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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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10. Auszug aus dem Urteil vom 25. März 1970 i.S. N. gegen Schulgemeinde Egg und Regierungsrat des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Lehrerwahl durch die Gemeindeversammlung. | |
Sachverhalt | |
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"Für geheime Wahlen in geschlossener Versammlung gelten folgende Vorschriften:
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1. Die Wahlen sind bei geschlossenen Türen vorzunehmen; die Zahl der Anwesenden ist festzustellen.
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3. Nach der Stimmabgabe durch die Anwesenden werden die Stimmzettel von den Stimmenzählern gesammelt und gezählt. Das Ergebnis wird protokolliert.
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4. Es finden höchstens drei Wahlgänge statt. Im ersten und im zweiten Wahlgang entscheidet das absolute, im dritten das relative Mehr. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.
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5. Die geheime Stimmabgabe ist zu gewährleisten.
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6. Der Präsident der Wahlversammlung stimmt mit."
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B.- Die Stimmberechtigten der Schulgemeinde Egg hatten in der Gemeindeversammlung vom 24. Februar 1969 fünf Volksschullehrer neu zu wählen. Ausser den von der Schulpflege vorgeschlagenen waren keine andern Kandidaten vorhanden. Da der von der Schulpflege zur Wahl als Sekundarlehrer empfohlene X. wegen seiner politischen Einstellung umstritten war, beschloss die Gemeindeversammlung auf Vorschlag ihres Präsidenten, die vorgeschlagenen Lehrer im geheimen Verfahren einzeln mit Ja und Nein wählen zu lassen. Während die 276 Teilnehmer der Gemeindeversammlung die übrigen Kandidaten nahezu einstimmig wählten, lehnten sie die Wahl von X. - bei 5 leeren Stimmzetteln - mit 149 Nein gegen 122 Ja ab.
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Gegen diese Wahlen rekurrierte der Stimmberechtigte N. mit dem Antrag, entweder X. aufgrund der erhaltenen 122 Ja-Stimmen als gewählt zu erklären oder anzuordnen, dass die fraglichen Lehrerwahlen gemäss dem Wortlaut von § 76 Ziff. 2 WAG nochmals durchgeführt werden. Der Bezirksrat Uster und der Regierungsrat des Kantons Zürich wiesen den Rekurs ab, der Regierungsrat im wesentlichen aus folgenden Gründen: Streitig sei einzig, ob der Wahlmodus mit § 76 Ziff. 2 WAG vereinbar sei. Wenn wie hier keine andern Anmeldungen vorlägen, sei nach § 115 WAG nur der von der Schulpflege vorgeschlagene Lehrer wählbar und könne sich daher die Willensäusserung der Stimmberechtigten nur auf die Frage beziehen, ob sie diesen einzigen Kandidaten wählen wollen oder nicht. Es liege somit weit eher eine Abstimmungssituation als eine echte Wahl- (Auswahl-) Situation vor. Das WAG enthalte keine ausdrückliche Sondervorschrift für diesen Fall. Wäre nach der allgemeinen Regel von § 76 Ziff. 2 WAG vorzugehen und der zu wählende Kandidat auf dem Stimmzettel namentlich zu bezeichnen, ![]() | 10 |
C.- Gegen diesen Entscheid hat N. staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er macht insbesondere geltend, der vom Regierungsrat gebilligte Wahlmodus verstosse offensichtlich gegen klares Recht, da nach § 76 Ziff. 2 WAG der Stimmbürger auf dem Wahlzettel den Namen der zu wählenden Person, nicht aber Ja oder Nein zu schreiben habe.
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Aus den Erwägungen: | |
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4. Die ganze Argumentation des Beschwerdeführers beruht auf der Annahme, nach § 76 Ziff. 2 WAG müsse der Stimmberechtigte ![]() | 13 |
a) Damit legt der Beschwerdeführer indes der Bestimmung von § 76 Ziff. 2 WAG eine Tragweite bei, die ihr nicht zukommt. Satz 2 hat jedenfalls nach seinem Wortlaut nur die Unmissverständlichkeit der Willenskundgebung des Wählers im Auge und verlangt im Hinblick auf diese, er habe die zu wählende Person auf dem Wahlzettel derart zu bezeichnen, dass über sie kein begründeter Zweifel bestehe, ansonst die Stimme - wie Satz 3 weiter bestimmt - ungültig sei. Die Vorschrift will somit der Verwechslungsgefahr vorbeugen, die sich z.B. bei der nicht seltenen Gleichnamigkeit von Kandidaten ergeben kann. Mehr als das besagt die Bestimmung nicht. Insbesondere schliesst sie nicht aus, dass die danach erforderliche unmissverständliche Bezeichnung der zu wählenden Person unter Umständen auch auf andere Weise als durch Angabe ihres Namens erfolgen kann. Aus § 76 Ziff. 2 WAG lässt sich daher nicht ableiten, dass es bei Vorhandensein eines einzigen wählbaren Kandidaten unzulässig sei, mit Ja oder Nein über ihn abzustimmen.
