BGE 97 I 438 | |||
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59. Urteil vom 11. Juni 1971 i.S. X. GmbH gegen Eidg. Steuerverwaltung. | |
Regeste |
Emissionsabgabe auf Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (BG über Ergänzung und Abänderung der eidgenössischen Stempelgesetzgebung, vom 24. Juni 1937). |
Verrechnungssteuer auf dem Ertrag der Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (BG über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 und Vollziehungsverordnung vom 19. Dezember 1966). |
Ist die Rückerstattung der nicht auf das Stammkapital angerechneten Einlagen der Gesellschafter - entgegen einer wörtlichen Auslegung der Verordnung - von der Verrechnungssteuer befreit? Einschränkung der Rechtsprechung (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
A.- Die im Dezember 1964 gegründete X. GmbH mit Sitz in der Schweiz bezweckt u.a. den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an anderen Unternehmen. Ihr Stammkapital beträgt Fr. 50'000.--. Vom Februar 1965 an bestand eine einzige Stammeinlage. Sie wurde von der in der Schweiz domizilierten Gesellschaft Y. treuhänderisch für N. gehalten, der in der Bundesrepublik Deutschland wohnt. Im Dezember 1966 wurde sie auf eine weitere Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz übertragen.
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N. und seine Ehefrau waren Gesellschafter der in der Bundesrepublik Deutschland domizilierten Z. GmbH. Diese erhöhte am 25. November 1964 ihr Stammkapital von DM 20'000.-- auf DM 300'000.--. Der neue Stammanteil von DM 280'000.-- sollte unter Ausschluss des Bezugsrechts der bisherigen Gesellschafter an einen von N. zu bezeichnenden Dritten zum Nennwert abgegeben werden. Gemäss Beschluss der Z. GmbH vom 15. März 1965 übernahm indessen Frau N. davon DM 56'000.--, während der Rest von DM 224'000.-- der X. GmbH zum Nennwert überlassen wurde.
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B.- Die Eidg. Steuerverwaltung (EStV) schätzte den Verkehrswert dieser von der X. GmbH übernommenen Stammeinlage auf DM 1'320,000.--. Sie nahm an, N. habe der X. GmbH im Betrage der Differenz von DM 1'096,000.-- (= Fr. 1'180,000.--) zwischen diesem Wert und dem Nennwert einen Nachschuss geleistet, für den nach dem BG vom 24. Juni 1937 über Ergänzung und Abänderung der eidgenössischen Stempelgesetzgebung (ErgStG) die Emissionsabgabe zu entrichten sei. Die X. GmbH erklärte sich zur Bezahlung der Emissionsabgabe bereit unter der Bedingung, dass sie den Mehrwert später verrechnungssteuerfrei wieder ausschütten könne. Die EStV verlangte mit Entscheid vom 5. September 1969 die Emissionsabgabe in der Höhe von Fr. 23'600.--; im gleichen Entscheid stellte sie im Verfahren nach Art. 41 lit. b des BG vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG) fest, dass die allfällige Rückleistung des Nachschusses an Gesellschafter der X. GmbH oder an ihnen nahestehende Dritte der Verrechnungssteuer unterläge. Sie wies die Einsprache der X. GmbH am 22. September 1970 ab. Der Begründung des Einspracheentscheids ist zu entnehmen:
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N. habe der X. GmbH durch Zuwendung eines unterbewerteten Sachwerts eine Leistung erbracht, die nach Art. 1 Abs. 1 lit. b und Art. 2 Abs. 2 lit. b ErgStG mit der Emissionsabgabe zu erfassen sei, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass eine spätere Rückleistung der Einlage mit der Verrechnungssteuer belastet würde.
