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63. Auszug aus dem Urteil vom 9. Dezember 1969 i.S. Tobler gegen Kantone Zürich und Bern | |
Regeste |
Zuständigkeit zur Besteuerung der Grundstückgewinne der Liegenschaftshändler und Generalbauunternehmer. |
Begriff der ein besonderes Steuerdomizil begründenden Betriebsstätte. Erfordernis der Ständigkeit derselben. Anwendung auf das Baubüro einer Generalbauunternehmung (Erw. 3). |
Aufteilung des ausschliesslich aus Grundstückgewinnen stammenden Gesamtreingewinns einer Generalbauunternehmung zwischen dem Sitzkanton und dem Kanton, in dem sich ein als Betriebsstätte zu betrachtendes Baubüro befindet und die verkauften Grundstücke liegen (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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Die Festsetzung der Steuern aufgrund des im Jahre 1961 erzielten Geschäftsergebnisses des Beschwerdeführers verzögerte sich in beiden Kantonen.
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a) Mit Veranlagung vom 7. Juli 1965 setzte das kantonale Steueramt Zürich das im Jahre 1961 erzielte Gesamtreineinkommen des Beschwerdeführers fest und beanspruchte hievon 2/3 als Anteil des Kantons Zürich.
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b) Die Veranlagungsbehörde Seeland/BE nahm an, dass der Beschwerdeführer im Kanton Bern im Jahre 1961 nur für die bei ![]() | 4 |
Gelegentlich unterhält ein Unternehmen der genannten Art indessen im Liegenschaftskanton eine (im Handelsregister eingetragene oder nicht eingetragene) Zweigniederlassung oder ein Büro, in dem sich ein Teil seiner Geschäftstätigkeit vollzieht (vgl. BGE 62 I 139 E. 2). Sofern es sich dabei um eine Betriebsstätte im Sinne des Doppelbesteuerungsrechtes handelt, hat man es mit einem interkantonalen Unternehmen zu tun. Das hat zur Folge, dass der Kanton, in dem sich die Betriebsstätte befindet, das Unternehmen für eine Quote des Gesamtreingewinns zu besteuern und in diesen Gewinn auch die Liegenschaftsgewinne einzubeziehen hat, sofern er solche Gewinne nicht mit einer besondern Steuer, sondern mit der allgemeinen Reineinkommens- oder Reingewinnsteuer erfasst und der Gewinn im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit erzielt wurde, was dann nicht der Fall ist, wenn das Grundstück lediglich der Vermögensanlage diente (vgl. BGE 83 I 264 /67, wo ein nicht mit der Geschäftstätigkeit zusammenhängender Gewinn in Frage stand; SCHLUMPF, Bundesgerichtspraxis zum Doppelbesteuerungsverbot 3. A. S. 262 zieht aus diesem und andern Urteilen zu Unrecht den Schluss, dass der zur Betriebsstätte einer interkantonalen Unternehmung gehörige Liegenschaftsgewinn stets aus dem nach Quoten zu verteilenden Geschäftsgewinn auszuscheiden und dem Liegenschaftskanton zuzuweisen sei; vgl. auch STUDER, Die Behandlung von Grundstücken eines Unternehmens und von Baustellen im interkant. Doppelbesteuerungsrecht, ZBl 59/1958 S. 42/3).
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B.- Innert 30 Tagen nach Eröffnung dieses Entscheids hat Emil Tobler staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung erhoben. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen.
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C.- Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Bern beantragen Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen den Kanton Bern richtet. Der Regierungsrat des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit sie gegen diesen Kanton gerichtet ist. - Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gegenüber beiden Kantonen gut und weist sie an, im Sinne der Erwägungen für 1961 eine neue Veranlagung vorzunehmen.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Meistens betreiben die Unternehmen ihre Tätigkeit vom Sitze aus und unterhalten in den andern Kantonen keine Zweigniederlassungen oder Büros, die ein sekundäres Steuerdomizil begründen. Das Bundesgericht hatte in letzter Zeit wiederholt darüber zu befinden, wo und wie ein solches Unternehmen die bei der Veräusserung von (überbauten oder unüberbauten) Grundstücken erzielten Gewinne zu versteuern hat (Urteil vom 18. Dezember 1963 i.S. Werthmüller AG c. Kantone Bern und Solothurn, abgedruckt bei LOCHER, Doppelbesteuerungsrecht § 7 I B Nr. 20; Urteile vom 27. April 1966 i.S. Theurillat Bau AG gegen Kantone Basel-Stadt und -Land ![]() | 10 |
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Der Beschwerdeführer hatte im Jahre 1961 in Biel ein Baubüro, in dem er einen Architekten, zwei Angestellte und eine Sekretärin beschäftigte. Das Büro befand sich in gemieteten Räumen und war mit eigenem Mobiliar ausgestattet. Das Erfordernis der körperlichen Anlage ist somit offensichtlich erfüllt. Dass sich dort im Jahre 1961 ein sehr wesentlicher Teil des Geschäftsbetriebes des Beschwerdeführers abwickelte, ist unbestritten. Streitig ist einzig, ob es sich bei diesem Baubüro um eine ständige Anlage handelte. Während das Verwaltungsgericht ![]() | 12 |
Der Beschwerdeführer hat zum Beweis dafür, dass es sich beim fraglichen Baubüro um eine dauernde Anlage handelt, im bundesgerichtlichen Verfahren Urkunden eingelegt, die den kantonalen Behörden nicht vorlagen. Bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV, die die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht voraussetzen, können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts auch neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden (BGE 93 I 22 E. 3; LOCHER a.a.O. § 12 III A 1 Nr. 26, B 3 Nr. 2 und 6). Die neu eingelegten Beweismittel sind daher bei der Beurteilung der Frage, ob es sich beim Bieler Baubüro des Beschwerdeführers um eine ständige Anlage handelte, mitzuberücksichtigen.