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b) Der Beschwerdeführer behauptet, bei Vorhandensein eines einzigen wählbaren Kandidaten sei dieser gewählt, wenn er das "relative Mehr" erreiche, und auch der Regierungsrat nimmt an, dass, wenn man der Betrachtungsweise des Beschwerdeführers folgte, der einzig wählbare Kandidat spätestens im dritten Wahlgang gewählt wäre, da alsdann nur noch das "relative Mehr" entscheide. Wenn indessen, wie es § 66 WAG vorschreibt, bei der Berechnung des absoluten Mehr die leeren Stimmen von der Zahl der abgegebenen Stimmen abgezählt werden, so hat es bei Vorhandensein eines einzigen wählbaren Kandidaten keinen Sinn mehr, vom absoluten und relativen Mehr zu sprechen, denn dieser einzige Kandidat müsste notwendigerweise alle gültigen Stimmen auf sich vereinen. Er wäre somit gewählt, wenn er nur einige wenige Stimmen, ja überhaupt nur eine einzige Stimme erhielte, und die leeren oder ungültigen Stimmen seiner zahlreichen Gegner hätten nur noch die Bedeutung einer wirkungslosen Kundgebung. Der Regierungsrat ist der Auffassung, dass dies keine Volkswahl mehr sei, wie sie die KV für die ![]() | 15 |
Dem ist beizupflichten. Dieses Vorgehen ist das einzige, das die demokratische Willensbildung gewährleistet, die dem zürcherischen Verfassungsgesetzgeber offenbar vorschwebte, als er für die Volksschullehrer die Volkswahl einführte (Art. 64 KV). Der vom Beschwerdeführer befürwortete Wahlmodus würde dazu führen, dass in Fällen, wo sich auf die Ausschreibung hin nur ein einziger Bewerber anmeldet und dieser von der Schulpflege vorgeschlagen wird, in Wirklichkeit die Schulpflege Wahlbehörde wäre und die Schulgemeinde, der die Wahl nach Art. 64 KV und § 114 WAG zusteht, praktisch ausgeschaltet wäre; denn ein der überwiegenden Mehrheit der Stimmberechtigten nicht genehmer Kandidat wäre gewählt, wenn er in der Gemeindeversammlung nur einige wenige Stimmen, etwa diejenigen der Mehrheit der Schulpflege, ja nur eine einzige Stimme erhielte. Wenn die Stimmberechtigten, worauf der Regierungsrat hinweist, bei den Bestätigungswahlen für Lehrer nach § 118 WAG die Möglichkeit haben, durch Durchstreichen des Namens eines Lehrers gegen dessen Wiederwahl zu stimmen, so muss es ihnen auch ermöglicht werden, bei der Neuwahl ihrer Ablehnung in rechtlich relevanter Weise Ausdruck zu geben, und dafür steht, wenn nur ein einziger wählbarer Kandidat vorhanden ist, offenbar nur die Abstimmung mit Ja oder Nein zur Verfügung. Der Einwand des Beschwerdeführers, Neuwahlen liessen sich nicht mit Bestätigungswahlen vergleichen, geht fehl. Bei einer Neuwahl mit einem einzigen wählbaren Kandidaten steht der Stimmberechtigte gleich wie bei der Bestätigungswahl vor der Alternative: dieser Lehrer oder kein Lehrer, und muss ihm Gelegenheit geboten werden, sich im einen oder im andern Sinne auszusprechen. Bedeutungslos ist schliesslich, ob im Fall der Neuwahl mit einem einzigen wählbaren Kandidaten, wie der Regierungsrat annimmt, der Beschwerdeführer aber bestreitet, eine "durchaus aussergewöhnliche Wahlsituation" vorliege. Die Abstimmung mit Ja oder Nein drängt sich in diesem Falle nicht deshalb auf, weil die Wahlsituation ausserergewöhnlich ist, sondern weil auch dann die Gesamtheit der Stimmberechtigten als Wahlorgan die Möglichkeit haben muss, einen vom Vorschlag der Schulpflege abweichenden Entscheid zu treffen.
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