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88. Urteil vom 16. September 1970 i.S. Genossenschaft Migros St. Gallen und Genossenschaft Migros Schaffhausen gegen Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau sowie Kantone Thurgau, Schaffhausen und St. Gallen. | |
Regeste |
Kantonale Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen der juristischen Personen. Rechtsgleichheit, Handels- und Gewerbefreiheit, Doppelbesteuerung, Verhältnis zur eidg. Warenumsatzsteuer. |
2. Mit Art. 4 (und 31) BV vereinbar ist es, |
- dass die Minimalsteuer nur von den juristischen Personen zu entrichten ist (Erw. 4 a), |
- dass die Steuer nur auf den einen gewissen Betrag übersteigenden Bruttoeinnahmen berechnet wird (Erw. 4 c), |
- dass der Steuersatz für alle Branchen des Detailhandels gleich und überdies höher als derjenige für Engroshandels- und Fabrikationsunternehmungen ist (Erw. 4 f), |
- dass der Steuersatz 0,75 Promille beträgt (Erw. 4 e), |
- nicht dagegen, dass der Steuersatz progressiv. d.h. auf den einen bestimmten Betrag übersteigenden Bruttoeinnahmen höher ist (Erw. 4 d). |
3. Die Minimalsteuer verletzt die Steuerhoheit des Bundes (Art. 41ter |
Abs. 2 lit. a BV) nicht (Erw. 5) und verstösst dann nicht gegen Art. 46 Abs. 2 BV, wenn sie bei einer Betriebsstätte nicht auf dem ganzen im Kanton erzielten, sondern nur auf dem um den Vorausanteil des Sitzkantons gekürzten Umsatz berechnet wird (Erw. 6). | |
Sachverhalt | |
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Neben dieser im wesentlichen der bisherigen entsprechenden Ordnung sieht das StG für juristische Personen erstmals Minimalsteuern von den Bruttoeinnahmen und vom Grundeigentum vor. Die Bestimmungen über die erstere lauten:
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"§ 57. Minimalsteuer von den Bruttoeinnahmen. Die juristischen Personen, die ein Unternehmen betreiben, haben eine Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen zu entrichten.
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Die Steuer tritt an die Stelle der Ertrags- und Kapitalsteuer und ist zu entrichten, wenn sie die auf dem Ertrag und dem Kapital geschuldete Steuer übersteigt.
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§ 58. Bruttoeinnahmen.
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a) Skonti, Rabatte und Rückvergütungen sind von den Bruttoeinnahmen abzurechnen;
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b) bei den Banken gelten insbesondere die Erträge aus Aktivzinsen, die Kommissionen und die Erträge aus Wechseln und Wertschriften als Bruttoeinnahmen;
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c) bei den Lebensversicherungsgesellschaften sind die Prämien lediglich zur Hälfte als Bruttoeinnahmen anzurechnen;
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d) Beteiligungserträge gelten nicht als Bruttoeinnahmen.
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Die Bruttoeinnahmen werden für die Berechnung der Minimalsteuer mit dem Fr. 500'000.-- übersteigenden Betrag berücksichtigt.
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§ 59. Steuersatz.
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Die Minimalsteuer beträgt
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a) 0,75 Promille für die steuerbaren Bruttoeinnahmen des Detailhandels bis zu Fr. 2'000,000.-- und 1,5 Promille für den Mehrbetrag;
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b) 0,3 Promille auf allen übrigen Einnahmen.
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Nach § 61 StG haben die juristischen Personen ferner eine Minimalsteuer von dem im Kanton gelegenen Grundeigentum zu entrichten, die 0,75 Promille des Steuerwertes beträgt und erhoben wird, sofern sie die Steuer vom Kapital und Ertrag oder die Minimalsteuer von den Bruttoeinnahmen übersteigt (vgl. dazu BGE 96 I 64 ff.).
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B.- Die Genossenschaft Migros St. Gallen in St. Gallen (Migros-SG) und die Genossenschaft Migros Schaffhausen in Schaffhausen (Migros-SH, seither fusioniert mit der Genossenschaft Migros Winterthur) betreiben im Kanton Thurgau acht Verkaufsläden, welche Betriebsstätten im Sinne des interkantonalen Doppelbesteuerungsrechts bilden.
