hübschers erweist sich somit in dieser Hinsicht als unbegründet.
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3. Nach Art. 58 Abs. 1 MPV, der dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung trägt, war die Veranlagungsbehörde nicht befugt, die Bewilligung des Auslandsurlaubs von der sofortigen Zahlung des noch nicht rechtskräftig veranlagten Militärpflichtersatzes für 1966 abhängig zu machen. Eine Sicherstellungsverfügung nach Art. 36 Abs. 1 lit. a MPG (wegen Gefährdung des Bezuges), welche diese Massnahme nach der genannten Bestimmung der Vollziehungsverordnung allein hätte rechtfertigen können, wurde nicht erlassen, weil dafür offenbar kein Anlass bestand. Im vorliegenden Fall hätte höchstens eine solche nach Art. 36 Abs. 1 lit. c MPG getroffen werden können, weil Hübscher Anstalten traf, seinen Wohnsitz im Inland aufzugeben. Auch dies ist jedoch unterblieben. Der Beschwerdeführer ist somit am 21. Juli 1967 unrechtmässig zur Zahlung eines Abgabebetrages von Fr. 75.- verhalten worden. Davon sind -wie die Vorinstanz richtig erkannt hat - Fr. 28.80 zurückzuerstatten (vgl. oben Erw. 1).
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Die Rekurskommission meint, diese Rückzahlung sei nicht zu verzinsen. Sie irrt. Es ist zwar richtig, dass weder das BG über den Militärpflichtersatz vom 12. Juni 1959 noch die bezügliche Vollziehungsverordnung vom 14. Dezember 1959 eine Bestimmung darüber enthalten, ob zu Unrecht erhobene Abgaben mit Zins zurückerstattet werden müssen. Ebenso weist die Vorinstanz mit Recht darauf hin, dass auf Abgaben, welche nach erfolgter Dienstnachholung zurückbezahlt werden, kraft ausdrücklicher Vorschrift von Art. 66 Abs. 4 MPV kein Zins vergütet wird. Diese Bestimmung hat indessen rechtmässig bezogene Abgaben zum Gegenstand, welche nur deshalb zurückerstattet werden, weil der Pflichtige die ihm obliegende persönliche Dienstleistung nachgeholt hat. Im vorliegenden Fall ist die Ersatzabgabe jedoch zu Unrecht erhoben worden; Hübscher hat geleistet, ohne dass er nach Gesetz dazu hätte verpflichtet werden dürfen. Er hat - im Gegensatz zu dem in Art. 34 MPG bzw. Art. 66 MPV geregelten Sachverhalt (Rückerstattung der Ersatzabgabe bei Dienstnachholung) - eine Nichtschuld bezahlt. Dieser grundlegende Unterschied schliesst im vorliegenden Fall eine analoge Anwendung von Art. 66 MPV zum vorneherein aus.
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Die eidgenössische Steuerverwaltung glaubt zur Begründung der Zinspflicht Art. 127 Abs. 2 WStB heranziehen zu müssen. Danach ist auf zuviel bezahlten Wehrsteuerbeträgen ein Vergütungszins zu entrichten. Wohl besteht zwischen der Wehrsteuer und dem Militärpflichtersatz ein Zusammenhang darin, dass sich nach Art. 11 Abs. 3 MPG in Verb. mit Art. 8 Abs. 1 MPV das der Einkommenstaxe unterliegende reine Einkommen unter Vorbehalt von Art. 11 Abs. 2 MPG nach Art. 21-23 WStB bestimmt. Die beiden Abgaben unterscheiden sich jedoch sowohl ihrer Natur nach als auch hinsichtlich ihres Zweckes. Der Militärpflichtersatz ist im Gegensatzzur Wehrsteuer keine Steuer, sondern eine Ersatzabgabe, die der Schweizer schuldet, der seine Wehrpflicht nicht oder nicht in vollem Umfang erfüllen kann (BGE 91 I 430 Erw. 2). Auch hinsichtlich einer analogen Anwendung von Art. 127 Abs. 2 WStB erheben sich somit Bedenken.
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Nichts hängt indessen davon ab, ob sich eine Gesetzesbestimmung finden liesse, die dem vorliegenden Fall gerecht werden könnte. Für öffentlich-rechtliche Geldforderungen gilt vielmehr der allgemeine ungeschriebene Rechtsgrundsatz, dass der Schuldner Verzugszinsen zu entrichten hat, wenn er sich mit seiner Leistung im Verzug befindet (vgl.BGE 78 I 90, BGE 85 I 184 ff., BGE 87 I 419 ff. sowie IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl. Bd. I Nr. 123). Diese Regel gilt indessen nicht ausnahmslos; namentlich im Recht der eidgenössischen Sozialversicherung gilt das Gegenteil (vgl. EVGE 1960 S. 94 ff.). Im vorliegenden Fall besteht jedoch kein Anlass, vom erwähnten Grundsatz abzugehen. Es geht um die Rückerstattung einer zu Unrecht empfangenen Geldleistung. Mit Rücksicht auf die für ähnliche privatrechtliche Tatbestände geltende Ordnung ist die Zinspflicht zu bejahen.
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Der Beginn des Verzugs fällt auf den 21. Juli 1967. Damals wurde Hübscher unter Vorbehalt veranlagt. Um den in Aussicht gestellten Auslandurlaub zu erwirken, entrichtete er gleichentags den festgesetzten Abgabebetrag. Dabei bestritt er jedoch die Richtigkeit der Veranlagung und behielt sich gleichzeitig das Recht vor, die zuviel bezahlte Summe zurückzufordern. Darin kann eine gültige "Mahnung" erblickt werden, welche das Gemeinwesen in Verzug setzte.
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Seit dem 26. März 1967 wendet das Bundesgericht auf öffentlich-rechtliche Verzugszinsen den Satz von 5% an (BGE 93 I 389). Die streitige Zinsforderung ist nach diesem Datum entstanden, so dass der erwähnte Satz auch im vorliegenden Fall zu gelten hat. Ein solcher von 12%, wie er angeblich in Manila üblich sein soll, fällt ausser Betracht.
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Der Beschwerdeführer hat die Verzinsung des Rückerstattungsbetrags erst in seiner Eingabe vom 14. April 1969 gefordert, als die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war. Das Bundesgericht ist in Steuersachen jedoch nicht an die Rechtsbegehren der Parteien gebunden. Es kann den angefochtenen Entscheid sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Beschwerdeführers abändern. Dieses in Art. 109 Abs. 1 OG ausgesprochene Prinzip ist hier, wo es sich nicht um eine Steuer, wohl aber um eine ähnliche Abgabe handelt, analog anzuwenden.
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