BGE 96 I 602 | |||
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92. Urteil vom 25. September 1970 i.S. X. AG gegen Eidg. Steuerverwaltung. | |
Regeste |
Stempelabgaben. | |
Sachverhalt | |
A.- Die X. AG, die ihren Sitz in der Schweiz hat, bezweckt den Erwerb, die Verwaltung und die Veräusserung von Grundstücken, insbesondere auch den Erwerb von Beteiligungen an Einkaufszentren. Eine in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassene Bank hatte ihr ein Darlehen von DM 5'000,000.-- gewährt und es im Jahre 1962 gekündigt. Verhandlungen führten im Jahre 1963 zu einer neuen Regelung des Schuldverhältnisses. Die Bank verlängerte die Laufzeit des Darlehens um 8 Jahre. Es wurde vorgesehen, dass die X. AG das Darlehen vorzeitig zurückzahlen könne. Ferner wurde für das Guthaben ein Grundpfand bestellt; das belastete Grundstück liegt in der Bundesrepublik Deutschland.
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B.- Die Eidg. Steuerverwaltung betrachtete den erneuerten Kredit als langfristiges Darlehen im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. c BG vom 4. Oktober 1917 über die Stempelabgaben (StG) und Art. 36 BB vom 22. Dezember 1938 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushalts. Mit Entscheid vom 21. November 1968 forderte sie von der X. AG auf Grund dieser Bestimmungen für die ersten 6 Jahre der Laufzeit des erneuerten Darlehens Emissionsabgaben von 1,8‰, im Gesamtbetrage von Fr. 55'655.50, sowie für die in den Jahren 1963-1966 verfallenen Darlehenszinsen die Couponabgabe von 3% im Betrage von Fr. 43'941.40 gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. d BG vom 25. Juni 1921 betreffend die Stempelabgabe auf Coupons und die Verrechnungssteuer von 27% im Betrage von Fr. 395'472.20 gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. a BRB vom 1. September 1943 über die Verrechnungssteuer. Die Forderungen wurden durch Einspracheentscheid vom 28. April 1970 bestätigt.
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C.- Gegen diesen Entscheid führt die X. AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie macht geltend, die erhobenen Abgabeforderungen seien nach Art. 11 Abs. 1 lit. c. StG nicht begründet, weil für das Darlehen ein Grundpfand bestellt worden sei. Es sei unerheblich, dass der verpfändete Grundbesitz im Ausland liegt; denn das Gesetz gewähre die Steuerfreiheit auch in solchen Fällen.
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D.- Die Eidg. Steuerverwaltung beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, aus dem letzten Satz von Art. 11 Abs. 1 lit. c StG ergebe sich ohne weiteres, dass er sich auch auf Grundstücke im Ausland beziehe; denn er spreche von Grundpfändern und Grundpfandtiteln schlechthin, ohne zwischen in- und ausländischen Grundstücken zu unterscheiden; sein Wortlaut sei klar und bedürfe daher keiner Auslegung.
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Allerdings sagt der Text der Bestimmung nicht ausdrücklich, dass die hypothekarische Sicherstellung nur dann die Abgabefreiheit begründen könne, wenn das belastete Grundstück in der Schweiz liegt. Er mag daher den Anschein erwecken, er schliesse die Annahme, dass nicht auch die Belastung eines ausländischen Grundstücks zur Abgabefreiheit führen könne, klar aus. Ob dieser Anschein dem wahren Sinn des Gesetzes entspreche, lässt sich aber nur durch Auslegung ermitteln. Übrigens legt auch die Beschwerdeführerin den - nur scheinbar klaren - Gesetzestext aus, indem sie daraus, dass er die Steuerfreiheit nicht ausdrücklich auf den Fall der Belastung eines in der Schweiz liegenden Grundstücks beschränkt, den Schluss zieht, das Gesetz lasse eine solche Beschränkung nicht zu. Diese buchstäbliche Auslegung bedarf jedoch der Überprüfung, wobei die Entstehungsgeschichte der auszulegenden Vorschrift, ihr Grund und Zweck und ihr Zusammenhang mit anderen Bestimmungen zu berücksichtigen sind (vgl. BGE 95 I 326 E. 3).