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Die Migros-SG erzielte im Jahre 1964 einen steuerbaren Gesamtertrag von Fr. 2'138,822, wovon nach Abzug eines Vorausanteils von 20 % für den Sitzkanton Fr. 323'561.-- auf den Kanton Thurgau entfielen. Der Anteil des Kantons Thurgau am steuerbaren Gesamtkapital von Fr. 4'971,700.-- betrug per 31. Dezember 1964 Fr. 1'314,000.--. Aufgrund dieser Faktoren hätte die von der Migros-SG im Kanton Thurgau zu entrichtende einfache Staatssteuer Fr. 15'504.30 betragen, während die Bruttoeinnahmen ihrer 7 Verkaufsläden von zusammen Fr. 27'806,893.-- eine Minimalsteuer von 1'41908 Promille = Fr. 39'460.35 ergaben. Die kantonale Steuerverwaltung verpflichtete sie deshalb für 1965 zur Entrichtung der Minimalsteuer, die mit Einschluss der Zuschläge und der Gemeindesteuer ![]() | 18 |
Bei der Migros-SH hätte die ordentliche Steuer Fr. 124.30, mit Zuschlägen und Gemeindesteuer Fr. 493.10 betragen. Statt dessen wurde von ihr eine Minimalsteuer von Fr. 601.45 bzw. Fr. 2'374.55 verlangt.
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Die Migros-SG und die Migros-SH erhoben gegen diese Veranlagungen gemeinsam Einsprache, wurden aber mit Entscheid vom 2. September 1966 abgewiesen. Hiegegen beschwerten sie sich bei der kantonalen Steuerrekurskommission (StRK), indem sie geltend machten, die Minimalsteuer gemäss §§ 57 ff. StG verstosse gegen Art. 4 und 31 BV und verletze insofern Bundesrecht, als sie auf eine Erhöhung der Warenumsatzsteuer hinauslaufe.
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Die StRK wies die Beschwerde mit Entscheid vom 23. Oktober 1967 ab. In den Erwägungen dieses Entscheides wird ausgeführt, dass mit der Minimalsteuer juristische Personen erfasst würden, die nicht danach streben, einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen. Bei diesen "nichtgewinnstrebigen" Unternehmen werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit weder durch den ausgewiesenen Reinertrag noch durch das Eigenkapital hinreichend zum Ausdruck gebracht und komme man den tatsächlichen Verhältnissen näher, wenn man auf den Umsatz als Ersatz-Anknüpfungsfaktor abstelle. Die Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen und ihre Ausgestaltung im thurgauischen StG verstosse weder gegen Art. 4 noch gegen Art. 31 BV und sei auch nicht bundesrechtswidrig.
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C.- Gegen diesen Entscheid der StRK haben die Migros-SG und die Migros-SH staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, ihn und die ihm zugrunde liegenden Veranlagungsverfügungen aufzuheben. Sie machen Verletzung der Art. 4, 31, 41ter Abs. 2 lit. a und 46 Abs. 2 BV geltend, verweisen auf das in ASA 34 (1965/66) S. 1 ff. abgedruckte Gutachten von Prof. I. BLUMENSTEIN und erheben folgende Rügen:
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a) Die Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen verstosse gegen Art. 4 BV, weil der Umsatz kein Kriterium der für die Besteuerung massgebenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne.
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b) Die Ausgestaltung der thurg. Minimalsteuer verstosse gegen Art. 4 und 31 BV
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- weil Grossunternehmen des Detailhandels fünfmal stärker belastet würden als die übrigen Unternehmen mit gleich hohem Umsatz und es an einer differenzierten Behandlung der verschiedenen Branchen des Detailhandels fehle,
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- weil die Minimalsteuer nur juristische, nicht aber natürliche Personen treffe.
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c) Die Minimalsteuer verstosse gegen Art. 41ter Abs. 2 lit. a BV.
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d) Schliesslich verletze der angefochtene Entscheid Art. 46 Abs. 2 BV.
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Die nähere Begründung dieser Rügen ergibt sich, soweit notwendig, aus den nachstehenden Erwägungen.
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D.- Der Regierungsrat und die StRK des Kantons Thurgau beantragen, die angefochtenen Veranlagungen seien dahin zu korrigieren, dass lediglich 80% des im Kanton Thurgau erzielten Bruttoumsatzes der Steuerberechnung zugrunde gelegt werde; im übrigen sei die Beschwerde abzuweisen.
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E.- Die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen ist der Auffassung, dass die Doppelbesteuerung durch die von den thurgauischen Behörden vorgeschlagene Korrektur der Veranlagung beseitigt werde. Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen hat sich nicht vernehmen lassen.
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F.- Auf Ersuchen des Instruktionsrichters hat die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau dem Bundesgericht nähere Angaben gemacht über die unter die Minimalsteuer fallenden und die nicht darunter fallenden juristischen Personen sowie über die Auswirkungen, welche die Herabsetzung der Freigrenze oder die Beseitigung der Progression hätte.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Der Entscheid der StRK vom 23. Oktober 1967 ist ein letztinstanzlicher Entscheid, der die Staatssteuerveranlagungen der Beschwerdeführerinnen für das Jahr 1965 geschützt und das Veranlagungsverfahren abgeschlossen hat. Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4, 31 und 46 Abs. 2 BV ist daher aus dem Gesichtspunkt der Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG zulässig. Sie wäre es übrigens auch, wenn es sich beim angefochtenen Entscheid um einen Zwischenentscheid im ![]() | 34 |
Mit der Berufung auf Art. 41 Abs. 1 lit. a BV wird dem Kanton Thurgau ein Übergriff in die Steuerhoheit des Bundes vorgeworfen. Das ist nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde, sondern mit verwaltungsrechtlicher Klage gemäss Art. 111 lit. a OG (heute: 116 lit. f rev. OG) geltend zu machen. Eine solche Klage kann jedoch mit der staatsrechtlichen Beschwerde in einer einzigen Eingabe vereinigt werden, weshalb die vorliegende Eingabe auch als verwaltungsrechtliche Klage entgegenzunehmen ist (BGE 81 I 185 E. 5 a mit Verweisungen, BGE 94 I 275 E. 1).
