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63. Auszug aus dem Urteil vom 3. Juli 1970 i.S. Personalfürsorgestiftung der Firma Johanne Schaller und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt | |
Regeste |
Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen der Aufsichtsbehörde über Stiftungen. |
2. Bestimmungen des ZGB über die Stiftungsaufsicht, die der Aufsichtsbehörde die Kompetenz verleihen, von Amtes wegen in Angelegenheiten der Stiftung einzugreifen, sind öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 5 VwG (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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Am 15. Dezember 1969 beschloss der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt als obere Aufsichtsbehörde über Stiftungen im Anschluss an längere Auseinandersetzungen mit dem Stiftungsrat der Personalfürsorgestiftung der Firma Johanne Schaller, diesen abzuberufen und das Handelsregisteramt anzuweisen, die Mitglieder des Stiftungsrates im Register zu löschen. Dagegen erheben die Stiftung und die abberufenen Mitglieder des Stiftungsrates Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde ein.
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Verfügungen sind gemäss Art. 5 VwG Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt ![]() | 5 |
a) Die Aufsicht über Stiftungen ist im ZGB geregelt. Formell stellt das Aufsichtsrecht damit Privatrecht des Bundes dar. Anerkanntermassen enthält das ZGB aber neben materiellem Privatrecht auch Vorschriften, welche materiell als öffentliches Recht bezeichnet werden müssen. Für die von Art. 5 VwG getroffene Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht fällt die rein formelle, lediglich auf die Rechtsquelle abstellende Unterscheidung ausser Betracht. Dies zeigt schon Art. 100 lit. g OG, der gegen Verfügungen auf dem Gebiete der Aufsicht über die Vormundschaftsbehörden die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausdrücklich ausschliesst. Diese Bestimmung wäre überflüssig, wenn Art. 5 VwG von der rein formellen Unterscheidung des privaten vom öffentlichen Recht nach der Rechtsquelle ausginge, denn die Aufsicht in Vormundschaftsachen gründet ebenso wie die Aufsicht über Stiftungen im ZGB.
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b) Verschiedentlich wird argumentiert, die Stiftungsaufsicht bezwecke einzig die Wahrung privater Interessen; die sie regelnden Vorschriften seien deshalb dem Privatrecht zuzuzählen (vgl. GUTZWILLER, Schweizerisches Privatrecht, 1967 Bd. II, S. 616, KIRCHHOFER, Die Verwaltungsrechtspflege beim Bundesgericht, 1930, S. 19). Zwar lehnt sich auch das Bundesgericht bei der Abgrenzung von privatem und öffentlichem Recht gelegentlich an diese sogenannte Interessentheorie an, die besagt, dem öffentlichen Recht gehörten jene Vorschriften an, die in erster Linie und wesentlich im öffentlichen Interesse erlassen worden seien (BGE 85 I 21 und dort zitierte Entscheide zur Abgrenzung zwischen Bundeszivilrecht und kantonalem öffentlichem Recht). Dieses Unterscheidungskriterium hilft im vorliegenden Falle jedoch nicht weiter, liegen doch die Vorschriften über die Stiftungsaufsicht entgegen oben zitierter Ansicht sowohl im öffentlichen wie auch im privaten Interesse, ohne dass sich eindeutig entscheiden liesse, welcher der beiden Zwecke vorherrscht (vgl. die bei GUTZWILLER, Privatrecht, S. 616 zitierten divergierenden Meinungen).
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c) Zur Lösung führt ein anderes vom Bundesgericht vor ![]() | 8 |
Das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren unterscheidet öffentliches und privates Recht nach ähnlichen Gesichtspunkten. Nach der gleichzeitig und in sachlichem Zusammenhang mit ihm erlassenen Änderung der Bestimmungen des OG über die Verwaltungsrechtspflege durch das Bundesgericht (Art. 97 ff. OG) ist laut Art. 100 lit. g OG, wie bereits erwähnt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen auf dem Gebiete der Aufsicht über die Vormundschaftsbehörden unzulässig. Dies ausdrücklich festzustellen war aber nur notwendig, wenn der Gesetzgeber der Auffassung war, solche Verfügungen stützten sich auf öffentliches Recht des Bundes im Sinne von Art. 5 VwG und wären deshalb eigentlich mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Auch den vormundschaftlichen Aufsichtsbehörden verleiht das ZGB die Kompetenz, nötigenfalls von Amtes wegen direkt in die Führung einer Vormundschaft einzugreifen.
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Sind aber die Bestimmungen des ZGB, welche die Aufsichtsbehörde über Stiftungen zum Eingreifen von Amtes wegen ermächtigen, öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 5 VwG, so sind Anordnungen, die eine Aufsichtsbehörde im Rahmen dieser Befugnis trifft, kraft Art. 97 Abs. 1 OG mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit generell zulässig gegen die von der Aufsichtsbehörde kraft ihrer Stellung getroffenen Verfügungen.
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d) Zum selben Schluss zwingt die Besinnung auf den Zweck ![]() | 11 |
Wenn die Vorinstanz befürchtet, durch die generelle Zulassung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werde die Ausübung der Aufsicht kompliziert und erschwert, so weist sie damit lediglich auf hier nicht zu beachtende Nebenerscheinungen des Ausbaus der Verwaltungsrechtspflege im Bunde hin, die der Gesetzgeber, wie die Mehrbelastung des Bundesgerichtes, wohl in Rechnung gestellt hat (BBl 1965 Bd. II S. 1302).
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e) Im vorliegenden Falle hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt als obere Aufsichtsbehörde über Stiftungen den Stiftungsrat der Personalfürsorgestiftung der Firma Johanne Schaller abberufen. Diese Anordnung stützt sich, wie gesehen, auf öffentliches Recht des Bundes im Sinne von Art. 5 VwG und ist deshalb gemäss Art. 97 Abs. 1 OG mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anfechtbar. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
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