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Die Beschwerdeführerin beruft sich vergeblich aufBGE 61 I 289undBGE 62 I 260. Dort wird eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung von Bestimmungen der Steuergesetze, insbesondere der Gesetzgebung des Bundes über die Stempelabgaben, nur für den Fall unzulässig erklärt, wo das Gesetz auf bestimmt umschriebene formale Tatbestände abstellt. Die Gesetzesvorschrift, um die es hier geht, ist aber nicht derart bestimmt gefasst, dass sie der Auslegung nicht bedürfte. In solchen Fällen ist es auch im Steuerrecht nicht ausgeschlossen, den Gesetzestext mit Rücksicht auf die ratio legis ausdehnend oder einschränkend auszulegen (BGE 72 I 310,BGE 76 I 210).
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3. Nach Art. 41 bis Abs. 1 lit. a BV erstreckt sich die Befugnis des Bundes, Stempelabgaben auf Urkunden des Handelsverkehrs zu erheben, nicht auf Urkunden des Grundstück- und Grundpfandverkehrs. Durch diese Einschränkung sollte die Belastung des Grundstück- und Grundpfandverkehrs mit Stempelabgaben den Kantonen vorbehalten und ihnen damit eine Steuerquelle belassen werden, über die sie schon seit langem verfügt hatten. Der Bund nahm Rücksicht darauf, dass der Verkehr mit Liegenschaften "derart lokalisiert ist, dass hier kantonale Besteuerung grundsätzlich vor der bundesrechtlichen den Vorzug verdient" (Botschaft des Bundesrates vom 11. Dezember 1916, BBl 1916 IV S. 544 ff., 556; W. BURCKHARDT, Kommentar der BV, 3. Aufl., S. 346 Ziff. 2;BGE 77 I 74). Eben deshalb, weil Art. 41 bis Abs. 1 lit. a BV die stempelrechtliche Belastung des Grundpfandverkehrs den Kantonen vorbehält, wurden im Schlusssatz von Art. 11 Abs. 1 lit. c StG Darlehen, für welche Grundpfänder bestellt oder Grundpfandtitel hinterlegt sind, grundsätzlich von der bundesrechtlichen Abgabepflicht ausgenommen. Mit dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber lediglich den erwähnten verfassungsrechtlichen Vorbehalt ausführen, d.h. die Steuerhoheit im Verhältnis zwischen Bund und Kantonen im Sinne der Verfassungsvorschrift abgrenzen (Botschaft des Bundesrates vom 28. Mai 1926, BBl 1926 I S. 764;BGE 77 I 74). Es sollte also bloss ausgeschlossen werden, dass Darlehen, für welche inländische Grundpfänder bestellt oder inländische Grundpfandtitel hinterlegt sind, nicht nur vom Kanton, in dem das Grundstück liegt, sondern auch vom Bund mit Stempelabgaben belastet werden. Nichts lässt darauf schliessen, dass es dem Gesetzgeber darum ging, eine doppelte Erhebung von Stempelabgaben allgemein, auch im internationalen Verhältnis, zu vermeiden. Der Bund hatte keinen Anlass, autonom (ohne vertragliches Gegenrecht) vor einer ausländischen stempelrechtlichen Belastung des Grundpfandverkehrs zurückzutreten. Die Vermeidung doppelter Besteuerung im internationalen Verhältnis blieb der zwischenstaatlichen Vereinbarung vorbehalten (Art. 9 bis StG).
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Die historische, die teleologische und die systematische (verfassungskonforme) Auslegung führen somit zum Ergebnis, dass die im Schlusssatz von Art. 11 Abs. 1 lit. c StG vorgesehene Abgabefreiheit auf Darlehen beschränkt ist, welche durch inländische Grundpfänder oder Grundpfandtitel sichergestellt sind.
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4. Wie bei der Gesetzgebung (W. BURCKHARDT, Methode und System des Rechts, S. 251 N 24), so ist auch bei der Auslegung des Gesetzes eine Lösung anzustreben, die "praktikabel" ist (A. MEIER-HAYOZ, Kommentar zu Art. 1 ZGB, N 213; E. HÖHN, Zur Auslegung des Steuerrechts, ASA Bd. 31 S. 474). Auch unter diesem Gesichtspunkte rechtfertigt sich die Auslegung, welche die Eidg. Steuerverwaltung dem letzten Satz von Art. 11 Abs. 1 lit. c StG gibt; denn die schweizerische Behörde würde vielfach auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stossen, wenn sie überprüfen müsste, ob für ein Darlehen ein ausländisches Grundpfand bestellt oder ein ausländischer Grundpfandtitel hinterlegt sei und ob der Wert eines solchen Unterpfandes in einem offenbaren Missverhältnis zum Betrag des Guthabens stehe.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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