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a) Art. 4 BV bindet auch den Gesetzgeber. Ausser den Schranken, die sich aus Art. 46 Abs. 2 BV, aus dem übrigen Verfassungsrecht und aus dem Bundesrecht ergeben, hat deshalb der kantonale Steuergesetzgeber das Gleichheitsprinzip nach Art. 4 BV und das darin enthaltene Willkürverbot zu beachten. Gegen diese verfassungsmässigen Grundsätze verstösst ein Steuergesetz nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, wenn es sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt, ![]() | 38 |
Dass die streitige Minimalsteuer sinn- und zwecklos sei, behaupten die Beschwerdeführerinnen mit Recht nicht, da die Steuer zur Deckung des staatlichen und gemeindlichen Finanzbedarfs dient und ihr Sinn aus den Gesetzesmaterialien klar hervorgeht. Fraglich kann nur sein, ob sich die angefochtene Ordnung auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt und insbesondere, ob durch sie rechtliche Unterscheidungen getroffen werden, für die ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht zu finden ist. Die Frage, ob ein Steuergesetz diesen Anforderungen genügt, kann nicht aufgrund formaler Kriterien entschieden werden und fällt letztlich zusammen mit der Frage, ob das Gesetz gerecht sei, d.h. mit der Frage des "richtigen Rechts" (vgl. BURCKHARDT, Komm. der BV S. 30/31; E. BLUMENSTEIN, Die Minimalsteuer des Kantons Glarus ASA 3 S. 58/9; FAVRE, Droit constitutionnel suisse 2. Aufl. S. 260/62). Die Gerechtigkeit aber lässt sich nicht näher umschreiben. Sie ist jedenfalls ein relativer Begriff, der sich mit den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen wandelt. Das gilt insbesondere auch, soweit es um die Verteilung der Steuerlasten und um die Ausgestaltung der Steuern geht. Hiefür lassen sich in der Regel aus dem in Art. 4 BV enthaltenen Gleichheitssatz nur ganz allgemeine Gesichtspunkte und Richtlinien gewinnen.
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b) Alle neuern Gesetze über die direkten Steuern beruhen auf dem Gedanken der Besteuerung der natürlichen und juristischen Personen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Als Massstab derselben gelten bei den natürlichen Personen das Reineinkommen und das Reinvermögen, bei den juristischen Personen im allgemeinen der Reingewinn und das Kapital nebst den Reserven. Ob es angehe, im Rahmen eines Gesetzes, nach dem diese Faktoren die Objekte der direkten Steuern bilden, an ihrer Stelle bei gewissen Steuersubjekten und unter bestimmten Voraussetzungen den in einem Geschäftsbetrieb erzielten Umsatz, die mit diesem erzielten Bruttoeinnahmen zu besteuern, ![]() | 40 |
c) Dabei ist zunächst festzustellen, dass die tatsächlichen Verhältnisse, die in letzter Zeit Anlass zur Einführung von Minimalsteuern auf dem Umsatz gaben, ganz andere waren als bei der in BGE 61 I 321 ff. beurteilten Glarner Minimalsteuer, und dass sich auch die Anschauungen über die Zulässigkeit von Minimalsteuern seit jenem Urteil geändert haben. Die Glarner Minimalsteuer war offensichtlich eine gewerbepolitische Massnahme, die in der damaligen schweren Wirtschaftskrise ergriffen wurde; sie verfolgte den Zweck, die durch diese Krise stark betroffenen mittelständischen Kleinbetriebe des Detailhandels vor der Konkurrenz der Grossunternehmen zu schützen; sie war so ausgestaltet, dass sie bei diesen Grossunternehmen in der Regel an die Stelle der ordentlichen Steuer trat. Die heute in ![]() | 41 |
d) Bei den "nichtgewinnstrebigen Unternehmungen" lassen sich zwei Gruppen unterscheiden.
