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69. Urteil vom 18. November 1970 i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Luzern. | |
Regeste |
Kantonaler Strafprozess, Beweiswürdigung, Willkür. |
Hinreichende Indizien für die Annahme |
- dass ein von Polizisten angehaltener Automobilist, der sich einer Blutprobe entzieht, sein Fahrzeug in angetrunkenem Zustand geführt habe (Erw. 2); |
- dass er sich der Blutprobe vorsätzlich entzogen habe (Erw. 3); |
- dass er die Wegnahme des Führerausweises durch die Polizisten als vorläufigen Entzug des Ausweises habe verstehen müssen (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
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Das Amtsgericht Luzern-Stadt bestrafte R. am 24. März 1970 wegen vorsätzlicher Vereitelung der Blutprobe nach Art. 91 Abs. 3 SVG mit 14 Tagen Gefängnis und Fr. 200.-- Busse. Von der Anklage des Fahrens in angetrunkenem Zustand sprach ihn das Gericht frei. Gegen das amtsgerichtliche Urteil appellierten sowohl R. wie der Staatsanwalt. Dieser beantragte, es sei die Untersuchung mit Bezug auf Führen eines Motorfahrzeuges in nicht fahrfähigem Zustand und Fahren ohne Führerausweis, evt. Nichtmitführen des Führerausweises, zu ergänzen. Am 10. Juli 1970 erklärte das Obergericht des Kantons Luzern R. schuldig des Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand nach Art. 91 Abs. 1 SVG, des Vereitelns der Blutprobe nach Art. 91 Abs. 3 SVG und des Fahrens ohne Führerausweis nach Art. 95 Ziff. 2 SVG, begangen am 17. August 1969. Er wurde mit einem Monat Gefängnis und Fr. 300.-- Busse bestraft. Ferner wurde die Publikation des Urteils angeordnet.
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B.- Gegen das Urteil des Obergerichts erklärte R. die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts. Sie wurde mit Urteil vom 28. September 1970 abgewiesen. Neben der Nichtigkeitsbeschwerde hat R. gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit erforderlich, aus den folgenden Erwägungen.
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C.- Obergericht und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Der Beschwerdeführer beanstandet im wesentlichen die Beweiswürdigung durch das Obergericht. In diesem Bereich steht den kantonalen Instanzen ein weiter Spielraum des Ermessens zu, und das Bundesgericht kann auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur eingreifen, wenn die tatsächlichen Feststellungen offensichtlich falsch oder willkürlich sind oder wenn sie auf einem offenbaren Versehen beruhen (BGE 83 I 9 mit Hinweis auf frühere Entscheide). Der Beschwerdeführer beklagt ![]() | 6 |
Das Obergericht stellte fest, der Beschwerdeführer habe in der fraglichen Nacht seinen Personenwagen in angetrunkenem Zustand geführt. Es konnte sich dabei nicht auf eine Blutexpertise stützen, da sich der Beschwerdeführer einer Blutprobe entzogen hatte. Dieser anerkennt, dass der Beweis der Angetrunkenheit auch auf andere Weise als durch Gutachten erbracht werden kann; das entspricht denn auch Lehre und Rechtsprechung. Der Beschwerdeführer hält indessen dafür, die Annahme der Angetrunkenheit sei unhaltbar. Das Obergericht stützte sich vor allem auf die Aussagen der beiden als Zeugen abgehörten Polizisten S. und W. Danach zeigte der Beschwerdeführer vor seiner Wegfahrt nach Blatten beim Gehen einen schleppenden Schritt, er zog die Fusspitzen am Boden nach und schwankte, seine Art des Redens war nicht normal, dem Zeugen S. fielen "Kunstpausen" auf. Dieser hatte den Eindruck, R. müsse ziemlich viel getrunken haben. Polizist W. stellte fest, dass der Beschwerdeführer einen unklaren Blick hatte. Dieser bestreitet nicht, dass er vor dem Zusammentreffen mit den beiden