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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. März 1997 i.S. G. und Mitbeteiligte gegen Kantonsrat des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 85 lit. a OG; Ungültigerklärung der Solothurner Volksinitiative "Für eine gleichberechtigte Vertretung der Frauen und Männer in den kantonalen Behörden - Initiative 2001". |
Erfordernis der Interessenabwägung bei der Prüfung der Zulässigkeit positiver Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter (E. 3b-3d). |
Auswirkungen der hier in Frage stehenden Initiative, mit der verbindlich und ohne Qualifikationsbezug eine dem Bevölkerungsanteil entsprechende Vertretung der Frauen in Parlament, Regierung und Gerichten verlangt wird (E. 4). |
Überprüfung dieser Massnahme aufgrund der Kriterien des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit (E. 5-7). Die vorgeschlagene Quotenregelung stellt einen unverhältnismässigen Eingriff in das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV dar (E. 7). Soweit sie vom Volk gewählte Behörden betrifft, verstösst sie gegen das durch das Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete allgemeine und gleiche Recht, zu wählen und gewählt zu werden (E. 8). | |
Sachverhalt | |
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"Im Kantonsrat und im Regierungsrat sind Frauen und Männer entsprechend ihrem kantonalen Bevölkerungsanteil vertreten.
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In den kantonalen juristischen Behörden sind Frauen und Männer entsprechend dem Bevölkerungsanteil des Wahlkreises vertreten.
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Für die Wieder- bzw. Bestätigungswahlen von Mitgliedern der Gerichtsbehörden, die vor der Annahme der Initiative in die Gerichtsbehörden gewählt worden sind, ist die Regel der anteilsmässigen Vertretung der Geschlechter nicht anwendbar".
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Zur Begründung führten sie aus, die Frauen machten mehr als die Hälfte der Solothurner Bevölkerung aus. In den politischen und juristischen Behörden seien sie hingegen nach wie vor krass untervertreten. Wichtige politische Entscheide der kantonalen Behörden würden deshalb vor allem aus dem Blickwinkel der Männer getroffen. Die andere Lebensrealität der Frauen werde höchstens am Rande mitberücksichtigt. Eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern sei vorderhand nur durch Quoten erreichbar.
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Der Regierungsrat des Kantons Solothurn beantragte dem Kantonsrat mit Botschaft vom 23. Oktober 1995, die Initiative für ungültig zu erklären. Er hielt in der Zusammenfassung fest, die von den Initianten verlangte Quotenregelung wäre in ihren Auswirkungen kompliziert, wenig transparent und schwer verständlich. Das Gleichbehandlungsgebot würde zu stark zurückgedrängt und die Grundsätze des Wahlrechts, nämlich Freiheit, Gleichheit und Allgemeinheit der Wahlen, würden übermässig beschnitten. Die hier in Frage stehende Quotenregelung sei kein verhältnismässiges Mittel zur Verwirklichung der Geschlechtergleichheit. Sie kollidiere sowohl mit Art. 4 Abs. 1 und 2 BV als auch mit Art. 74 BV. Die Initiative verstosse offensichtlich gegen Bundesrecht. Eine verhältnismässige Ausgestaltung der Quotenregelung sei aufgrund der Bestimmtheit des Initiativbegehrens ausgeschlossen. Es bestehe daher keine andere Möglichkeit, als die Initiative als offensichtlich rechtswidrig zu bezeichnen.
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In der Sitzung vom 13. Februar 1996 stimmte der Kantonsrat dem Antrag des Regierungsrats mit 75 gegen 49 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) zu und erklärte die Initiative für ungültig.
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Gegen diesen Beschluss des Solothurner Kantonsrates reichten G. und 8 Mitbeteiligte gestützt auf Art. 85 lit. a OG beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde ein.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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b) Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. Die Anwendung anderer kantonaler Vorschriften und die Feststellung des Sachverhalts prüft es nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots (BGE 121 I 334 E. 2b mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist umstritten, ob die Initiative 2001 mit dem Bundesrecht vereinbar sei. Diese Frage prüft das Bundesgericht frei (BGE 121 I 334 E. 2b).
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d) In Anwendung dieser Grundsätze ist die hier in Frage stehende Initiative unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 Abs. 2 BV und unter jenem der politischen Rechte zu prüfen.