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Die eine Gruppe umfasst Unternehmungen, die zugunsten bestimmbarer Dritter, nämlich der sie beherrschenden Aktionäre oder Genossenschafter, auf die Erzielung eines höheren Gewinnes verzichten. Häufig handelt es sich um einen einzigen oder einige wenige Begünstigte, wie bei Immobiliengesellschaften, Partnerwerken der Elektrizitätswirtschaft (vgl. BGE 82 I 288 ff.) und sonstigen Hilfsunternehmen. In andern Fällen, so bei Wohnbau-, Einkaufs-, kleineren Konsumenten- und andern Genossenschaften ist der Kreis der Begünstigten grösser. Hier wie dort lässt sich aber die Höhe des Ertrags, auf den das Unternehmen zugunsten der Dritten verzichtet, annähernd schätzen, was es unter Umständen gestattet, ihn beim Unternehmen als verdeckte Gewinnausschüttung zu besteuern.
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Diese Möglichkeit entfällt bei der andern Gruppe "nichtgewinnstrebiger Unternehmungen". Dazu gehören vor allem grosse Konsumentengenossenschaften, die ihre vorteilhaften Leistungen nicht nur ihren Mitgliedern, sondern der Allgemeinheit anbieten. Diese Geschäftspolitik wird dadurch erleichtert, dass die Geschäftsleitung solcher Genossenschaften von den Mitgliedern als den rechtlichen Trägern der Unternehmung ![]() | 44 |
e) Der thurgauische Gesetzgeber ist offensichtlich den ![]() ![]() | 45 |
f) So wenig wie gegen Art. 4 BV verstösst eine auf dem Umsatz berechnete Minimalsteuer schon als solche gegen die in Art. 31 BV gewährleistete Handels- und Gewerbefreiheit. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bietet Art. 31 BV überhaupt keinen Schutz gegen eine allgemeine Steuer, welche die private Erwerbstätigkeit belastet, selbst wenn sie den Konkurrenzkampf erschwert (BGE 73 I 59 E. 7 und dort angeführte frühere Urteile). Er schliesst auch eine besondere fiskalische Belastung des Gewerbes nicht aus, wenn diese sich einerseits aus Gründen des allgemeinen Interesses rechtfertigt und nicht ausschliesslich gewerbepolitische Zwecke verfolgt und anderseits für das betreffende Gewerbe nicht prohibitiv ist, d.h. die Erzielung eines angemessenen Gewinns nicht verunmöglicht (BGE 87 I 30 /31 und dort angeführte frühere Urteile). Aus diesen Gesichtspunkten ist aber die Erhebung der angefochtenen Minimalsteuer auf dem Umsatz jedenfalls dem Grundsatze nach nicht zu beanstanden. Einmal gilt sie für alle von juristischen Personen betriebenen Unternehmungen, nicht nur für solche einer bestimmten Branche. Sodann verfolgt sie nicht gewerbepolitische Zwecke, sondern will bewirken, dass sämtliche Unternehmungen entsprechend ihrer tatsächlichen steuerlichen Leistungsfähigkeit belastet werden, was nicht bloss im fiskalischen Interesse liegt, sondern im allgemeinen öffentlichen Interesse an einer gerechten Verteilung der Steuerlasten. Ob die angefochtene Minimalsteuer prohibitiven Charakter habe oder durch ihre Ausgestaltung im einzelnen gegen Art. 31 BV verstosse, ist im folgenden zu prüfen.
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b) Die Beschwerdeführerinnen weisen darauf hin, dass die der Minimalsteuer zugrundeliegende Annahme, der Umsatz lasse auf eine steuerliche Leistungsfähigkeit schliessen, bei notleidenden Unternehmungen nicht zutreffe, dass das StG aber nichts vorsehe, um eine in diesem Fall unhaltbare Besteuerung auszuschliessen. Die kantonalen Behörden halten dem in der Beschwerdeantwort entgegen, dass in Härtefällen die Bestimmungen über den Steuererlass (§§ 129 ff. StG) anwendbar seien, was die Beschwerdeführerinnen in der Replik bestreiten. Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben, da auf die Beschwerde in diesem Punkte nach dem in Erw. 2 Gesagten mangels Legitimation der Beschwerdeführerinnen nicht einzutreten ist, denn es wird nicht geltend gemacht, dass die Beschwerdeführerinnen notleidend seien und die angefochtene Minimalsteuerveranlagung aus diesem Grunde unhaltbar sei.
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c) Nach § 58 Abs. 2 StG werden die Bruttoeinnahmen für die Berechnung der Minimalsteuer nur mit dem Fr. 500'000.-- übersteigenden Betrage berücksichtigt.
