BGE 96 I 728 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
110. Auszug aus dem Urteil vom 20. November 1970 i.S. Wälli gegen Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich | |
Regeste |
Wehrsteuer vom Einkommen: Der Bezug von Gratisaktien unterliegt der Besteuerung nach Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB. | |
Aus den Erwägungen: | |
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Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB lehnt sich, was die Gewinnanteile aus Beteiligungen anlangt, in der ursprünglichen und insbesondere in der durch BRB vom 31. Oktober 1944 erweiterten Fassung an Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über die Stempelabgaben an, vor allem an Art. 5 Abs. 2 CG. Mit jener Erweiterung wollte der Bundesrat die Angleichung noch deutlicher hervorheben und damit klarstellen, dass alle nach der damaligen Gesetzgebung der Couponabgabe und der Verrechnungssteuer unterworfenen geldwerten Leistungen der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte auch der Wehrsteuer vom Einkommen unterliegen sollten (Zwischenbericht des Bundesrates vom 31. Oktober 1944 über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen, BBl 1944 S. 1216). Insbesondere sollte nach der Meinung des Bundesrates auch die Zuteilung von Gratisaktien, die in Art. 5 Abs. 2 CG ausdrücklich als geldwerte Leistung genannt war, unter Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB fallen.
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Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass die Gratisaktien in der Tat gemäss dem Willen des historischen Gesetzgebers von Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB erfasst werden; es hat ausgeführt, dass sie nach dieser Bestimmung dem nicht buchführungspflichtigen Empfänger im Zeitpunkt der Zuteilung, und zwar in der Regel zum Nennwert, als Einkommen angerechnet werden (BGE 70 I 319, BGE 80 I 40, BGE 83 I 194, BGE 85 I 117; ASA Bd. 20 S. 138, Bd. 25 S. 42, 85 und 493, Bd. 26 S. 131, 511 und 515, Bd. 28 S. 165, Bd. 33 S. 212).
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a) Wiederum wird vor allem eingewendet, die Ausgabe von Gratisaktien sei keine geldwerte Leistung, weil der Aktionär dadurch von der Gesellschaft nicht einen Wert erhalte, der ihm vorher noch nicht gehört habe.
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Freilich mag zutreffen, dass die Aktionäre durch den Bezug der Gratisaktien, wirtschaftlich betrachtet, nicht reicher werden. Darauf kommt es jedoch nicht an. Tritt eine Bereicherung nicht ein, so schliesst dies die Annahme einer geldwerten Leistung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB nicht aus. Der Aktionär kann ja aus der Gesellschaft überhaupt keinen Wert beziehen, an dem er nicht schon bisher als Gesellschafter wirtschaftlich Anteil hatte (BGE 83 I 282). Das gilt auch für die Dividende, die unbestrittenermassen von Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB erfasst wird.
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Unrichtig ist dagegen die weitergehende Behauptung, dass die Aktiengesellschaft bei der Ausgabe von Gratisaktien, anders als bei der Ausschüttung von Dividenden, nichts zugunsten der Aktionäre aus ihrem Vermögen ausscheide, keinen Vermögenswert auf die Aktionäre übertrage, sondern lediglich auf der Passivseite der Bilanz Reserven auf das Kapitalkonto umbuche. Das neue Aktienkapital muss aufgebracht werden. Die Gesellschaft fordert die dafür notwendigen Mittel nicht von den Aktionären ein, sondern stellt sie selbst zur Verfügung, indem sie auf Gewinne greift, die sie angesammelt hat. Die so bereitgestellten Mittel werden den Aktionären zugewendet, durch Gutschrift auf ihre persönliche Aktienbeteiligung übertragen. Damit werden sie der Verfügung der Gesellschaft entzogen. Die Aktionäre, die bisher eine blosse Anwartschaft auf einen Anteil an dem nun zur Liberierung der Gratisaktien verwendeten Gewinn hatten, erhalten diesen Anteil durch Zuteilung der neuen Aktien. Die alten Aktien werfen ihnen so einen Ertrag in Gestalt eines neuen gesellschaftlichen Beteiligungsrechts ab. Es werden ihnen neue Wertpapiere ausgestellt, über die sie zu eigenem Nutzen verfügen können. Sie empfangen ein neues Vermögensrecht, das im gleichen Umfange rechtlich geschützt ist wie das Aktienkapital als Ganzes. Gewiss dient der Schutz des Aktienkapitals vorab den Interessen der Gesellschaftsgläubiger, aber zugleich auch denjenigen der Aktionäre. Das Zivilgesetz gewährleistet dem Aktionär die Erhaltung des von ihm - oder für ihn von der Gesellschaft - in Aktien investierten Vermögens; er hat einen mit Klage gegen die Gesellschaft durchsetzbaren Anspruch darauf, dass das Aktienkapital - und damit auch sein Anteil daran - nicht geschwächt werde (Art. 646 ff. OR, mit dem Randtitel: "Schutz der Aktionäre und des Grundkapitals"; SIEGWART, Kommentar zu Art. 620-659 OR, Einleitung N. 247 f.). Der zusätzlichen festen, in einem neuen Wertpapier verkörperten Beteiligung, welche der Aktionär von der Gesellschaft gratis erhält, muss Geldwert zuerkannt werden. Die Ausgabe von Gratisaktien ist also eine geldwerte Leistung, mit der den Aktionären ein Gewinnanteil aus Beteiligung ausgerichtet wird, so dass sie unter Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB fällt (ASA Bd. 25 S. 494, Bd. 28 S. 166, Bd. 33 S. 213/4).