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In der Tat wäre eine solche Rückleistung nach Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 der zugehörigen Vollziehungsverordnung vom 19. Dezember 1966 (VStV) Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens, da sie nicht eine Rückzahlung von Anteilen am Stammkapital der X. GmbH darstellen würde. Das VStG verwende - in vereinfachter Fassung - den gleichen Ertragsbegriff wie der BRB über die Verrechnungssteuer vom 1. September 1943. Die Umschreibung des Begriffs in Art. 20 Abs. 1 VStV halte sich im Rahmen des Gesetzes. Die abweichende Auffassung der Einsprecherin sei nicht vereinbar mit dem hauptsächlichen Zweck der Verrechnungssteuer, die Hinterziehung der direkten kantonalen Steuern auf beweglichem Kapitalvermögen und seinem Ertrag einzudämmen. Die Rückzahlung von Nachschüssen der in Frage stehenden Art werde in den Kantonen in der Regel als steuerbares Einkommen des Gesellschafters erfasst. Sie unterliege dementsprechend auch nach wie vor der Verrechnungssteuer. Der Gesellschafter, der ein Agio oder einen anderen Kapitalnachschuss à fonds perdu leiste, erwerbe der Gesellschaft gegenüber nicht eine Forderung, sondern äufne ihre Reserve, so dass er durch die Rückleistung sachlich einen Gewinnanteil erhalte.
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Würde der Auffassung der Einsprecherin gefolgt, so wäre die rechtsgleiche Durchführung der Verrechnungssteuer auf Beteiligungserträgen in Frage gestellt. Es müsste bei der Steuererhebung stets abgeklärt werden, ob die Leistung der Gesellschaft aus Mitteln herrühre, die früher einmal vom Gesellschafter eingebracht worden seien. Daraus ergäben sich ungeahnte Umtriebe für die Steuerverwaltung, die steuerpflichtigen Gesellschaften und die Couponzahlstellen. Auch die Rückerstattung der Steuer wäre mit grossen Umtrieben verbunden. Das zeigten die Erfahrungen, die vor dem Inkrafttreten des VStG hinsichtlich der Anlagefonds gemacht worden seien; die frühere Ordnung, wonach sich die Besteuerung der Ausschüttungen an die Anleger nach der Herkunft der Mittel gerichtet habe, sei zu kompliziert gewesen und deshalb aufgegeben worden.
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"1. Der Einspracheentscheid der EStV vom 22. September 1970 sei aufzuheben.
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2. Es sei gemäss Art. 41 lit. b VStG festzustellen, dass diejenigen Werte, die bereits als Kapitaleinbringung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG qualifiziert wurden, später nicht mehr als Ertrag im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG qualifiziert werden können.
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3. Es sei gemäss Art. 41 lit. b VStG festzustellen, dass die Einsprecherin ohne stempel- oder verrechnungssteuerrechtliche Folgen die Möglichkeit hat, den Buchwert der Beteiligungen auf den von der EStV (gemäss Abgabeentscheid) für richtig gehaltenen Wert zu erhöhen und den Gegenwert einem speziellen Agiokonto gutzuschreiben, aus dem verrechnungssteuerfreie Kapitalrückzahlungen vorgenommen werden können."
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei nicht sicher, dass der von ihr übernommene Anteil am Stammkapital der Z. GmbH den von der EStV geschätzten Verkehrswert gehabt habe. Es könne auch nicht ohne weiteres angenommen werden, dass N., wenn ihm diese Bewertung bekannt gewesen wäre, darauf verzichtet hätte, sich die Differenz zwischen dem Anrechnungswert und dem Verkehrswert als Darlehen gutschreiben zu lassen. Die Emissionsabgabe wäre aber auch dann nicht geschuldet, wenn er wirklich freiwillig einen verdeckten Kapitalnachschuss geleistet hätte. Unter die Stempelsteuerpflicht fielen nach Gesetz nur offene, nicht auch verdeckte Kapitaleinbringungen.