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Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, diese Freigrenze, ![]() | 51 |
Da erfahrungsgemäss nur verhältnismässig grosse Betriebe auf die volle Ausschöpfung ihrer Ertragsfähigkeit verzichten, die Gründe für die Erhebung der Minimalsteuer also regelmässig nur bei grösseren Unternehmungen vorliegen, ist es verständlich, dass alle Kantone, welche eine Minimalsteuer auf dem Umsatz eingeführt haben, eine Freigrenze vorsehen. Dabei hat die Gewährung eines allgemeinen Abzuges vom steuerbaren Umsatz gegenüber einer Mindestgrenze, bei deren Überschreitung der gesamte Umsatz erfasst wird, den Vorteil, im Grenzraum einen sprunghaften Übergang zu vermeiden, so dass die Lösung des thurgauischen StG aus dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit den Vorzug verdient. Fragwürdig erscheint sie, wie IMBODEN (ASA 34 S. 198) zutreffend bemerkt, einzig deshalb, weil ein allgemeiner Abzug, wenn er entsprechend hoch ist, eine ähnliche Wirkung haben kann wie ein progressiver Tarif. Ein solcher Tarif ist aber, wie die nachfolgenden Ausführungen ergeben, mit dem Wesen einer Minimalsteuer auf dem Umsatz unvereinbar und lässt sich nur gewerbepolitisch begründen. Ferner bewirkt der allgemeine Abzug, dass auch grössere Unternehmungen, deren Umsatz die Freigrenze verhältnismässig wenig übersteigt, nur theoretisch unter die Minimalsteuer fallen, da die auf dem geringen Überschussbetrag berechnete Abgabe fast immer niedriger sein wird als die auf dem Ertrag und Kapital geschuldete ordentliche Steuer.
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Dass sowohl bei Ansetzung einer Mindestgrenze wie auch bei Gewährung eines allgemeinen Abzuges kleinere Betriebe von der Steuer befreit sind, zwingt nicht zum Schluss, dass die Freigrenze aus gewerbepolitischen Gründen vorgesehen wurde, denn eine gewisse Freigrenze lässt sich auch veranlagungsökonomisch rechtfertigen. Ohne eine solche müssten nämlich die Steuerbehörden bei allen als juristische Personen organisierten Unternehmungen, also auch bei solchen, bei denen es wegen ihrer Kleinheit zum vorneherein höchst unwahrscheinlich ist, dass sie "nichtgewinnstrebig" sind und unter die Minimalsteuer ![]() | 53 |
Die erwähnten progressionsähnlichen Wirkungen des Abzugs können deshalb noch hingenommen werden, weil die Gewährung eines allgemeinen Abzugs, wie bereits ausgeführt, aus dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit den Vorzug verdient vor einer Mindestgrenze. Zu prüfen bleibt, ob der Betrag von Fr. 500'000.--, der wesentlich höher ist als die Freigrenze der andern Kantone (Fr. 100'000.-- bis Fr. 300'000.--), sich veranlagungsökonomisch oder (nur) gewerbepolitisch begründen lässt.
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Nach den vom Instruktionsrichter eingeholten Amtsberichten der thurgauischen Steuerverwaltung wiesen im Jahre 1965, d.h. im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten des StG, von den 723 alsjuristische Personen organisierten Unternehmungen rund 60% und, wenn man von den 82 Unternehmungen mit einem Umsatz von weniger als Fr. 100'000.-- absieht, bei denen das Vorliegen der Voraussetzungen der Minimalsteuer als ausgeschlossen erscheint, etwas über 70% einen Umsatz von über 500'000.-- auf. Schon diese grosse Zahl der theoretisch von der Abgabe betroffenen Unternehmungen spricht gegen die Annahme, der Kanton Thurgau habe den Abzug ausschliesslich oder vorwiegend aus gewerbepolitischen Gründen so hoch angesetzt.
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Wie den Amtsberichten weiter zu entnehmen ist, würde die Herabsetzung der Freigrenze auf Fr. 200'000.-- (entsprechend der Regelung im Kanton Waadt) zur Folge haben, dass sich die Zahl der von der Minimalsteuer betroffenen Unternehmungen von heute 11 um 14 auf 25 erhöhen würde. Diese erhebliche Zunahme der Zahl der Steuerpflichtigen würde jedoch nur einen Mehrertrag der Kantonssteuer (mit Zuschlag) von insgesamt Fr. 1'273.--, im Durchschnitt also weniger als Fr. 100 pro Unternehmen, ergeben. (Der Umstand, dass die Herabsetzung der Freigrenze überdies für die 11 schon bisher betroffenen Unternehmungen, darunter für die beiden Beschwerdeführerinnen, eine Mehrbelastung von 0,75 Promille von Fr. 300'000.-- = Fr. 225.-- zur Folge hätte, fällt in diesem Zusammenhang ![]() | 56 |
Lässt sich somit ein Abzug von Fr. 500 000.-- veranlagungsökonomisch rechtfertigen, so verstösst er nicht gegen Art. 31 BV. Im Hinblick auf seine wenig weitgehenden Auswirkungen verletzt er auch Art. 4 BV nicht, sondern hält sich noch im Rahmen der dem kantonalen Gesetzgeber beim Erlass von Steuergesetzen zustehenden Gestaltungsfreiheit.
