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72. Auszug aus dem Urteil vom 22. September 1971 i.S. Gemeinde Flims gegen Schweiz. Eidgenossenschaft (PTT-Betriebe) und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. | |
Regeste |
Erstellung von Telephonleitungen. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.- Zur Bedienung neuer Hotel- und Skiliftanlagen auf dem Crap Sogn Gion (Gemeinde Falera) und im Gebiet Nagiens (Gemeinde Flims) erstellte die Kreistelephondirektion Chur (KTD) im Jahre 1969 eine neue Telephonleitung. Diese schliesst im Gebiet von La Runca an eine im Boden verkabelte Leitung ![]() | 2 |
Mit Schreiben vom 27. Februar 1969 an die Generaldirektion der PTT-Betriebe in Bern verlangte der Gemeinderat Flims unter Hinweis auf Art. 7 ElG und das Gemeindebaugesetz vom 19. März 1968 (BauG) ein "Mitspracherecht bei der Linienführung und der Zuführungsart (unterirdisch oder oberirdisch)". Die Generaldirektion der PTT-Betriebe antwortete am 22. April 1969, für den Bau von Telephonleitungen sei ausschliesslich Bundesrecht massgebend; die KTD werde sich im Falle der Benützung von öffentlichem Boden mit dem Gemeinderat "ins Einvernehmen" setzen; sollte es zu keiner Verständigung kommen, so werde der Bundesrat entscheiden.
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Nachdem im Gebiet Stretg fünf Telephonstangen auf privatem Boden der Bürgergemeinde Flims aufgestellt worden waren, beschloss die Baubehörde Flims, der KTD wegen Nichteinholung der nach Art. 44 BauG erforderlichen Baubewilligung gemäss Art. 75 BauG eine Busse von Fr. 1'000.-- aufzuerlegen.
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Hiegegen erhob die Generaldirektion der PTT-Betriebe namens der Schweiz. Eidgenossenschaft Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 29. April 1970 gut und hob die Bussenverfügung auf, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Telephonfreileitungen seien keine "Bauten" im Sinne des BauG. Für eine Unterstellung solcher Leitungen unter das BauG bestehe auch kein Bedürfnis, da für sie in der Regel öffentlicher Boden beansprucht werden müsse und insoweit die Interessen der Gemeinde durch Art. 7 ElG gewahrt seien. Wenn der Bund den Bau und Betrieb des öffentlichen Telephon.. netzes zur Bundesaufgabe gemacht und die dafür erforderlichen rechtlichen Normen aufgestellt habe, könnten die Kantone und Gemeinden die Verwirklichung dieser Aufgabe nicht durch eigenes öffentliches Recht in Frage stellen, denn Bundesrecht breche kantonales Recht.
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B.- Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Gemeinde Flims staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie beantragt Aufhebung des Urteils und macht geltend, es verletze die Gemeindeautonomie und sei offensichtlich willkürlich.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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a) Art. 5 ElG ermächtigt den Bund, für die Erstellung von ober- und unterirdischen Telephonlinien näher bezeichnete öffentliche Sachen unentgeltlich in Anspruch zu nehmen. Eine entsprechende Befugnis räumt Art. 6 ElG dem Bund gegenüber ![]() | 10 |
Aus dieser Ordnung ergibt sich, dass im Normalfall "die eidgenössische Verwaltung", d.h. die Organe der PTT-Betriebe, und im Streitfall der Bundesrat über die Führung der Telephonlinien entscheidet. Dass sich die Verwaltung zunächst mit den "betreffenden Behörden oder Privaten" ins Einvernehmen zu setzen hat, bedeutet offensichtlich, dass bei Inanspruchnahme von öffentlichen Sachen (Art. 5 ElG) die Behörden zu begrüssen sind, denen die Verfügung darüber zusteht, bei Inanspruchnahme von Privateigentum (Art. 6 ElG) dagegen die Eigentümer. Dass Behörden, namentlich Gemeindebehörden, die kein Verfügungsrecht über das in Anspruch genommene Eigentum haben, angehört werden, schreibt Art. 7 Abs. 1 ElG nicht vor, schliesst es aber auch nicht ausdrücklich aus. Auf keinen Fall aber steht solchen Gemeindebehörden der Entscheid über "die zweckentsprechende Ausführung der Linie" zu; hierüber entscheidet im Falle der Einigung mit dem Betroffenen "die eidgenössische Verwaltung" und im Streitfall der Bundesrat.
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b) Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die in den Art. 5-7 ElG enthaltene Ordnung beziehe sich lediglich auf das Verhältnis zwischen den PTT-Betrieben und den betroffenen Grundeigentümern und habe mit der baupolizeilichen Bewilligungspflicht nicht das geringste zu tun. Dabei stellt sie indes einseitig auf den Wortlaut der Art. 5 und 6 ElG ab und verkennt die Tragweite des Art. 7 ElG. Die Art. 5 und 6 enthalten öffentlichrechtliche gesetzliche Eigentumsbeschränkungen (BGE 42 I 165E. 3; HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes S. 332/3); sie setzen fest, inwieweit öffentliches und privates Grundeigentum unentgeltlich und ohne Durchführung des sonst nach Art. 12 und 42 ElG erforderlichen Enteignungsverfahrens vom Bund für die Erstellung von Telephonlinien in Anspruch ![]() | 12 |
Dass das nicht der Sinn der Art. 5-7 ElG sein kann, ergibt sich noch aus einer weiteren Überlegung. Sind Gebäude für Telephonzentralen und dergleichen zu erstellen, so rechtfertigt sich die Unterstellung der PTT-Betriebe unter das kantonale und kommunale Baupolizeirecht, weil solche Gebäude den örtlichen Verhältnissen angepasst, grösser, kleiner, länger, breiter oder höher, mit Satteldach oder Flachdach, mit mehr oder weniger Abstand von den Nachbarbauten errichtet werden können. Eme Ausnahme ist daher, wie in BGE 92 I 210 bemerkt wurde, nur zu machen für den Fall, dass "durch die Anwendung des kantonalen oder kommunalen Rechts die Erfüllung der verfassungsmässigen Aufgaben des Bundes verunmöglicht oder erheblich erschwert wird". Ganz anders verhält es sich bei den Telephonleitungen. Hier überwiegt das im ElG umschriebene elektrizitätspolizeiliche Interesse, das in der Abwehr von Gefahren und Schädigungen für Menschen und Sachen und in der Sicherstellung eines störungsfreien Betriebs besteht. Ferner ist Art. 2 des PTT-Organisationsgesetzes vom 6. Oktober 1960 (AS 1961 S. 17) zu beachten, wonach die PTT-Betriebe unter Rücksichtnahme auf die Landesinteressen "nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen" zu führen sind, was bedeutet, dass alle neuen Telephonleitungen so rationell wie möglich in das bestehende Leitungsnetz eingefügt und so angelegt werden, dass unter Ausschluss vermeidbarer Kosten ![]() | 13 |
Bezüglich der Telephonleitungen ist daher dem erwähnten Gutachten des EJPD (VEBB 1930 Nr. 6) beizupflichten, dass das ElG über die Erstellung solcher Leitungen Vorschriften aufstellt, welche kantonale Kompetenzen ausschliessen. Infolgedessen verstösst jeder Versuch der Gemeindebehörden von Flims, sich selber aufgrund des autonomen Gemeinderechts eine Entscheidungsbefugnis beizulegen, gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.
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