BGE 96 I 557 | |||
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87. Auszug aus dem Urteil vom 25. November 1970 i.S. Achermann gegen Grossen Rat des Kantons Luzern. | |
Regeste |
Eigentumsgarantie. |
Sieht ein kantonales Forstgesetz einen Waldabstand von 20 m vor, so ist für diese Eigentumsbeschränkung ein hinreichendes öffentliches Interesse vorhanden (Bestätigung der Rechtsprechung). | |
Sachverhalt | |
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"Gegenüber Wäldern haben Neubauten einen Abstand von mindestens 20 m einzuhalten.
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Kleinere Abstände dürfen im Baubewilligungsverfahren nur mit Zustimmung des Staatswirtschaftsdepartementes bewilligt werden, wenn die Sicherheit der Bewohner und eine genügende Besonnung der Wohn- und Arbeitsräume gewährleistet sind und die forstwirtschaftlichen Interessen dies gestatten.
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Der Abstand wird ab einer Entfernung von 2 m von der Stockverbindungslinie der Randbäume gemessen.
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Das Gesetz wurde am 15. Februar 1969 im Luzerner Kantonsblatt veröffentlicht und in der Folge vom Bundesrat genehmigt.
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B.- Am 7. März 1969 reichte Anton Achermann gegen das Gesetz eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Eigentumsgarantie ein mit dem Antrag, § 22 des Luzerner Forstgesetzes vom 4. Februar 1969 sei als verfassungswidrig aufzuheben. Zur Begründung machte er im wesentlichen folgendes geltend: Das Forstgesetz wolle laut § 1 "der Erhaltung des Waldes dienen, die Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtswirkung des Waldes erhöhen und seine Bewirtschaftung fördern". Es habe mithin die "Schutzinteressen des Waldes" zu wahren, weshalb ihm ausschliesslich eine forstpolizeiliche Zielsetzung innewohne. Ein Gebäudeabstand von 20 m, wie er in § 22 FG vorgeschrieben werde, sei unter forstpolizeilichen Gesichtspunkten nicht erforderlich. In Wirklichkeit diene diese Bestimmung dazu, um "auf dem Umweg über die Forstgesetzgebung und in missbräuchlicher Anwendung derselben" baupolizeiliche Beschränkungen einzuführen, welche durch keinerlei öffentliche Interessen gedeckt seien. § 22 FG verstosse deshalb gegen die Eigentumsgarantie.
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C.- Der Grosse Rat des Kantons Luzern beantragte in seiner Vernehmlassung vom 14. September 1970, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
3. Das Privateigentum ist nur im Rahmen der Rechtsordnung gewährleistet (BGE 96 I 126 mit Verweisungen). Als Institutsgarantie belässt die Eigentumsgarantie dem Gesetzgeber - ähnlich wie der in Art. 4 BV verankerte Grundsatz der Rechtsgleichheit und das sich daraus ergebende Willkürverbot - bei der Umschreibung der Eigentumsfreiheit einen weiten Ermessensspielraum. Sie gilt als verletzt, wenn der Gesetzgeber Normen aufstellt, namentlich Eigentumsbeschränkungen erlässt, welche das Privateigentum als fundamentale Einrichtung der schweizerischen Rechtsordnung aushöhlen (BGE 88 I 255, BGE 90 I 37, BGE 93 I 137, BGE 96 I 126; vgl. P. SALADIN, Grundrechte im Wandel, S. 122 ff.). Im vorliegenden Fall kann indessen nicht ernstlich behauptet werden, die angefochtene Bestimmung, welche eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung zum Gegenstand hat, sei in diesem Sinne verfassungswidrig. Die Rügen des Beschwerdeführers gehen denn auch nicht in diese Richtung, sondern können sinngemäss nur dahin verstanden werden, § 22 FG verletze die Eigentumsgarantie in ihrer Erscheinungsform als Bestandesgarantie, d.h. als verfassungsmässigen Schutz der konkreten individuellen Eigentumsrechte. Nach der Rechtsprechung sind öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen mit der Bestandesgarantie vereinbar, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und, sofern sie in der Wirkung einer Enteignung gleichkommen, gegen Entschädigung erfolgen (BGE 95 I 553 Erw. 3 mit Verweisungen).
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a) Der Beschwerdeführer macht geltend, ein Gebäudeabstand von 20 m sei nicht gerechtfertigt. Damit wird sinngemäss die Rüge erhoben, § 22 FG sei durch kein hinreichendes öffentliches Interesse gedeckt. Diese Frage prüft das Bundesgericht nach seiner neueren Rechtsprechung grundsätzlich frei (BGE 94 I 134 Erw. 7, 340/41, BGE 95 I 554 Erw. 3 b).
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Das Bundesgericht hat bereits in den Urteilen vom 10. Juni 1966 i.S. Zwyssig und vom 3. April 1968 i.S. Gsell, Erw. 5 (veröffentlicht in ZBl 70 /1969 S. 43 ff.) hinsichtlich eines Waldabstandes von 20 bzw. 25 m das Bestehen eines hinreichenden öffentlichen Interesses und damit die Verfassungsmässigkeit einer solchen Eigentumsbeschränkung bejaht. Es hat ausgeführt, der Abstand zum Wald diene vorweg dem Schutz der waldnahen Bauten und ihrer Bewohner gegen Schädigung durch Windwurf und gegen ungünstige klimatische Einflüsse (Luftfeuchtigkeit). Ferner habe die Bevölkerung verschiedene Interessen am Wald selbst, welche mit den forstpolizeilichen nicht identisch seien; die Erhaltung des Waldes als klimatischer Faktor in der Landschaft, als Regulator des Wasserhaushalts, als Träger einer bestimmten Flora und Fauna sowie als Erholungsraum für die Bevölkerung sei wesentlich. Auch Interessen des Landschaftsschutzes liessen einen genügenden Abstand zwischen Bauten und Wald als wünschbar erscheinen. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Dem kantonalen Gesetzgeber steht mithin bei der Festsetzung des zu beachtenden Gebäudeabstandes ein erheblicher Ermessensspielraum offen, zumal dabei nicht allein nach forstpolizeilichen Gesichtspunkten vorgegangen zu werden braucht. Der Einwand des Beschwerdeführers, zur Verhinderung von Waldbränden sowie zur Ermöglichung des Holzschlags vom Waldrand aus genüge ein Gebäudeabstand von weniger als 20 m, dringt deshalb nicht durch. Das Vorgehen des luzernischen Gesetzgebers steht vielmehr durchaus im Einklang mit den Schlussfolgerungen einer Expertenkommission des Schweiz. Forstvereins, welche aufgrund einer umfassenden Prüfung der Frage einen Bauabstand von mindestens 30 m empfiehlt (vgl. "Spezielle Probleme im öffentlichen Forstrecht", Beiheft Nr. 39 zu den Zeitschriften des Schweiz. Forstvereins, 1966, S. 71). In BGE 96 I 129 wird zudem festgehalten, das die meisten Kantone für Wohnbauten einen Abstand von 30-40 m als Regel vorschreiben. Der Vorwurf, der Erlass von § 22 FG sei durch kein hinreichendes öffentliches Interesse gedeckt, erweist sich daher als unbegründet.
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