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3. a) Gemäss Art. 4 Abs. 2 BV sind Mann und Frau gleichberechtigt (Satz 1). Das Gesetz sorgt für ihre Gleichstellung, vor allem ![]() | 15 |
Mit der Vorschrift von Art. 4 Abs. 2 BV hat der Verfassungsgeber den in Art. 4 Abs. 1 BV enthaltenen allgemeinen Gleichheitssatz gewissermassen selbst konkretisiert und autoritativ festgestellt, dass die Zugehörigkeit zum einen oder andern Geschlecht grundsätzlich keinen rechtserheblichen Aspekt darstellt. Mann und Frau haben somit für die ganze Rechtsordnung im wesentlichen als gleich zu gelten (BGE 116 V 198 E. II/2a/bb S. 208 mit Hinweis auf ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 79). Seit dem Inkrafttreten des Art. 4 Abs. 2 BV am 14. Juni 1981 ist es dem kantonalen und dem eidgenössischen Gesetzgeber grundsätzlich verwehrt, Normen zu erlassen, die Mann und Frau ungleich behandeln. Die Verfassungsbestimmung schliesst die Geschlechtszugehörigkeit als taugliches Kriterium für rechtliche Differenzierungen aus. Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur noch zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionelle Unterschiede eine Gleichbehandlung schlechthin ausschliessen (BGE 120 V 312 E. 2a; BGE 117 Ia 262 E. 2a, 270 E. 2a; BGE 117 V 318 E. 2a; BGE 116 V 198 E. II/2a/bb S. 208; BGE 108 Ia 22 E. 5a).
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Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV beauftragt den Gesetzgeber, die Gleichstellung von Mann und Frau zu verwirklichen. Besonders hervorgehoben sind die Bereiche Familie, Ausbildung und Arbeit, doch verpflichtet die Verfassung den Gesetzgeber zur Beseitigung geschlechtsspezifischer Ungleichbehandlung in allen Rechtsgebieten und Lebensbereichen (JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, 2. Aufl., Bern 1991, S. 231; HAEFLIGER, a.a.O., S. 92). Der Gesetzgeber ist gehalten, überall dort Rechtsnormen zur Verwirklichung der Geschlechtergleichheit zu erlassen, wo die richterliche Korrektur einer Anordnung, die im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 2 BV steht, unzulässig ist oder nicht ausreicht, um das in dieser Bestimmung verankerte Ziel zu realisieren (BGE 117 Ia 262 E. 2b). Das Bundesgericht hat in zwei Urteilen vom 28. September 1990 (BGE 116 Ib 270 E. 7a, 284 E. 7a) ausgeführt, die Vorschrift von Art. 4 Abs. 2 BV gewährleiste in Satz 1 ein verfassungsmässiges Recht, das mit bestimmten Ausnahmen eine rechtliche Differenzierung nach dem Geschlecht verbiete und unmittelbar anwendbar sei; Satz 2 enthalte einen Gesetzgebungsauftrag, der tatsächliche Gleichstellung in der sozialen Wirklichkeit schaffen solle. Es wies in diesen Urteilen darauf hin, das Diskriminierungsverbot ![]() | 17 |
b) Nach der Initiative 2001 soll den in den politischen und juristischen Behörden des Kantons Solothurn untervertretenen Frauen von Gesetzes wegen eine ihrem Bevölkerungsanteil entsprechende Zahl von Sitzen in Parlament, Regierung und Gerichten garantiert sein. Bei einer solchen Regelung, welche die Frauen im Hinblick auf das Egalisierungsgebot privilegiert, jedoch vom Diskriminierungsverbot abweicht, treten der erste und der zweite Satz von Art. 4 Abs. 2 BV miteinander in Widerstreit. Der Konflikt zwischen den beiden Verfassungsregeln ist - wie in der Rechtslehre gesagt wird - durch eine Abwägung der Interessen zu lösen (BEATRICE WEBER-DÜRLER, Aktuelle Aspekte der Gleichberechtigung von Mann und Frau, ZBJV 128/1992, S. 369; GEORG MÜLLER, Quotenregelungen - Rechtssetzung im Spannungsfeld von Gleichheit und Verhältnismässigkeit, ZBl 91/1990, S. 310; ANDREAS AUER, Les mesures positives et l'art. 4 al. 2 Cst., AJP 1993, S. 1347; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Band II, Zürich 1982, S. 190; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl., Zürich 1993, Rz. 1561b, S. 488 f.).
