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68. Auszug aus dem Urteil vom 4. November 1970 i.S. von Däniken gegen Staatsanwaltschaft und Kantonsgericht Graubünden. | |
Regeste |
Art. 4 BV; Art. 9 Abs. 3 KV; Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel; Unverletzlichkeit des Hausrechts. | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
3. Ein Teil des den Beschwerdeführer belastenden Materials wurde am 21. Oktober 1968 anlässlich einer Durchsuchung des vom Beschwerdeführer gepachteten, zu jener Zeit geschlossenen Hotels Rosenhügel in Davos gefunden. Der Untersuchungsrichter leitete im September 1968 eine Strafuntersuchung ein, nachdem er erfahren hatte, dass der auf einer Weltreise abwesende Beschwerdeführer dem Kurverein Davos Kurtaxen im Betrage von rund Fr. 8000.-- schuldete, und nachdem im Amtsblatt zwei Konkursandrohungen und drei Zahlungsbefehle publiziert worden waren. Im Laufe des weitern Verfahrens liess der Untersuchungsrichter das Hotel des Beschwerdeführers zunächst zwecks Sicherung allfälligen Beweismaterials versiegeln. Als der Bruch der Siegel festgestellt wurde, ordnete der Untersuchungsrichter am 21. Oktober 1968 die Hausdurchsuchung ![]() | 2 |
In der staatsrechtlichen Beschwerde wird geltend gemacht, durch diese Hausdurchsuchung sei Art. 9 Abs. 3 KV (Unverletzlichkeit des Hausrechtes) missachtet worden; denn die Voraussetzung der Hausdurchsuchung - das Vorliegen bestimmter Verdachtsgründe - habe gefehlt, und entgegen Art. 94 Abs. 3 des bündnerischen Gesetzes über die Strafrechtspflege vom 8. Juni 1958 (StPO) seien weder die Ehefrau des abwesenden Beschwerdeführers noch der mit der Interessenwahrung beauftragte Rechtsanwalt Dr. Wäsch, Davos, zur Hausdurchsuchung beigezogen worden. Das Fehlen eines Protokolls mit der Angabe bestimmter Verdachtsgründe wird überdies als formelle Rechtsverweigerung gerügt. Aus der Behauptung, anlässlich der Hausdurchsuchung seien wesentliche Verfahrensvorschriften sowie Art. 9 Abs. 3 KV verletzt worden, zieht der Beschwerdeführer den Schluss, das auf diesem Wege gefundene Beweismaterial dürfe bei der Beurteilung nicht verwendet werden, da es sich um rechtswidrig erlangte Beweise handle.
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a) Art. 9 Abs. 3 KV garantiert das Hausrecht ("Hausuntersuchungen dürfen nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen und unter Beobachtung der vorgeschriebenen Formen durch die zuständigen Beamten vorgenommen werden"). Art. 94 StPO (Marginale: "Hausdurchsuchung") lautet:
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"Die Hausdurchsuchung darf nur auf bestimmte, im Protokoll anzugebende Verdachtsgründe hin stattfinden.
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Sie bezweckt die Festnahme eines Angeschuldigten oder Verdächtigen, die Erhebung von wesentlichen Beweismitteln oder die Rekonstruktion der Vorgänge bei Begehung der Tat.
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Der Untersuchungsrichter ordnet für die Hausdurchsuchung das Notwendige an. Er hat dabei mit gebührender Schonung, unter Wahrung des Untersuchungszweckes, vorzugehen. In der Regel wird die Hausdurchsuchung in Gegenwart des Eigentümers des Hauses bezw. Inhabers der Wohnung oder seines Vertreters durchgeführt".
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Dass die Hausdurchsuchung vom zuständigen Beamten angeordnet wurde (Art. 94 Abs. 3 StPO), ist unbestritten. An die Bestimmtheit der Verdachtsgründe als Voraussetzung der Untersuchungshandlung können bei einer Hausdurchsuchung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Es handelt sich dabei um eine Massnahme, die - gerade bei Betrugsfällen - oft in der ersten Phase des Strafverfahrens ![]() | 8 |
Der Grund für die Untersuchungsmassnahme wurde im abschliessenden Hausdurchsuchungsbericht vom 26. November 1968 mit dem Ausdruck "Vermögensdelikte" nur summarisch angegeben, weil hinterher nach dem Ergebnis der Massnahme eine ausführliche Darlegung der Verdachtsgründe als überflüssig erschien. Im massgebenden Hausdurchsuchungsbefehl vom 21. Oktober 1968 wurde die Ausgangslage mit der Wendung "Veruntreuung und Betrugsverdacht" so genau umschrieben, wie es nach dem damaligen Stand der Dinge möglich war. Eine ungenügende Protokollierung der tatsächlich vorhandenen Verdachtsgründe hätte im übrigen einer Berücksichtigung der beschlagnahmten Schriftstücke nicht entgegengestanden, da ein solcher Formmangel nicht die Unverwertbarkeit der erlangten Beweise zur Folge haben kann. Was unter lit. b hinsichtlich der Folgen eines vorschriftswidrigen Verzichts auf den Beizug eines Vertreters auszuführen ist, gilt sinngemäss auch für den Fall unvollständiger Protokollierung der Verdachtsgründe.
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b) Das sogenannte "Verbot der Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel" bedeutet nicht, dass Formfehler, welche im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Beweismittels begangen werden, den Richter in jedem Fall daran hindern, ![]() | 10 |
Art. 94 Abs. 3 StPO sieht vor, dass die Hausdurchsuchung in der Regel in Gegenwart des Eigentümers des Hauses bzw. Inhabers der Wohnung oder seines Vertreters durchgeführt werden soll. Nach dem Gesagten ergibt sich, dass die anlässlich der Hausdurchsuchung sichergestellten Beweismittel selbst dann hätten verwendet werden dürfen, wenn die Untersuchungsbehörden im vorliegenden Fall zu Unrecht von der soeben erwähnten Regel abgewichen wären, denn diese soll lediglich dazu dienen, den Eingriff in die Privatsphäre zu mildern; der Wohnungsinhaber oder sein Vertreter haben keine Möglichkeit, durch ihre Anwesenheit auf legalem Wege die Beschlagnahme von Beweismaterial zu verhindern. Der Vorwurf einer unzulässigen Verwendung rechtswidrig erlangter Beweismittel erweist sich daher als unbegründet.
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