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Wie das Bundesgericht in BGE 94 I 160 ff. festgestellt habe, sei es mit dem in Art. 4 Abs. 1 VStG verwendeten Ertragsbegriff nicht vereinbar, irgendwelche von den Gesellschaftern als Kapital in die Gesellschaft eingebrachte Werte bei der Rückleistung der Verrechnungssteuer zu unterwerfen. Die Rückleistung sei notwendigerweise eine verrechnungssteuerfreie Kapitalrückzahlung. "Ertrag der Gesellschaft und damit auch des Gesellschaftsanteils kann nur sein, was die Gesellschaft über die Kapitaleinbringung hinaus erworben und an die Gesellschafter ausgeschüttet hat." Es könne nicht darauf ankommen, ob die Kapitaleinbringung zu einer Erhöhung des Grund- oder Stammkapitals geführt habe oder nicht, zumal - nach der Praxis - in beiden Fällen die Emissionsabgabe erhoben werde.
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Die von der EStV befürchteten Umtriebe entständen nicht, wenn die steuerpflichtige Gesellschaft in der Bilanz - mindestens für Steuerzwecke - zwischen Kapitalreserven und Ertragsreserven unterscheide. Die EStV wende die gleiche Unterscheidung seit langem bei der Besteuerung von Gratisaktien amerikanischer Unternehmen an. Die Beschwerdeführerin würde den nach der Auffassung der EStV empfangenen Nachschuss einem besonderen Kapitalreserve- oder Agiokonto und das später dazu Erworbene den Ertragsreserven gutschreiben. Rückflüsse, die der Kapitalreserve belastet würden, wären verrechnungssteuerfrei.
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D.- Die EStV beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Beschwerdeführerin hat im Jahre 1965 einen Anteil von DM 224'000.-- am neuen Stammkapital der Z. GmbH, der wesentlich mehr wert war, zu pari übernommen, ohne ihr eigenes Stammkapital zu erhöhen. Die EStV hat den wirklichen Wert dieses Gesellschaftsanteils, mangels eines Marktes dafür, unter Berücksichtigung des Substanz- und des Ertragswertes der Z.
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GmbH geschätzt. Wie es scheint, hält die Beschwerdeführerin den so ermittelten Wert des übernommenen Anteils (DM 1'320,000.--) für übersetzt, doch bringt sie keine triftigen Gründe dafür vor. Die Schätzung, die nach der üblichen Methode vorgenommen worden ist (vgl. BGE 94 I 157 E. 2), darf als zuverlässig betrachtet werden; ihr Ergebnis kann dem Urteil zugrunde gelegt werden. Nach Abzug des von der Beschwerdeführerin für den Erwerb des Gesellschaftsanteils aufgewendeten Betrages, d.h. des Nennwerts von DM 224'000.--, ergibt sich ein Mehrwert von DM 1'096,000.-- oder rund Fr. 1'180,000.--, für den sie keine Gegenleistung erbracht hat.
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Zur Zeit, da die Beschwerdeführerin den Anteil übernommen hat, war N. der tatsächliche Inhaber der einzigen Einlage, aus der ihr Stammkapital damals bestand. Zwar gehörte diese Stammeinlage formell der Gesellschaft Y., wurde aber von ihr treuhänderisch für N. gehalten. Gleichzeitig war N. Gesellschafter der Z. GmbH; er beherrschte diese. Er und niemand anders hat der X. GmbH die neue Beteiligung an der Z. GmbH und damit den erwähnten Mehrwert verschafft. Er hat dadurch die Beschwerdeführerin begünstigt. Die Begünstigung muss für ihn, den massgebenden Gesellschafter beider Gesellschaften, erkennbar gewesen sein; es liegt auf der Hand, dass er die wertvolle Beteiligung, die er der X. GmbH eingebracht hat, einem beliebigen Dritten nicht zum blossen Nennwert überlassen hätte.