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Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, Massnahmen, welche die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zum Ziel hätten, seien mit Art. 4 Abs. 2 BV "grundsätzlich vereinbar". Sie schliessen daraus, dass die diesem Zweck dienenden positiven Massnahmen, welche die Initiative 2001 verlange, "grundsätzlich verfassungsmässig" seien und nicht geprüft werden müsse, ob sie dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprächen, da sich der Staat nicht auf diesen Grundsatz berufen könne.
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Diese Betrachtung ist einseitig und die Folgerung unzutreffend. Die mit der Initiative verlangte positive Gleichstellungsmassnahme steht, wie erwähnt, im Widerspruch zum Gebot der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV. Da sich aus der Verfassung kein Vorrang für das eine oder andere Interesse herleiten lässt und das "Prinzip praktischer Konkordanz" gebietet, dass keines der entgegenstehenden Interessen völlig zu Lasten des anderen verwirklicht wird, ist, wenn eine Frauenförderungsmassnahme vom Diskriminierungsverbot abweicht, jeweils abzuwägen zwischen dem Interesse an der Schaffung der Voraussetzungen faktischer Gleichheit und demjenigen an der Gleichbehandlung der Geschlechter (GEORG ![]() | 20 |
Zum Verhältnis von Satz 1 zu Satz 2 des Art. 4 Abs. 2 BV ist festzuhalten, dass diese Vorschrift positive Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter, insbesondere Frauenförderungsmassnahmen, und damit unter Umständen eine Abweichung vom Diskriminierungsverbot zulässt, sofern diese in einem vernünftigen Verhältnis zum Regelungsziel steht. Im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter bildet das Diskriminierungsverbot demnach bloss eine relative Schranke des Egalisierungsgebots:
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Es schliesst "unverhältnismässige" Ungleichbehandlungen der Geschlechter aus (vgl. GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 310).
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c) Gleiches ergibt sich aus Art. 25 lit. c des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (SR 0.103.2; abgekürzt UNO-Pakt II; für die Schweiz in Kraft seit 18. September 1992). Danach hat jeder Staatsbürger das Recht, ohne Unterschied nach den in Art. 2 des Pakts genannten Merkmalen und ohne unangemessene Einschränkungen "unter allgemeinen Gesichtspunkten der Gleichheit zu öffentlichen Ämtern seines Landes Zugang zu haben" ("d'accéder, dans des conditions générales d'égalité, aux fonctions publiques de son pays"). Positive Diskriminierung zur beschleunigten Herbeiführung einer de facto-Gleichberechtigung von traditionell besonders benachteiligten Gruppen der Bevölkerung wie z.B. Frauen gilt, solange diese Massnahmen angemessen und vorübergehend sind, nicht als Diskriminierung im Sinn von Art. 2 UNO-Pakt II (MANFRED NOWAK, UNO- ![]() | 23 |
CCPR-Kommentar, Kehl, Strassburg, Arlington 1989, Rz. 35 zu Art. 25 UNO-Pakt II, S. 484). Die grundsätzliche Zulässigkeit von angemessenen positiven Massnahmen zugunsten der Frauen folgt auch aus Art. 2 lit. a in fine und b, Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 lit. a und b des UNO-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979, das von der Schweiz am 4. Oktober 1996 genehmigt wurde (BBl 1996 IV, S. 860) und dessen Inkrafttreten unmittelbar bevorsteht (vgl. in diesem Zusammenhang Art. 18 lit. b des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, SR 0.111).
