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10. Urteil vom 29. Januar 1971 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Art. 100 lit. b und Art. 101 lit. d OG; Art. 10 ANAG. |
Fehlt ein völkerrechtlicher Anspruch auf Wiedereinreise, so ist die Behörde auch beim Entscheid über vorübergehende Aufhebung der Ausweisung auf das pflichtgemässe Ermessen verwiesen; Überprüfung des Entscheides auf Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Erw. 3); für die Interessenabwägung massgebende Gesichtspunkte (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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Am 11. Februar 1943 hat die Polizeidirektion des Kantons Zürich den Beschwerdeführer auf Grund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG dauernd aus der Schweiz ausgewiesen. Diese Verfügung konnte dem Beschwerdeführer erst am 24. April 1968 zugestellt werden, als er sich in einem Hotel in B. aufhielt. Am 16. Mai 1968 ersuchte der Beschwerdeführer um die Aufhebung der Ausweisung. Die Polizeidirektion wies das Begehren ab. Das Militärkassationsgericht hat am 17. Juli 1968 die gegen den Beschwerdeführer ergangenen Strafurteile im Strafregister gelöscht. Den Rekurs des Beschwerdeführers gegen die Verfügung der Polizeidirektion hat der Regierungsrat am 30. Januar 1969 abgewiesen.
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Am 11. November 1969 ersuchte der Beschwerdeführer die Eidgen. Fremdenpolizei, ihm die Einreise in die Schweiz für die Dauer einer Woche zu gestatten. Die Fremdenpolizei überwies das Gesuch zuständigkeitshalber der Polizeidirektion des Kantons Zürich. Diese wies das Begehren ab. Den Rekurs dagegen hat der Regierungsrat des Kantons Zürich am 12. März 1970 ![]() | 3 |
B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt X., die Ausweisung für die Dauer einer Woche aufzuheben.
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Die Begründung des Antrages ergibt sich soweit notwendig aus den nachfolgenden Erwägungen.
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C.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Eidgen. Justiz- und Polizeidepartement schliesst ebenfalls auf Abweisung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Da die angefochtene Einreisesperre auch von einer letztinstanzlichen kantonalen Behörde ausgeht, steht dem Betroffenen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Verfügung.
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2. Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass der Regierungsrat das Gesuch um gänzliche Aufhebung der Ausweisung abgewiesen hat, obwohl das Militärkassationsgericht die Strafen mittlerweile im Strafregister gelöscht hatte. Er macht aber mit Recht nicht geltend, dass sich die Gutheissung der Beschwerde automatisch aus der Rehabilitation ergebe. Jene ![]() | 11 |
Wenn sowohl die gesetzliche Grundlage als der Zweck der administrativen Ausweisung von einander verschieden sind (HOFMANN, Das Verhältnis der gerichtlichen Landesverweisung als Nebenstrafe zur administrativen Ausweisung, SJZ Bd. 53 1957 S. 313), darf übrigens angenommen werden, dass auch der Hinfall der gerichtlichen Landesverweisung durch Rehabilitation nicht automatisch den Wegfall der administrativen Ausweisung zur Folge haben muss. Auch für andere Gebiete gilt der Grundsatz, dass die Verwaltungsbehörde die Verwaltungsgesetze unabhängig vom Strafrecht anzuwenden hat, jedenfalls wenn sich der Entscheid im Rahmen des der Verwaltung zustehenden Ermessens hält, sofern das Gesetz sie auf dieses verweist.
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Der Charakter der Bestimmung als Kann-Vorschrift und die Anweisung an die Behörde, die sämtlichen Umstände zu berücksichtigen, machen klar, dass es sich um einen Entscheid handelt, den die Behörde nach pflichtgemässem Ermessen zu treffen hat, vom Falle immerhin abgesehen, wo ein völkerrechtlicher Anspruch auf Wiedereinreise besteht (BBl 1965 II 1307, 1315; GRISEL a.a.O.). Auf einen derartigen Anspruch aus Staatsvertragsrecht kann sich der Beschwerdeführer nicht berufen. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann deshalb ausser der Rüge unrichtiger oder unvollständiger Tatbestandsfeststellung und derjenigen der Verletzung von Bundesrecht nur die Rüge der Überschreitung oder des Missbrauchs des behördlichen Ermessens, nicht auch der Unangemessenheit der Verfügung ![]() | 14 |
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Die Einstellung der Ausweisung ist mit dem angefochtenen Entscheid jedoch nicht bloss deshalb verweigert worden, weil der Beschwerdeführer damit nicht rechtsungleich behandelt werde. Sie wird damit begründet, dass das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers schwer, und dass unsicher sei, ob die Verurteilung ohne den Vollzug der Strafe die verschiedenen Strafzwecke erreicht habe; ferner damit, dass der Beschwerdeführer den Aufenthalt in der Schweiz wiederholen wolle und dass die geschäftlichen Besprechungen, für welche die Einreisebewilligung verlangt werde, diese nicht zu rechtfertigen vermöchten.