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d) Während die Minimalsteuer auf allen übrigen Einnahmen einheitlich 0,3 Promille beträgt, also proportional ist, gilt für die Einnahmen des Detailhandels ein Satz von 0,75 Promille bis zum Betrag von zwei Millionen Franken und von 1,5 Promille für den Mehrbetrag (§ 59). Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass diese scharfe Progression sich nicht mit einer Anpassung der Steuer an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sondern nur mit gewerbepolitischen Gründen (Benachteiligung der Filialunternehmen gegenüber dem Einzelbetrieb) rechtfertigen lasse; zudem sei es unerfindlich, weshalb die Überschreitung eines gewissen Umsatzes beim Detailhandel und nur bei ihm zu einer Verdoppelung der Steuer führen solle, nicht aber beim Engroshandel und bei den Fabrikationsunternehmungen.
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Im angefochtenen Entscheid wird zur Rechtfertigung der Progression ausgeführt, dass sie auf der Annahme beruhe, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit komme bei nichtgewinnstrebigen Unternehmungen im erzielten Umsatz zum Ausdruck, und ![]() | 59 |
Sollertrag in % des Umsatzes = Minimalsteuersatz / Gewinnsteuersatz
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Das ergibt für eine proportionale Minimalsteuer ohne Freigrenze zum Satz von 0,75 Promille einen "Sollertrag" von 1'875% und für eine Steuer von 1,5 Promille einen "Sollertrag" von 3,75%. Das heisst mit andern Worten, dass eine Unternehmung bei einem Minimalsteuersatz von 0,75 Promille bzw. 1,5 Promille dann als "nichtgewinnstrebig" gilt und daher minimalsteuerpflichtig ist, wenn ihr Nettogewinn weniger als 1'875% bzw. 3,75% des Umsatzes ausmacht. Ebenso lässt sich der "Sollertrag" berechnen, wenn man die Freigrenze und die Progression des thurg. StG berücksichtigt. Dabei erscheint es, um ein möglichst wirklichkeitsgetreues Bild von den Auswirkungen der Freigrenze und der Progression zu erhalten, als angezeigt, von den aus den Amtsberichten ersichtlichen tatsächlichen Grössenverhältnissen der Unternehmungen dieses Kantons auszugehen. Nach dem Amtsbericht vom 15. Mai 1968 erzielten von den insgesamt 150 als juristische Personen organisierten Detailhandelsunternehmen ![]() | 61 |
Minimalsteuer Sollertrag
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Umsatz in Franken in % in %
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des Umsatzes des Umsatzes
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1) bei einer proportionalen Minimalsteuer von 0,75 Promille
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750 000 187.50 0'250 0'625
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1,5 Mio 750.-- 0'500 1'250
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5 Mio 3 375.-- 0'675 1'687
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20 Mio 14 625.-- 0'731 1'827
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2) bei einer progressiven Minimalsteuer gemäss § 59 lit. a StG
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750 000 187.50 0'250 0'625
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1,5 Mio 750.-- 0'500 1'250
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5 Mio 5 250.-- 1'070 2'675
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20 Mio 27 850.-- 1'392 3'480
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Schon bei einer proportionalen Minimalsteuer ergibt sich demnach, als Folge der Freigrenze, eine nicht unerhebliche Progression der Steuersätze und damit auch der "Sollerträge". Bei der Minimalsteuer gemäss § 59 lit. a StG ist die Progression so stark, dass Steuersatz und Sollertrag bei einem Umsatz von 20 Mio fast drei Mal höher sind als bei 1,5 Mio Umsatz.
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IMBODEN (ASA 34 S. 197) ist der Auffassung, dass es an sich widerspruchsvoll sei, eine Objektsteuer wie die Minimalsteuer auf dem Umsatz nach einem progressiven Tarif zu erheben und dass ein solcher Tarif mit Art. 31 BV nur vereinbar sei, soweit der Steigerung des Umsatzes eine "nachweisbar bessere Rentabilität" entspreche. In der Tat ist nicht einzusehen, weshalb - gemäss obiger Aufstellung - die grösseren Unternehmungen schon dann "nichtgewinnstrebig" sein und unter die Minimalsteuer fallen sollen, wenn sie mit einer Gewinnmarge von weniger als 3'348% bzw. 2'675% arbeiten, die kleineren dagegen erst dann, wenn ihr Nettogewinn weniger als 1'250% ![]() | 76 |
Soweit der Steuersatz von 1,5 Promille neben demjenigen von 0,75 Promille auf die Beschwerdeführerinnen angewendet worden ist, verstösst ihre Besteuerung demnach gegen Art. 31 BV und ist der angefochtene Entscheid daher aufzuheben.