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d) Am Erfordernis der Interessenabwägung, die bei der Prüfung der Zulässigkeit geschlechtsspezifischer Förderungsmassnahmen vorzunehmen ist, hat das am 1. Juli 1996 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151) nichts geändert. Art. 3 GlG, der das Diskriminierungsverbot umschreibt, legt in Abs. 3 fest, dass angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung keine Diskriminierung darstellen. In der parlamentarischen Debatte führte Bundesrat Arnold Koller aus, der in Art. 3 Abs. 3 GlG enthaltene Vorbehalt zugunsten von Frauenförderungsmassnahmen beziehe sich auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse; er bilde "im öffentlichen Bereich keine Rechtsgrundlage" für Gleichstellungsprogramme oder Förderungsmassnahmen, vor allem sei er "keinerlei Basis für die Einführung irgendwelcher Quoten im öffentlich-rechtlichen Bereich" (Amtl.Bull. SR 1994, S. 821; gleicher Meinung IVO SCHWANDER/RENÉ SCHAFFHAUSER, Das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann, St. Gallen 1996, S. 26). Ob der erwähnte Vorbehalt tatsächlich nur für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse gilt, braucht hier nicht abschliessend geprüft zu werden. Selbst wenn man annähme, er komme auch im öffentlichrechtlichen Bereich zur Anwendung, würde das an den oben dargelegten Kriterien für die Überprüfung der Zulässigkeit einer Frauenförderungsmassnahme nichts ändern. Art. 3 Abs. 3 GlG spricht von "angemessenen Massnahmen" zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass Förderungsmassnahmen nur dann keine (unzulässige) Diskriminierung im Sinne dieser Vorschrift darstellen, wenn sie verhältnismässig sind.
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b) Bevor im einzelnen auf die Auswirkungen der verlangten Massnahme einzugehen ist, sind verschiedene, im Zusammenhang mit Quotenregelungen verwendete Begriffe zu klären. In der Literatur wird unterschieden zwischen strikten, starren Quoten einerseits und flexiblen, leistungsbezogenen Quoten anderseits (CLAUDIA KAUFMANN, Les quotas valent mieux que leur réputation, in L'égalité entre hommes et femmes, Lausanne 1988, S. 274 f.; ERNST BENDA, Notwendigkeit und Möglichkeit positiver Aktionen zugunsten von Frauen im öffentlichen Dienst, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Senatskanzlei - Leitstelle Gleichstellung der Frau - der Freien und Hansestadt Hamburg, Freiburg i. Br. 1986, S. 43 f.; HEIDE M. PFARR, Quoten und Grundgesetz, Baden-Baden 1988, S. 203 f.; ARIOLI, a.a.O., S. 146 ff.; SCHWANDER CLAUS, a.a.O., S. 14). Bei den strikten, starren Quoten wird - unabhängig von der Qualifikation der Bewerber für eine Arbeitsstelle oder eine Position - eine fixe Quote für Frauen und Männer festgelegt und mithin ein bestimmter Anteil der Stellen oder Positionen für das eine oder andere Geschlecht reserviert (ARIOLI, a.a.O., S. 147; SCHWANDER CLAUS, a.a.O., S. 14). Bei den flexiblen, leistungsbezogenen Quoten entscheidet zunächst unter mehreren Bewerbern die bessere Qualifikation. Nur wenn bei mehreren Bewerbern eine gleiche Qualifikation vorliegt, werden Frauen so lange bevorzugt eingestellt oder befördert, bis ihr Anteil dem festgelegten Prozentsatz entspricht (BENDA, a.a.O., S. 44). Als Beispiel einer leistungsbezogenen Quote sind die vom Bundesrat am 18. Dezember 1991 erlassenen Weisungen über die ![]() | 28 |
c) Mit der Initiative 2001 wird eine starre Quotenregelung verlangt, indem für Parlament, Regierung und Gerichte eine fixe Quote für Frauen und Männer festgelegt und somit eine bestimmte Anzahl von Sitzen in diesen Gremien für das eine oder andere Geschlecht gemäss dem jeweiligen Bevölkerungsanteil reserviert wird.
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aa) Wie ausgeführt, müssten nach dem Begehren der Initianten die Frauen im Kanton Solothurn mit einem Anteil bzw. einer Quote von 50,74% im Parlament und in der Regierung vertreten sein. Der Kantonsrat zählt 144, der Regierungsrat 5 Mitglieder (Art. 66 und Art. 77 Abs. 2 KV). Im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids (13. Februar 1996) setzte sich der Kantonsrat aus 95 Männern und 49 Frauen, der Regierungsrat aus 4 Männern und einer Frau zusammen. Aufgrund der Quotenregelung müssten die Frauen im Kantonsrat mit 73 und im Regierungsrat mit 3 Mitgliedern vertreten sein. Dies hätte zur Folge, dass bei Erneuerungswahlen des Kantonsrates Frauen mit tieferem Stimmenergebnis vor Männern mit höherer Stimmenzahl als gewählt erklärt werden müssten, bis die festgelegte Quote erfüllt wäre. Sodann könnten bei Ersatzwahlen in den Regierungsrat nur noch Frauen gewählt werden, bis der Anteil von 3 Sitzen erreicht wäre.
