BGE 122 I 275 | |||
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37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. November 1996 i.S. Rayane Dganate gegen Fremdenpolizei des Kantons Zürich und Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 4 BV, Art. 13c Abs. 2 ANAG; Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung bei der erstmaligen richterlichen Prüfung der Ausschaffungshaft. | |
Sachverhalt | |
Am 25. September 1996 nahm die Fremdenpolizei des Kantons Zürich den nach eigenen Angaben aus Algerien stammenden Rayane Dganate wegen Untertauchensgefahr (Art. 13b Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG, SR 142.20] in der Fassung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht [AS 1995 146 ff.]) in Ausschaffungshaft. Am 27. September 1996 bestätigte der Haftrichter am Bezirksgericht Zürich diese bis zum 24. Dezember 1996; gleichzeitig wies er ein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ab.
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Rayane Dganate hat beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er beantragt, die angefochtene Verfügung aufzuheben und ihn umgehend aus der Haft zu entlassen. Für das Verfahren vor dem Haftrichter sei ihm sein damaliger Vertreter als unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Gestützt auf Art. 4 BV hat die bedürftige Partei einen allgemeinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass einem Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung entsprochen wird, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erfordern. Dabei fallen neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe in Betracht, wie etwa seine Fähigkeit, sich im Verfahren zurecht zu finden (vgl. BGE 120 Ia 43 E. 3a S. 46 f.; BGE 117 Ia 277 E. 5b S. 281 ff.; BGE 115 Ia 103 E. 4 S. 106). Ohne besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur ist im Strafprozess in der Regel ein unentgeltlicher Rechtsanwalt beizugeben, wenn ein tatsächlicher Freiheitsentzug von mehr als "einigen" Wochen oder Monaten zu erwarten ist (BGE 120 Ia 43 E. 2b S. 46). Gestützt auf diese Vorgaben hat das Bundesgericht für die ausländerrechtliche Administrativhaft erkannt, dass im Haftverlängerungsverfahren nach drei Monaten auf jeden Fall und losgelöst von den konkreten Umständen einem bedürftigen Häftling der unentgeltliche Rechtsbeistand nicht verweigert werden dürfe. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Verbeiständung verfassungsrechtlich allenfalls schon vorher geboten sein könnte, liess es offen (BGE 122 I 49 E. 2c/cc S. 53).
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b) Bei der erstmaligen richterlichen Haftprüfung ist eine unentgeltliche Verbeiständung von Verfassung wegen nicht vorbehaltlos geboten, sondern nur, wenn der Fall besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur stellt. Der mit dem haftrichterlichen Entscheid verbundene Eingriff in die Rechtsstellung des Betroffenen ist zwar nicht zu unterschätzen; er wiegt aber nicht derart schwer, dass bereits in diesem Verfahrensabschnitt - wie bei der Haftverlängerung nach drei Monaten - auf das Erfordernis besonderer Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur zu verzichten wäre: Ist die Ausschaffung möglich, was weitgehend vom Ausländer selber abhängt, fällt die Haft dahin; nach einem Monat kann er ein Haftentlassungsgesuch stellen (Art. 13c Abs. 4 ANAG). Der erstmalige Haftprüfungsentscheid bezieht sich somit im schlimmsten Fall auf diese Periode, während der es dem Betroffenen nicht möglich ist, den Richter anzurufen und seine Freilassung durch diesen zu bewirken bzw. wiederum um eine Verbeiständung zu ersuchen. Eine Haftentlassung ist jedoch auch in diesem Zeitraum durch die Fremdenpolizei jederzeit möglich. In den parlamentarischen Beratungen wurde dementsprechend denn etwa auch vorgeschlagen, dass immer dann ein