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103. Urteil vom 20. November 1970 i.S. X. AG gegen Eidg. Steuerverwaltung | |
Regeste |
Warenumsatzsteuer. | |
Sachverhalt | |
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Im Anschluss an eine Revision forderte die EStV mit Entscheid vom 16. Januar 1969 wegen solcher Lieferungen für die Zeit vom 1. Januar 1963 bis zum 3. Juni 1968 an Warenumsatzsteuern Fr. 531 451.85 nebst Verzugszins zu 4% seit dem 30. August 1966 nach. Die EStV stellte fest, dass die für die Einfuhr nach Italien bestimmten Lieferungen Inlandlieferungen zwecks Ausfuhr seien, für welche die Beschwerdeführerin den Nachweis der Ausfuhr mittels der in der Verfügung Nr. 8 c des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 17. Juni 1954 genannten Dokumente nicht erbracht habe. Eine Einsprache gegen diese Steuernachforderung wies die EStV mit Entscheid vom 30. Dezember 1969 ab.
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B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Beschwerdeführerin, der Einspracheentscheid sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen aufzuheben.
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Zur Begründung macht die Beschwerdeführerin sinngemäss vor allem geltend, die von ihr gewählte Lieferungsart sei branchenüblich; auch sei die Ausfuhrabfertigung in der Schweiz zolltechnisch korrekt behandelt worden. Durch ihre Lieferungen, welche direkten Auslandlieferungen gleichzuachten seien, sei kein steuerpflichtiger Tatbestand entstanden; auch seien keine schweizerischen Fiskalinteressen verletzt worden. Der angefochtene Entscheid verletze somit den Grundgedanken des WUStB. Die Steuernachforderung sei auch unzumutbar, weil sie den in den beiden letzten Geschäftsjahren erzielten Reingewinn ![]() | 4 |
C.- Die EStV beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Hierzu ist grundsätzlich festzustellen, dass es dem System der schweizerischen Warenumsatzbesteuerung entspricht, Auslandlieferungen steuerfrei zu lassen, da die Ausfuhr begünstigt werden (BGE 76 I 71) und die Steuer lediglich den Inlandverkauf treffen soll. Deshalb unterliegt nach Art. 13 WUStB nur die Inlandlieferung der Steuer. Art. 54 Abs. 2 lit. b WUStB ermächtigt das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement (EFZD), Vorschriften über die Rückerstattung oder Verrechnung ![]() | 7 |
2. Es ist nicht zu bezweifeln, dass die Waren, für deren Lieferung die streitige Steuer nachgefordert wird, nach Italien ausgeführt wurden. Alle Beweisanträge, die darauf abzielen, dies nachzuweisen, sind überflüssig. Nicht ebenso unzweifelhaft ist, dass die Waren vor der Ausfuhr schweizerische Zollämter passiert haben. Die Beschwerdeführerin behauptet dies zwar; sie ist jedoch trotz Aufforderung den Nachweis dafür schuldig geblieben. Am einfachsten ist dieser Nachweis dadurch zu erbringen, ![]() | 8 |
Von den von der Beschwerdeführerin genannten Zollämtern, über die die Waren angeblich ausgeführt wurden, sind die meisten zur Abgabe von gestempelten Deklarationsdoppeln ermächtigt. Wäre die Ausfuhr tatsächlich über sie erfolgt, so hätten die Exporteure die Deklarationsdoppel ohne weiteres erlangen können. Bei dieser Sachlage liegt der Schluss nahe, dass die Waren, für deren Lieferung die streitige Steuer nachgefordert wird, über Zollämter ohne Sichtverbindung mit dem italienischen Zollamt oder überhaupt nicht auf einer Zollstrasse ausgeführt wurden. Die Erhebungen, welche die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragt, sind nicht geeignet, den Beweis nachträglich zu erbringen, dass die Waren die schweizerische Zollkontrolle passiert haben. Einzig die Passeure könnten darüber Auskunft geben. Es ist aber vorauszusehen, dass sie, selbst wenn sie bereit wären, auszusagen, keine überprüfbaren Angaben mehr machen könnten, nachdem die interessierenden Handlungen Jahre zurückliegen. Anderseits ist es den Zollbehörden nicht zuzumuten, bei den verschiedensten Zollämtern nachzuforschen, wo und wann die Passeure in den Jahren 1963-1966 eventuell Waren der Beschwerdeführerin vorgeführt haben. Dies ist bezüglich eines grossen Teils des für die Besteuerung in Frage kommenden Zeitraumes überhaupt nicht mehr möglich, weil Ausfuhrdeklarationen nur während zwei Jahren aufbewahrt werden. Da jedoch für sicher zu gelten hat, dass bedeutende Mengen von Seidengrège nach Italien ausgeführt werden, ohne dass dafür Ausfuhrdeklarationen erstellt ![]() | 9 |