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bb) Was die "kantonalen juristischen Behörden" anbelangt, so ergibt sich aus der Begründung der Initiative, dass damit die "kantonalen Gerichtsbehörden" gemeint sind. Nach der Auffassung des Regierungsrates sind darunter folgende Gerichte bzw. Kommissionen zu verstehen: Obergericht, Kriminalgericht, Kassationsgericht, Verwaltungsgericht, Versicherungsgericht, Steuergericht, Schätzungskommission, Finanzausgleichs-Rekurskommission, Schiedsgericht ![]() | 31 |
Diese Angaben zeigen, dass auch hier die von den Initianten verlangte Massnahme eine erhebliche Sitzverschiebung zugunsten der Frauen zur Folge hätte. In der Initiative wird darauf hingewiesen, die Regel der anteilsmässigen Vertretung der Geschlechter sei auf die Wieder- bzw. Bestätigungswahl jener Mitglieder der Gerichte, die vor der Annahme der Initiative gewählt worden seien, nicht anwendbar. Bei Ersatz- und Neuwahlen hingegen beziehe sich die Regel auf das betreffende Justizorgan in seiner Gesamtheit. Wie erwähnt, setzt sich das Obergericht zur Zeit aus 8 Männern und einer Frau zusammen. Nach der verlangten Regelung müssten die Frauen im Obergericht mit 5 Mitgliedern vertreten sein. Bei den nächsten vier Ersatzwahlen müsste somit für jeden ausscheidenden Oberrichter jeweils eine Frau gewählt werden, um die Quote zu erfüllen.
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Bei den Amtsgerichten sieht das Geschlechterverhältnis anders aus als bei den oben erwähnten Behörden. Der Regierungsrat ![]() | 33 |
cc) Eine Regelung, die dem einen Geschlecht eine bestimmte Quote an Sitzen in Parlament, Regierung und Gerichten garantiert, führt unmittelbar zu einer entsprechenden Diskriminierung des andern Geschlechts (vgl. GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 314; Weber-Dürler, a.a.O., S. 368; SCHWANDER CLAUS, a.a.O., S. 158). Die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung hätte nach dem Gesagten einen Eingriff in das Diskriminierungsverbot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV zur Folge. Es ist aufgrund der oben (E. 3b-d) dargelegten Kriterien zu prüfen, ob der Eingriff mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbar ist.
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In diesem Zusammenhang ist ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in Luxemburg zu erwähnen, in welchem es ebenfalls um die Frage der Zulässigkeit einer Quotenregelung ging. Der EuGH erklärte am 17. Oktober 1995 eine Regelung, die im deutschen Bundesland Bremen über ![]() | 38 |
Das Urteil des EuGH im Fall Kalanke ist bindend für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Die Schweiz ist nicht Mitglied dieser Gemeinschaft. Es besteht indes kein Anlass, den Entscheid für die Schweiz als unbeachtlich anzusehen. Sowohl die Europäische Gemeinschaft als auch die Schweiz anerkennen die ![]() | 39 |
Ferner wird in der Rechtslehre mit Grund betont, Zweifel an der Eignung von Quotenregelungen zur Realisierung der faktischen Gleichstellung der Geschlechter seien auch deshalb angebracht, weil die Untervertretung der Frauen in oberen und leitenden Positionen nicht in erster Linie ein rechtliches Problem sei, sondern vor allem auf soziale und gesellschaftliche Ursachen zurückzuführen sei. Der Erlass positiver Massnahmen könne daher nur ein "essai précaire et incertain" zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau sein (AUER, a.a.O., S. 1347).
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Aus all diesen Gründen kann nicht gesagt werden, die hier in Frage stehende Quotenregelung sei ein geeignetes Mittel zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau.
