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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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17. Auszug aus dem Urteil vom 29. März 1971 i.S. X. gegen Y. und Rekursrichter für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantonsgerichts St. Gallen | |
Regeste |
Art. 4 BV, Fristenlauf. | |
Sachverhalt | |
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X. führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV mit dem Antrag, der Entscheid des Rekursrichters vom 17. Dezember 1970 sei aufzuheben.
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Aus den Erwägungen: | |
Gegen den Entscheid über die Bewilligung des Rechtsvorschlags in der Wechselbetreibung kann innerhalb fünf Tagen nach dessen Mitteilung bei der oberen kantonalen Gerichtsinstanz Berufung eingelegt werden (Art. 185 SchKG). Unter der Mitteilung bzw. Zustellung im Sinne dieser Bestimmung ist grundsätzlich die tatsächliche Aushändigung der den Entscheid enthaltenden Sendung an den Adressaten oder an eine andere zur Entgegennahme berechtigte Person zu verstehen (vgl. BGE 83 III 95). Ist bei der Zustellung von eingeschriebenen Sendungen kein Bezugsberechtigter anzutreffen, so wird der Zustellversuch auf der Sendung vermerkt und eine Abholungseinladung mit Fristangabe hinterlassen (Art. 157 der Vollziehungsverordnung I zum Postverkehrsgesetz (PVG) vom 1. September 1957, AS 1957, S. 1457). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts gilt eine eingeschriebene Sendung in diesem Fall grundsätzlich erst dann als zugestellt, wenn sie innert Frist tatsächlich abgeholt wird (BGE 83 III 96 mit Verweisungen). Verfügt der Adressat jedoch über ein Postfach, so gilt sie an dem Tag als zugestellt, an dem die Eingangsanzeige ins Fach gelegt wird, vorausgesetzt, dass dies vor Schalterschluss geschieht und die Sendung noch am gleichen Tag abgeholt werden könnte (BGE 92 I 19 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Massgeblich sind in diesem Zusammenhang die ordentlichen Öffnungszeiten, die zur Bedienung geschäftlicher Unternehmungen vorgesehen sind; ausserordentliche Öffnungszeiten, durch welche nachts oder an Feiertagen die Abholung dringlicher Sendungen ermöglicht wird, fallen ausser Betracht (BGE 92 I 19). Die allgemeine Öffnung der Postschalter am Samstagvormittag gilt als ordentliche Öffnungszeit (BGE 92 I 20 oben).
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Der Beschwerdeführer anerkennt, dass der angefochtene Entscheid der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entspricht. Er macht jedoch geltend, diese Praxis sei ungerecht, da die meisten Postfächer mit Rücksicht auf die Fünftagewoche an Samstagen nicht mehr geleert würden. Er regt an, die Rechtsprechung dahin zu ändern, dass eine Eingangsanzeige, die dem Postkunden am Samstag ins Fach gelegt werde, keine gültige Zustellung darstelle und dass sie demzufolge für einen allfälligen Fristenlauf unbeachtlich sei.
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Das Bundesgericht hat sich bereits im Falle BGE 92 I 20 /21 eingehend mit ähnlichen Einwendungen auseinandergesetzt und im wesentlichen folgendes ausgeführt: Richtig sei, dass eingeschriebene Sendungen einer Unternehmung, deren Betrieb am Samstag geschlossen sei und die über kein Postfach verfüge, erst am Montag zugestellt werden könnten. Daraus ergebe sich zwar in bezug auf einen allfälligen Fristenlauf eine Besserstellung gegenüber dem Postfachinhaber. Die Behebung dieser Ungleichheit obliege indessen dem Gesetzgeber, der zu diesem Zweck eine Ordnung aufstellen müsste, wonach der Samstag nicht nur hinsichtlich des Ablaufs, sondern auch in bezug auf den Beginn einer Frist wie ein Feiertag zu behandeln wäre (vgl. das BG über den Fristenlauf an Samstagen, AS 1963, S. 819).
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An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Der Postfachinhaber geniesst gegenüber dem gewöhnlichen Postkunden gewisse Vorteile: die Zustellung erfolgt rasch, da keine Botengänge notwendig sind; weiter wird dem Kunden ermöglicht, mehrmals täglich (auch ausserhalb der Schalteröffnungszeiten) Sendungen in Empfang zu nehmen. Mit der Miete eines Postfachs gibt er jedoch seine Absicht bekannt, die für ihn bestimmten Sendungen zu dem ihm genehmen Zeitpunkt abholen zu wollen. Wer über ein Postfach verfügt, anerkennt somit, dass ihm die für die Fachbedienung bestimmten Sendungen grundsätzlich ![]() | 8 |
Im vorliegenden Fall besteht für ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung übrigens umso weniger Anlass, als der Beschwerdeführer nicht behauptet, die am Samstag erfolgte Zustellung des anfechtbaren Entscheids habe es ihm verunmöglicht, rechtzeitig die Berufung zu erklären.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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