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Dass der Beschwerdeführer bei gleichen tatsächlichen Verhältnissen mit der Verweigerung der Einreisebewilligung anders, schlechter behandelt worden sei als andere Gesuchsteller, wird von ihm nicht behauptet. Er gehört nicht zu den Personen, auf welche die neuere Praxis des Regierungsrates zutrifft. Die Verbrechen, wegen deren er verurteilt worden ist, sind nicht leicht, sondern müssen als schwer bezeichnet werden, objektiv sowohl als subjektiv, auch wegen ihrer Häufung und Wiederholung. Dass er im Abwesenheitsverfahren verurteilt wurde, sich vor dem Strafrichter nicht stellte, ist nicht erheblich. Er behauptet nicht, dass bestimmte, zu seinen Gunsten sprechende Umstände nicht gewürdigt wurden. Er hätte sich dies auch selbst zuzuschreiben gehabt. Dasselbe gilt von der Behauptung, die während des Krieges gefällten Urteile seien aus der damaligen Zeit und Mentalität zu verstehen und die Verurteilung wäre unter veränderten Verhältnissen möglicherweise anders ausgefallen.
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Ob dem Umstand Bedeutung zukommt, dass der Beschwerdeführer gegenwärtig für die Sicherheit des Landes keine Gefahr darstellen dürfte, mag auf sich beruhen. Jedenfalls brauchte hierauf nicht entscheidend abgestellt zu werden. Der Ausländer, der in einer für die Unabhängigkeit des Gastlandes schweren Zeit wegen Verletzung militärischer Geheimnisse und verbotenen Nachrichtendienstes verurteilt worden ist, und der sich der Strafe entzogen hat, ist auch unerwünscht, wenn sich die politischen Verhältnisse inzwischen geändert haben und eine Wiederholung des Verbrechens nicht mehr zu befürchten ist. Das öffentliche Interesse an seiner Fernhaltung dauert fort, sofern nicht ganz gewichtige Interessen des Ausgewiesenen die Aufhebung der Einreisesperre rechtfertigen. Ein solcher Grund liegt nicht vor.
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Der Beschwerdeführer hat das Gesuch damit begründet, dass er zur schweizerischen Industrie enge Beziehungen habe und dass die Zusammenarbeit mit einer Firma einlässliche Verhandlungen erfordere, welche seine persönliche Anwesenheit in der Schweiz notwendig machen. Er würde auch persönlich untragbar, wenn er an Verhandlungen und Sitzungen nicht mehr teilnehmen könnte.
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Der Beschwerdeführer hat unterlassen, diese Behauptungen glaubhaft zu machen. Weder ergibt sich aus seinen Vorbringen, dass die vorgesehenen geschäftlichen Verhandlungen nicht in Deutschland oder in einem andern Lande möglich sind, noch dass sie in der Schweiz nicht durch andere Organe, oder dass sie nicht schriftlich oder telephonisch geführt werden können. Dafür, dass es sich nicht um die Interessen einer einzelnen schweizerischen Fabrik handeln kann, spricht der Umstand, dass der Beschwerdeführer bereits in B. Besprechungen und Verhandlungen geführt hat. Warum er sich nicht durch jemand anders vertreten lassen kann, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das blosse wirtschaftliche Interesse an der Ausdehnung der Geschäftstätigkeit, von der nicht feststeht, dass sie für den Beschwerdeführer wichtig ist, vermag dasjenige, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Verurteilung die Schweiz nicht mehr soll betreten können, nicht aufzuwiegen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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