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Dass im vorliegenden Fall schweizerische Fiskalinteressen nicht verletzt wurden, vermag nichts daran zu ändern, dass die Art, wie die Waren ausgeführt wurden, insofern nicht legal war, als ausländische Einfuhrvorschriften umgangen wurden. In solchen Fällen auf den Nachweis der Ausfuhr durch die in der Verfügung 8 c genannten Dokumente zu verzichten und die Steuern nicht zu erheben, käme einer Begünstigung der illegalen Einfuhr in ein Nachbarland durch schweizerische Behörden ![]() | 11 |
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So geht die Berufung auf eine Branchenusanz für diese Lieferungsart fehl. Nachgewiesenermassen besteht eine solche nicht. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob die Verfügung Nr. 2 des EFZD und die sie ersetzenden Verfügungen geeignet waren, die Bildung einer solchen Usanz zu fördern. Abgesehen davon könnte auch eine allfällige Branchenusanz steuerrechtlich nicht unbedingt massgebend sein, da Branchenusanzen, wo das Gesetz sie nicht vorbehält, sich nach dem Gesetz zu richten haben und nicht umgekehrt.
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Nicht von Bedeutung ist ferner, dass die ausländischen Käufer die beanstandete Lieferungsart verlangten. Es kann auch nicht wesentlich sein, dass die Verdienstspanne auf Seidengrège gering ist und die nachträgliche Steuerforderung die Beschwerdeführerin umso mehr belastet, als sie die Warenumsatzsteuer nicht mehr überwälzen kann. Die Beschwerdeführerin hätte bei ordnungsgemässer Ausfuhr die Umsatzsteuer vermeiden können. Unbefriedigend erscheint zwar, dass mangels einer periodischen Kontrolle in kurzen Abständen der geschuldete Steuerbetrag beträchtlich auflaufen konnte. Allein die Weisung des Merkblattes 38 war derart klar und unmissverständlich, dass die Beschwerdeführerin es sich selber zuzuschreiben hat, wenn sie die Weisung nicht ernst genommen hat und deswegen die Steuerforderung so hoch aufgelaufen ist.
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Unbehelflich ist sodann die Rüge, die nachträgliche Erhebung der Steuer sei unverhältnismässig und willkürlich. Die damit ![]() | 15 |
Die Beschwerdeführerin verlangt ferner die Einvernahme der Beamten N. und M., da letztere anlässlich einer Revision bei Y. AG, Zürich, im Jahre 1965 die von dieser Firma in gleicher Weise geübte Praxis in den Fällen von Inlandlieferungen zwecks Ausfuhr als rechtmässig erklärt hätten. Diesem Beweisantrag ist nicht stattzugeben. Aus den Akten, die dem Bundesgericht von der EStV zur Einsicht unterbreitet wurden, geht nicht hervor, dass die Praxis, welche die Beschwerdeführerin übte, von den Revisoren der Y. AG gegenüber gebilligt worden wäre. Im Gegenteil; aus einem Schreiben an die genannte Firma geht hervor, dass die Revisoren diese im Zusammenhang mit dem Ausfuhrnachweis bei Inlandlieferungen zwecks Ausfuhr ausdrücklich auf die Bestimmungen des Merkblattes 38 aufmerksam machten.
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Schliesslich schlägt auch der Einwand der Beschwerdeführerin, dass ein Grossist aus einem Freilager die Waren direkt hätte ins Ausland schmuggeln können und dass er in diesem Falle den Nachweis der Ausfuhr mit jedem geeigneten Mittel hätte erbringen können, nicht durch. Die verschiedene Regelung des Ausfuhrnachweises bei direkter Ausfuhr und bei Inlandlieferung zwecks Ausfuhr beruht auf der gesetzlichen Ordnung. Diese ist für das Bundesgericht verbindlich. Dasselbe gilt auch hinsichtlich ![]() | 17 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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