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Daher muss angenommen werden, dass er als Gesellschafter der X. GmbH dieser Gesellschaft freiwillig eine "Leistung in das Gesellschaftsvermögen" erbracht hat, die nicht zu einer Erhöhung ihres Stammkapitals geführt hat. Diese Zuwendung unterliegt nach Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG der Emissionsabgabe.
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Die Beschwerdeführerin hat den ohne Gegenleistung erhaltenen Mehrwert des Anteils an der Z. GmbH nicht gebucht. Sie macht geltend, Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG erfasse nur offene Kapitaleinbringungen; nicht darunter fielen verdeckte Kapitalnachschüsse, d.h. solche, die weder zu einer Erhöhung des Stammkapitals noch zur Gutschrift auf einem Reservekonto führen. Der Einwand ist unbegründet. Jene Bestimmung stellt nicht darauf ab, ob die Gesellschaft die Leistung des Gesellschafters in ihr Vermögen verbucht oder nicht, und insbesondere nicht darauf, ob sie eine Sacheinlage mit dem wirklichen Wert oder nur mit dem darunter liegenden Betrage der von ihr erbrachten Gegenleistung bilanziert. Die Emissionsabgabe ist immer dann zu erheben, wenn der wirkliche Wert die Gegenleistung wesentlich übersteigt und dies für die handelnden Personen erkennbar war (BGE 94 I 155 ff., insbesondere 156/157). So verhält es sich hier.
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hängt die Pflicht zur Entrichtung der Emissionsabgabe auf Kapitalnachschüssen auch nicht davon ab, ob eine allfällige spätere Rückleistung an die Gesellschafter der Verrechnungssteuer unterliegt oder nicht. Für jede der beiden Abgaben bestehen besondere Vorschriften. Die Voraussetzungen der Emissionsabgabe der Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind im ErgStG geordnet. Sie sind hier erfüllt.
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Nach Art. 2 Abs. 2 lit. b ErgStG ist die Emissionsabgabe im vorliegenden Fall vom Mehrwert, den die Beschwerdeführerin ohne Gegenleistung erhalten hat, zu berechnen. Der im angefochtenen Entscheid geforderte Betrag von Fr. 23'600.-- (2% von Fr. 1'180,000.--) ist somit geschuldet.
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Die in der Volksabstimmung vom 11. Mai 1958 angenommene neue Fassung des Art. 41 bis BV ermächtigt in Abs. 1 lit. b den Bund, eine Verrechnungssteuer u.a. auf dem "Ertrag beweglichen Kapitalvermögens" zu erheben. Nach Art. 4 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes (VStG) sind Gegenstand dieser Kapitalertragssteuer "die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge", die von den in lit. a-d aufgezählten Vermögenswerten abgeworfen werden. Die in Art. 5 VStG genannten Ausnahmen fallen hier ausser Betracht. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG unterliegen der Steuer auch die Erträge der von einem Inländer ausgegebenen Aktien, Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteile und Genussscheine. Art. 20 Abs. 1 der vom Bundesrat erlassenen Vollziehungsverordnung zum VStG (VStV) lautet:
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"Steuerbarer Ertrag von Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaftsanteilen ist jede geldwerte Leistung der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt (Bonus, Gratisaktien, Liquidationsüberschüsse und dgl.)."
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Diese Umschreibung lehnt sich an die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 2 BG betreffend die Stempelabgabe auf Coupons vom 25. Juni 1921 (CG) und des Art. 5 ErgStG an, auf die in Art. 4 Abs. 1 VStB verwiesen wurde.