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Das Büro besteht seit 1961 bis heute und im gleichen Gebäude, wobei auch jetzt der Architekt, der es schon 1961 leitete, dort mit einer Sekretärin (seiner Ehefrau) zusammen tätig ist. Das Verwaltungsgericht erklärt in seiner Vernehmlassung, das Baubüro sei 1960/61 eingerichtet worden zur Durchführung der seinerzeit vorgesehenen Bauten, also auf eine zeitlich beschränkte Dauer; dass es wegen weiterer Überbauungen längere Zeit bestanden habe und noch heute bestehe, ändere prinzipiell nichts. Massgebend ist in der Tat, ob die Anlage schon 1961 auf die Dauer berechnet war. Der Beschwerdeführer hat das Büro im Attikageschoss eines von ihm in den Jahren 1960/61 für einen Dritten erstellten Wohnblockes eingerichtet und hat nach der Fertigstellung des Gebäudes Ende Januar 1962 einen Mietvertrag über die Räumlichkeiten abgeschlossen, nach welchem die Miete bis Ende April 1963 dauerte, der Vertrag aber mangels Kündigung sich jeweils um weitere 6 Monate verlängerte. Er hat bis heute gedauert, was ein Indiz für die Ständigkeit der Anlage ist. Es darf zudem aus dem Umstand, das nach 1961 in Biel und Nidau weitere Überbauungen durchgeführt wurden und das Baubüro seit Jahren in gleicher Weise und mit den gleichen Angestellten betrieben wurde, geschlossen werden, dass es sich bereits 1961 um eine auf die Dauer berechnete Anlage und damit, da auch die übrigen Erfordernisse erfüllt sind, um eine Betriebsstätte handelte (BGE 34 I 494 E. 1, ![]() | 14 |
Der Regierungsrat des Kantons Bern scheint anzunehmen, dass von einer dauernden Anlage nur gesprochen werden könne, wenn es am Sitz des Baubüros zur "Bildung eines festen, dauerhaften Kundenkreises" gekommen sei. Es kann offen bleiben, ob es bei bestimmten Gewerbebetrieben eines solchen Kundenkreises bedarf, damit von einer Betriebsstätte zu sprechen ist; in der bisherigen Rechtsprechung ist dieses Erfordernis nie aufgestellt worden. Von ihm die Annahme der Ständigkeit ![]() | 15 |
Das Baubüro des Beschwerdeführers in Biel ist demnach schon 1961 als Betriebsstätte seiner Generalbauunternehmung zu betrachten.
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Bei der Bestimmung des Verteilers für die Ertragsbesteuerung eines interkantonalen Unternehmens handelt es sich darum, unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles einen Massstab zu finden, welcher die Bedeutung der einzelnen Niederlassung im Rahmen des Gesamtunternehmens, ihren Anteil an der Erzielung des Gesamtertrages am besten zum Ausdruck bringt (BGE 93 I 422 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Der Beschwerdeführer ist Liegenschaftshändler und Generalbauunternehmer. Bei einem solchen gemischten Betrieb führt weder die Aufteilung nach Erwerbsfaktoren noch jene nach dem Umsatz zu einem richtigen und billigen Ergebnis, während die direkte Methode schon deshalb ausser Betracht fällt, weil das Baubüro in Biel keine eigenen Bücher führt. Unter diesen Umständen erscheint es als richtig, das Einkommen des Beschwerdeführers nach freiem Ermessen aufzuteilen. So ist auch die Zürcher Steuerverwaltung vorgegangen, als sie 1965 einen Anteil von 2/3 des Gesamtreineinkommens zur Besteuerung beanspruchte. Diese Aufteilung ist ![]() | 18 |
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