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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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76. Auszug aus dem Urteil vom 15. Oktober 1971 i.S. Witwe X. gegen Y. und Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. | |
Regeste |
Einspruch gegen Liegenschaftsverkauf (Art. 19 EGG). | |
Sachverhalt | |
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Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 21. Dezember 1970 beantragt Witwe X., der Beschluss des Regierungsrates sei aufzuheben und die Handänderung zu bewilligen. Der Verkäufer Y. hat sich zur Streitsache nicht geäussert; er ist am 3. Juni 1971 gestorben. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement empfehlen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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a) Ein Einspruch ist nach Art. 19 EGG nur zulässig gegen Kaufverträge "über landwirtschaftliche Heimwesen oder zu einem solchen gehörende Liegenschaften". Als landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des EGG wird eine aus Land und Gebäulichkeiten bestehende Einheit angesehen, die geeignet ist, einem Bauern (Eigentümer oder Pächter) und seiner Familie als Lebenszentrum und Grundlage für den Betrieb eines landwirtschaftlichen Gewerbes zu dienen (BGE 94 I 176 mit Hinweisen).
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Das dem Verkäufer gehörende Konglomerat von Land und Gebäuden, von dem die Beschwerdeführerin das Haus mit etwas Umschwung erwerben möchte, bildet eine solche Einheit. Es umfasst nach Angaben der Beschwerdeführerin 7,28 ha. Nach Abzug der von ihr gekauften Parzelle verbleiben 6,80 ha. Dieses Ausmass erreicht zwar die durchschnittliche Betriebsfläche der Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz (heute 8,22 ha) ![]() | 6 |
b) Nach Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG, worauf der angefochtene Entscheid gestützt wird, kann Einspruch erhoben werden, wenn durch den Verkauf ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verliert, es sei denn die Aufhebung des Gewerbes lasse sich durch wichtige Gründe rechtfertigen.
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Im vorliegenden Fall verlöre das in Frage stehende landwirtschaftliche Gewerbe mit der Veräusserung des Bauernhauses seine Existenzgrundlage. Es ist daher zu prüfen, ob der umstrittene Verkauf sich durch wichtige Gründe rechtfertigen lasse. Die Beschwerdeführerin macht wichtige Gründe bei beiden Vertragsparteien geltend.
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c) Die in Art. 19 Abs. 1 lit. c erwähnten Beispiele von wichtigen Gründen - Verkauf zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnützung - fallen hier ausser Betracht, was unbestritten ist. Es fragt sich aber, ob andere wichtige Gründe die Aufhebung dieses landwirtschaftlichen Gewerbes rechtfertigen könnten. Diese Frage prüft das Bundesgericht - wie es in Anlehnung an seine bisherige Rechtsprechung im Urteil BGE 97 I 552 E. 4 c festgestellt hat - frei. Dabei sind die besonderen Umstände des einzelnen Falles zu würdigen. Nach der neueren Rechtsprechung sind nicht nur solche Umstände zu berücksichtigen, die sich aus den Eigenschaften des in Frage stehenden Grundstückes oder Gewerbes ergeben, sondern insbesondere die persönlichen Verhältnisse der Vertragsparteien. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung des landwirtschaftlichen Gewerbes, das nicht per se gegeben ist, sondern sich aus den gesamten Umständen ergeben muss, und die geltend gemachten Privatinteressen am Zustandekommen des Kaufgeschäftes sind gegeneinander abzuwägen (BGE 97 I 552 E. 4 c mit Hinweisen).
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b) Die Käuferin macht als wichtige Gründe das Interesse ihrer Familie an einem eigenen Heim sowie Schwierigkeiten bei der Rückforderung der angezahlten Fr. 15'000.-- geltend. Wenn sie auch nicht näher dartut, dass der Erwerb des Bauernhauses die einzige Chance darstellt, für sich und ihre Kinder ein geeignetes Heim zu bekommen, so ist sie doch - wie die Vorinstanz zugibt - in hohem Masse an der Realisierung des Kaufgeschäftes interessiert. Als Witwe und Mutter von zwei Kindern im Alter von 12 Jahren und von 3 Monaten will sie ihrer Familie ein Heim schaffen und kann dieses Ziel durch den Kauf dieses Bauernhauses in einer für ihre Familie äusserst günstigen Weise verwirklichen. Diesbezüglich ist ihr Interesse am Zustandekommen des Kaufgeschäftes schützenswert. Dagegen sind angebliche Schwierigkeiten bei der Rückforderung der etwas unvorsichtig geleisteten Kaufpreisanzahlung kein wichtiger Grund im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG. Wird die Handänderung trotz den Bemühungen der Beschwerdeführerin infolge behördlichen Einspruchs unmöglich, so sind die Erben des Verkäufers durch die Kaufpreisanzahlung ungerechtfertigt bereichert (Art. 62 OR) und sie haften der Beschwerdeführerin für die Herausgabe solidarisch (Art. 603 ZGB).
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c) Den Privatinteressen der Beschwerdeführerin am Zustandekommen des Kaufgeschäftes steht das öffentliche Interesse an der Bewahrung der in der Schweiz vorhandenen landwirtschaftlichen Heimwesen im allgemeinen und an der Erhaltung des in Frage stehenden landwirtschaftlichen Gewerbes im besonderen gegenüber.
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d) Berücksichtigt man im Lichte dieser gesamten Umstände das Interesse der Beschwerdeführerin am Erwerb des Bauernhauses und stellt man dem das in concreto nur wenig gewichtige öffentliche Interesse an der Erhaltung eines ohnehin nicht mehr als Einheit bewirtschafteten landwirtschaftlichen Heimwesens gegenüber,. muss die Abwägung der Interessen jene der Beschwerdeführerin als schutzwürdiger erscheinen lassen. Ihre Beschwerde ist demnach gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
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