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35. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 24. August 1998 i.S. X. gegen Finanzdepartement und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (Staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 4 Abs. 1 BV; § 1 des basel-städtischen Gesetzes vom 8. November 1973 über die Strassenreinigungsbeiträge; § 16 des Gesetzes vom 16. Oktober 1980 zum Schutz und zur Förderung des Baumbestandes im Kanton Basel-Stadt. |
Es gibt keine sachlichen Gründe, welche eine hälftige Finanzierung der Strassenreinigung durch eine Sondersteuer der Grundeigentümer rechtfertigen würden (E. 3c-3e). |
Werden hinreichende Anhaltspunkte geliefert, dass eine zweckgebundene Abgabe entgegen ihrer gesetzlichen Bestimmung verwendet wird, ist die angerufene Gerichtsbehörde gehalten, bei den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte einzuholen (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Nach dem Gesetz vom 16. Oktober 1980 zum Schutz und zur Förderung des Baumbestandes im Kanton Basel-Stadt (Baumgesetz) leistet der Kanton für Neu- und Ersatzpflanzungen in der Regel staatliche Beiträge bis zu höchstens 9/10 der Kosten; ausnahmsweise werden auch an den Unterhalt von Bäumen solche Beiträge geleistet (§ 15). Für die "Finanzierung der Förderung und des Schutzes des privaten Baumbestandes in der Stadt Basel" haben die Liegenschaftseigentümer eine Abgabe in Höhe von einem bis höchstens drei Hunderttausendsteln des Neuwertes ihrer Liegenschaften gemäss Gebäudeversicherung zu leisten (§ 16 Abs. 1). Diese Abgabe wird in Form eines Zuschlages zum Beitrag der Grundeigentümer an die Kosten der Strassenreinigung in der Stadt Basel erhoben (§ 16 Abs. 2).
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Am 14. Januar 1994 stellte die Finanzverwaltung Basel-Stadt Advokat Dr. X. Strassenreinigungs- und Baumschutz-Beiträge für das Jahr 1994 in Rechnung: Als Eigentümer der Liegenschaft Y. wurde er verpflichtet, Fr. 335.-- für das Bürogebäude und Fr. 146.-- für das Einfamilienhaus zu bezahlen.
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X. focht diese Verfügung an, sein Rekurs wurde jedoch vom Appellationsgericht (als Verwaltungsgericht) mit Urteil vom 23. September 1996 kantonal letztinstanzlich abgewiesen.
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X. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Hauptantrag, den Entscheid des Appellationsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Appellationsgericht zurückzuweisen. Er rügt insbesondere eine Verletzung von Art. 4 BV (rechtliches Gehör, Willkürverbot, Rechtsgleichheit).
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Die Beteiligten qualifizieren die streitige Abgabe übereinstimmend als sogenannte Kostenanlastungssteuer. Unter diesen Begriff fallen nach heutiger Terminologie Sondersteuern, welche einer bestimmten Gruppe von Pflichtigen auferlegt werden, weil diese Personen zu bestimmten Aufwendungen des Gemeinwesens eine nähere Beziehung haben als die Gesamtheit der Steuerpflichtigen (PETER BÖCKLI, Indirekte Steuern und Lenkungssteuern, Basel und Stuttgart 1975, S. 52 f.; KATHRIN KLETT, Der Gleichheitssatz im Steuerrecht, in: ZSR 111/1992 S. 80; ADRIANO MARANTELLI, Grundprobleme des schweizerischen Tourismusabgaberechts, Bern 1991, S. 20 ff.; BGE 122 I 305 E. 4 S. 309; vgl. auch BLUMENSTEIN/LOCHER, System des Steuerrechts, 5. Auflage, Zürich 1995, S. 9 f., mit weiteren Hinweisen). Solche Abgaben haben eine gewisse Verwandtschaft zur Vorzugslast (Beiträgen), doch unterscheiden sie sich von dieser dadurch, dass kein individueller, dem einzelnen Pflichtigen zurechenbarer Sondervorteil vorliegen muss, der die Erhebung der ![]() | 9 |
c) Der Beschwerdeführer räumt ein, dass die Grundeigentümer in ihrer Eigenschaft als Stadtbewohner aus der Strassenreinigung einen gewissen Nutzen ziehen, doch hebe sich dieser Nutzen von jenem, den alle Strassenbenützer hätten, in keiner Weise ab. Die Grundeigentümer seien keine Sondergruppe, die mit der staatlichen Leistung der Strassenreinigung in eine engere Beziehung gesetzt werden könne als der Rest der Kantonsbevölkerung; die Grundeigentümer nähmen die öffentlichen Strassen auch nicht stärker in Anspruch als die gesamte übrige im Kanton ansässige Bevölkerung. Zudem werde ein wesentlicher Teil der Strassenverschmutzung durch den Transitverkehr verursacht. Die angefochtene Regelung verstosse gegen Art. 4 BV, indem sie das Gebot der Allgemeinheit der Besteuerung und das Prinzip der Lastengleichheit der Bürger missachte.
