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2. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Februar 1996 i.S. X. und Y. gegen Kantonsgerichtspräsident Schwyz (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 4 BV; Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege während des Prozesses. | |
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Da Art. 4 BV dem Bedürftigen keine definitive Übernahme der Kosten durch den Staat garantiert (BGE 113 II 323 E. 9c S. 343, BGE 111 Ia 276 E. 2a S. 278; HAEFLIGER, a.a.O., S. 160), können die kantonalen Prozessrechte vorsehen, dass der Begünstigte subsidiäre staatliche Verfahrenshilfen (BGE 119 Ia 11 E. 3a S. 12) unter Umständen verliert. Sind die Voraussetzungen, auf Grund derer die unentgeltliche Rechtspflege gewährt worden war, während des Verfahrens weggefallen, kann das Gericht die erteilte Bewilligung zurückziehen (ZEN RUFFINEN, a.a.O., S. 56; FAVRE, a.a.O., S. 71 und 145 ff.; § 80 ZPO/SZ). Auf Grund der Rechtswohltat ausbezahlte Beträge können ferner nach Erledigung des Prozesses zurückverlangt werden, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Begünstigten ausreichend verbessert hat (§ 81 Abs. 1 ZPO/SZ; vgl. Art. 152 Abs. 3 OG; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 410 f.; MÜLLER, a.a.O., N. 128 zu Art. 4 BV; STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 1982, N. zu § 91 und 92 ZPO/ZH; LEUCH/MARBACH/KELLERHALS, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 4. Aufl. 1995, N. 2 zu Art. 82 ZPO/BE).
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Nicht jede während des Verfahrens veränderte Voraussetzung darf zu einer Überprüfung des Entscheids über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege führen. Die Erfolgsaussichten einer Klage oder eines Rechtsmittels dürfen beispielsweise nur am Anfang des Verfahrens beurteilt werden, weil sie sich häufig nach Abschluss des Beweisverfahrens klären.
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b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers 1 gebietet die Verfassung nicht, dass die zu Beginn des Scheidungsverfahrens festgestellte Bedürftigkeit während der ganzen Dauer des Prozesses als gegeben betrachtet werden müsste. Gelangt der zweitinstanzliche Richter zur Erkenntnis, dass die Bedürftigkeit vom Vorrichter zu Unrecht bejaht worden oder dass sie nachträglich weggefallen ist, so darf er dem Begünstigten die unentgeltliche Rechtspflege inskünftig verweigern. Wäre er an den zu Beginn des Verfahrens gefällten Entscheid gebunden, bliebe nur die nachträgliche Rückforderung offen, was einen unnötigen bürokratischen Mehraufwand zur Folge hätte, an dem auch der Beschwerdeführer 1 kein Interesse haben kann. Je früher er weiss, was er zu erwarten hat, desto besser kann er das weitere Vorgehen unter dem Aspekt der drohenden Kosten planen. Darf der Staat wegen weggefallener Bedürftigkeit sogar nach Abschluss des Gerichtsverfahrens die ausbezahlten Beträge wieder zurückverlangen, muss der Richter um so mehr bereits während des laufenden Verfahrens verfassungskonform ihre weitere Ausrichtung unterbinden können. Gleich ist auch in einem Fall entschieden worden, wo die Bedürftigkeit des Gesuchstellers während des zweitinstanzlichen Verfahrens, das die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege zum Gegenstand hatte, weggefallen ist (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 21. September 1995 i.S. L., E. 5b).
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