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Das Bundesgericht hat in BGE 94 I 160 ff. ausgeführt, Art. 4 Abs. 1 VStG sei wesentlich anders gefasst als Art. 5 Abs. 2 CG und Art. 5 ErgStG. Nach dem neuen Text dürften nur "Erträge" beweglichen Kapitalvermögens besteuert werden. Diesen Begriff habe das Gericht "losgelöst vom abweichenden Wortlaut der nun aufgehobenen Bestimmungen" (Art. 5 Abs. 2 CG, Art. 5 ErgStG und Art. 4 VStB) und "ohne Bindung an Art. 20 der Vollziehungsverordnung zum VStG" auszulegen. Die Rückerstattung von Eigenkapital, das eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung von den Gesellschaftern erhalten hat, ohne ihr Stammkapital zu erhöhen, sei nicht Zuwendung eines Kapitalertrags im Sinne des Art. 4 Abs. 1 VStG und könne daher nach dem neuen Recht nicht mit der Verrechnungssteuer belegt werden. Diese Rechtsprechung wird von R. PFUND beanstandet (ASA Bd. 37 S. 176; Verrechnungssteuer, I. Teil, 1971, N 1.4 zu Art. 4 VStG) und von der EStV nicht als wegleitend betrachtet. Sie ist zu überprüfen.
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Strittig ist, was unter "Ertrag" beweglichen Kapitalvermögens, insbesondere von Aktien und Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, zu verstehen ist. Der Begriff "Kapitalertrag" steht im Gegensatz zum Begriff "Kapitalvermögen". Einer Steuer auf dem Kapitalertrag kann das Vermögen, das den Ertrag abwirft, nicht unterworfen werden. Die Abgrenzung der beiden Begriffe ist Aufgabe des Gesetzgebers. Der Text des VStG ist in dieser Beziehung etwas unbestimmt ("sonstige Erträge"). Der Bundesrat hat es denn auch als angezeigt erachtet, gestützt auf Art. 73 Abs. 1 VStG, wonach er die erforderlichen Vollzugsvorschriften erlässt, in Art. 20 und weiteren Bestimmungen der VStV den Gegenstand der Verrechnungssteuer auf Kapitalerträgen näher zu umschreiben.
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Vom Bundesrat erlassene Vollziehungsverordnungen zu Bundesgesetzen sind für das Bundesgericht nicht schlechthin verbindlich. Das Gericht prüft, ob die Vorschriften einer solchen Verordnung mit dem Gesetz vereinbar sind. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, prüft das Gericht auch die Verfassungsmässigkeit der Verordnung (BGE 92 I 433; BGE 93 I 503; BGE 94 I 88, 396, 664/5).
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Hier fragt sich, ob Art. 20 Abs. 1 VStV als gesetzmässig betrachtet werden kann. Ist die Bestimmung mit Art. 4 Abs. 1 VStG vereinbar, so ist anzunehmen, dass sie auch verfassungsmässig ist, d.h. nur "Ertrag beweglichen Kapitalvermögens" im Sinne von Art. 41 bis Abs. 1 lit. b BV erfasst; denn diese Worte finden sich in Art. 4 Abs. 1 VStG wieder, und sie haben in Verfassung und Ausführungsgesetz die gleiche Bedeutung.
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Art. 4 Abs. 1 VStG soll, wie seine weite Fassung erkennen lässt, sämtliche Erträge ("Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstige Erträge") der von Kapitalgebern ausgeliehenen Vermögenswerte erfassen, die er in lit. a-d nennt. Leihkapital kann Erträgnisse in mannigfaltigen Formen abwerfen (W. BICKEL, Ertragssteuern, im Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 1956, S. 439 ff.). Davon geht auch Art. 20 Abs. 1 VStV aus, indem er bestimmt, dass jede geldwerte Leistung der Gesellschaft an die Gesellschafter, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt, steuerbarer Ertrag der Beteiligungsrechte ist. Dies ist eine für die Regelfälle durchaus taugliche Umschreibung des Ertragsbegriffs. Sie ist, was diese Fälle anlangt, als verfassungs- und gesetzmässig zu betrachten.