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6. Der Regierungsrat hat die Frage, ob die Quotenregelung zur Verwirklichung der faktischen Gleichstellung der Geschlechter erforderlich sei, verneint, da dieses Ziel auch durch andere, mildere Massnahmen erreicht werden könne. Er führte aus, der Schlüssel zur wesentlichen Verbesserung der Vertretung der Frauen in den politischen und juristischen Gremien liege bei den Parteien. Sie hätten den Frauen ausreichend Profilierungsmöglichkeiten zu bieten. Erfolg verspreche sodann die privilegierte Behandlung der Frauen bei der Listengestaltung (Zuweisung sog. Spitzenplätze auf den Listen). Das Stimmrecht der Wähler werde durch solche Massnahmen nicht tangiert, da es den Stimmberechtigten immer noch freistehe, wen sie wählen oder nicht wählen wollten. Die Listenplazierung könne ferner mit Massnahmen wie der Unterstützung bei öffentlichen Auftritten im Wahlkampf und besonderen Aufrufen zur Wahl der Kandidatinnen begleitet werden. Um die Frauenpräsenz in den politischen Gremien zu erhöhen, könnten auch Verbesserungen im Bereich Aus- und Weiterbildung, Förderung der Teilzeitarbeit, Erleichterung des Wiedereinstiegs in den Beruf, Bereitstellen von Einrichtungen wie Kinderkrippen und Tagesschulen angestrebt werden. Von allen diesen Massnahmen greife keine so einschneidend ![]() | 42 |
Das in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV enthaltene Egalisierungsgebot ist, wie dargelegt, als Auftrag zur Verwirklichung der Chancengleichheit zu verstehen. Chance bedeutet die Möglichkeit, von den Freiheitsrechten, den Wahlrechten und den Verfahrensrechten effektiv Gebrauch machen zu können (WEBER-DÜRLER, Chancengleichheit, a.a.O., S. 221). Die Frauen haben - ebenso wie die Männer - die Möglichkeit, für ein politisches Mandat oder eine Richterstelle zu kandidieren. Es steht ihnen sodann frei, als Stimmberechtigte bei Wahlen ins Parlament oder in die Regierung ausschliesslich Frauen zu wählen. In der Beratung des Kantonsrates über die Gültigkeit der Initiative führte der Sprecher der Justizkommission aus, die Frauen hätten es mit ihrer Stimmkraft bereits nach dem heute geltenden Wahlgesetz in der Hand, bei der Ämterbesetzung sogar Mehrheiten zu erlangen. Es gebe absolut keine gesetzlichen Hindernisse, die dazu den Weg versperren würden. Der Regierungsrat wies ferner darauf hin, bei der Prüfung der Notwendigkeit der Massnahme stelle sich auch die Frage, in welchem Zeitraum die Geschlechterparität herzustellen sei. Er vertrat die Ansicht, es könne auf harte rechtliche Massnahmen, wie es Quotenregelungen seien, verzichtet werden, da in den nächsten Jahren eine langsame Annäherung der Sitzzahlen der Geschlechter im Parlament zu erwarten sei.
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Dieser Argumentation kommt einiges Gewicht zu. Den Angaben in der Botschaft des Regierungsrates ist zu entnehmen, dass der Frauenanteil im Solothurner Kantonsrat im Jahre 1973, nach Einführung des Frauenstimmrechts, 4,1% betrug; 1985 stieg er auf 9,3% (14 Mandate), 1989 auf 11% (16 Mandate) und 1993 auf 34,7% (50 Mandate). Die Frauen konnten mithin bei den Kantonsratswahlen 1993 ihre Zahl an Sitzen mehr als verdreifachen. Zu Beginn der 90er Jahre haben sich demnach die Wahlchancen der ![]() | 44 |
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a) Auch eine geeignete und notwendige Massnahme kann unverhältnismässig sein, wenn der mit ihr verbundene Eingriff im Vergleich zur Bedeutung des angestrebten Ziels unangemessen schwer wiegt, mithin keine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegt. Dieser Aspekt wird auch als Frage der Zumutbarkeit bezeichnet (JÖRG PAUL MÜLLER, Kommentar zur BV, Einleitung zu den Grundrechten, Rz. 149; ULRICH ZIMMERLI, Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit im öffentlichen Recht, ZSR 97/1978 II, S. 17). Das Gebot der Verhältnismässigkeit im engeren Sinne zwingt zur Prüfung, ob eine Massnahme ausser Verhältnis zu den mit ihr verbundenen Nachteilen steht, d.h., ob ein Missverhältnis zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Wert des realisierbaren Erfolgs besteht und deswegen auf den Eingriff zu verzichten ist (ZIMMERLI, a.a.O., S. 16).
