BGE 96 I 697 | |||
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105. Auszug aus dem Urteil vom 23. Dezember 1970 i.S. Stöckli gegen Hauser und Kantonsgericht von Graubünden. | |
Regeste |
Kantonaler Zivilprozess; Streitwertberechnung. Art. 4 BV. | |
Erwägungen: | |
1 | |
2. Im vorliegenden Fall betrug die vom Beschwerdegegner vor Bezirksgericht eingeklagte Forderung Fr. 9'028.40, bzw. Fr. 7'678.90 nach Abzug der für die Berechnung des Streitwertes nicht massgeblichen Zinsen. In der Hauptverhandlung anerkannte der Beschwerdegegner die Verrechnung mit der vom Beschwerdeführer einredeweise geltend gemachten Gegenforderung im Betrage von Fr. 5'837.48. Daraus darf nun nicht gefolgert werden, das Klagebegehren habe sich um diesen Betrag reduziert und der Beschwerdegegner habe nurmehr Fr. 1'841.42 (zuzüglich Zinsen) gefordert. Dass der Kläger die Gegenforderung anerkennt und sich auch mit einer Verrechnung einverstanden erklärt, heisst nicht, er setze sein Klagebegehren entsprechend herab. Die Frage, ob die eingeklagte Forderung begründet sei oder nicht, bleibt unabhängig von der Anerkennung der Gegenforderung weiterhin streitig, es sei denn, sie würde fallen gelassen oder anerkannt (GULDENER a.a.O. S. 101). Auch eine anerkannte Gegenforderung, die einredeweise geltend gemacht wurde, kann ja nur insoweit mit der eingeklagten Forderung verrechnet werden, als diese sich überhaupt als begründet erweist, was denn auch Streitfrage bleibt. Dafür, dass der Beschwerdegegner angesichts der Verrechnungseinrede sein Klagebegehren entsprechend herabgesetzt hätte, bestehen nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte, und auch das Obergericht nimmt dies nicht an, welches bloss aus der Anerkennung der Gegenforderung zu Unrecht auf eine Klagereduktion geschlossen hat. Der Beschwerdeführer hat die Klage des Beschwerdegegners auch nicht etwa im Betrage seiner Gegenforderung anerkannt. Er hat sie stets ganz bestritten. Somit blieb das Klagebegehren im vollen Umfange von Fr. 7'678.90 streitig.
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Das Bezirksgericht ist entsprechend dieser Rechtslage richtig vorgegangen, indem es zunächst die vom Beschwerdegegner geltend gemachte Forderung prüfte und sodann darüber befand, ob die Gegenforderung, die der Beschwerdeführer dem Anspruch des Beschwerdegegners entgegengestellt hatte, ausgewiesen sei. Dass bei Ausfällung des Urteils des Bezirksgerichts noch der ganze eingeklagte Betrag von Fr. 7'678.90 im Streite lag, kommt denn auch darin zum Ausdruck, dass dem Beschwerdegegner der Betrag von Fr. 2'121.32 in teilweiser Gutheissung der Klage zugesprochen wurde. Wäre, wie das Obergericht meint, nur noch über das um den Betrag der Gegenforderung reduzierte Klagebegehren zu befinden gewesen, hätte das erstinstanzliche Urteil auf Gutheissung lauten müssen.
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Das Obergericht beruft sich auf ein Urteil des Bundesge richts vom 20. November 1968 i.S. Barblan gegen Schedler und Graubünden. Auch dort hat das Bundesgericht indessen nichts anderes gesagt, als dass nicht der vom Beklagten nach der Verrechnung zu bezahlende, sondern der zwischen den Parteien noch streitige Betrag den Streitwert darstelle.
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Nach dem Gesagten beläuft sich der für die Berufung massgebende Streitwert auf mehr als Fr. 3'000.--. Insoweit sind deshalb die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung erfüllt. Indem das Obergericht dies verneinte und auf die Berufung nicht eintrat, verletzte es Art. 4 BV. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und der angefochtene Entscheid auf zuheben.
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