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Bei näherem Zusehen zeigt sich allerdings, dass Art. 20 Abs. 1 VStV, wörtlich ausgelegt, der Steuer auch die Rückerstattung von Eigenkapital unterwirft, das die Gesellschaft von den Gesellschaftern ohne Erhöhung des Grund- oder Stammkapitals erhalten hat. Dies rührt davon her, dass die Bestimmung den Begriff der Kapitaleinbringung eng fasst, ihn auf "Einzahlungen von Grund- oder Stammkapital" beschränkt und weitere Formen der Einbringung nicht darunter fallen lässt. Es fragt sich, wann die Rückerstattung des in anderer Form in die Gesellschaft eingebrachten Kapitals noch als Zuwendung eines Kapitalertrags qualifiziert werden kann und ob der Bundesrat in der Verordnung den in Verfassung und Gesetz verwendeten Begriff des Ertrags beweglichen Kapitalvermögens nicht auf Tatbestände ausgedehnt hat, deren Belastung mit der Verrechnungssteuer als verfassungs- und gesetzwidrig erachtet werden muss.
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Kapitaleinlagen, die nicht zu einer Erhöhung des einbezahlten Grund- oder Stammkapitals führen, können auf mancherlei Weise geleistet werden. Dementsprechend lässt sich die Frage, ob der Verrechnungssteuer auf Kapitalerträgen auch Leistungen unterliegen, mit denen die Gesellschaft solche Einlagen "zurückerstatten" will, nicht einheitlich beantworten.
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Der Gesellschafter, welcher der Gesellschaft ein Emissionsagio zahlt oder eine sonstige Geldleistung à fonds perdu erbringt, erwirbt dadurch nicht eine Forderung gegen die Gesellschaft, sondern äufnet ihre Reserve. Die der Gesellschaft so zur Verfügung gestellten Mittel gehen in das Gesellschaftsvermögen ein, ohne dass dem Gesellschafter daraus etwas anderes erwächst als eine gewisse Verbesserung seiner Anwartschaft auf Dividenden und auf einen Anteil an einem Liquidationsüberschuss. Ausschüttungen, welche die Gesellschaft später unter dem Titel der Rückzahlung solcher Einlagen vornimmt, können ohne weiteres als Zuwendung von Kapitalerträgen im Sinne des Art. 41 bis BV und des Art. 4 Abs. 1 VStG qualifiziert und besteuert werden. Ihre Bezeichnung als Rückleistung früherer Kapitaleinbringen ist unbeachtlich. Die Umschreibung des steuerbaren Ertrags in Art. 20 Abs. 1 VStV ist auf solche Fälle durchaus anwendbar.
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Haben die Gesellschafter Kapitaleinlagen, die nicht zu einer Erhöhung des Grund- oder Stammkapitals geführt haben, in Form der Einbringung von Sachwerten - z.B. von Beteiligungsrechten - zu einem offensichtlich unter dem wirklichen Wert liegenden Anrechnungspreis geleistet, so drängen sich Unterscheidungen auf. Wie verhält es sich, wenn die gleichen Gesellschafter, die den Sachwert eingebracht haben, ihn später in specie wieder zurücknehmen möchten? Klar ist, dass ihnen mit der Rückübertragung insoweit ein unter die Verrechnungssteuer fallender Kapitalertrag zugewendet wird, als sie ohne entsprechende Gegenleistung den Wertzuwachs erhalten, den die eingebrachte Sache seit der Einbringung erfahren hat. Ebenso klar ist aber auch, dass die ihnen mit der Rückübertragung zugewiesene Differenz zwischen dem wirklichen Wert, den die Sache zur Zeit der Einbringung hatte, und dem der Gesellschaft damals angerechneten Preis nicht einen Ertrag ausgeliehenen Kapitals darstellt, da ja der Vermögenswert selbst, der Erträgnisse abwerfen sollte, zurückübertragen wird. Wendet man trotzdem Art. 20 Abs. 1 VStV gemäss seinem Wortlaut auf die Rückerstattung dieser Differenz an, so muss dafür die Verrechnungssteuer von 30% bezahlt werden, die von ausländischen Gesellschaftern nicht oder höchstens teilweise zurückgefordert werden kann. Damit wird nicht ein Kapitalertrag, sondern die Kapitalsubstanz selber besteuert. Eine solche Belastung ist jedoch mit einer vertretbaren Auslegung des Art. 41 bis BV und des Art. 4 Abs. 1 VStG nicht mehr vereinbar. Die Rückleistung in specie muss daher steuerfrei bleiben, aber nur bis zur Höhe des wirklichen Wertes im Zeitpunkt der Einbringung.