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b) Wie ausgeführt, geht die hier in Frage stehende Quotenregelung weit über das Ziel der in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV garantierten Chancengleichheit hinaus, indem sie Ergebnisgleichheit herbeiführen will. Schon aus diesem Grund stellt sie offensichtlich kein verhältnismässiges Mittel zur Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter dar. Es wurde bereits erwähnt, dass der EuGH im Fall Kalanke selbst eine leistungsbezogene Quotenregelung als unzulässig erachtete, weil sie über eine Förderung der Chancengleichheit hinausging (E. 5b).
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Die von den Initianten vorgeschlagene Massnahme sieht für Parlament, Regierung und Gerichte eine mehr als paritätische Vertretung der Frauen verbindlich und ohne Berücksichtigung von Qualifikationen vor. In der Literatur wird ausgeführt, eine Massnahme, ![]() | 48 |
Die hier in Frage stehende Quotenregelung, welche verbindlich und ohne Qualifikationsbezug eine dem Bevölkerungsanteil ![]() | 49 |
Es ist mit den kantonalen Behörden davon auszugehen, dass diese Auswirkungen nicht mehr als zumutbare Nachteile bezeichnet werden können, welche im Interesse der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter in Kauf zu nehmen sind. Die von den Initianten vorgeschlagene Massnahme stellt daher einen unverhältnismässigen Eingriff in das Diskriminierungsverbot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV dar.
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8. Soweit die Regelung vom Volk gewählte Behörden, d.h. im vorliegenden Fall Kantonsrat, Regierungsrat und Amtsgerichte (Art. 27 Ziff. 2 u. 3 KV), betrifft, kollidiert sie mit den politischen Rechten beider Geschlechter. Die kantonale Instanz erklärte, die Quotenregelung würde die Wahlrechtsgleichheit und den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahlen beeinträchtigen; Art. 4 Abs. 1 und Art. 74 BV wären verletzt. Die Beschwerdeführerinnen wenden mit Grund ein, die Berufung auf Art. 74 BV sei verfehlt, denn diese Vorschrift befasst sich nach herrschender Meinung nicht mit dem Stimmrecht in den Kantonen und Gemeinden. Der Grundsatz des allgemeinen und gleichen Stimm- und Wahlrechts wird für eidgenössische Wahlen und Abstimmungen in Art. 74 Abs. 1 BV ausdrücklich festgehalten. Für Abstimmungen und Wahlen in den Kantonen und Gemeinden folgt er - trotz des in Art. 74 Abs. 4 BV ![]() | 51 |
Die Quotenregelung hätte zur Folge, dass ein Mann bzw. eine Frau für ein zur Wahl ausgeschriebenes politisches Mandat oder für eine Richterstelle unter Umständen gar nicht kandidieren könnte oder dass er bzw. sie als nicht gewählt erklärt würde, falls die Quote des betreffenden Geschlechts bereits erfüllt wäre. Die gleichmässige Zulassung aller zu den Wahlen wäre nicht mehr gewährleistet, und das passive Wahlrecht würde eingeschränkt.
