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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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59. Auszug aus dem Urteil vom 1. Oktober 1969 i.S. Aiello gegen das Versicherungsgericht des Kantons Luzern | |
Regeste |
Armenrechtliche Verbeiständung |
Dem im Ausland wohnhaften Ausländer darf im Prozess gegen die Suva die Bestellung eines nicht im Kanton Luzern praktizierenden Anwaltes nicht ohne hinreichende Gründe verweigert werden (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
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Eine staatsrechtliche Beschwerde dagegen hat das Bundesgericht gutgeheissen.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Nichtanerkennung eines Anwaltes als Prozessvertreter einer Partei in einem andern als seinem Wohnsitzkanton, bzw. als im Kanton, dessen Fähigkeitsausweis er besitzt, berührt zunächst bloss die Rechtsstellung des Anwaltes selbst. Doch anerkennt die Rechtsprechung, dass auch die Prozesspartei durch die Verfügung in ihren Rechten betroffen ist, und betrachtet sie zur Beschwerde wegen Verletzung der bezüglichen Vorschriften ebenfalls als legitimiert (BGE 33 I 492,BGE 59 I 199,BGE 73 I 370).
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Geschützt wird durch Art. 33 BV und Art. 5 Üb. Best. z. BV die freie Tätigkeit des Anwaltes, sein Anspruch darauf, dass sein Befähigungsausweis für seine private Anwaltstätigkeit für die ganze Eidgenossenschaft anerkannt wird. Mit dem Mandat, für eine arme Partei als unentgeltlicher Prozessvertreter tätig zu werden, übernimmt der Anwalt jedoch keinen privaten Auftrag.
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Auf die Art. 31, 33 BV und Art. 5 Übergangsbestimmungen zur BV kann sich deshalb der Beschwerdeführer nicht berufen, wenn sein Vertreter nicht als unentgeltlicher Rechtsbeistand anerkannt wird. Dagegen ist er als Ausländer mit Wohnsitz im Ausland befugt, sich aus diesem Grunde über eine Verletzung von Art. 4 BV zu beschweren (BGE 74 I 99, 361;BGE 78 I 205).
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Das Bundesgericht liess aber schon bisher offen, ob einer Partei ein anderer als der von ihr vorgeschlagene Prozessvertreter aufgedrängt werden darf, wenn sie zu diesem ganz besondere Beziehungen hat, er für die richtige Führung des Prozesses Gewähr bietet und seine Tätigkeit den Kanton nicht teurer zu stehen kommt als die Bestellung eines einheimischen Anwaltes. Es hatte auch keine Gelegenheit, zu entscheiden, ![]() | 9 |
In der Tat können im Einzelfall Verhältnisse vorliegen, welche den Schutz, den Art. 4 BV der armen Partei zukommen lassen will, illusorisch machen oder doch ganz erheblich erschweren. Liegen solche Verhältnisse vor und würde der Anspruch der armen Partei, den Richter für einen nicht aussichtslosen Anspruch anrufen zu dürfen, ohne dass ihr zum voraus grössere Kosten und Umtriebe erwachsen, verunmöglicht oder erheblich beeinträchtigt, so gebietet der mit der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege angestrebte Zweck, ihr für die Führung des Prozesses auch einen ausserkantonalen Anwalt zu bestellen, wenn dieser wie ein einheimischer Anwalt die erforderlichen persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Prozessvertretung besitzt.
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Derartige besondere Verhältnisse können dann vorliegen, wenn die Partei im Ausland wohnt und sich zur Führung des Prozesses an einen ganz bestimmten Richter wenden muss, währenddem sie bereits den Anwalt ihrer Wahl mit Instruktionen versehen hat, dessen Kosten sie selbst zu tragen hätte, wenn ihr ein anderer Armenanwalt bestellt würde. Das muss umso mehr gelten, wenn sie die Sprache des Gerichtes und des ihr bestellten Armenanwaltes nicht versteht und sich deshalb in der Wahrung ihrer Rechte beeinträchtigt vorkommen müsste.
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Bei Prozessen, welche die arme Partei gegen die SUVA zu führen hat, sieht das KUVG, sofern die Partei im Ausland wohnhaft ist, den besondern Gerichtsstand des Sitzes der Anstalt vor (Art. 120 Abs. 2 KUVG). Sie muss sich an diesen Gerichtsstand auch dann halten, wenn sie im Zeitpunkt des Unfalles und vor Einleitung des Verfahrens in einem andern Kanton wohnhaft war. Art. 121 Abs. 1 des erwähnten Gesetzes verpflichtet zudem die Kantone, für die Erledigung dieser Anstände einen möglichst einfachen und raschen Prozessweg vorzusehen und dafür zu sorgen, dass der bedürftigen Partei auf ihr Verlangen die Wohltat des unentgeltlichen Rechtsbeistandes gewährt wird. Der Bundesgesetzgeber umgibt damit derartige Klagen von obligatorisch versicherten Personen mit einem besonders ausgeprägten Rechtsschutz. Er will die Rechtsverfolgung erleichtern und dafür sorgen, dass die Klagen in einem raschen und billigen Verfahren erledigt werden. Die Beschränkung des Prozessvertreters auf einen im Kanton ![]() | 12 |
Führt daher die Anwendung von § 77 Abs. 2 der Verordnung für die Partei zu einer erheblichen Erschwerung oder Verteuerung des Prozessganges, und werden die Interessen der Partei durch die Ernennung eines ausserkantonalen Prozessvertreters ebenso gut gewahrt wie bei Ernennung eines Anwaltes des Prozesskantons, so folgt nicht bloss aus Art. 121 Abs. 2 KUVG, sondern schon aus Art. 4 BV, dass es an hinreichenden Gründen fehlt, der Partei keinen ausserkantonalen Anwalt zur Verfügung zu stellen. Der Richter kann zwar prüfen, ob dieser persönlich die erforderlichen Eigenschaften hat und genügend Garantien für eine ordnungsgemässe Prozessführung bietet, darf aber den Vorschlag der Partei zu solcher Ernennung nicht ohne hinreichende Gründe ablehnen.
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Dem Beschwerdeführer durfte bei dieser Rechtslage die Verbeiständung durch Advokat Dr. Stein nicht verweigert werden. Er ist im Ausland wohnhaft und wird deshalb durch Art. 120 Abs. 2 KUVG vor den Richter des Anstaltssitzes verwiesen, dessen Sprache er nicht spricht. Er hat die Behandlung ![]() | 14 |
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