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e) Dass der Steuersatz von 0,75 Promille, der nach Wegfall der Progression übrig bleibt und auf den gesamten Umsatz der Beschwerdeführerinnen anzuwenden ist, wegen seiner Höhe gegen Art. 4 oder 31 BV verstosse, wird in der Beschwerde mit Recht nicht geltend gemacht. Dieser Satz entspricht, selbst ohne Berücksichtigung der Freigrenze und der auf die Abgabe anrechenbaren Kapitalsteuer, einer Nettogewinnmarge (Sollertrag) von nur 1'875% auf dem Umsatz. Eine Minimalsteuer, ![]() | 78 |
Gesamtumsatz im Kanton Thurgau Fr. 27 806 893.--
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80% hievon Fr. 22 245 514.--
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abzüglich Freibetrag Fr. 500 000.--
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Steuerbarer Umsatz Fr. 21 745 514.--
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Steuer zu 0,75 Promille: Fr. 16 309.51
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Ob und inwieweit der Kanton Thurgau den proportionalen Satz von 0,75 Promille nach Wegfall der Progression ohne Verletzung der Art. 4 und 31 BV erhöhen könnte, ist hier nicht zu prüfen. Bemerkt sei lediglich, dass jedenfalls nichts einzuwenden wäre gegen einen Steuersatz von 1 Promille des Umsatzes, der die "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen im Ergebnis kaum höher belastet als der im Kanton Waadt seit 14 Jahren unangefochten geltende Satz von 0,8 Promille, neben dem noch eine Minimalsteuer von 0,4 Promille auf den investierten Kapitalien zu entrichten ist. Der Satz von 1 Promille entspricht einer Gewinnmarge (Sollertrag) von 2,5% und kann nicht als prohibitiv bezeichnet werden, zumal die Unternehmungen nicht gezwungen werden, tatsächlich mit dieser Gewinnmarge zu arbeiten, sondern nur die bei einer solchen Gewinnmarge geschuldete Steuer herauszuwirtschaften haben, was keine ins Gewicht fallende Erhöhung der Verkaufspreise erfordert. Ob und wieweit ein 1 Promille übersteigender Satz zulässig wäre, muss offen bleiben.
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f) Die Beschwerdeführerinnen beanstanden die Ausgestaltung der thurgauischen Minimalsteuer schliesslich auch deshalb, weil der Steuersatz für die Einnahmen des Detailhandels nicht nach Branchen abgestuft sei und weil er fünfmal höher sei als ![]() | 85 |
Wie die Beschwerdeführerinnen zutreffend ausführen, arbeiten die einzelnen Branchen des Detailhandels mit verschiedenen Gewinnmargen. Es wäre daher wünschbar, dieser Verschiedenheit bei der Festsetzung der Minimalsteuersätze Rechnung zu tragen. Das lässt sich jedoch praktisch kaum durchführen. Nicht nur ist es schwierig, die angemessenen minimalen Gewinnmargen der verschiedenen Branchen zu bestimmen und zueinander richtig abzustufen. Hinzu kommt, dass zahlreiche und gerade die grossen Detailhandelsgeschäfte mit sehr verschiedenen Waren handeln, woraus sich bei der Veranlagung fast unüberwindliche Schwierigkeiten ergeben würden. Im Hinblick hierauf ist ein einheitlicher Satz für alle Detailhandelsunternehmungen, wie ihn auch die andern Kantone mit Minimalsteuern auf den Bruttoeinnahmen vorsehen, aus dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV nicht zu beanstanden, sofern dieser Satz einer Gewinnmarge (Sollertrag) entspricht, die unter normalen Verhältnissen von allen gewinnstrebigen Unternehmungen überschritten wird, und das dürfte, wie vorher ausgeführt wurde, für die Gewinnmargen von höchstens 1'875% und 2,5% zutreffen, die den Minimalsteuersätzen von 0,75 Promille und 1 Promille bei den Genossenschaften entsprechen.
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Als sachlich richtig und jedenfalls nicht willkürlich erscheint sodann die leicht vorzunehmende Unterscheidung zwischen Einnahmen aus Detailhandel und übrigen Einnahmen. Da die Gewinnmargen im Detailhandel regelmässig wesentlich höher sind als diejenigen im Engroshandel, in der Fabrikation und auf andern Gebieten, hat die Expertenkommission zur Motion Piller - offenbar aufgrund von Berechnungen (vgl. Bericht S. 152) - vorgeschlagen, die Minimalsteuer für Einnahmen aus Detailhandel fünf- bis sechsmal höher anzusetzen als für Einnahmen aus Engroshandel. Auch in den andern Kantonen, die Minimalsteuern auf den Bruttoeinnahmen eingeführt haben, ist der Steuersatz für Einnahmen aus Detailhandel ein Mehrfaches desjenigen für andere Einnahmen (vgl. BRÉLAZ, L'impôt minimum du Canton de Vaud, RDAF 1961 S. 191 ff.). Nachdem in Erw. 4d festgestellt worden ist, dass der im thurg. StG für die Bruttoeinnahmen aus Detailhandel im Betrag von über zwei Millionen Franken vorgesehene Satz von 1,5 Promille verfassungswidrig und nur der Satz von 0,75 Promille anwendbar ist, ![]() | 87 |
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Im angefochtenen Entscheid und in der Beschwerdeantwort der StRK wird dies bestritten mit der Begründung, die Warenumsatzsteuer sei eine auf andere Personen überwälzbare und damit indirekte Steuer, die Minimalsteuer dagegen eine vom Pflichtigen wirtschaftlich selbst zu tragende, also direkte Steuer, bei welcher der Umsatz nicht als solcher besteuert werde, sondern lediglich zur Bestimmung der wirschaftlichen Leistungsfähigkeit in gewissen typischen Fällen (nichtgewinnstrebige Unternehmungen) diene.