Rechtsbeistand zu bestellen sei, wenn eine Haftdauer von mehr als 30 Tagen in Aussicht stehe (Amtl.Bull. NR 1994 120, 123/124). Im Vergleich zum Strafvollzug und zur Untersuchungshaft ist das Haftregime für die ausländerrechtlichen Administrativhäftlinge freier ausgestaltet (vgl. BGE 122 I 222 ff.; BGE 122 II 299 ff., 49 ff.), weshalb der Eingriff auch insofern nicht mit jenem der Untersuchungshaft verglichen werden kann. Zu berücksichtigen ist schliesslich auch, dass das Bundesgericht seinerseits grosszügig auf Eingaben gegen haftrichterliche Genehmigungsentscheide eintritt und weitgehend unabhängig von sachbezogenen Beanstandungen des Betroffenen (vgl. aber Art. 108 Abs. 2 OG und BGE 118 Ib 134 ff.) prüft, ob die Haftgenehmigung Bundesrecht verletzt. Dieser kommt zwar, vor allem wenn sie auf die gesetzlich vorgesehenen drei Monate erfolgt, besondere Bedeutung zu, was in der Doktrin hervorgehoben wird (vgl. ANDREAS ZÜND, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: ZBJV 132/1996 S. 73 ff.; ANDREAS ZÜND, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Verfahrensfragen und Rechtsschutz, in AJP 7/95 S. 856 f.), doch hat das Bundesgericht wiederholt entschieden, dass die Haft auch danach jeweils umfassend zu prüfen sei und sich die haftrichterlichen Entscheide nicht auf einzelne spezifische Fragen (Beschleunigungsgebot, Durchführbarkeit usw.) beschränkten; auf entsprechende frühere Begründungen dürfe aber Bezug genommen werden (unveröffentlichtes Urteil vom 8. August 1996 i.S. Karron, E. 2, mit Hinweis). Demnach ist vorliegend aufgrund der konkreten Umstände zu prüfen, ob der Haftrichter zu Recht das Gesuch um Verbeiständung abgelehnt hat.
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c) Der Beschwerdeführer befindet sich seit Jahren im europäischen Raum (Frankreich, Italien, Schweiz). Seine Inhaftierung warf keine schwierigen Rechtsfragen auf. Die tatbeständliche Unübersichtlichkeit beruhte in erster Linie auf seinen eigenen widersprüchlichen Aussagen. Die Tragweite des Antrags der Fremdenpolizei war für ihn ohne weiteres ersichtlich; bei den verschiedenen Befragungen vermochte er jeweils folgerichtig zu antworten und seine Interessen wahrzunehmen. So erklärte er etwa seine unterschiedlichen Angaben über die Rückreiseabsichten nach Algerien am 8. Februar 1996 damit, dass seine Aussagen jeweils davon abgehangen hätten, wie ihn die Polizei behandelte. Hätte sie ihn eingesperrt, habe er erklärt, sofort nach Hause gehen zu wollen; nach drei, vier Tagen Haft werde das dann wieder vergessen. Nach seiner formlosen Wegweisung vom 18. Oktober 1995 stellte er am 19. Oktober 1995 in Kreuzlingen ein Asylgesuch, was wiederum belegt, dass er es verstand, seine Interessen auch ohne anwaltliche Beratung wahrzunehmen. Unter diesen Umständen durfte der Haftrichter davon ausgehen, eine Verbeiständung sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Hieran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer sich bereits 1995 während dreier Monate in Ausschaffungshaft befunden hat. Nach eigenen Angaben will er die Schweiz danach Richtung Frankreich verlassen haben und erst am 7. August 1995 über Genf wieder eingereist sein. Nachdem er der damaligen Wegweisung nachgekommen ist und die heutige Ausschaffungshaft sich auf Wegweisungsanordnungen stützt, die nach seiner erneuten illegalen Einreise ergingen, kann die jetzige Haft nicht einer Haftverlängerung gleichgestellt werden. Zwar erklärte der Beschwerdeführer am 13. Oktober 1995 der Stadtpolizei Zürich, sich immer in der Schweiz aufgehalten zu haben; diese Aussage erscheint aber im Hinblick auf die von ihm am 9. August 1995 gegebenen Einzelheiten im Zusammenhang mit seiner Wiedereinreise wenig glaubwürdig; seine neue Version dürfte im Zusammenhang mit dem bereits damals beabsichtigten Asylgesuch zu sehen sein.
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