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Wenn dagegen die Gesellschafter, welche die unterbewerteten Sachwerte eingebracht hatten, ihre Anteile am Grund- oder Stammkapital der mit den Sacheinlagen ausgestatteten Gesellschaft an Dritte abgetreten haben und diese nun die Übertragung der von den Vorgängern stammenden Sachwerte auf sich fordern, kann man nicht mehr von einer Rückübertragung sprechen. Die neuen Gesellschafter lassen sich Werte übertragen, die nicht sie selber in die Gesellschaft eingeworfen haben. Ein solcher Vorgang nähert sich einer Teilliquidation der Gesellschaft. Die neuen Gesellschafter empfangen durch die Übertragung eine Art Liquidationsüberschuss. Anteile der Gesellschafter an einem Liquidationsüberschuss sind aber, gleich wie Gratisaktien (BGE 95 I 600), als Kapitalerträge im Sinne des Art. 41 bis BV und des Art. 4 Abs. 1 VStG zu betrachten und dürfen daher der Verrechnungssteuer unterworfen werden, gleichgültig, zu welchem Preis die Empfänger ihre Anteilrechte erworben haben und ob sie durch die Zuwendung der Gesellschaft bereichert werden oder nicht (vgl. BGE 80 I 38 betr. Couponabgabe und Verrechnungssteuer; BGE 92 I 261 E. 3 betr. Wehrsteuer).
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Zu einer Rückübertragung einer eingebrachten Beteiligung kommt es auch dann nicht, wenn - wie die Beschwerdeführerin vorschlägt - für die Differenz zwischen dem wirklichen Einbringungswert und dem von der Gesellschaft erlegten Übernahmepreis ein Agiokonto eröffnet wird, dem Ausschüttungen der Gesellschaft an die Gesellschafter als Kapitalrückzahlungen belastet werden sollen. Solche Ausschüttungen lassen sich ohne weiteres als Zuwendungen von Kapitalerträgen im Sinne des Art. 41 bis BV und des Art. 4 Abs. 1 VStG qualifizieren. Denn die eingebrachte Beteiligung bleibtja weiter im Besitz der Gesellschaft; den Gesellschaftern werden Bestandteile von Reserven der Gesellschaft zugewendet, ohne dass die Beteiligung in specie zurückübertragen wird. Mit Recht nimmt die EStV an, es würde der Steuerumgehung Tür und Tor geöffnet, wenn Ausschüttungen zu Lasten solcher Agiokonten verrechnungssteuerfrei vorgenommen werden könnten.
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Am Ausschluss der Verrechnungssteuer ist also festzuhalten in den Fällen, wo die Gesellschafter einen Sachwert, den sie zu einem offensichtlich zu niedrigen Preis in das Gesellschaftsvermögen - ohne Erhöhung des Grund- oder Stammkapitals - eingebracht haben, in specie zurückerhalten. Diese Rückleistung ist, wie gesagt, steuerfrei bis zur Höhe des wirklichen Wertes, den die Sache im Zeitpunkt der Einbringung hatte. Schwerwiegende Unzukömmlichkeiten ergeben sich daraus nicht. In diesem beschränkten Umfange ist die von der EStV beanstandete Rechtsprechung (BGE 94 I 160 ff.) zu bestätigen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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