Polizisten alkoholische Getränke zu sich genommen hatte. Nachdem die beiden Polizisten derart ausgeprägte Anzeichen einer erheblichen Alkoholisierung festgestellt hatten, war es an sich nicht unhaltbar, wenn es das Obergericht für erwiesen hielt, R. sei bei seiner Wegfahrt nach Blatten angetrunken gewesen. Dieser versucht den Beweiswert der Aussagen der beiden Zeugen mit verschiedenen Argumenten herabzumindern. Er behauptet, sein äusseres Benehmen habe deshalb einen "etwas konfusen Eindruck" erweckt, weil er sich im Zeitpunkt der Kontrolle durch die beiden Polizisten in einer aussergewöhnlichen seelischen Erregung befunden habe. Er habe nämlich vorher die Entdeckung gemacht, dass ihn seine Ehefrau mit einem andern Manne betrüge, und sei deshalb aus dem seelischen Gleichgewicht geraten. Von dem ehewidrigen Treiben hatte er aber ![]() | 7 |
Der Beschwerdeführer behauptet, er habe um Mitternacht einen Whisky und ca. um 2 Uhr früh zwei kleine Gläser Weisswein getrunken, was nicht zu einer Angetrunkenheit habe führen können. Das Obergericht hat nicht auf seine Angaben über den Alkoholkonsum abgestellt, und es hatte dazu gute Gründe. Es stellte fest, dass der Beschwerdeführer in diesem Punkt im Strafverfahren widersprechende Angaben gemacht und u.a. der Polizei gegenüber zunächst erklärt habe, er habe drei Whiskys getrunken. Der Beschwerdeführer bestreitet, widersprechende Angaben gemacht zu haben, doch ist die dahingehende Feststellung des Obergerichts nicht unhaltbar. R. erklärte vor dem Amtsstatthalter, er habe einen Whisky und zwei Gläser Weisswein getrunken. Demgegenüber sagte Polizist S. als Zeuge aus, er sei ganz sicher, dass R. ihm gegenüber ![]() | 8 |
3. Der Beschwerdeführer wurde auch deswegen bestraft, weil er sich vorsätzlich einer amtlich angeordneten Blutprobe entzog. Der Beschwerdeführer anerkannte im kantonalen Verfahren, dass ihn die beiden Polizisten aufgefordert hatten, auf die Hauptwache zu kommen, um sich einer Blutprobe zu unterziehen. Er leistete der Aufforderung keine Folge, sondern fuhr unter den bereits erwähnten Umständen weg und versteckte sich während des restlichen Teils der Nacht in einem abgelegenen Schuppen. Er bestreitet in seiner staatsrechtlichen Beschwerde die Richtigkeit dieser tatsächlichen Feststellungen nicht, macht aber geltend, er habe nicht mit Wissen und Willen gehandelt, da die durch das ehewidrige Verhalten seiner Ehefrau verursachte psychische Belastung bei ihm eine Bewusstseinsstörung bewirkt habe, so dass er nicht mehr fähig gewesen sei, vernunftgemäss zu handeln. Das Obergericht hat sich mit diesem Einwand auseinandergesetzt und die Darstellung des Beschwerdeführers als unglaubhaft bezeichnet. Für diese Beweiswürdigung ![]() | 9 |
4. Das Obergericht sprach den Beschwerdeführer schliesslich der Widerhandlung gegen Art. 95 Ziff. 2 SVG schuldig, da er sein Motorfahrzeug trotz Entzug des Führerausweises geführt habe. R. beruft sich auch in diesem Zusammenhang auf eine Bewusstseinsstörung und beanstandet die Annahme des Vorsatzes bzw. der Zurechnungsfähigkeit, doch kann in dieser Hinsicht nach vorangehender Erwägung (3) dem Obergericht keine willkürliche Beweiswürdigung zur Last gelegt werden. Der Beschwerdeführer macht geltend, selbst wenn Zurechenbarkeit gegeben wäre, würde eine Bestrafung nach Art. 95 Ziff. 2 SVG ausser Betracht fallen, da ihm bloss erklärt worden sei "er dürfe nicht mehr fahren". Das habe nicht als förmlicher Entzug des Ausweises verstanden werden können, zumal die Voraussetzungen für eine solche Massnahme gefehlt hätten. Die Polizisten behändigten den Führerausweis und erklärten ![]() | 10 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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