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Der Einteilung der Steuern in direkte und indirekte und in Objekt- und Subjektsteuern kommt indessen, wie schon ERNST BLUMENSTEIN, Schweiz. Steuerrecht § 10 III, dargelegt hat, nur beschränkte juristische Bedeutung zu, soweit nicht das positive Recht oder die Praxis, wie etwa die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung, daraus bestimmte Folgerungen gezogen hat. Inwieweit die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Steuern und die Überwälzbarkeit für die Frage der Zulässigkeit der streitigen Minimalsteuer von Bedeutung sind, kann dahingestellt bleiben, da sich die in der Beschwerde erhobenen Einwendungen auch abgesehen davon als unbegründet erweisen.
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In dem dabei angerufenen Aufsatz von IMBODEN (ASA 34 S. 193 ff.) werden die Minimalsteuern zwar durchwegs als "Objektsteuern" bezeichnet, wobei als Objekt der Steuer auf den ![]() | 91 |
6. Die Beschwerdeführerinnen machen endlich noch geltend, die angefochtene Veranlagung verstosse gegen das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 46 Abs. 2 BV), denn der nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Besteuerung des Ertrags interkantonaler Unternehmungen geltende Verteilungsschlüssel sei nicht auf das rohe, sondern auf das reine Betriebsergebnis anwendbar, was voraussetze, dass die Steuer von diesem und nicht vom Umsatz erhoben werde. Während sodann im vorliegenden Falle der Umsatz der Migros-SG im Kanton Thurgau 18,91% des Gesamtumsatzes ausmache, entfalle nach Abzug des Vorausanteils von 20% zugunsten ![]() | 92 |
Die thurgauischen Behörden haben die Begründetheit dieses zweiten Einwands in der Beschwerdeantwort anerkannt und beantragen deshalb, die "Veranlagungen seien dahin zu korrigieren, dass lediglich 80% des im Kanton Thurgau erzielten Bruttoumsatzes der Steuerberechnung zugrunde gelegt wird". Sie sind bei dieser Anerkennung zu behaften und haben, da der angefochtene Entscheid schon aus einem andern Grunde aufzuheben ist, die notwendige Berichtigung im neu zu treffenden Entscheid selber vorzunehmen.
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Die kantonale Steuerverwaltung St. Gallen vertritt in ihrer Stellungnahme die Auffassung, durch diese Berichtigung werde die Doppelbesteuerung beseitigt, während die Beschwerdeführerinnen das in der Replik deshalb bestreiten, weil die Minimalsteuer nicht nur die Ertrags-, sondern auch die Kapitalsteuer ersetze und für diese ein anderer Verteilungsschlüssel gelte als das für die Ertragssteuerausscheidung massgebende Verhältnis der in den einzelnen Kantonen erzielten Umsätze, das übrigens nur für reine Handelsunternehmungen in Frage komme und bei Fabrikations- und andern Betrieben versage.
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Von einer unzulässigen Doppelbesteuerung kann indes nach Vornahme der Berichtigung, zu der sich die thurgauischen Behörden bereit erklärt haben, nicht mehr die Rede sein. Bei einer reinen Warenhandelsunternehmung wie der der Beschwerdeführerinnen ist der steuerbare Gesamtreingewinn, nach Abzug eines Vorausanteils für den Sitzkanton (hier unbestrittenermassen 20%), im Verhältnis des Umsatzes den beteiligten Kantonen zur Besteuerung zuzuweisen (LOCHER, Doppelbesteuerung § 8 II C 3 und dort angeführte Urteile). Wenn der Kanton einer Betriebsstätte eine auf die Ertrags- und die Kapitalsteuer anrechenbare Minimalsteuer auf dem Umsatz erhebt, den Umsatz also mittelbar anstelle des Reingewinns und des Kapitals als Kriterium für die steuerliche Leistungsfähigkeit behandelt, so verletzt er das Doppelbesteuerungsverbot jedenfalls dann nicht, wenn er der Steuerberechnung nicht den ganzen im Kanton erzielten Umsatz zugrunde legt, sondern nur den um den Vorausanteil des Sitzkantons gekürzten Umsatz, entsprechend der in der Beschwerdeantwort des Kantons Thurgau beantragten ![]() | 95 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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