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b) Das Bundesgericht hat festgestellt, dass im Wortlaut von Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB die vom historischen Gesetzgeber angestrebte Angleichung an die Ordnung der Couponabgabe und der Verrechnungssteuer verwirklicht ist (BGE 80 I 41; ASA Bd. 33 S. 214 E. 3). Der Beschwerdeführer meint, diese Feststellung sei jedenfalls heute nicht mehr schlüssig; er weist darauf hin, dass das Couponsteuergesetz durch das BG über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 aufgehoben worden ist. Er übersieht jedoch, dass die Gratisaktien von diesem neuen Gesetz ebenfalls erfasst werden. Sie sind Ertrag beweglichen Kapitalvermögens gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. b daselbst (BGE 95 I 600). Würden sie nicht auch als Einkommen aus beweglichem Vermögen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB angerechnet, so entstände ein Widerspruch zum Verrechnungssteuergesetz, das u.a. gerade die direkten Steuern vom Ertrag beweglichen Kapitalvermögens, den es belastet, sichern soll.
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Nach der Ordnung der Wehrsteuer vom Einkommen nicht buchführungspflichtiger natürlicher Personen kommt es nicht darauf an, ob das Vermögen des Steuerpflichtigen infolge der Zuweisung eines Gewinnanteils aus Beteiligung wertmässig zugenommen hat oder nicht. Der Gewinnanteil wird bei demjenigen besteuert, der ihn bezieht, also im Zeitpunkt der Leistung Inhaber des Beteiligungsrechts ist, ohne Rücksicht darauf, was er ausgelegt hat, um dieses Recht zu erwerben. Die Leistung wird ihm in dem Betrage, den die Gesellschaft dafür aus dem angesammelten Gewinn aufbringt, als Einkommen angerechnet (vgl. BGE 90 I 261 E. 3, betreffend Obligationenzinsen).
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Dies gilt auch für die Zuteilung von Gratisaktien. Der Geldwert dieser Leistung entspricht dem Betrage, der für sie aus dem Gewinn der Gesellschaft ausgeschieden wird, d.h. in der Regel dem Nennwert der neu ausgegebenen Aktien. In diesem Betrage empfängt der Aktionär einen Ertrag der bisherigen Beteiligung, ein Einkommen aus ihr. Die Bundesratsbeschlüsse von 1934 und 1938 über die Krisenabgabe hatten freilich in einer besonderen Bestimmung für die Verteilung von Gratisaktien, Genussscheinen und Gründeranteilen den Abzug "des sich daraus ergebenden Minderwertes der bisherigen Beteiligungsrechte und allfälliger Gegenleistungen des Empfängers" vorgesehen (Art. 21 bzw. 22, Ziff. 3). Diese Sonderregelung ist indes nicht in den Wehrsteuerbeschluss übernommen worden; sie hatte sich in der Praxis als unbefriedigend erwiesen (BGE 70 I 322 E. 2 a; ASA Bd. 33 S. 214).
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Dem System einer Subjektsteuer, welches der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung trägt, entspricht die Ordnung der Wehrsteuer auf Gewinnanteilen aus Beteiligung nicht buchführungspflichtiger natürlicher Personen allerdings nicht (KÄNZIG, Wehrsteuer, N. 60 zu Art. 21 WStB). Sie wird in der Literatur denn auch als "objektives" System bezeichnet, während die abweichende Regelung, die der Wehrsteuerbeschluss für buchführungspflichtige Personen trifft, "subjektives" System genannt wird (FLÜGE, in "Die schweizerische Aktiengesellschaft" 1959/60, S. 201 ff.). Die Unzukömmlichkeiten, die sich aus der Anwendung dieser Ordnung auf die Zuteilung von Gratisaktien - wie auch auf die Zuweisung anderer Gewinnanteile aus Beteiligung - unter Umständen ergeben können, sind jedoch von der Steuerbehörde und vom Richter hinzunehmen; Abhilfe könnte nur der Gesetzgeber schaffen (ASA Bd. 33 S. 215; KÄNZIG a.a.O.).
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