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Das aktive Wahlrecht sodann schliesst ein, dass jeder Wähler die Freiheit und Auswahl unter den Kandidaten haben muss und selbst muss bestimmen können, durch wen er sich vertreten lassen will. Die durch die Initiative vorzunehmende Regelung würde dieses Recht einschränken. Das Abstellen auf das Geschlecht würde zu einer Beschränkung der Auswahlfreiheit führen, wenn die Wähler nicht mehr die Person ihrer Wahl bestimmen könnten, sondern wenn, wie z.B. bei einer Ersatzwahl in den Regierungsrat, das Kriterium des Geschlechts vorgegeben wäre. Ferner hätten die Stimmen jener Stimmbürger, welche Frauen wählen, eine erheblich höhere Stimmkraft bzw. einen grösseren Erfolgswert, wenn Frauen ungeachtet einer niedrigeren Stimmenzahl solange vor Männern als gewählt erklärt würden, bis sie entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind. Dadurch wären die bei Wahlen geltenden Prinzipien der Stimmkraft- und der Erfolgswertgleichheit verletzt (vgl. POLEDNA, a.a.O., S. 27 ff.). Die Quotenregelung würde somit das durch das Verfassungsrecht des Bundes und im übrigen auch durch Art. 25 ![]() | 53 |
Das allgemeine und gleiche Stimm- und Wahlrecht gilt grundsätzlich absolut (POLEDNA, a.a.O., S. 24 ff.; HAEFLIGER, a.a.O., S. 57). Einschränkungen sind nur zulässig, soweit sie notwendig sind, um ein Wahlsystem zu verwirklichen (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 315). Als Beispiele sind Wahlkreiseinteilungen oder Mandatszuteilungen im Hinblick auf die Funktionen eines Organs in einem bestimmten politischen System zu nennen, wie etwa die Vertretung der Kantone im Ständerat (Art. 80 BV) oder die Mindestvertretungsgarantie im Nationalrat (Art. 72 Abs. 2 BV). Das Abstellen auf das Geschlecht der zu Wählenden ist keine solche systembedingte Abweichung. Sodann räumt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Stimm- und Wahlrecht dem Bürger allgemein den Anspruch darauf ein, dass kein Abstimmungs- oder Wahlergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (BGE 121 I 138 E. 3; BGE 119 Ia 271 E. 3a; BGE 118 Ia 259 E. 3, je mit Hinweisen). Wenn die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung eingeführt würde, so wäre im Ergebnis unausweichlich, dass in bestimmten staatlichen Behörden zwingend Frauen und Männer entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil Einsitz haben. Dieses Ergebnis wäre die Folge davon, dass die vorgeschlagene Quotenregelung das menschliche Geschlecht zum determinierenden Kriterium erhebt. Das ist indes sowohl bezüglich des aktiven wie auch hinsichtlich des passiven Wahlrechts grundsätzlich ein unzulässiges Kriterium, denn es kann nicht mehr gesagt werden, eine Wahl, die durch eine geschlechtsbezogene Quotenregelung bestimmt wird, bringe den "freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck". Die durch eine derartige Quotenregelung bewirkten Ungleichheiten des aktiven und passiven Wahlrechts und Einschränkungen der Wahlfreiheit können, wie in der Literatur mit Recht gesagt wird, durch verfassungsrechtlich gebotene Verbesserung des Geschlechterproporzes im politischen Bereich nicht gerechtfertigt werden (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 315).
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In diesem Zusammenhang sind auch zwei Entscheide ausländischer Instanzen von Interesse, welche allerdings die Ausgestaltung der Wahllisten betreffen. Das französische Parlament verabschiedete im Jahre 1982 Bestimmungen zum Wahlgesetz, nach denen bei den Gemeinderatswahlen in Gemeinden mit über 3'500 Einwohnern ![]() | 55 |
Bei der mit der Initiative 2001 vorgeschlagenen Quotenregelung würde die Geschlechtszugehörigkeit zu einem zentralen Kriterium bei der Wahl von Mitgliedern des Parlaments, der Regierung und der Amtsgerichte. Das Ziel einer an wirklicher Chancengleichheit orientierten Politik muss es aber gerade sein, dass die Geschlechtszugehörigkeit als relevantes Kriterium bei einer Wahl keine Rolle mehr spielt. Im übrigen würde die Quotenregelung bei Wahlen, wie gesagt, zu unhaltbaren Situationen führen, da unter Umständen eine Kandidatin oder ein Kandidat als gewählt erklärt werden müsste, obwohl ein Konkurrent oder eine Konkurrentin des anderen Geschlechts mehr Stimmen erhalten hat.
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9. Zusammenfassend ergibt sich folgendes: Die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung privilegiert die Frauen im Hinblick auf das in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV enthaltene Egalisierungsgebot, weicht aber vom Diskriminierungsverbot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV ab. Dieses bildet eine relative Schranke des Egalisierungsgebotes und schliesst unverhältnismässige Ungleichbehandlungen der Geschlechter aus. Ob eine positive Massnahme zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter mit Art. 4 Abs. 2 BV vereinbar ist, muss im konkreten Fall aufgrund einer Interessenabwägung beurteilt werden. Die hier in Frage stehende Massnahme, mit der verbindlich und ohne Qualifikationsbezug eine ![]() | 57 |
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