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d) Für das Jahr 1994 wurden die Kosten der Strassenreinigung auf 18 Mio. Franken veranschlagt und die Einnahmen aus den Beiträgen der Grundeigentümer mit 8,7 Mio. Franken budgetiert. Das Appellationsgericht räumt in seinem Entscheid ein, dass die Strassen nicht nur von den Eigentümern und Mietern der anstossenden Liegenschaften verunreinigt werden, sondern auch - und möglicherweise ![]() | 11 |
e) Das öffentliche Strassennetz wird von den Grundeigentümern nicht stärker in Anspruch genommen als von der übrigen Bevölkerung; jedermann benützt die öffentlichen Verkehrswege, unabhängig davon, ob er Eigentümer eines Grundstückes ist oder in gemieteten Räumen wohnt und arbeitet. Andererseits kann auch nicht gesagt werden, dass die Grundeigentümer als Personenkreis aus der Strassenreinigung einen grösseren Nutzen ziehen als die übrige Bevölkerung. Von der Strassenreinigung profitieren vorab die Benützer der öffentlichen Wege. Dass die Verschmutzung der Strassen in erster Linie von den anstossenden Grundstücken ausgehe oder die Reinigung der Wege in erster Linie diesen diene, wird seitens des Kantons nicht geltend gemacht. Eine relevante Beziehung zwischen den Kosten der Strassenreinigung und den anstossenden Grundstücken wäre zwar denkbar, soweit es um die Beseitigung des Laubfalles der Bäume geht. Doch wird die vorliegende Regelung diesem Aspekt insofern nicht gerecht, als die Strassenverschmutzung durch Laub von Flächen ausgeht, die nicht überbaut sind; die beanstandete Abgabe knüpft aber an den Gebäudeversicherungswert an, d.h. sie wächst mit der Intensität der Überbauung und ist dort am höchsten, wo keine Bäume vorhanden sind. Eine Sonderbelastung der Grundeigentümer lässt sich auch nicht mit den Kosten der Schneeräumung begründen, da Mieter und Eigentümer - wie überhaupt alle Verkehrsteilnehmer - gleichermassen an der jederzeitigen Benützbarkeit der Strassen interessiert sind.
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An dieser verfassungsrechtlichen Beurteilung ändert nichts, dass ein Teil der Grundeigentümer die Abgabe auf Mieter überwälzen kann. Für denjenigen, der seine Liegenschaft selber nutzt, fällt diese Möglichkeit ausser Betracht. Zudem hängt die Überwälzbarkeit von der jeweiligen Marktlage ab. Der Gesetzgeber darf nur eine Lösung wählen, bei welcher die dem Steuerpflichtigen auferlegte Belastung auch ohne Überwälzungsmöglichkeit als zulässig erscheint.
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f) Ob die streitige Abgabe überdies deswegen gegen Art. 4 BV verstösst, weil die von den Grundeigentümern der Stadt Basel erhobene Sondersteuer auch die Reinigung der auf Stadtgebiet liegenden Kantonsstrassen mitfinanzieren soll, während der kantonale Gesetzgeber für die Grundeigentümer der beiden Landgemeinden Riehen und Bettingen keine entsprechende Pflicht bzw. überhaupt keine Regelung statuiert hat, kann nach dem Gesagten dahingestellt bleiben.
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b) Nicht nur der Beschwerdeführer, sondern auch die kantonalen Instanzen gehen übereinstimmend davon aus, dass die Einnahmen aus dieser Steuer grundsätzlich an den gesetzlich umschriebenen Zweck (Förderung des privaten Baumbestandes) gebunden sind. Der Beschwerdeführer hatte bereits in seiner Einsprache an die Finanzverwaltung geltend gemacht, dass die in den Staatsrechnungen ausgewiesenen Einnahmen aus den Baumschutzabgaben die entsprechenden ![]() | 17 |
c) Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang vorab eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, indem das Appellationsgericht die Frage der zweckgerechten Verwendung der Baumschutzabgaben nicht abgeklärt und den von ihm diesbezüglich beantragten Beweis (Amtsbericht des Baudepartementes) zu Unrecht nicht abgenommen habe. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, wonach von einem betragsmässigen Ausgleich zwischen Überschüssen und Defiziten ausgegangen werden dürfe, sei jedenfalls unhaltbar.
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Das Finanzdepartement nimmt in seiner Beschwerdeantwort an das Bundesgericht zu diesen Vorwürfen erstmals näher Stellung. Es räumt ein, dass bisher keine Fondsrechnung geführt worden sei. Aus den von ihm wiedergegebenen Zahlen aus Budgets und Staatsrechnungen geht hervor, dass die für den privaten Baumschutz geleisteten Staatsbeiträge in den Jahren 1991 bis 1997 regelmässig weit geringer waren als die Einnahmen aus der Baumschutzabgabe; die jährlich geleisteten Beiträge bewegen sich zwischen Fr. 43'797.-- und Fr. 85'400.--, während die jährlichen Einnahmen zwischen Fr. 395'58.-- und Fr. 460'154.-- liegen. Nach Auffassung des Finanzdepartementes sind aber nicht bloss die geleisteten Staatsbeiträge, sondern noch eine Reihe weiterer Leistungen und Aufwendungen der betreffenden kantonalen Fachstelle der Förderung des privaten Baumbestandes zuzurechnen, deren Kosten ebenfalls berücksichtigt werden müssten.
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Gegen eine Hinzurechnung des administrativen Aufwandes ist nichts einzuwenden. Gleichwohl besteht aufgrund der wiedergegebenen Zahlen bezüglich der Frage der zweckgemässen Verwendung ![]() | 20 |
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